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Arbeitswelten

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Bildung

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Grundschule

Wie bereiten wir die Jüngsten auf die Anforderungen vor, die die digitale Zukunft einmal an sie stellen wird?
 
Michaela May leitet eine Grundschule. Sie erklärt, wie die Lehrer an ihrer Schule digitale Medien einbindet und wie das Nebeneinander von Stift und Tablet, Lehrbuch und Tablet und Pause und Smartphone gelingt:

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"Wir haben schon in der ersten Klasse gelernt, wie man den Computer anschaltet und mit den Programmen arbeitet. Meine Freunde von anderen Schulen konnten das noch nicht."

"Das Arbeiten mit dem Computer macht total viel Spaß und ich mache auch die Übungen lieber."

"Es ist interessanter mit dem Computer zu arbeiten und auch die ganzen Programme kennenzulernen."

"Durch die unterschiedlichen Medienhilfsmittel lässt sich der Unterricht noch vielseitiger gestalten."

"Wir können Aufgaben im Team und auch alleine lösen."

"Wenn ich mal nicht wo mitkomme, dann kann ich einfach eine leichtere Aufgabe auswählen."

"Mir macht es am meisten Spaß, wenn wir Videos schauen."

"Ich finde es total cool, dass ich jetzt weiß, wie man Präsentationen macht. Mein Papa kann das nämlich nicht."

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Michaela Mays Grundschulte setzt zum Beispiel auf die Kindersuchmaschine "Frag Finn". Mit ihr erlernen die Kinder die Informationssuche und befinden sich dabei immer in einem sicheren Surfraum: Medienpädagogen überprüfen jede Seite, die in den Suchergebnissen auftauchen kann. So sehen die Schüler nur sichere, überprüfte Inhalte und lernen den Umgang mit digitalen Medien in einem geschützten Raum.

Lehrern wird der mediale Unterrichtsalltag von "Learning Apps" erleichtert. Mithilfe dieser Anwendung können sie zum Beispiel ganz einfach interaktive Quiz selbst erstellen.
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GESTERN/MORGEN
Digitaltechnologie und Medienbildung ist heute schon ein allgegenwärtiges Thema in Grundschulen.

Was sich gewandelt hat? Klicken Sie auf den "Gestern/Morgen"-Button und verschieben Sie den Regler!
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Weiterführende Schulen

Lehrer müssen heute soviel organisieren, kommunizieren, dokumentieren und verwalten, dass sie mit dem klassischen Klassenbuch nicht mehr weit kommen.

Am Gymnasium Veitshöchheim ist die Lernplattform MEBIS ein Schritt hin zur virtuellen Zusammenarbeit von Lehrern und Schülern ...
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MEBIS - Die Plattform für Schüler und Lehrer

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Lehrer und Schüler müssen im Schullaltag miteinander kommunizieren –– auch außerhalb der Schule. Dazu  MEBIS: Die Plattform funktioniert über das Internet und erfüllt drei Hauptfunktionen.

Die Mediathek beinhaltet vielfältige, urheberrechtlich geschützte Video- oder Bildmaterialien, sowie Texte die den Schülern im Netz zugänglich sind. Dieses Werkzeug unterstützt Schulkinder bei Referaten, Hausarbeiten oder Recherchen und ersetzt damit die herkömmliche Schulbibliothek.

Das virtuelle Klassenzimmer ist besonders für Lehrkräfte interessant: Hier werden Unterrichtsmaterialien oder Hausaufgaben hochgeladen und der gesamten Klasse Mitteilungen gesendet.

Abschließend ist der Prüfungsbereich das Werkzeug, welches die Leistungsüberprüfung auf die virtuelle Ebene hebt. Im Netz kann die Lehrkraft Übungen und Tests erstellen, deren Ergebnisse auswerten und so den Lernerfolg beobachten. Dies aber unverbindlich: aus Gründen des Datenschutzes ist eine angerechnete Prüfungsleistung derzeit nicht über die MEBIS-Plattform zulässig.

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Sarafina, 18 Jahre

"An MEBIS finde ich gut, dass man mit seinen Lehrern kommunizieren kann."

Kathrin, 18 Jahre

"Die Plattform ist gut für Übungen und Vorbereitungen auf Schulaufgaben."

Tim, 16 Jahre

"MEBIS ist ein guter Schritt in die richtige Richtung."

Alex Schubert, Lehrer

"Ich nutze MEBIS [...] vor allem für die Arbeit der Schüler zu Hause."

Dieter Brückner, Schulleiter

"Wenn MEBIS seine positive Entwicklung fortsetzt, wird es DAS Instrument sein können."

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Damit neue Konzepte und Technologien in den Schulen ankommen, sind Investitionen notwendig. Wichtigste Grundlage: Eine leistungfsähige digitale Infrastrutkur – ein belastbarer Internetzugang ist Grundvoraussetzung für die Schulen von morgen.
Denn nur wenn die neuen Lösungen zuverlässig sind, werden sie von den Lehrkräften im Schulalltag angenommen.

Schließlich bildet das Schlüsselelement die pädagogische Vorarbeit in Form von Medienerziehung und Fortbildungen. Sie wird mit Schülern und Lehrern gleichermaßen erfolgen müssen, um nachhaltig eine digitale Arbeitswelt in den Lehrstätten der Zukunft zu etablieren.
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Berufsbildung

Die Ausbildung erlebt seit Jahren einen Abschwung. Die Zahlen der Schulabsolventen, die sich – wenn auch „erst mal“ – für eine Ausbildung entscheiden, werden von Jahr zu Jahr kleiner. Dabei hat eine Berufsausbildung viel zu bieten: Praxiserfahrung vom ersten Tag an und begleitender Unterricht in der Berufsschule - bei dem man sich das theoretische Wissen aneignen kann. Dabei spielt die Digitalisierung oft eine wichtige Rolle.
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Insbesondere Handwerksbetriebe können die Digitalisierung für ihre Zwecke nutzen. Hier geht es darum, den Auszubildenden nicht nur die Inhalte im Bereich Digitalisierung näher zu bringen – zum Beispiel den Umgang mit einem 3D-Scanner – sondern auch die Methoden der Ausbildung den technischen Neuerungen anzupassen.
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"Beim Thema Digitalisierung drängt es sich ja förmlich auf in Netzwerken zusammenzuarbeiten" – Andrea Sitzmann

Lernplattformen, Software zur Prüfung von Lernerfolgen, Videos, Simulationen oder Massive Open Online Courses werden aber noch unterdurchschnittlich genutzt.
Tatsächlich messen Betriebe und Berufsschulen der Digitalisierung unterschiedliche Bedeutung bei.

Betriebe müssen dabei oft aufgrund ihrer Größe entscheiden, ob sie weitere Investitionen in die digitale Entwicklung leisten können und wollen. Bei den Berufsschulen ist es Aufgabe des Staates sie mit den nötigen Mitteln für einen Fortschritt in der Berufsbildung auszustatten.
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Die Digitalisierung hat in vielen Handwerksbetrieben heute schon Einzug gehalten. Sie bedeutet nicht nur großen Fortschritt, sondern erleichtert auch vielen Auszubildenden die Arbeit und das Lernen. Trotzdem dürfen die handwerklichen Fertigkeiten, die nach wie vor der wichtigste Teil der Ausbildung sind, nicht in den Hintergrund rücken.
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Lehrerbildung

Eine angehende Lehrerin vor einer vollen Klasse. Ein paar Schüler werden unruhig, einer schlägt seinen Nachbarn. Tatsächlich steht die Lehrerin in einem fensterlosen Raum – sie trägt eine VR-Brille, neben ihr steuert ein Bildungsexperte, wie sich die virtuellen Schüler verhalten und wie sie auf die Konfliktstrategie der Lehrerin reagieren.

Das Projekt ‘Breaking Bad Behavior‘ setzt Virtual-Reality-Technologien ein um Lehrer auf die Schulrealität vorzubereiten.


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‘Breaking Bad Behavior‘ zielt darauf ab angehende Lehrer und Lehrerinnen auf mögliche Szenarien in einer Schulklasse  vorzubereiten.

Zunächst setzt der Kursteilnehmer eine VR-Brille auf. Er taucht ins virtuelle Klassenzimmer und wird mit verschiedenen Stresssituationen konfrontiert. Die virtuellen Schüler besitzen ein breites Aktionssprektrum: Sie werden unruhig, sprechen mit ihren Nachbarn, pfeifen, tanzen ...

Ein anderer Kursteilnehmer kontrolliert vom Rechner aus, wie sich die virtuellen Schüler verhalten.
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Während des Seminars erlernen die Studierenden Strategien um auf verschiedene Unterrichtssituationen zu reagieren und müssen diese dann vor den Kursteilnehmern präsentieren.

Die Teilnehmer verfolgen am Bildschirm, wie der angehende Lehrer auf das Verhalten der virtuellen Schüler reagiert. Im Anschluss reflektieren die Studierenden, ob sich der Kommilitone richtig verhalten hat und welche Alternativlösungen es gibt.

Ein Unterschied zum Praktikum in einer Schule: Ein ganzer Kurs kann das Vorgehen der Lehramtsstudierenden beobachten und sofort diskutieren.
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2016 wurde die Idee ins Leben gerufen und ist seitdem weltweit einmalig.

"Wir haben ins technische Equipment investiert, aber natürlich sind wir nicht vergleichbar mit ‘EA Games‘ oder ‘Ubisoft‘", meint  Seufert zu den Herausforderungen des Projekts. VR-Simulationen sind aufwendig, wie ein modernes Videospiel sieht das virtuelle Klassenzimmer nicht aus – aber die Virtuelle Realität hilft den angehenden Lehrern ins Klassenzimmer einzutauchen.

Die Studenten von ‘Human Computer Interaction‘ entwickelten die wichtigsten Komponenten selbstständig: Das Klassenzimmer, die Avatare und das Verhalten der virtuellen Schüler.
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Aufmerksam/Außer Kontrolle
Mit einem Klick wird eine ruhige Klasse in der Virtuellen Realität zur unkontrollierbaren Meute.

Sehen Sie mit einem Klick auf "Aufmerksam/Außer Kontrolle" wie sich die virtuellen Schüler verhalten.
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Die Technologien, die die Arbeitswelten der Zukunft prägen werden, nehmen oft an Hochschulen ihren Ursprung. Wissenschaftler aller Fachrichtungen setzen sich in Forschung und Lehre mit den Themen von morgen auseinander.

Für Studierende bedeutet Digitalisierung nicht nur digitales Lernen und die Auseinandersetzung mit neuen Technologien in ihrem Studienfeld. Auch das Lernen selbst verändert sich – über Techniken wie E-Learning hinaus.
Für Prof. Dr. Phuoc Tran-Gia, Vizepräsident der Universität Würzburg, hat die Digitalisierung für Hochschulen viele Facetten:
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Die Digitalisierung der Informationen führte in den vergangenen Jahren zu einer massiven Veränderung des Lehrens und Lernens. Während früher mit Büchern gelernt und an Wandtafeln gelehrt wurde, findet man heute alle relevanten Bücher im Online-Katalog der Bibliotheken, auch Skripte sind selbstverständlich online.
‘Massive Open Online Courses‘ gehen einen Schritt weiter. Sie bieten Nutzern die Möglichkeit, von überall aus auf Lerninhalte zuzugreifen und sich genau dann mit dem Lehrstoff auseinander zu setzen, wenn man es möchte.

Wie genau mit diesen Veränderungen umgegangen werden soll, ist noch unklar. Werden Bibliotheken überflüssig? Gehen die Studenten dann überhaupt noch in die Uni? Und wie kommt das alles bei den Betroffenen an?
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Jan-Phillip Kaiser (20)

"Mit Hilfe von Videoaufzeichnungen der Wirtschaftsinformatik und Logistik Vorlesungen konnte ich mich ideal auf die Klausuren vorbereiten und gezielt Themenschwerpunkte wiederholen."

Simon Hoferer (22)

"Durch interaktive Online-Kurse lernt man auch neue Formen des Wissenstransfers und den Umgang mit dem Lehrstoff kennen. Das alles geschieht bequem von zu Hause."

Moritz Uttscheid (22)

"Die Möglichkeit immer und überall auf seinen Lernstoff zugreifen zu können, macht vieles einfacher. Allerdings war es gerade am Anfang des Studiums noch schwierig, sich zurecht zu finden."

Franziska Mühlich (20)

"Anders als in der Schule geschehen hier alle organisatorischen Dinge, wie Kurs- oder Prüfungsanmeldungen, aber auch Stoffbereitstellungen, online."

Manuela Deingruber (20)

"Es ist immer wieder erfrischend und abwechslungsreich, wenn der Dozent vom Standardschema abweicht und die Studenten in die Vorlesung einbezieht."

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All diese Namen lassen sich auf die Grundidee des Vertauschens von Lehr- und Übungsort zurückführen.

Die Studenten erarbeiten sich außerhalb der Uni und vor der Lehrveranstaltung das nötige Fachwissen, das dann zusammen mit dem Dozenten im Hörsaal angewendet wird. Dieser steht nicht länger nur am Rednerpult, sondern ist zwischen den Reihen bei den Studenten zu finden.
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Im Vordergrund steht das Lernen durch Praxis. Die Wissensaneignung geschieht durch Lehrvideos, Arbeitsblätter oder Literaturhinweise, verfügbar im Internet. So wird den Studierenden die Möglichkeit gegeben den Lernprozess selbstständiger zu steuern. Dies betrifft das Lerntempo, aber auch die Chance die eigenen Lernfortschritte besser kontrollieren zu können.
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Dozenten müssen für den Inverted Classroom umdenken: Ihre ursprüngliche Kernaufgabe, die reine Wissensvermittlung, übernehmen die Studierenden auf einmal selbst. Stattdessen sind sie als Begleiter bei der Anwendung von Wissen und Fähigkeiten gefragt. Das Verständnis von der eigenen Aufgabe muss überdacht werden – und der Aufwand in der Vorbereitung kann höher ausfallen als in der klassischen Lehre.
Birgt der Inverted Classroom für die Lehrenden überhaupt Vorteile?

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Prof. Bofinger

Blockchain – kaum eine andere Technologie stand in den vergangenen Monaten so sehr im Fokus. Tatsächlich könnte sich die Volkswirtschaftslehre enorm wandeln, wenn sich sogenannte Kryptowährungen wie zum Beispiel Bitcoin oder Ethereum weiter verbreiten.

Prof. Dr. Peter Bofinger leitet an der Wirtschaftswissen-schaftlichen Fakultät den Lehrstuhl für VWL, Geld und internationale Wirtschaftsbeziehungen. Er forscht zum Europäischen Währungssystem, aber auch zu Themen wie Einkommensverteilung und Agenda 2010. Als einer der fünf Wirtschaftsweisen berät er die Bundesregierung in wirtschaftspolitischen Fragen.

Lehre bedeutet für ihn nicht nur Vorlesungen halten: Mit seinen „Grundzügen der Volkswirtschaftslehre“ hat er ein Grund-lagenwerk geschaffen, dass Studierenden einen modernen Einstieg in die Ökonomie eröffnet. In wissenschaftlichen Veröffentlichungen setzt sich Professor Bofinger damit auseinander, wie sich die Lehre nach der Finanzkrise wandeln muss.

Welche Fragen wirft die Digitalisierung also beim Geld auf?
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In Zukunft könnte sich Geld und unser Umgang damit also extrem wandeln, wenn es etwa gar kein Bargeld mehr gibt, oder Kryptowährungen sich weiter verbreiten. Kryptowährungen wie Bitcoin werden dezentral geschaffen und verwahrt. Wenn diese Währungen tatsächlich als Zahlungs- oder Anlagemittel an Bedeutung gewinnen, stellen sich neue Fragen: Verschiedene Währungen treten zueinander in Konkurrenz, die Rollen von Zentral- und Geschäftsbanken könnten sich wandeln.

Doch nicht nur unser Zahlungsverkehr wird sich mit der Digitalisierung ändern. Spannend wird vor allem sein, welche Entwicklungen sie auf dem Arbeitsmarkt anstößt.

Droht Arbeitnehmern der Jobverlust, wenn sich viele Tätigkeiten automatisieren lassen? Was, wenn ein Roboter den Fabrikarbeiter ersetzt?

Alles nur Dystopie? Aufgabe der VWL ist es auch hierzu realitätsnahe Prognosen zu entwerfen.
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Wer in Professor Bofingers Vorlesung sitzt, kennt das Bild: Der Professor setzt an seinem Tablet an, um einen Graphen in ein Diagramm zu setzen, am Beamer verfolgen die Studierenden die Darstellung mit. Der Einsatz moderner Medien in der Lehre ist für Professor Bofinger selbstverständlich. Seit einiger Zeit ist Professor Bofinger auch auf Twitter aktiv. Er mischt sich dort in Debatten ein und nutzt das Tool zum akademischen Austausch: "Ich erlebe dort größtenteils sehr sachliche Diskussionen."

Zu seinen Followern zählen neben anderen Ökonomen auch Studierende und Medienschaffende. Lehre und akademischer Diskurs finden immer stärker über soziale Netzwerke statt.
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Seit 26 Jahren lehrt Professor Bofinger bereits an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Würzburg. Über die Jahre hat sich die Lehre gewandelt. Diesen Wandel treibt Professor Bofinger selbst voran: Studierende beantworten während seiner Veranstaltungen Multiple-Choice-Fragen an ihren Smartphones oder Rechnern. Professor Bofinger kann so direkt sehen, wie gut der Stoff schon angekommen ist und sofort seine Vorlesung anpassen.

So verwischt er die Grenze zwischen Präsenzveranstaltung und digitalem Lernen und Lehren: Große Veranstaltungen werden in mehrere Hörsäle gestreamt, per App oder im Browser können die Studierenden Fragen stellen, selbst wenn Sie die Vorlesung von einem anderen Raum aus mitverfolgen. Professor Bofinger sieht die Fragen in Echtzeit auf seinem Tablet und kann sofort reagieren.

Wie fällt sein Zukunftsausblick aus? Wie sieht eine Vorlesung in 20 Jahren aus?

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Prof. Dauth

Die Digitalisierung hilft, immer größere Datenmengen immer besser zu verarbeiten. Forschern eröffnen sich so neue Möglichkeiten, ökonomische Zusammenhänge zu erforschen.

Dr. Wolfgang Dauth ist Professor für Empirische Regional- und Außenhandelsforschung. Er profitiert in seiner Forschung vom Datenreichtum, den die Digitalisierung bringt. Er untersucht, welchen Einfluss internationaler Handel und technologischer Wandel auf den deutschen Arbeitsmarkt haben. Außerdem setzt er sich mit regionalen Arbeitsmärkten und der Bedeutung des Pendelns auseinander.

Technologien wie Künstliche Intelligenz helfen bei der Analyse von ökonomischen Daten. Professor Dauth über die Angst, dass Künstliche Intelligenz Volkswirte ersetzt:
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Große Datenmengen helfen Professor Dauth zum Beispiel der Frage nachzugehen, für wie viel mehr Lohn ein Arbeitnehmer bereit ist, eine weitere Strecke zur Arbeit zu pendeln. Alltagsnahe Fragen, die auch eine politische Implikation haben, etwa wenn es um die Pendlerpauschale geht.
In früheren Studien wird der Begriff „Pendeln“ häufig als Wegstrecke zwischen zwei unterschiedlichen Gemeinden definiert. So entstehen Ungenauigkeiten – wer eine Stunde ans andere Ende einer Metropole fährt, wäre in der Untersuchung kein Pendler, wer zehn Minuten aus einem Vorort in die große Gemeinde zur Arbeit radelt, hingegen schon. Mit dem Zugriff auf detaillierte Daten berechnet Professor Dauth hingegen metergenau, welche Distanzen Millionen Pendler zurücklegen und kann so genaue Aussagen treffen.

Wenn er dafür neue Methoden einsetzt, profitieren auch die Studierenden: Sie lernen in seinen Veranstaltungen genau die Instrumente kennen, die die Forschung aktuell einsetzt.
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Im Bachelor wenden seine Studierenden ökonometrische Analysegrundlagen mit Statistiksoftware wie STATA an, um zu lernen, ökonomische Kausalitäten zu ergründen. Auch im Master setzt Professor Dauth auf ein digitales Instrumentarium, hier arbeiten die Studierenden nah an aktuellen Fragen der Regional- und Außenhandelsforschung.

Professor Dauth profitiert in seiner Forschung von neuen digitalen Methoden – und weiß aus der Empirie, dass sich auch die Anforderungen an Uni-Absolventen wandeln. Seine Lehre richtet er an diesen neuen Anforderungen aus:
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In der Forschung setzt Professor Dauth auf Digitalisierung, wenn er große Datenmengen zum Sprechen bringen möchte. Für ihn ist klar, dass auch die Lehre digitaler wird.

Wie könnte also eine Vorlesung in 20 Jahren aussehen, Professor Dauth?
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Prof. Flath

Daten führen zu Wissen. Im digitalen Zeitalter sind sie der wahrscheinlich wichtigste Rohstoff.

Prof. Dr. Christoph Flath leitet den Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Informationsmanagement. Gemeinsam mit seinem Team forscht er vor allem in drei Gebieten: Industrie, Digitaler Handel und smarte Städte. Die Energiewende und Smarte Energienetze sind damit für Professor Flath genauso Thema wie etwa die Vorhersage von zukünftigen Modetrends auf Basis der Bildanalyse – wo immer mit großen Datenmengen Entscheidungen besser getroffen werden können, sieht sein Lehrstuhl Potential für Projekte.

Professor Flath ist kein Getriebener der Digitalisierung, er gestaltet sie. Gerade in seiner Disziplin liegt die Annahme nahe, dass Hörsäle schon in wenigen Jahren überflüssig werden könnten. Studieninhalte lassen sich schließlich auch digital vermitteln. Löst das Internet die Uni ab?
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Nicht nur die Vorlesungen werden digitaler.
Im Informationsmanagement und der Wirtschaftsinformatik stellt sich schon heute die Frage: Wie sehen geeignete Prüfungen aus?

Naheliegend wäre es, wenn die Studierenden Aufgaben am Rechner lösen. Aber geht es dann noch gerecht zu?

Neue Prüfungsformate müssen entwickelt werden.
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Weniger auswendig lernen, mehr zum Transfer motivieren – dahingehend sollte sich die Lehre ändern, sagt Professor Flath. Wie praktisch Transfer aussehen kann, zeigt sich zum Beispiel, wenn Professor Flath in einer Gründerwerkstatt beim 24-Stunden-Big-Data-Hackathon in der Jury sitzt: Einen Tag haben die Teilnehmer Zeit, Problemlösungen zu finden, indem sie riesige Datenmengen aus dem Netz sammeln und auswerten.

Information und Wissen ist heute nahezu immer und überall verfügbar. Wir brauchen keine Bücher mehr aufschlagen. Es genügt eine Suche im Browser oder gar via Sprachassistenten, wie Siri und Alexa.

Dadurch ändern sich auch die Anforderungen an die Absolventinnen und Absolventen.
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Es liegt im Wesen der Wirtschaftsinformatik, dass sie sich immer wieder den technologischen Trends anpasst.

Big Data, künstliche Intelligenz – der Lehrstuhl von Professor Flath versucht diese Themen praktisch zu erforschen, zum Beispiel im Rahmen eines Projektes mit dem Fashion-Unternehmen s.Oliver: Im Digital Retail Lab haben sich verschiedene Akteure aus Forschung und Wirtschaft zusammengeschlossen, um den digitalen Mode-Einzelhandeln weiterzuentwickeln. Professor Flath und seine Projektpartner konzentrieren sich dabei auf drei Themengebiete: Sie analysieren Daten entlang der gesamten Wertschöpfungskette, entwickeln Service-Innovationen für das Omni-Channel-Retailing und setzen auf das Internet of Things, um das Modegeschäft der Zukunft zu entwickeln.

Denn fest steht: Praxis bedingt Forschung – und Forschung bedingt auch immer Lehre. Wie also sieht sie aus, die typische Vorlesung in 20 Jahren?
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Prof. Pipernik

In kaum einer anderen wirtschaftlichen Disziplin wird der digitale Wandel so deutlich wie in der Logistik.

Warenströme werden bereits heute nahezu vollständig digital abgebildet und Unternehmen verfügen über immer größere Mengen an Daten über Kunden, ihre Präferenzen und ihr Bestellverhalten. Bessere Prognosen, schlauere und selbstlernende Planungssysteme auf der Basis von „Big Data“ und eine zunehmende Automatisierung von Transport und Lagerhaltung werden die Logistik fundamental verändern.  

Prof. Dr. Richard Pibernik leitet den Lehrstuhl für Logistik und Quantitative Methoden in der BWL. Digitale Lösungen spielen nicht nur in seiner Forschung eine Rolle – er setzt konsequent auf E- und Online-Learning.
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Frontalvorlesung – Professor Pibernik reicht das nicht. Er setzt in der Lehre bewusst auf Digitalisierung. Für fast alle Lehrveranstaltungen haben er und sein Team E-Learning-Module entwickelt, die sie schon heute erfolgreich einsetzen.

Standardisiertes Wissen könne man gut in Webinaren vermitteln, meint Pibernik – in der Lehre bleibe so noch mehr Zeit für individuelle Betreuung.

Pibernik versteht sich vor allem auch als Mentor. 
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Logistik vermitteln, das geht nur praxisnah, ist sich Professor Pibernik sicher.

Aktuell kooperiert ein studentisches Team zum Beispiel mit va-Q-tec. Das Unternehmen aus Würzburg bietet unter anderem intelligente temperaturkontrollierte Container an, die ins-besondere beim Transport von Medikamenten zum Einsatz kommen. Beim Einsatz dieser „Smart Container“ fallen riesige Datenmengen an, z.B. Profile von Innen- und Außentemperatur während des Transports, Wartzeiten im Zoll, Wartungsdaten. Gepaart mit umfangreichen Daten über die Kunden und ihr Nutzungsverhalten entstehen ganz neue Möglichkeiten für ein globales Containermanagement.
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Auch in anderen Bereichen findet Professor Piberniks Lehrstuhl Lösungen für die Logistik-Praxis: Im globalen Netzwerk der Lufthansa Technik Logistik Services GmbH (LTLS) werden täglich mehrere Tausend Flugzeugersatzteile – von der kleinsten Schraube bis zum Triebwerk – bewegt. Mengenschwankungen und immer kürzere Durchlaufzeiten machen die Planung und Steuerung dieser Materialströme zu einer schwierigen, aber umso wichtigeren Aufgabe.

Das konkrete Ziel des Projektes von LTLS und Forschern aus dem Team von Professor Pibernik war die Verbesserung der Personalplanung im zentralen Wareneingang in Hamburg mit Hilfe der Daten zu den Materialbewegungen. Hierbei wurden Machine-Learning-Verfahren eingesetzt, um aus den gegebenen Daten Prognosen oder direkte Entscheidungsvorschläge zu ermitteln. „Machine Learning gibt uns die Möglichkeit, verschiedene potentiell einflussreiche Faktoren miteinzubeziehen, und die Zusammenhänge mit den Materialflüssen aus den vorhandenen Datenmengen zu lernen“, erklärt Pibernik.
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Möglichst praxisnah Antworten auf die digitalen Heraus-forderungen der Gegenwart finden. Professor Pibernik hat für sich das richtige Maß aus Lehre, Forschung und Praxis gefunden.

Wie aber sieht denn nun die typische Vorlesung in 20 Jahren aus?
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Prof. Winkelmann

Dass sich ein vergleichsweise junges Fach, wie die Wirtschafts-informatik, im permanenten Wandel befindet, wirkt wenig verwunderlich.

Prof. Dr. Axel Winkelmann leitet an der Universität Würzburg den Lehrstuhl für BWL und Wirtschaftsinformatik. Der Forschungsschwerpunkt des Lehrstuhls liegt insbesondere in der konzeptionellen Gestaltung von betriebswirtschaftlicher Software. Ziel ist es, dynamischen Veränderungen der Real-Welt durch Implementierung und Adaption von betriebs-wirtschaftlichen Informationssystemen gerecht werden zu können, um so das Zusammenspiel von Geschäfts- und IT-Strategien zu verbessern. Neben den Forschungsmethoden des „Design Science Research“ (Modellierung, Prototyping) arbeitet Professor Winkelmann mit empirischen und mathematisch-formalen Forschungsmethoden.

Er sagt: Die Herausforderungen haben sich geändert. Absolventinnen und Absolventen müssten zukünftig breiter aufgestellt sein als noch vor einigen Jahren.
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Die Lehre, so prophezeit auch Professor Winkelmann, wird in den kommenden Jahren interaktiver werden. An seinem Lehrstuhl ist sie es jetzt schon: Er betreibt das größte Enterprise-Research-Planning-Labor Deutschlands. Unter dem Begriff Enterprise Resource Planning wird die Planung und Steuerung der Ressourcen eines Unternehmens verstanden. Neben den klassischen Unternehmensressourcen Boden (Grundstücke / Anlagen), Arbeit (Personalkapazität) und Kapital (Finanzmittel), kommt vor allem dem Management der Ressource „Information“ eine wichtige Bedeutung zu.

In verschiedenen Veranstaltungen arbeiten Studierende mit der Software des Labors, in Forschungsprojekten hilft es Professor Winkelmann gezielte Analysen innerhalb der verschiedenen Labor-Systeme durchzuführen.  

Digitale Lehre heißt auch mehr Raum für Übungen, multimedialere Vorlesungen, Webinare, mehr Interaktion zwischen Dozierenden und Studierenden.

Bedeuten Online-Kurse allerdings auch, dass die Hochschulen bald überflüssig werden?
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2016 hat Professor Winkelmann einen Audio-Podcast gestartet. Er will damit eine breite Wissenscommunity erreichen. Der ERP-Podcast ist der größte deutschsprachige Podcast für Unternehmenssoftware. Darin beleuchtet er aktuelle ERP-Themen und trägt damit Themen aus seiner Forschung an die Öffentlichkeit. Ein Beispiel für eines seiner ERP-Projekte ist DeepScan: Durch die kontinuierliche Speicherung sämtlicher Geschäftsvorfälle in den ERP-Systemen werden tagtäglich sehr große Datenmengen innerhalb eines Unternehmens erzeugt und verändert. Was aber, wenn diese Systeme angegriffen und manipuliert werden? Noch ist es nicht möglich, solche Angriffe in Echtzeit zu erkennen – deshalb arbeiten Professor Winkelmann und sein Team daran, solche Angriffe erkennbar zu machen. Dabei haben sie sich dem Ziel verschrieben, dass ihre Lösung höchsten Datenschutzansprüchen genügt.

Den Podcast moderiert und produziert Professor Winkelmann selbst. Er erzählt aus eigenen Projekten oder interviewt prominente Gesichter aus dem Umfeld der Unternehmens-software. Nutzer können seinen Kanal auf iTunes oder Spotify abonnieren.

Sind Podcasts eine geeignete Plattform für den Wissenstransfer der Zukunft?
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Podcasts, E-Learning, multimediale Inhalte.

Gleichzeitig ein Fach, das sich durch Themen wie Big Data, Künstliche Intelligenz, Robotik und Automatisierung in einem enormen Wandel befindet.

Wie sieht die Lehre in 20 Jahren also konkret aus?
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Berufe

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Fahrlehrer

Florian Ramackers ist Fahrschullehrer und Inhaber einer Würzburger Fahrschule. Der digitale Wandel in der Automobilbranche bringt auch Folgen für seinen Beruf als Fahrlehrer mit sich.

Der Beruf, der vom Zwischenmenschlichen lebt, muss sich wandeln.
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Das Heck des schwarzen Audi gleitet rückwärts in die Parklücke am Straßenrand. Florian Ramackers öffnet die Beifahrertür seelenruhig und schaut Richtung Bordstein: „Ich bin ja sowas von begeistert. Aber ich glaube, das war nur Glück. Wir probieren es gleich nochmal“, neckt er Richtung Fahrersitz. Die 17-jährige Marina Rupp fährt die nächste Parklücke in der engen Nebenstraße an und parkt mit einem Zug ein; der Abstand zum Bordstein diesmal ein wenig größer. Marina hadert mit sich, Ramackers spricht ihr gut zu: „Ich habe erst kürzlich mal das Auto abgewürgt. Das passiert selbst einem Fahrlehrer. Wir sind doch alle nur Menschen“, lacht er sie an. Noch zweimal lässt er das Prozedere wiederholen – dann ist er restlos überzeugt. Die beiden boxen die Fäuste aneinander, Ramackers lächelt zufrieden.

„Ich bin in diese Schiene reingedrückt worden und per Zufall noch mit reingeflutscht“, bringt der gebürtige Würzburger seine Laufbahn locker auf den Punkt. Die begann mit 17 bei der Bundeswehr. „Irgendwann hatte ich aber keine Lust mehr im Wald zu liegen und Soldat zu spielen“, erzählt Ramackers. Durch Zufall kam er zur Bundeswehr-Fahrschule, wo er den Beruf lieben lernte. Nach zwölf Jahren Bundeswehr und einer anstehenden Versetzung nach Bremen war dann Schluss – auch seiner Familie zuliebe. Stattdessen zog es ihn nach Euerfeld, ein 500-Seelen-Nest nahe Dettelbach: „Ich bin ein absolutes Dorfkind und fühle mich nur dort wohl.“ Dem Fahrlehrerberuf blieb er auch nach seiner Bundeswehrzeit treu, die Selbstständigkeit stets im Auge. 2014 war es dann soweit: Ramackers übernahm die Fahrschule Witzke. Nur drei Jahre später wurde mit der nächsten Übernahme daraus die Fahrschule Kwiotek-Witzke.
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Marina bremst vor einer roten Ampel ab, die Drehzahl fällt in den Keller. „Halten heißt Schalten“, sagt Ramackers. Er hat für jede Situation eine Auswahl passender Sprüche: „Glotzböbbele nach hinten“ oder „Augen dorthin, wo die Gefahr ist“, heißt es etwa beim Rückwärtsfahren – mit leicht fränkischer und humorvoller Note. Auch der Rest des 36-jährigen ist wie seine Sprüche: Tiefenentspannt und humorvoll. Die Lockerheit vermittelt er von seinem warmen Lächeln, bis zu den hellen Sneakers. „Er verstellt sich nicht und trägt das Herz auf der Zunge“, sagt sein Mitarbeiter Ingo Eckermann über ihn. Mit seiner ruhigen Art gibt er auch Marina die nötige Sicherheit. „Es gehört zu meinen Aufgaben die Schüler runterzubringen. Das Pädagogische ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit.“ Die Abwechslung im Job und seine Fahrschüler, das begeistert Ramackers für den Beruf: „Dieses Menschliche, das ist einfach der Hammer.“

Bei ungeduldigen Eltern wird sein Ton dagegen schärfer: „Manche üben Druck auf ihr Kind aus, weil es zu teuer wird. Dass es um die Sicherheit ihres Kindes geht – das sehen sie dann nicht.“ Ramackers weiß von seiner Zeit bei der Bundeswehr-Fahrschule selbst, wie schnell man unter Druck verkrampft: „Da wurde oft gleich herumgebrüllt. Ich hatte richtige Angst vor den Fahrstunden, obwohl ich alles beherrschte. Da habe ich mir geschworen, nie so zu werden.“ Diesem Credo folgt er bis heute. Obwohl der Arbeitsmarkt nicht viel Nachwuchs bringt, achtet Ramackers sehr auf die Auswahl seiner Angestellten: „Ich möchte emotionale Fahrlehrer, die auf die Leute eingehen. Solche, die das Beste für den Fahrschüler wollen und auch herzlich sind.“ Einen guten Fahrlehrer zeichne vor allem das Einfühlvermögen aus. „Er muss die Schwächen schnell aufstöbern und genau dort ansetzen. In den Kopf des Fahrschülers kann ich zwar nicht reinschauen, aber ich erkenne Ängste am Verhalten.“
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Eigenschaften, die eine Maschine nicht mitbringt. In der Fahrschule Kwiotek-Witzke steht dennoch ein Fahrsimulator. Ein bequemer Schalensitz, drei Pedale, ein Sportlenkrad mit Blinkhebel; Rechts ein Schaltknüppel, links Lichtdrehschalten, Zündung und elektronische Feststellbremse. Was die Ausstattung angeht steht der Simulator dem Fahrschulauto in nichts nach.

Wo der Blick jedoch für gewöhnlich auf die Straße geht, schaut man hier auf drei Bildschirme. „Bremse, drück die Kupplung und starte den Motor“, bittet eine sanfte Männerstimme. Der Motor springt mit einem leisen Brummen an. Die Fahrt geht los – durch die virtuelle Altstadt, links und rechts parkende Autos und pixelige Fachwerkhäuser. „Du fährst zu weit rechts – und wo war der Blinker?“, mahnt die Stimme. Eine Kamera über dem mittleren Bildschirm prüft den Schulterblick. „Vergiss das Hochschalten nicht!“, tönt die nächste Warnung.
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Der Simulator war schon in der Fahrschule, als Ramackers sie 2017 übernahm. Zunächst wollte er ihn wieder abschaffen, inzwischen ist er froh über die digitale Unterstützung: „Wir haben Fahrlehrermangel ohne Ende. Der Simulator ersetzt mir zumindest teilweise einen Fahrlehrer für die ersten Fahrstunden. Wenn die Schüler dann ins richtige Auto steigen sind sie schon viel weiter. Das merkt man ganz extrem.“

Dem autonomen Fahren steht der Fahrlehrer skeptischer gegenüber, sieht aber auch neue Möglichkeiten für seinen Beruf: „Der Mensch muss trotzdem wissen, wie er im Notfall eingreift. Dazu braucht es Schulungen und Prüfungen.“ Bis es soweit sei, wird es in Deutschland aber noch ewig dauern, ist sich Ramackers sicher.
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Die Digitalisierung hilft ihm jedoch schon heute. Prüfungsfragen können die Schüler per App üben, die Auswertung kommt in die Cloud. Der Fahrlehrer erhält bei den fehleranfälligsten Fragen einen Hinweis – und kann maßgeschneidert auf die Probleme seiner Schützlinge eingehen. In der ‘Drivers Cam App‘ sehen seine Fahrschüler kritische Verkehrspunkte Würzburgs im Video. Dabei wird kommentiert, worauf etwa bei vielbefahrenen Kreuzungen zu achten ist.

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Im Praxisunterricht geht das auch ohne App – ganz menschlich. Der schwarze Audi stoppt an einer Ampel. „Halten heißt?“ – „Schalten“, erwidert Marina und legt den ersten Gang ein. Ramackers nickt zufrieden. Dann geht es auf die B27 Richtung Veitshöchheim. „Immer schön auf die Anderen achten. Wir sind schließlich die Guten“, scherzt Ramackers. Seine Faust geht siegessicher nach oben, Marina lacht.

Nach wenigen Minuten hat sie es bis vor die eigene Haustür geschafft. Ramackers lobt ihre ruhige Fahrweise, spricht ihr Mut zu; und zückt sein Smartphone. Marina darf auf dem Display für die Fahrstunde unterschreiben. Auch das geht inzwischen digital: „Die Sprache der Jugend ist nun einmal digital. Also müssen wir uns mit verändern.“
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Journalist

Stephan Maderner ist Journalist geworden, als der Beruf noch richtiges Handwerk war. Heute ist er als Chefredakteur der Fachzeitschrift bike und business längst im digitalen Zeitalter angekommen. Beim Würzburger Medienhaus Vogel Communications Group geht der Motorradreporter seiner Leidenschaft nach.
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Der Motor schnurrt, und Stephan Maderner fällt wieder ein, warum er seinen Beruf über alles liebt. Sein schwarz-weißes Lederoutfit sitzt perfekt, mit links schließt er das Visier seines weiß-silbernen Helms, mit rechts gibt er Gas. „Das ist Freiheit auf zwei Rädern in Reinkultur“, schwärmt der 54-Jährige, während die Testmaschine sanft dahingleitet. Er fährt eine mattschwarze Royal Enfield Himalayan, 411 Kubik, 25 PS, 185 Kilogramm leicht, Motorrad pur. Das Bike kommt rasch aus dem Drehzahlkeller und beschleunigt auf 90 Stundenkilometer – das reicht, um auf der Landstraße geschmeidig voranzukommen, die Gänseblümchen am Straßenrand zu zählen und den frischen Duft der Natur in der Nase zu riechen. „Journalismus bedeutet vor allem Leidenschaft“, sagt Stephan Maderner. Wenn das stimmt, dann ist er ein großer Journalist.

bike und business heißt Maderners Berufung. Seit mittlerweile fünfzehn Jahren schreibt er beim Würzburger Fachmedienhaus Vogel Communications Group als Chefredakteur für das reichweitenstärkste Fachmagazin der Zweiradbranche. Seinen mehr als 10 000 Lesern berichtet Maderner regelmäßig über neue Motorräder und darüber, wie die Digitalisierung den Zweiradhandel verändert. Bis zu 12 000 Kilometer pro Jahr verbringt der Fachjournalist im Sattel von Motorrädern, 600 verschiedene Modelle hat er bereits unter dem Hintern gehabt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, auch für ihn persönlich: Auf der Titelseite seines Magazins, das sechsmal im Jahr erscheint, prangt ein Logo, die Zeichnung eines Mannes mit kantigen Gesichtszügen, kurzen Haaren und Motorradjacke – es ist er selbst, die Marke Maderner, Mister Motorrad, wie ihn seine Kollegen bisweilen nennen.


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Die Marke Maderner hat klein angefangen. Mit Stolz in der Stimme erzählt der gebürtige Baden-Württemberger von seinem ersten selbst verfassten Zeitungsartikel im Alter von 17, ein Kommentar über eine Müll-Sammelaktion der Dorfjugend in seinem Heimatort Krautheim. Der Artikel erschien später im Lokalteil der Hohenloher Zeitung, es war das Jahr 1981, eine Zeit, in der der Journalismus „noch so richtig Handwerk war“, wie der wohnhafte Würzburger heute sagt. An Computer und Internet war damals freilich nicht zu denken. Stattdessen musste die gute alte Schreibmaschine herhalten, eine Adler Gabriele, die er von seinen Eltern geschenkt bekommen hatte. „Du saßt vor einem leeren Blatt Papier, hast deinen Text abgetippt und ihn anschließend in die Setzerei gegeben“, erinnert er sich mit einem Schmunzeln.


Doch so umständlich die Arbeit damals war – Maderner merkte schnell: Der Journalismus ist sein Ding. Das Schreiben, der kreative Umgang mit der deutschen Sprache und der ständige Kontakt zu den unterschiedlichsten Personen hätten ihm schon immer Spaß gemacht, erzählt er. So absolvierte er nach dem Abitur ein Volontariat beim E. Albrecht Verlag in Gräfelfing bei München und arbeitete dort anschließend einige Jahre als Jungredakteur. 1987, im Alter von 23, entschied sich Maderner, an der Isar Politikwissenschaft mit Schwerpunkt VWL zu studieren. Als er Anfang der 90er-Jahre damit fertig war, folgte die Blütezeit des Journalismus: Maderner erhielt zunächst eine Stelle als Wirtschaftsredakteur beim Rheinischen Merkur in Bonn. 1995 wechselte er zum Deutschen Fachverlag nach Frankfurt, wo er für die TextilWirtschaft schrieb und zum stellvertretenden Ressortleiter aufstieg.
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Wenn Maderner heute über diese Zeit nachdenkt, dann tut er das besonnen, aber ohne Wehmut. Der 54-Jährige ist keiner, der den guten alten Zeiten nachtrauert, sondern einer, dessen Blick stets nach vorne gerichtet ist. Und jemand, der schon immer Karriere machen wollte: Als er im Jahr 2000 die Chance erhielt, beim Würzburger Vogel Verlag als Ressortleiter einzusteigen, musste er nicht zweimal überlegen: „Ich war schon immer jemand, der die Herausforderung gesucht hat.“ Und es kam noch besser: 2003 entschied sich der Verlag, ein Fachmagazin für die Zweiradbranche zu übernehmen – Maderner, der schon mit 13 auf einer Vespa Bravo über die Feldwege seiner Heimat geprescht und dabei vom Motorradfahren infiziert worden war, brauchte nur die Hand zu heben, und schon war er geboren: der Chefredakteur von bike und business.

15 Jahre später. In einem beschaulichen Wohngebiet im hessischen Nauheim befindet sich das Motorradhaus Stocksiefen, ein idyllisch anmutendes Grundstück, an dessen Eingang ein graues Schild mit einem roten Yamaha-Schriftzug hängt. Ein mit grauen Steinen bepflasteter Weg führt in einen Hinterhof, in dem es von Motorrädern nur so wimmelt. Mittendrin im Zweiradensemble thront der Einzylinder-Motor der Royal Enfield Himalayan – jene mattschwarze Maschine, die Stephan Maderner später testen wird. Es riecht nach Frühling, die Vögel zwitschern, und der Tacho, die Scheinwerfer, ja fast das ganze Motorrad ist von gelbem Blütenstaub überzogen. Maderner zückt sein schwarzes iPhone, lächelt gekonnt in die Kamera und drückt ab. „Danke an Yamaha Stocksiefen“, wird wenige Minuten später auf Facebook zu lesen sein.
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„Ich sehe mich heute nicht mehr als Redakteur, sondern längst als Community-Manager“, sagt Maderner selbstbewusst. Das belegen auch die zahlreichen Kanäle, auf denen der 54-Jährige aktiv ist: Ob auf Facebook, Twitter, Instagram, YouTube, Pinterest oder seinem eigenen Blog Stephans Speedlog – der Fachjournalist mischt fast überall mit, wo ein potenzieller Follower auf ihn wartet. Und das durchaus erfolgreich: 2014 wurde bike und business auf dem Kongress der Deutschen Fachpresse in Berlin als Fachmedium des Jahres in der Kategorie „Bester Social-Media-Einsatz“ ausgezeichnet. Als Maderner den Preis auf der Bühne entgegennahm, erschien er nicht – wie alle anderen – im stilvollen Anzug, sondern so, wie er sich auch im wahren Leben gibt – in Motorradjacke, als Biker durch und durch.

Es ist ein ganz bestimmtes Bild, das von ihm gezeichnet werden soll: Die Marke Maderner, eine Gallionsfigur in der Motorradbranche, die es versteht, neue Wege zu gehen. „Ich bin keiner, der unbedingt im Rampenlicht stehen muss“, sagt Maderner über sich selbst, und trotzdem tut er es ständig, weil er weiß, dass es sein Job inzwischen von ihm verlangt. Und weil ihm das Image vom modernen, erfolgreichen Reporter insgeheim doch ganz gut gefällt. Schwächen? Die zeigt er nicht, und wenn, dann klingen sie so: „Manchmal bin ich ein bisschen ungeduldig, wenn ich merke, dass andere mit meinem journalistischen Tempo nicht Schritt halten können.“
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Stephan Maderner ist kein arroganter Mensch, aber einer, der von sich selbst überzeugt ist. Und jemand, der den Wandel, dem sein Berufsbild ausgesetzt ist, vor allem als Chance begreift. Der Journalismus, sagt er, habe sich in den vergangenen 20 Jahren rasant verändert. Durch die Digitalisierung habe sich sowohl der Zeitdruck als auch das Aufgabenspektrum eines Journalisten deutlich erhöht. So produziere er heute zusätzlich crossmediale Videoclips, schreibe suchmaschinen-optimierte Online-News und organisiere mehrere Events im Jahr. Daneben, sagt Maderner, hätten sich neue Recherchemöglichkeiten und spannende Darstellungsformen ergeben. Und: „Mit dem Internet und den sozialen Medien hast du heutzutage die Möglichkeit, neue Zielgruppen anzusprechen, eine eigene Marke aufzubauen und deine Relevanz ungemein zu steigern.“  
Der Chefredakteur ist sich sicher: „Wir stehen erst am Anfang eines gewaltigen Umbruchs, im Zuge dessen alles digitalisiert werden wird, was digitalisiert werden kann.“ Im Journalismus werde es viele neue Formate geben, deshalb seien Flexibilität und lebenslanges Lernen enorm wichtig. Dass sein Beruf irgendwann von Robotern erledigt wird, wie es in Sportredaktionen schon jetzt ansatzweise der Fall ist, glaubt Maderner aber nicht: „Wie willst du einen Händler mit einer Maschine porträtieren?“, fragt er und liefert die Antwort gleich mit: Dafür brauche es einen Menschen, der vor Ort sei, der Stimmungen aufsauge, dem Händler in die Augen schaue und das Besondere herausarbeite. Journalismus werde deshalb in gewisser Weise immer auch ein Handwerk bleiben.
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Stephan Maderner, soviel ist sicher, versteht dieses Handwerk. Im Motorradhaus Stocksiefen in Nauheim ist an diesem Tag wenig los. Das Geschäft, entlockt Maderner dem Chef, stehe vor großen Umwälzungen. Die beiden unterhalten sich über die Zukunftschancen der Elektromobilität, über strenge Vorgaben der Hersteller und darüber, wie schwierig es geworden ist, geeigneten Nachwuchs für den Handel zu finden. Maderner erzählt von einem Motorradtrip durch den Himalaya, den er vor einigen Jahren erlebt hat, und spätestens als seine Augen zu glänzen beginnen, wird klar: Dieser Mann ist das, was man einen Vollblutjournalisten nennt.  
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Taxifahrer

Thomas Obert liebt seinen Job als Taxifahrer. Genau deshalb hat er Angst vor der
Digitalisierung und was sie für seine Arbeit bedeutet.
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Thomas Obert ist ein besonnener und ruhiger Mann. Wer in sein gelbes Taxi steigt, wird mit Herzlichkeit empfangen. „Mir macht mein Beruf einfach Spaß“, sagt er und fährt durch die Würzburger Straßen. Der 54-jährige wohnt schon sein ganzes Leben lang in der Stadt am Main, mittlerweile auch mit Frau und Tochter.


Obert schlängelt sein Taxi bereits seit 1990 an Festung und Residenz vorbei, zum Uniklinikum oder auch mal nach München. Vier Jahre später wurde er Unternehmer. Mittlerweile führt er vier Firmen und beschäftigt sieben Fahrer und Taxis. Den guten Fahrern biete er an, gemeinsam ein Taxi zu betreiben. „Ein guter Fahrer ist fleißig, ehrlich, freundlich und fährt vorsichtig“, sagt Obert. Dass dazu auch trotz der Digitalisierung noch die Ortskunde dazugehört, ist für ihn selbstverständlich: „Das Navigationsgerät sucht nach der schnellsten Strecke, wir fahren die kürzeste.“
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In Würzburg gebe es noch einen guten Markt für Taxiunternehmer, findet Obert, denn hier seien die digitalen Konkurrenten noch nicht vertreten. Damit meint er: Uber und myTaxi. Taxifahrer, die myTaxi nutzen wollen, müssen Vermittlungsgebühren an das Unternehmen zahlen, das zur Moovel GmbH, einer Tochter der Daimler AG, gehört.

myTaxi arbeitet aber mit konzessionierten Taxifahrern zusammen, das kalifornische Unternehmen Uber hingegen baute sein Geschäft ursprünglich mit Privatpersonen auf. Erst nach verlorenen Rechtsstreits greift Uber auf Fahrer mit Personenbeförderungsscheine zurück. Beide Dienste leben von einem großen Faktor, der auch vor der Taxibranche nicht Halt macht: Digitalisierung. „Die Digitalisierung wird uns wegfegen“, sagt Obert pessimistisch. Und weiter: „Jede industrielle Revolution bringt neue Arbeitsplätze und ganze Berufe fallen weg.“ Dass er dabei auch seinen eigenen Beruf in Gefahr sieht, erkennt man in seinen dunklen Augen.
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Das klingt sehr negativ, gerade aus einer Branche, die sich häufig damit brüstet, eine der ersten digitalen Player auf dem Markt gewesen zu sein. „Unsere Taxis hatten schon im Jahr 2000 GPS-Systeme, um sie auf die Kunden zu verteilen. Da wussten die meisten noch gar nicht, was das ist“, sagt Dirk Holl, Vorstandsvorsitzender des Taxiverbandes Deutschland e.V.


Schon seit einigen Jahren werden die Taxis nicht mehr manuell auf die Fahrgäste aufgeteilt, sondern von einem Computer. Die Taxizentrale ist Dreh- und Angelpunkt in Oberts Beruf. Von hier aus wird gesteuert, wo er als nächstes hinmuss. Trotzdem: „Die Hälfte der Zeit stehe ich am Standplatz.“ In der Zeit sind sein Tablet und sein eReader seine Begleiter, um die Wartezeit mit einer Serie auf Netflix oder einer Fußballübertragung zu überbrücken. Vor ein paar Jahren hätte ein schweres Buch herhalten müssen.
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Vor allem muss man nachts viel warten. Und genau dann fährt Obert sein Taxi durch die nächtlichen Straßen von Würzburg. „Nachts ist es meist schwieriger, Fahrer zu finden,“ sagt er. Daher fährt er nachts, tagsüber kann er im Büro arbeiten: „Meistens arbeite ich 30 bis 40 Stunden pro Woche im Büro, 20 bis 30 Stunden sitze ich im Taxi.“ Die Arbeit mit Zahlen ist der 54-jährige gewohnt, denn bevor er mit dem Taxi fahren begann, machte er sein Diplom in BWL an der Universität in Würzburg. „Einen Monat nach meinem Abschluss habe ich dann aber meine Taxikonzession bekommen“, sagt er und grinst.


Seitdem fährt er meist sieben Tage pro Woche in seinem Taxi Gäste umher und hat regelmäßig schöne Erlebnisse. „Sonst hätte ich es nicht so lange ausgehalten“, sagt Obert. Einmal wurde er für Dreharbeiten gebucht, um Carl Dall vom Würzburger Bahnhof bis zum Main zu fahren, erzählt er. Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: „Eigentlich sind es die Kleinigkeiten, die mir Freude bereiten. Dass die Leute es anerkennen, dass man sich die Nacht um die Ohren schlägt.“ Doch auch die Arbeitsbedingungen findet Obert gut: „Ich bin mein eigener Chef, kann mein Ding machen und mir auch mal einen Arzttermin in den Arbeitstag schieben.“

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Dennoch, oder gerade, weil er seinen Job so sehr liebt, hat er Angst vor der Zukunft und wie die Digitalisierung seinen Beruf verändert. Er habe in seinen Unternehmen 60 Prozent Personalkosten, Uber hingegen vermittelt nur die Fahrten. „Natürlich sind die dann günstiger“, sagt er und schließt für einen Moment die Augen: „Ich empfinde es als völlig unfaire Konkurrenz.“ Die fairere Lösung: kein Uber und myTaxi nutzen, sondern die App taxi.eu. Die App kann genau das, was die kommerziellen Anbieter auch können, aber: „Da läuft alles über die Zentrale und die Fahrer müssen keine Gebühren zahlen,“ sagt Obert.
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Anwalt

Rechtsanwalt Holger Loos ist ein Beispiel dafür, wie Digitalisierung zum doppelten Glücksfall werden kann. Der Anwalt setzt sie ein – und bekommt wegen ihr Kunden.
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In der Sprache der sizilianischen Mafia ist der Consigliere der juristische Beistand des Familienoberhaupts. Die persönliche Bindung ist eng, Vertrauen wichtig. Holger Loos erzählt mit Stolz, wie ihn einer seiner Mandanten so bezeichnet: „Das ist für mich die größte Ehre überhaupt.“

Der Rechtsanwalt für IT- und Medienrecht bewegt sich in einem digitalisierten Arbeitsumfeld. Den persönlichen Kontakt ersetze das aber nicht: „Es geht nur über eine gemeinsame Vertrauensbasis.“ Digitale Zeiten hin oder her.

Loos beschäftigte sich früh mit den Möglichkeiten, die der technische Fortschritt bietet. Er spricht voller Faszination über den Commodore C128, der Computer seiner Jugend. Für ein Informatikstudium sei er aber nicht „Nerd“ genug gewesen. Also Jura: „Ich war schon als Kind ein Gerechtigkeitsfanatiker.“
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Im Arbeitsalltag des heute 43-Jährigen geht es viel um Kompromisse, Mittelwege oder taktische Abwägungen. Also um juristische Nuancen, die noch kein Algorithmus beherrscht. Dass der digitale Wandel den Arbeitsalltag von Rechtsanwälten dennoch beeinflusst, ist unbestritten. Laut der Studie „Legal Technology 2018“ arbeiten aber beispielsweise nur drei Prozent der Rechtsabteilungen in deutschen Unternehmen mit digitalen Anwendungen.

Und Holger Loos? Er kümmerte sich schon während des Studiums an der Julius-Maximilian-Universität Würzburg um den Internetauftritt der Jura-Fachschaft. 1997 beantragte er als einer der ersten Studenten einen E-Mail-Account. Loos wollte all das Neue kennenlernen, jede Information aufsaugen.
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Als ob er gewusst hätte, dass das, was er vor sich hat, die Zukunft maßgeblich bestimmen kann. Sein Urteil heute über die digitalen Fortschritte seiner Kollegen fällt daher vernichtend aus: „Viele sind erzkonservativ. Die können den Computer nur einsetzen, wenn ihn jemand eingerichtet hat.“ Loos spricht gerade heraus, mit durchdringender Stimme. „Was die Digitalisierung anbelangt, haben Anwälte noch erheblichen Nachholbedarf.“

Loos legte sich schon während des Referendariats eine eigene Webseite an. „Die sah für heutige Verhältnisse noch schrecklich aus“, schmunzelt er. 13 Jahre später ist sein Internetauftritt auf der Höhe der Zeit: Ein 360-Grad-Video führt durch seine Kanzlei. Außerdem bloggt der gebürtige Ansbacher zu aktuellen juristischen Fragen und nutzt das digitale Erzählformat Storytelling, um sich und seinen Werdegang zu präsentieren.
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Damit will er nicht nur für sich werben, sondern auch den Anwaltsberuf transparenter und nahbarer gestalten. Die Digitalisierung erleichtert das.

Holger Loos jongliert mit technischen Details, die er in seinen Alltag einbettet. Er könne sich vorstellen, einen Legal Chat Bot zu programmieren – also einen Algorithmus, der Mandanten im Stile eines Messengers selbstständig in einfachen Rechtsfragen berät. Die Verwaltung der Kanzlei ist vollständig digitalisiert. Mit Hilfe optischer Texterkennung werden dort Schriftsätze analysiert.

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Globalisierung und Digitalisierung haben auch dazu geführt, dass rechtliche Beratungen zur Informationstechnologie immer gefragter sind. Holger Loos erkannte das. 2014 gründete er mit seiner Frau Beatriz die SiDIT GmbH. Das Unternehmen befasst sich mit dem Thema Datenschutz.

Loos war sich der Bedeutung des Themas bewusst, lange bevor die Europäische Union die Datenschutz-Grundverordnung verabschiedete. Ein Gespür, das sich gelohnt hat: Der Umsatz der SiDIT GmbH hat sich in den ersten Monaten dieses Jahres im Vergleich zu 2017 versechsfacht.
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Fotografin

Renate Mark hat ein besonderes Talent: Sie kann die Zeit konservieren. Schon seit über 40 Jahren hält sie die wichtigsten Momente im Leben ihrer Kunden mit der Kamera fest. Die Leidenschaft für die Fotografie hat sie dabei nie verloren - auch nicht als die Digitalisierung das Berufsbild komplett verändert.
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Die Tür schwingt auf, eine Zeitreise beginnt. Links an der Wand eine Vitrine mit analogen Kameras aus allen Epochen, rechts ein Regal mit Fotoalben und Bilderrahmen. Aus dem Nebenzimmer ein Räuspern. „Ach hallo! Kommen Sie doch rein!“ Die rötlich gelockten Haare von Renate Mark schauen hinter einem gelben Vorhang mit Blumenmuster hervor. Mit einer Handbewegung und einem einnehmenden Lächeln bedeutet sie, das Studio zu betreten.

Ein Schritt durch den Türbogen und man erkennt: Nicht nur auf ihren Bilder konserviert Mark die Zeit. Auch in ihrem Fotostudio in der Ochsenfurter Innenstadt scheinen die Uhren stehen geblieben zu sein: Analoge Kameras aus allen Epochen, Mobiliar aus den 60er-Jahren. Man fühlt sich wie in einem gemütlichen Wohnzimmer. Und das ganz bewusst, erklärt Mark: „Diese modernen Hochglanz-Fotostudios haben ja gar keine Persönlichkeit mehr! Da sieht ja eins aus wie das andere.“ Ihr Studio fällt auf jeden Fall nicht in die Kategorie 08/15: Schaut man genauer hin entdeckt man zwischen Super8-Geräten und Diaprojektoren auch Festplatten, DVD-Player und digitale Spiegelreflexkameras.
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Die Mischung aus Tradition und Moderne kommt an: Rund 120.000 Menschen – also quasi jeder in Würzburg - haben hier bisher in die Kamera gelächelt. Vater Georg Mark gründet das Fotostudio im Jahr 1959 in dem Gebäude gegenüber. Auch nachdem seine Tochter das Studio übernimmt, sitzt er noch bis ins hohe Alter auf dem schwarzen Schwingsessel im Eingangsbereich und lässt es sich nicht nehmen bis zuletzt die Passbilder der Kunden anzufertigen. Renate Mark ist sich sicher: „Die Fotografie war für ihn wesentlich mehr als nur sein Beruf – es war seine Berufung“.


Auch für sie hat sich nie die Frage gestellt, einen anderen Beruf als den des Fotografen zu erlernen: „Ich bin im Studio großgeworden und wollte von klein auf in die Fußstapfen meines Vaters treten“. Ihre Augen strahlen, als sie von ihrem Leben berichtet und man spürt die Leidenschaft, die in ihr brennt: Bereits mit acht Jahren hilft sie im Laden aus, mit 17 beginnt sie ihre Ausbildung zur Fotografin und mit gerade einmal 22 Jahren ist sie eine der jüngsten Fotografie-Meisterinnen in Deutschland und übernimmt das Studio.
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Seitdem vergeht kaum ein Tag, an dem Renate Mark nicht in dem gelben Gebäude mit der Hausnummer 16 anzutreffen ist. Das bisherige Highlight ihrer Karriere erlebt sie im Jahr 2000. „Da habe ich an einem internationalen Fotowettbewerb mit über 600 Mitbewerbern teilgenommen und den dritten Platz belegt! Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet“, erzählt Mark aufgeregt als sei es gestern gewesen. Die Verleihung der Bronzemedaille, die nun an der Studiowand ihren Platz gefunden hat, findet in Las Vegas statt.


Über zu wenig Arbeit konnte sich Mark nie beschweren. Die Terminkalender sind voll, die Tage verplant. Teilweise kommen am Wochenende bis zu 5 Brautpaare in ihr Studio. Doch dann hält in den 90er Jahren die Digitalfotografie Einzug in die Branche – und bringt einschneidende Veränderungen mit sich. „Digitale Kameras wurden auch für Privatpersonen erschwinglich und unsere Dienste seltener benötigt“, berichtet Mark. Auch das Ansehen ihres Berufs nimmt ab. Ein wenig Wehmut liegt in ihrer Stimme, als sie berichtet: „Früher hieß es ‚Oh, du bist Fotografin? Toll!‘. Heute gibt es Situationen in denen mir Leute bei Veranstaltungen Sätze wie ‚Was du kannst, kann ich schon lange‘ an den Kopf werfen. Viele meinen, dass es genügt zu wissen wo der Auslöser ist, um sich Fotograf zu nennen“.
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Auch die Konkurrenz wächst durch die günstigen Digitalkameras. Aber nur eine gute Kamera zu besitzen, macht noch kein gutes Bild: „Der Blick für das perfekte Motiv, den ich mir über die Jahre erarbeitet habe, fehlt den Laien-Fotografen“. Das merken auch die Kunden: In den vergangenen 20 Jahren eröffneten sieben Studios in Ochsenfurt - und schlossen wenig später wieder. Nur das Fotostudio Mark blieb eine Konstante im Stadtbild.


Wohl auch, weil sich Mark von Anfang auf die digitalen Veränderungen eingelassen hat. Und das ohne dabei das traditionelle Handwerk aus dem Auge zu verlieren. Viele ihrer Kollegen halten die Digitalfotografie Mitte der 90er nur für einen Trend. Nicht so Mark: „Ich war damals eine der ersten Fotografinnen in Unterfranken, die sich mit digitalen Bildrestaurierungen und Fotomontagen auseinandergesetzt hat“.
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Sich komplett gegen Neuerungen zu wehren sei Unsinn, findet Mark. Die Digitalisierung habe für sie auch einiges einfacher gemacht: „Früher habe ich für den kompletten Prozess der Passbilderstellung mehrere Stunden gebraucht. Aufnehmen, Entwickeln, Schneiden. Heute dauert es von der Erstellung bis zum fertigen Bild nur 15 Minuten“. Ihr Mut sich auf Neues einzulassen und dennoch Wert auf Tradition zu legen hat sich bewährt und ihr sogar neue Geschäftsfelder eröffnet: Sie hat sich auf die Digitalisierung von Dias, Super8-Filmen und Videokassetten spezialisiert. Das spricht sich herum: Im einstigen Labor stapeln sich kistenweise Filme, Kassetten und Dias von Kunden aus ganz Deutschland.


Gleichzeitig beobachtet Mark in den letzten Jahren aber auch wieder einen Trend hin zur analogen Fotografie: „Viele junge Leute kommen wieder zu mir und möchten Filme kaufen. Sie interessieren sich wieder mehr für die analoge Fotografie und experimentieren mit den Kameras der Eltern und Großeltern. Das ist toll“, freut sich Mark.
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Die Auftragslage ist so gut, dass sie teilweise noch bis in die Nacht arbeitet: „Mein Tag bräuchte manchmal 48 Stunden“, lacht sie. Dabei könnte sie theoretisch auch in den Ruhestand gehen. Aber wie schon für ihren Vater, ist die Fotografie für sie nicht nur ihr Job, sondern auch ihr Hobby. Was die Zukunft des Studios betrifft, ist Mark sich nicht sicher: „Klassische Porträtstudios wie meines möchte niemand mehr übernehmen. Und ich bin ehrlich: Hätte ich Kinder würde ich Ihnen auch davon abraten. Studios lohnen sich wenn überhaupt nur noch für Werbe- und Industrieaufnahmen“.

Das Studio vorzeitig zu schließen, ist für sie aber keine Option: „So lange ich dazu in der Lage bin, werde ich geöffnet lassen“. Wird sie dabei so alt wie ihre Eltern, stehen die Chancen gut, dass Renate Mark die besonderen Momente ihrer Kunden auch noch in 20 Jahren konservieren wird.
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Apotheker

Online-Konkurrenz und Arbeitserleichterung – Auch für Apotheker bringt die Digitalisierung Gutes und Schlechtes. Bernward Unger sieht sich in erster Linie als Heilberufler und findet, Neuerungen müssen vor allem dem Wohl der Kunden dienen.
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Bernward Unger hat im Hinterzimmer seiner Apotheke eine rote Liste. Aufgelistet sind keine Medikamente, sondern Leistungen. Leistungen, die niedergelassene Apotheken bieten, Versandapotheken aber nicht. Die Liste richtet sich an den, aus Holland stammenden, umsatzstärksten Online-Arzneihändler in Deutschland. „Kann Doc Morris sowas auch?“ Steht in fetten Lettern auf weißem Papier.

„Ich bin der Meinung, dass Versandhandel asozial ist“, sagt Unger. Asozial im Gegensatz zum „sozialen“ Kontakt mit dem Kunden in der Apotheke. Gerade diese Interaktion und den Leuten im persönlichen Gespräch helfen zu können, sei das Schönste an seinem Beruf. Außerdem ein großer Wettbewerbsvorteil der niedergelassenen Apotheken.
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Die Online-Versandapotheken sind das Schreckgespenst der Branche. Wie auch der stationäre Einzelhandel haben die Apotheken mit der Konkurrenz im Netz zu kämpfen. Ihre Zahl in Deutschland ist seit 2008 rückläufig. Dabei sei die Kundenberatung in den stationären Apotheken unersetzlich, vor allem bei rezeptpflichtigen Medikamenten, meint Unger. „Alle schreien nach Digitalisierung, dabei ist das zutiefst undigitale Reden miteinander so wichtig. Es fängt damit an, dass ich den Kunden erkläre, warum sie ein anderes Medikament bekommen, als auf dem Rezept steht. Weil die Krankenkasse nur für eben dieses bezahlt.“ Die Versandapotheken nähmen gerne das lukrative Geschäft mit den rezeptfreien Arzneien mit, „aber sie machen keinen Nacht- oder Notdienst. Es ist wohl noch nie jemand auf die Idee gekommen nachts nach Holland zu fahren, um ein Zäpfchen für sein Kind zu besorgen“, sagt Unger mit sarkastischem Unterton.

Sein Alter sieht man dem 50-jährigen lediglich an den ergrauten Bartstoppeln an. Das braune, kurzgeschnittene Haar ist nur an den Schläfen grau meliert. Ansonsten ist der passionierte Radfahrer jung geblieben. Schlank, schon fast hager, wirkt er in dem Bordeaux-roten Poloshirt und Turnschuhen. „Apothekerkittel haben wir nicht“, schmunzelt er. Unger wohnt und arbeitet in Dettelbach im Landkreis Kitzingen. Er ist hier aufgewachsen. Seine Mutter und davor sein Großvater haben die Dettelbacher fast 70 Jahre lang mit Arzneien versorgt. Trotz der einschlägigen Familiengeschichte, entschied er sich erst mit 18, mangels besserer Ideen, für die Laufbahn als Apotheker. Nach der Ausbildung zum pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) und Studium in Würzburg, zog es ihn in die Ferne. „Mir war klar, dass ich noch genug Zeit in Dettelbach verbringen werde, darum habe ich mit dem Zirkel in die Landkarte gestochen, einen 200 Kilometer großen Radius gezogen und mir eine Stelle außerhalb dieses Kreises gesucht.“ Am Ende landete er in Tiengen. Eine Stadt, nicht viel größer als Dettelbach, aber eben 300 Kilometer entfernt und so schön, dass er fast hätte dableiben mögen. Aber zuhause wartete die heimatliche Apotheke auf ihren Nachfolger.
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1996 stieg Unger in die Familienapotheke ein und erwarb später zusätzlich eine Apotheke in Mainstockheim. Seitdem hat sich viel verändert. „Früher hatte man mehr Zeit für die Kunden, heute geht viel davon für Bürokram verloren. Ich schätze, ich verbringe etwa 50 Prozent meiner Arbeitszeit am Schreibtisch.“

Außerdem werde, wie überall, auch der Arbeitsalltag in der Apotheke immer digitaler, sagt Unger. Das habe seine guten und schlechten Seiten. „Schwachsinn“ seien beispielsweise einige Auflagen, die mit der kürzlich eingeführten Datenschutzgrundverordnung zusammenhängen. Bei diesem Thema wird Ungers Stimme eindringlich und man hört die Frustration deutlich heraus. „Die Einverständniserklärung ist drei Seiten lang, das liest sich niemand durch und die Kunden sind genervt.“ Den Frust zu spüren bekommt die Wurzel allen Übels. In der Computertastatur zeugt eine Delle von der Wut ihres Besitzers.
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Das ist die eine Seite. Durch die Digitalisierung sei aber auch vieles in den Apotheken einfacher geworden. Zum Beispiel durch den Kommissionierautomaten. Der ersetzt die klassischen Apothekerschränke. Sobald der Apotheker an der Kasse ein bestimmtes Medikament anfordert, surrt ein Roboterarm in einer Kammer hinter dem Verkaufsraum blitzschnell zu einem Regalfach und holt die geforderte Packung heraus. Der Computer entscheidet vorher, anhand der Packungsgröße, in welches Fach der Artikel gelegt wird und weiß später genau, wo er fündig wird. Der Apotheker muss dann nur in das Ausgabefach direkt hinter ihm greifen, in das der Roboter das Medikament fallen lässt. Dadurch spare man zwar kein Personal, habe aber mehr Zeit für die Kundenberatung, erklärt Unger.


Für Bernward Unger und viele Kollegen stehe bei all der Technik, immer der Kunde im Vordergrund. „Natürlich gibt es Leute, die immer das Neuste haben wollen. Aber für die meisten Kollegen, die sich als Heilberufler sehen und sich verantwortlich für die Gesundheit der Leute fühlen, ist das alles nur Mittel zum Zweck. Digital oder nicht. Das Drängen nach Digitalisierung kommt meistens von außen“, sagt er.
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Im Privatleben kann der Vater von zwei Töchtern auch mal auf das Smartphone verzichten. „Privat bin ich bewusst so gut wie überhaupt nicht vernetzt. Ich schaue ein paarmal am Tag auf‘s Handy, aber wenn ich im Urlaub bin, kann ich es auch tagelang liegen lassen.“ Für einen Geschäftsführer von zwei Apotheken keine Selbstverständlichkeit. Aber Unger vertraut seinen Mitarbeitern und die zahlen es ihm mit Loyalität zurück. Die Fluktuation in der Weingartenapotheke gehe gegen null. Christa Stroh ist pharmazeutisch kaufmännische Angestellte (PKA) und hat schon für Ungers Mutter gearbeitet. „Bei uns herrscht einfach ein gutes Betriebsklima und das hängt natürlich immer auch vom Chef ab“, begründet sie ihre 35-jährige Betriebszugehörigkeit.

Der Chef nutzt das Chefsein auch mal, um sich am Vormittag eine Stunde frei zunehmen und radeln zu gehen. Neben Tischtennis und der Familie, ist Radfahren sein Ausgleich zur Arbeit. 1000 Kilometer schaffe er mitunter von März bis September. Das Fahrrad sei sogar als Dienstfahrzeug angemeldet, weil er Medikamente damit ausliefere.
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Für die Zukunft wünscht sich Bernward Unger, dass die Apotheker wieder mehr als Gesundheitsberater wahrgenommen werden. „Wir möchten unsere Kompetenz aus acht Semestern Studium mehr einsetzen. Zum Beispiel beim Thema Gesundheits- und Ernährungsberatung. Da sind die Apotheker bisher nicht so sehr involviert, das ärgert mich.“ Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sei, dass die Herstellung von Salben bereits höher honoriert wird. Gesundheits- und Ernährungsberater – auch das ist Doc Morris nicht. Der Apotheker sei eben mehr als ein Verkäufer von Arzneien, sagt Unger.
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Bankangestellter

Aufgrund der Digitalisierung stellen Kunden neue Ansprüche an ihre Bank. Damit verändern sich die Anforderungen an Finanzplaner Rainer Spiegel. Vor allem der persönliche Kundenkontakt gewinnt an Bedeutung.
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Beruflich fallen in Spiegels vollem Terminkalender dank Digitalisierung ein paar Standardaufgaben weg. Denn nicht nur Spiegel muss sich verändern, sondern auch seine Kunden. „Wir wünschen uns, dass Kunden viel mehr selbst machen“, verrät Spiegel. Sie können online Kredite anfordern, Termine vereinbaren oder sich über die Produkte und Verbundunternehmen informieren. Allerdings sei es schwierig, Jung und Alt unter einen Hut zu bekommen. „Auf bestehende Kunden zu achten, aber sich gleichzeitig für die Zukunft auszurichten ist eine Herausforderung“, sagt Spiegel. Die ältere Generation lasse sich nicht leicht für Online-Lösungen begeistern, während junge Menschen nicht mehr dazu bereit seien, für Dienstleistungen der Bankberater zu bezahlen.

Bald sollen nahezu alle Abläufe übers Online-Banking abgehandelt werden. Kontoauszüge landen dann beispielsweise im elektronischen Postfach. So können Drucker und Papier für Kontoauszüge eingespart werden. Finanzplaner Spiegel hat zu seiner Anfangszeit Kontoauszüge noch mit der Hand sortiert. Auch der Ablauf einer Überweisung hat sich geändert. „Überweisungen haben damals sieben oder acht Tage gedauert“, erinnert sich Spiegel. Das ist heute unvorstellbar. Instant Payment sorgt mittlerweile dafür, dass eine Überweisung binnen Sekunden abgewickelt wird.
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Rainer Spiegel überblickt von der Treppe aus den Eingangsbereich der VR Bank Kitzingen. Der Finanzplaner ruft sich vor Augen, wie die Bank in seiner Anfangszeit ausgesehen hat. An drei Arbeitsplätzen berät je ein Mitarbeiter die Laufkundschaft, damals waren es mindestens doppelt so viele Ansprechpartner. Von Kasse und Empfang ist keine Spur mehr. Trotzdem tummeln sich heute noch Kunden in der Genossenschaftsbank. „Das liegt daran, dass es die Hauptstelle ist“, erklärt Spiegel. In den letzten Jahren hat sich nicht nur der Eingangsbereich der Bank geändert. Auch Spiegels Beruf als Finanzplaner erlebt einen Umbruch. Verantwortlich dafür ist die Digitalisierung.

„Mittlerweile muss man fast IT-Fachmann sein“, urteilt der 46-Jährige aus Sickershausen über die neuen Anforderungen, die an ihn und seine Kollegen gestellt werden. „Das ist nun mal so.“ Spiegel zuckt mit den Schultern und grinst. Lachfältchen spiegeln die lustige Art des Finanzplaners wider. Er trägt ein langes weißes Hemd, eine blaue Krawatte und eine randlose Brille. Sein Job habe sich nicht grundlegend geändert, aber die Umstände: weniger Filialen, weniger Personal, digitalisierte Prozesse. Nach wie vor berät Spiegel Kunden. Die meisten kommen zu einem persönlichen Gespräch in sein Büro. Die Kundenbeziehung steht für ihn und die VR Bank Kitzingen im Vordergrund – trotz digitalem Wandel.
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Rainer Spiegel überblickt von der Treppe aus den Eingangsbereich der VR Bank Kitzingen. Der Finanzplaner ruft sich vor Augen, wie die Bank in seiner Anfangszeit ausgesehen hat. An drei Arbeitsplätzen berät je ein Mitarbeiter die Laufkundschaft, damals waren es mindestens doppelt so viele Ansprechpartner. Von Kasse und Empfang ist keine Spur mehr. Trotzdem tummeln sich heute noch Kunden in der Genossenschaftsbank. „Das liegt daran, dass es die Hauptstelle ist“, erklärt Spiegel. In den letzten Jahren hat sich nicht nur der Eingangsbereich der Bank geändert. Auch Spiegels Beruf als Finanzplaner erlebt einen Umbruch. Verantwortlich dafür ist die Digitalisierung.

„Mittlerweile muss man fast IT-Fachmann sein“, urteilt der 46-Jährige aus Sickershausen über die neuen Anforderungen, die an ihn und seine Kollegen gestellt werden. „Das ist nun mal so.“ Spiegel zuckt mit den Schultern und grinst. Lachfältchen spiegeln die lustige Art des Finanzplaners wider. Er trägt ein langes weißes Hemd, eine blaue Krawatte und eine randlose Brille. Sein Job habe sich nicht grundlegend geändert, aber die Umstände: weniger Filialen, weniger Personal, digitalisierte Prozesse. Nach wie vor berät Spiegel Kunden. Die meisten kommen zu einem persönlichen Gespräch in sein Büro. Die Kundenbeziehung steht für ihn und die VR Bank Kitzingen im Vordergrund – trotz digitalem Wandel.
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Der Fokus liegt auf der Kundennähe. Wenn es um wesentliche Dinge wie zum Beispiel Baufinanzierung geht, ist eine persönliche Kundenberatung immer stärker gefragt. Seine Kunden kommen dafür in Spiegels Büro in der ersten Etage, in dem er seit 2015 als Finanzplaner sitzt. Darauf setzen Spiegel und seine Kollegen: „Wir möchten die Beratung stärken.“


Diese Notwendigkeit sieht auch der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Neben dem persönlichen Kundengespräch bauen die Volks- und Raiffeisenbanken die digitalen Zugangswege zur Bank aus. „Wir müssen Kundennähe neu definieren, denn auch die Bank in der Hosentasche kann Nähe bedeuten“, schildert der Verbandssprecher Steffen Steudel. Eine Beratung über Videochat zum Beispiel hat sich in der VR Bank Kitzingen noch nicht etabliert. Allerdings seien Videochats bei anderen Banken bereits im Einsatz, sagt Steudel. Ihre Zahl werde weiter steigen.
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Spiegel holt ein weißes Blatt Papier hervor und zeichnet mit seinem Kugelschreiber ein Diagramm darauf. Noch vor ein paar Jahren wurden nicht nur Diagramme zur Veranschaulichung auf Papier gezeichnet, auch Kredite wurden handschriftlich ausgerechnet. Das passiert heute automatisch mithilfe von Computerprogrammen. Die Beratung sei dadurch individueller, einfacher und anschaulicher geworden, stellt Spiegel fest. Per Mausklick optimiert er das Vermögen eines Kunden. Mit Hilfe eines interaktiven Tortendiagramms zeigt Spiegel ihm, wie sein Vermögen aktuell verteilt ist und wie das zukünftig aussehen könnte. Die Risikobereitschaft des Kunden wird mit einberechnet und verknüpfte Programme dokumentieren die Beratung. Trotz der Vereinfachung sei der Arbeitsaufwand größer geworden, meint Spiegel. Das liege daran, dass er seinen Kunden immer mehr erklären muss. Bei Themen wie Datenschutz und Finanzmarktrichtlinien wie zum Beispiel MiFid 2 fordern sie Aufklärung.


Dass sich das Berufsbild des Bankberaters auch in Zukunft wandeln wird, weiß Verbandssprecher Steudel. Künstliche Intelligenz, Digitalisierung und Automatisierung würden den Beruf weiter verändern. Daran müssen sich Berater immer aufs Neue anpassen. „Veränderungskompetenz ist und bleibt ein wichtiger Erfolgsfaktor“, meint Steudel.

Das ist Spiegel klar: „Mir bleibt nichts anderes übrig, ich muss mich gemeinsam mit meinen Kunden verändern.“ Dazu gehört auch, sich der neuen Konkurrenz zu stellen, die durch die Digitalisierung entstanden ist: Fintechs, Direktbanken, Robo-Advisors. Spiegel spekuliert, dass sich diese Themen in den nächsten fünf bis zehn Jahren weiter etablieren werden. „Die Frage ist, ob der Otto-Normal-Verbraucher sowas benötigt“, sagt Spiegel und bleibt zuversichtlich: „Ganz ersetzt werden können wir Bankberater letztendlich nicht.“
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Paketzusteller

Mehr Online-Handel bedeutet mehr Arbeitsaufwand für Paketzusteller. Im Zeitalter der Digitalisierung gibt es reichlich technische Zukunftsvisionen, wie die Arbeit von Paketzustellern wie Stefan Harloff von DPD erleichtert werden kann.
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„Hi.“ – „Moin“. Ein Paket wird abgestellt. Ein Scanner piept. Stefan Harloff reicht das Gerät zum Kunden und lässt sich eine Unterschrift geben. Ein kurzes Lächeln, ein kurzer Wortwechsel und er verlässt das Stoffgeschäft. Der Kunde ruft noch schnell „bis morgen!“ nach. Mit einer Geschwindigkeit, der viele nur joggend Schritt halten können, zieht der Paketbote weiter.


Geschwindigkeit gehört für Stefan Harloff, Paketzusteller bei DPD, zum Arbeitsalltag. „Ich mach mein Ding. Ich habe meine Scheuklappen auf.“ Er will keine Zeit verlieren. Im nächsten Moment begutachtet, scannt und packt er schon das nächste Paket auf seinen Karren. Den Blick hat er oft gesenkt und konzentriert auf seinen Scanner gerichtet. Er trägt eine unauffällige Brille und silberne Ohrringe. Falten auf der Stirn verraten eine ernste Miene, die er aber durch ein Lächeln wieder wettmacht. Harloff trägt kurzgeschorene, dunkelblonde, leicht ergraute Haaren und einen Vollbart.

Online-Handel boomt in Deutschland. 2,5 Milliarden Pakete verschickten die Deutschen 2016 laut der Bundesnetzagentur – vor fünf Jahren waren es noch 700 Millionen weniger. Paketzusteller wie Stefan Harloff bekommen diesen Wandel zu spüren. „Die Zahl der Kundenkontakte ist größer geworden. Früher hatte ich bis zu 80 meist gewerbliche Kunden. Heute sind es 120, darunter auch viele Privatempfänger.“
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Im Würzburger Depot von DPD, dem zweitgrößten Paketdienstleister Deutschlands, sind täglich rund 100 Paketboten im Einsatz. Hier werden täglich bis zu 16.000 Pakete empfangen und versendet. Seit 5 Uhr schaffen Harloff und seine Kollegen Kartons und Kisten vom Band zum Fahrzeug. Während sich die Pakete vor den Fahrzeugen anderer Zusteller häufen, steht an Harloffs Platz nicht ein einziges – die lagern bereits gesichert im Sprinter, gestapelt wie bei einem Tetris-Spiel.

Rotes T-Shirt, schwarze Hose, auf der linken Seite eine Tasche. Dort befindet sich der Scanner – der digitale Begleiter aller DPD-Zusteller und Zugriff auf das hauseigene IT-System. Ein auf Erfahrungsdaten basiertes Analytics-Modell nimmt jedes Paket auf. Nach dem Beladen wertet es diese aus – heute stehen 109 auf Harloffs Anzeige. Die Datenanalyse bestimmt Zustellungstour und Zeitplan. Für jedes Paket werden zwei Minuten Zeit einberechnet.

Der kalkulierte Zeitpunkt der Zustellung liegt in einem Zeitfenster: 30 Minuten vor und nach der geschätzten Lieferzeit. Diese verkürzt sich im Laufe des Tages um die Hälfte der Zeit. Empfänger erhalten eine E-Mail, in der steht, dass ihr Paket innerhalb dieser Stunde ausgeliefert wird.
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„Durch einen mathematischen Algorithmus, Verkehrsleitsysteme und Streckenoptimierung könnte dieses zu einem Advanced-Analytics-Modell optimiert werden“, urteilt Dr. Sebastian Derwisch, Data Scientist des IT-Analystenhauses BARC.

Empfänger haben die Möglichkeit ihren Lieferstatus in der „DPD Navigator“-App einzusehen. Außerdem können sie eine Lieferzeit festlegen, einen Abstellort zu wählen oder einen Nachbarn bestimmen. Für seine Kundenorientierung wurde der App im April dieses Jahres vom Bundesverband Digitale Wirtschaft der Deutschen Digital Award in Bronze verliehen. Außerdem gab es im selben Monat eine weitere Auszeichnung, dessen Ausrichter unter anderem das Handelsblatt ist. Seit Einführung der App im Jahr 2017 sei die Quote der angenommenen Pakete laut DPD-Pressesprecher Peter Rey gestiegen. Vielleicht liegt es an der Live-Verfolgung der Zustellungstour?

Das Feature, das beim Kunden die Vorfreude steigen lässt, ist eine unterbewusste Kontrolle für den Zusteller. „Mich persönlich setzt das unter Druck. Ich muss pünktlich sein“, befindet Paketzusteller Stefan Harloff. Er sitzt im Auto und sein Telefon klingelt. Er nimmt ein Gespräch der DPD-Zentrale mit seiner Apple Watch an. Ein Knopf im Ohr sorgt dafür, dass er nicht zum Hörer greifen muss. Diese technischen Spielereien hat er sich privat für seinen Job zugelegt.
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„Durch einen mathematischen Algorithmus, Verkehrsleitsysteme und Streckenoptimierung könnte dieses zu einem Advanced-Analytics-Modell optimiert werden“, urteilt Dr. Sebastian Derwisch, Data Scientist des IT-Analystenhauses BARC.

Empfänger haben die Möglichkeit ihren Lieferstatus in der „DPD Navigator“-App einzusehen. Außerdem können sie eine Lieferzeit festlegen, einen Abstellort zu wählen oder einen Nachbarn bestimmen. Für seine Kundenorientierung wurde der App im April dieses Jahres vom Bundesverband Digitale Wirtschaft der Deutschen Digital Award in Bronze verliehen. Außerdem gab es im selben Monat eine weitere Auszeichnung, dessen Ausrichter unter anderem das Handelsblatt ist. Seit Einführung der App im Jahr 2017 sei die Quote der angenommenen Pakete laut DPD-Pressesprecher Peter Rey gestiegen. Vielleicht liegt es an der Live-Verfolgung der Zustellungstour?

Das Feature, das beim Kunden die Vorfreude steigen lässt, ist eine unterbewusste Kontrolle für den Zusteller. „Mich persönlich setzt das unter Druck. Ich muss pünktlich sein“, befindet Paketzusteller Stefan Harloff. Er sitzt im Auto und sein Telefon klingelt. Er nimmt ein Gespräch der DPD-Zentrale mit seiner Apple Watch an. Ein Knopf im Ohr sorgt dafür, dass er nicht zum Hörer greifen muss. Diese technischen Spielereien hat er sich privat für seinen Job zugelegt.
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Es gibt zahlreiche Zukunftsszenarien für die Branche: „Bei der Zustellungsart gibt es immer mehr Möglichkeiten für den Empfänger: Lieferungen an Paketstationen oder Büros. In der Schweiz wird mit Cargo Souterrain an Verteilpoints für Pakete in Innenstädten gearbeitet“, erzählt Serkan Antmen vom Deutschen Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation e.V. (DVPT).

Ob Drohnen und Roboter Harloffs Arbeit übernehmen? Da gehen die Meinungen in der Branche auseinander. Antmen, verantwortlich für die Mitgliederbetreuung für Post und Informationslogistik beim DVPT, hält dies für möglich: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass in 20 Jahren ein Mensch Pakete zustellt“. Bei DPD ist man laut Pressesprecher Rey der Meinung, dass eine standardisierte Zustellung von täglich 2 Millionen Paketen mit Robotern nicht möglich sei. Zukünftig könnte sich das Unternehmen neben bereits etablierten Digital Services Vorteile durch das autonome Fahren versprechen. Paketboten könnten so einer einzigen und wichtigsten Aufgabe ihrer Arbeit nachgehen – dem Zustellen. Dass Roboter zukünftig seine Arbeit erledigen, kann sich Paketzusteller Stefan Harloff nicht vorstellen: „Ersetzen können sie mich nicht. Einer muss zum Kunden“.

Kundenkontakt ist das, was ihn zum Lächeln bringt. Es ist bereits 11 Uhr und die Tour in der Innenstadt ist noch nicht komplett beendet. Doch das schafft er auch sicher, denn seine Zustellungsquote liegt laut IT-System bei 100 Prozent. Stefan Harloff schüttelt den Kopf: „90 Prozent sind bei mir nicht drin“.
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Lehrer

Lange Ferien, viel Geld und Unterlagen, die seit 20 Jahren nicht mehr überarbeitet wurden: So stellen sich viele das Lehrerdasein vor. Doch wie in allen Branchen sorgt die Digitalisierung auch an Schulen für frischen Wind. Peter Elsesser ist Lehrer am Johann-Schöner-Gymnasium in Karlstadt und weiß, was es heißt, an einer digitalen Schule zu arbeiten.
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Freitagmittag, die Sonne scheint und die letzte Stunde ist eine Freistunde. Jeder andere würde sich sofort auf ins wohlverdiente Wochenende machen. Doch nicht Peter Elsesser. Mit seinen Kollegen quatschend läuft er hochmotiviert und aufgeweckt den Flur des Johann-Schöner-Gymnasiums entlang.

Lehrer sein ist sein absoluter Traumberuf. Schon als Schüler wusste er, dass er nie etwas anderes werden möchte. Elsesser wuchs in Lohr am Main auf, nur etwa 20 Kilometer von seinem jetzigen Arbeitsplatz in Karlstadt entfernt. Seit fünf Jahren arbeitet er hier als Lehrer am Johann-Schöner-Gymnasium. Sport und Mathe. Seine absolute Traumkombination.
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Nach dem Mathe-Leistungskurs war für ihn klar, welche Fächer es werden sollen. „Sport konnte ich erst nicht studieren, weil ich mich verletzt habe und deshalb den Eignungstest nicht machen konnte“, erzählt der fußballbegeisterte Lehrer, der immer noch im Verein aktiv ist.

Nach einem ersten Versuch mit Mathe und Physik war für ihn jedoch schnell klar, dass es das nicht war. „Nach einem Jahr konnte ich dann auf Mathe und Sport wechseln. Das war auch definitiv die richtige Entscheidung.“ Elsesser schätzt vor allem die Abwechslung zwischen den beiden Fächern. Zwar fielen bei ihm öfter mal die Pausen flach, weil er mit Umziehen und der Rennerei zwischen Turnhalle und Klassenzimmer beschäftigt sei, trotzdem genieße er den Ausgleich: „Es macht Spaß den Wechsel zu haben zwischen der Position vor der Klasse und dem Unterricht innerhalb der Klasse.“

Eigentlich gibt es nur eines, das dem 32-Jährigen an seinem Beruf keinen Spaß macht: Lange Korrekturen. An richtig harten Tagen steht er von 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr vor der Klasse und korrigiert zu Hause noch bis spät am Abend Schulaufgaben. Aber eines gibt er schmunzelnd zu: „Es gibt korrekturaufwändigere Fächer als Mathe und Sport.“
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Seit seinem Referendariat, das er in Würzburg und Aschaffenburg abgeleistet hat, hat sich für Elsesser einiges geändert. Das liege aber auch an der Schule selbst. Das Johann-Schöner-Gymnasium sei eine echte Vorzeigeschule was digitale Ausstattung angehe, so Elsesser.

Wie jeder Lehrer hat auch er ein eigenes Tablet zur Verfügung, das er mit einem Beamer im Klassenzimmer verbinden kann. Vor etwa vier Jahren wurden die Geräte an der Schule eingeführt. Für Elsesser wurde das Tablet zum Tafelersatz. Mit Hilfe einer App kann er darauf schreiben, wie auf einer echten Tafel. Handschriftlich auf karierte Kästchen. Nur die Kreide fehlt.

Da die Schüler nach wie vor in ein Heft schreiben, sei für ihn aber das Wichtigste, dass die Struktur am Tablet die gleiche ist: „Es bringt nichts, wenn ich an meinem Tablet ein digitales Feuerwerk loslasse und keiner mehr mit kommt.“ Der Lehrer unterrichtet Schüler von der fünften bis zur zwölften Klasse. Gerade bei den Kleinen sei wichtig, ihnen genau zu zeigen, was sie machen sollen: „Digitalisierung finde ich gut, aber nur da wo sie auch wirklich einen Mehrwert hat.“
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Mit seinen 32 Jahren ist er einer der jüngsten Lehrer an der Schule. Im digitalen Zeitalter und mit Smartphones aufgewachsen, fällt es ihm leicht mit dem Tablet umzugehen. Doch auch seine älteren Kollegen lassen sich auf die neue Situation ein. Meistens funktioniere das auch gut. Aber selbst wenn nicht gebe es in jeder Klasse einen Schüler, der da weiterhelfen könne: „Da lernen die Lehrer dann auch noch etwas von den Schülern“, sagt Elsesser.

Digitalisierung sei für ihn aber sowieso nur dann sinnvoll, wenn alle mitkommen. Sowohl Lehrer als auch Schüler. Aber selbst für ihn gibt es noch Arbeiten, die er lieber auf dem Papier erledigt. Noten zum Beispiel. Da das Tablet im Klassenzimmer immer mit dem Beamer verbunden ist, sei ihm das zu gefährlich. „Schließlich soll nicht die ganze Klasse erfahren, wer welche Note bekommt“, sagt er während er vergeblich nach seinem Geodreieck sucht. „Typisch Mathelehrer“, lacht er über sich selbst.
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Sonst setzt er sein Tablet aber für alle möglichen Arbeiten ein. Beispielsweise um geometrische Figuren oder Koordinatensysteme zu zeichnen. Auch bereits erstellte Arbeitsblätter wirft er damit an die Wand und füllt sie zusammen mit den Schülern aus. „Für mich ist das eine echte Arbeitserleichterung. Die Schüler müssen das Meiste trotzdem noch in Papierform erledigen“, so Elsesser.

Allerdings gibt es seit diesem Halbjahr testweise auch eine Tabletklasse an der Schule. Die Schüler einer zehnten Klasse haben während des Unterrichts alle ein Tablet vor sich auf dem Tisch aufgebaut. „Wir sind aber noch weit davon entfernt, für jeden Schüler ein eigenes Tablet anzuschaffen“, lacht er. Denn nicht nur die Anschaffungskosten für die 800 Schüler wären enorm hoch. Nach ein paar Jahren gehen die Tablets auch kaputt. Und jedes neue Tablet koste die Schule 300 Euro, so Elsesser. „Unsere Schule ist aber schon enorm fortschrittlich was den digitalen Wandel angeht“, erklärt er stolz. Das könne man nicht überall erwarten.
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Trotzdem ist er sich sicher, dass sich in Zukunft noch einiges ändern wird: „Vor fünf Jahren habe ich noch an die Tafel geschrieben, jetzt unterrichte ich mit einem Tablet. Wer weiß was es in 20 Jahren gibt. Außer dass ich nicht mehr selbst zur Schule fahre“, scherzt er.

Angst davor durch einen Roboter ersetzt zu werden? – das hat Elsesser nicht. Er ist sich sicher, dass er auch in Zukunft noch leibhaftig vor seiner Klasse stehen wird.
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IT-Produktmanager

Computer und Internetverbindung, mehr brauchen die meisten Programmierer nicht zum Arbeiten. Manche machen das zu ihrer Lebensphilosophie, bereisen die Welt und werden zu digitalen Nomaden. Timo Appelmann war einer von ihnen – und hat sich doch für Würzburg entschieden.
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Nach und nach tauchen die Kollegen zum Meeting auf. Manche wirken noch etwas müde, dabei ist es bei ihnen in Lwiw, einer Stadt im Westen der Ukraine, bereits halb elf. Eine Stunde später als in Deutschland. Timo Appelmann sitzt in seinem Würzburger Büro am Schreibtisch und empfängt das Team zur virtuellen Konferenz. Wie jeden Morgen mit Kopfhörern, um die anderen Kollegen um ihn herum nicht zu stören. „Good morning guys, how are you?“, grüßt er in die Video-Runde.

Appelmann arbeitet als Produktmanager bei einem Start-Up namens Scoutbee. Das 2015 gegründete Unternehmen ist ein Software-Dienstleister für Einkäufer aus der Industrie. Die zwei Hauptprodukte, eine Lieferantensuchmaschine und eine Plattform zur Kontaktaufnahme mit den Lieferanten, bilden auch das Zentrum von Appelmanns Arbeit. „Ich bin der Ansprechpartner für alle Fragen rund um unsere Produkte“, sagt der 34-Jährige. Er arbeitet zusätzliche Funktionen aus, überlegt, wie sich neue Ideen verwirklichen lassen, betreut Nutzertests oder koordiniert das grafische Design. „Im Endeffekt muss ich alles so aufbereiten, dass die Entwickler es entsprechend umsetzen können.“
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Erst seit Kurzem ist Appelmann Produktmanager in Vollzeit. Genauer gesagt seit September, seit seiner Festanstellung bei Scoutbee. „Es geht auch ohne Studium“, schmunzelt Appelmann und versenkt die Hände in den Taschen seiner dunkelblauen Kapuzenjacke. Auf dem Rücken prangt das Firmenlogo. Richtig bequem seien die Dinger übrigens. Nach der Ausbildung zum Fachinformatiker und dem ersten Job als Entwickler startete Appelmann mit 21 Jahren in die Selbstständigkeit, gründete eine eigene Firma. Das lief einige Jahre so, bis er sein Produkt verkaufte und Software-Entwickler und Projektleiter wurde – beides als Freelancer.

„Eigentlich war die Arbeit ähnlich wie gerade mit den ukrainischen Kollegen – nur eben von der anderen Seite aus.“ In Zeiten der Digitalisierung sind Freelancer im IT-Bereich gefragt wie nie. Laut der IT-Freiberufler-Studie 2017 der Fachzeitschrift Computerwoche haben die Selbstständigen für 50 Prozent der deutschen Firmen eine „große bis sehr große Bedeutung“. Auch, weil es an Fachkräften mangelt. Ende 2017 gab es 55.000 offene Stellen für IT-Spezialisten. Das spiegelt sich in den Gehältern wider: Stundensätze von 84 Euro sind der Durchschnitt.
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Für Appelmann hatte das Freelancer-Dasein aber in erster Linie andere Vorteile. „Man kann seine Arbeit so gestalten, wie es für einen persönlich am effektivsten ist. Das fängt an mit den Zeiten, betrifft jedoch genauso das Umfeld und den Ort, an den man sich mit seinem Rechner setzt.“ Keine nervigen Kollegen, sondern Menschen, die einen weiterbringen und inspirieren. Keine kalten, deutschen Winter, sondern sonnige Temperaturen in Asien oder Afrika.


Von Dubai, China, der Schweiz und Thailand aus hat Appelmann schon gearbeitet. Die Insel Phuket hat es ihm besonders angetan. „In Thailand gibt es richtige Hotspots für selbstständige IT-ler“, erzählt er. Typische Touristenziele wie Koh Phangan seien beliebt gewesen, ihm aber zu anstrengend wegen der großen Partyszene.
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Manche der Menschen, die er dort kennengelernt hat, haben ihren festen Wohnsitz zuhause aufgegeben. Sie sind sogenannte „digital nomads“ geworden, also digitale Nomaden. Digital deshalb, weil sie zum Arbeiten nicht mehr brauchen als einen Laptop und eine stabile Internetverbindung. Einer Studie zufolge ist der typische Vertreter dieser Spezies männlich, in den Dreißigern und in einer Beziehung. 36 Prozent arbeiten als Freelancer, meist als Programmierer, Designer oder Vermarkter. Sie sind auf der ganzen Welt unterwegs und bleiben größtenteils ein bis drei Monate an einem Ort. Jeder elfte bereist innerhalb einen Jahres zehn Länder und mehr.

„Während der Zeit im Ausland war es immer gut, eine Basis zu haben, zu der ich zurückkehren konnte“, beschreibt Appelmann seine Erfahrungen. Sei es nun das Hotelappartement auf Phuket oder die Wohnung in Würzburg – ganz ohne ginge nicht. „Ich hätte nicht alles daheim abbrechen können. Dazu waren mir Familie, Freunde und auch Würzburg zu wichtig.“ Man müsse schon der Typ dafür sein, ständig neue Bekanntenkreise aufzubauen. Ob sonst noch etwas genervt hat? „Es ist ein größerer bürokratischer Aufwand“, sagt er und runzelt die Stirn. Mehr Nachteile fallen ihm spontan nicht ein.
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Damals fuhr er mit dem Roller zur Arbeit, verbrachte die Mittagspause öfters am Strand. Heute fährt er mit der Straßenbahn zum Büro, einmal komplett durch Würzburg, von der Sanderau bis in die Zellerau. An seiner rechten Hand schimmert ein goldener Ring. Darauf angesprochen, lacht Appelmann. „Das war natürlich auch ein Grund, sich für die Festanstellung zu entscheiden. Aber nicht nur.“ Für die Tage nach der Hochzeit musste er sich Urlaub nehmen – ungewohnt, nach über zwölf Jahren Selbstständigkeit. Aber die spannenden Projekte in einem Start-Up-Umfeld hätten ihn gereizt, etwas Neues anzufangen. Mit größeren Herausforderungen und mehr Verantwortung.

Dass er manche Kollegen nur alle zwei, drei Monate sieht, stört ihn nicht. Im Gegenteil: „Vieles läuft strukturierter ab, wenn man weiß, dass für die Videokonferenz nur zehn Minuten Zeit ist. Anders als vielleicht bei Meetings in großer, persönlicher Runde.“ Außerdem gäbe es trotzdem viel Kontakt, in Summe am Tag etwa zwei Stunden durch Telefonate. So käme das Zwischenmenschliche nicht zu kurz. „Wir haben auch einen Chat, der eher privat ist. Da schickt schon mal jemand einen Witz oder ein lustiges Foto rein“, sagt er und grinst. „Dafür muss man sich wirklich nicht am Schreibtisch gegenüber sitzen.“
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Notar

Gewissenhaft und schnell sind keine Gegensätze im Notariat von Matthias Adam. Ob elektronisches Vorsorgeverzeichnis oder zentrales Testamentsregister: Die Digitalisierung hat das Arbeitstempo des Würzburgers verändert, nicht aber die Genauigkeit. Doch bis weitere Innovationen fernab von digitalisiertem Papier in seinem Beruf Einzug halten, kann es noch dauern. Denn Veränderung kommt in einer so regulierten Profession von ganz oben.

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Von links nach rechts, von rechts nach links – das dünne Papier fliegt blitzschnell hin und her. Das vertraute Geräusch der knisternden Seiten begleitet seine Suche. Fokussiert - Als gäbe es nur noch ihn und das Buch. Bis er endlich gefunden hat, wonach er suchte. „Für immer“, antwortet Matthias Adam knapp. Das ist eine ganz schön lange Zeit.

Er senkt erneut den Kopf und steckt die Nase in das Buch. Dann ein bestätigendes Nicken. Und schon ist die Aufmerksamkeit wieder voll bei seinem Gegenüber. „Die Frage hat sich für mich noch nie gestellt, da das Notariat, in dem ich tätig bin, erst in den 80er Jahren gegründet wurde. Aber nun weiß ich: Es gibt keine Frist. Urkunden müssen wir für immer aufbewahren“, erklärt Adam mit besonnener Stimme.
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Als er feststellt, dass da einiges zusammenkommt, hebt ein Lächeln seinen braunen Vollbart an. Grob überschlagen: 1.500 Urkunden pro Notar in zwölf Monaten. Das macht 3.000 im Jahr für Adam und seinen Kollegen Matthias Dünninger zusammen. Bei fast 40 Jahren Notariat kommen da um die 120.000 Schriftstücke zusammen. Denn die Urkunden der Vorgänger müsse man auch verwahren, so Adam. Ganz schön viel Papier. Wäre jede der Urkunden nur eine Seite lang, so könnte man stattdessen auch 714 Mal „Harry Potter und der Stein der Weisen“ oder 2.500 Ausgaben von Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“ aufbewahren. In der Regel sind die Schriftstücke der Notare länger.


Doch Rettung naht. Denn schließlich muss man dank E-Book auch die Lieblingsgeschichten seiner Kinder nicht mehr im Wohnzimmerregal aufbewahren. Der Plan: Das elektronische Urkundenarchiv verkleinert die Papierberge. So sollen die Dokumente ab dem Jahr 2022 nicht mehr in den Notariaten, sondern zentral und in digitaler Form bei der Bundesnotarkammer verwahrt werden. Was zuvor beglaubigt wurde, muss jedoch weiterhin in Papierform gelagert werden. Aber immerhin: Die digitalen Dokumente sind dann ihren Pendants in Papierform gleichgestellt und besitzen rechtlich die gleiche Beweiskraft.
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Während das elektronische Archiv noch ein paar Jahre auf sich warten lässt, gehören digitale Register schon zu Adams Alltag. „Ich war froh, als klar war, dass ich nach Würzburg zurückkehren darf“, erklärt er und rollt lächelnd das fränkische „r“. Das Jurastudium hat er einst im Herzen Frankens absolviert – Sogar besonders erfolgreich, denn nur die Besten bekommen die Möglichkeit den Berufsweg des Notars einzuschlagen.

Doch dann ging es für Adam erst einmal nach Mellrichstadt. Man könne sich nicht aussuchen, wo man sich als Notar niederlässt, denn die Anzahl der Stellen pro Ort sei von staatlicher Seite genau definiert. Aber er hatte Glück: Und so sitzt Adam heute in seinem Büro in der Eichhornstraße. Doch egal, ob sein Computer in Mellrichstadt oder auf dem großen dunklen Holzschreibtisch in Würzburg steht: Die digitalen Register kann Adam überall nutzen und so Auszüge aus dem Grundbuch oder dem Handelsregister ziehen. Das beschleunige die Erstellung neuer Urkunden enorm und würde die Wartezeiten für die Kunden verringern, so Adam.
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Dann kommt der Part, den die Urkunden mit Kinderbüchern wie „Harry Potter“ gemein haben: Sie werden vorgelesen. Entgegen des landläufigen Vorurteils, ist Adams Arbeit damit nicht getan. Die blaugrauen Augen blicken konzentriert über den Rand der schwarzen Brille, der Oberkörper ist leicht nach vorne gelehnt, die Ellenbogen auf den Tisch abgestützt, als Adam erklärt, dass vor allem die unabhängige rechtliche Beratung in seinem Beruf eine wichtige Rolle spiele.

Denn auch während der Beurkundung, also während Adam das Dokument vorliest, kämen immer wieder wichtige Fragen bei den Mandanten auf, die es zu klären gilt. „Wenn die Leute zu mir kommen, dann geht es meist um besonders wichtige Entscheidungen wie den Hauskauf oder das Testament. Da sollte nichts schieflaufen“, so Adam.
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Er gestikuliert schnell und fast ununterbrochen. Die Bewegung geht vom Handgelenk aus, der Rest des Körpers sitzt ruhig hinter dem Schreibtisch. Adam redet viel. Aber auch das wirkt genauso wenig unruhig wie die ständige Untermalung der Hände. Es wirkt bedacht, als wäre jedes Wort trotz der Geschwindigkeit wohlüberlegt. Das Ziel scheint ein vollständiges Bild zu sein. Jeder Zusammenhang soll klar werden. „Als Notar kann man kein Auge zudrücken. Wir müssen jeden Tag voll da sein, auch wenn heute vieles sehr schnell geht“, berichtet Adam. Das hat einen einfachen Grund: Für jeden Fehler ist man als Notar privat haftbar. Also dürften Fehler einfach nicht unterlaufen, so Adam.
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So ist Vorsicht geboten – auch weil die Beratungen immer komplexer werden. „Es gibt heute nicht mehr den Standardkaufvertag. Und auch die Nachlassregelungen werden dank Konzepten wie der Patchworkfamilie immer komplizierter“, erläutert der Mittvierziger. Und so zerbricht er sich den Kopf nicht über Smart Contracts.

Die digitalen Verträge sind in der Lage, Transaktionen automatisch auszuführen, wenn die zuvor vereinbarten Bedingungen erfüllt wurden. Doch bis zur Vereinbarung dieser Konditionen ist es ein langer und nicht selten steiniger Weg, bei dem die Eigenheiten jedes einzelnen Falls beachtet werden müssen. Und daher könne nur der Notar die Beratung bis zur fertigen Urkunde leisten, so Adam. Als wolle er dem gesagten Nachdruck verleihen, folgt darauf Schweigen – Eine kleine Pause, die mit ruhiger Stimme flüstert: „Mich wird man auch morgen und übermorgen noch brauchen“.
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Wer einen Blick Richtung Nachbarbranche riskiert, muss jedoch feststellen, dass auch in diesem Bereich einiges möglich ist: Dank Multiple-Choice-System sind Apps beispielsweise schon heute in der Lage, Mitarbeitern, die eine Frage zur Compliance haben, eine rechtssichere Auskunft zu geben. Der Anwalt wird so bei Beratungsfragen entlastet.


Und der Notar? Er wartet auf Innovation, angeordnet von ganz oben: „Da muss erst einmal der Gesetzgeber ran“, stellt Adam mit Blick auf Smart Contracts und Co. fest. Gesetzliche Regelungen müssten her – ein rechtliches Fundament für all das. Neben Adam stapelt sich das Papier. Im Regal farblich sortierte Bücher. Auf seinem Computer digitale Akten. „Unser Notariat ist ein Hybrid“, stellt Adam fest. Das Papier sei nicht völlig verschwunden, aber teilweise ersetzt. Doch bis wirkliche Innovation fernab von digitalisiertem Papier Einzug in dem Notariat halten wird, kann es noch dauern. Die Digitalisierung bedroht Adams Beruf nicht und tiefgreifende Änderungen hat sie für ihn auch nicht mit sich gebracht. Doch im Gegensatz zu den alten Urkunden müssen die Arbeitsweisen nicht für immer im Notariat bleiben. Das gilt nicht nur für Adams Büro.
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Hotelmanager

Wenn man die große Empfangshalle des Best Western Premier Hotels Rebstock in der Würzburger Innenstadt betritt, fällt der Blick sofort auf eine große Bilderwand mit Autogrammen. Neben dem verstorbenen Schlagersänger Udo Jürgens, waren hier schon Schauspielerin Christine Neubauer oder der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck zu Gast. Zu dem opulenten Empfangsbereich passt auch der Hotelmanager Christoph Unckell. Er trägt einen grauen Anzug mit Krawatte, Brille und beeindruckt mit einer Größe von 1,94 Metern. Geboren ist Unckell in Braunschweig, sein Vater hat schon immer in der Hotellerie gearbeitet. Die Familie ist deshalb häufig umgezogen, bevor sie 1978 das Hotel Rebstock gekauft haben. Unckell war damals 13 Jahre alt und ist fortan im Hotel aufgewachsen.

Obwohl die Eltern ihm bei der Berufswahl freie Hand gelassen haben, war er von Anfang an begeistert von der Hotelbranche: „In keinem Beruf kann man so viel von der Welt sehen.“ Und das hat er in die Tat umgesetzt. Nach der Ausbildung zum Hotelkaufmann in Frankfurt arbeitete er zunächst in Paris in der Küche und in Genf im Service. Dadurch spricht er sowohl Englisch als auch Französisch fließend. 1994 hat Unckell den elterlichen Betrieb dann übernommen und ist 20 Jahre später vom Trebing-Lecost Verlag zum Hotelmanager des Jahres ausgezeichnet worden.
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In dem Vier-Sterne-Hotel von Unckell arbeiten knapp 40 Mitarbeiter, davon 15 Auszubildende. Auch in der Hotelbranche ist der Fachkräftemangel ein Thema. Laut dem Branchen-bericht des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes ist es für Zweidrittel der Hotelbetriebe die größte Herausforderung qualifiziertes Personal zu finden. Dazu meint Unckell: „Würzburg hat eine hohe Lebensqualität und die Menschen kommen gerne zum Arbeiten her. Trotzdem ist es eine große Herausforderung den Nachwuchs zu begeistern und aufzuzeigen, welche Chancen und Karrieremöglichkeiten die Branche bietet.“

Im Moment entsteht auf dem Nachbargrundstück ein Neubau mit 54 Hotelzimmern, deshalb ist viel zu tun. Neben dem Vergeben von Aufträgen müssen die Innenarchitektur und die Veranstaltungstechnik geplant werden. Dazu kommt der normale Hotelalltag – E-Mails bearbeiten, Termine wahrnehmen oder die Küche beim Mittagsgeschäft kontrollieren. Etwa die Hälfte seiner Arbeitszeit verbringt der Hotelier am Schreibtisch. Um elf Uhr findet jeden Morgen ein Meeting mit allen Teamleitern statt, in dem der heutige und der darauffolgende Tag besprochen werden. Nachmittags geht Unckell gerne zum Sport: „Um die Uhrzeit ist es im Fitnessstudio nicht so voll und auch im Hotel ist es ruhiger. Abends gehe ich dann wieder ins Hotel, denn am Abend findet der Großteil des Hotelbetriebes statt und auch in unserem Sternerestaurant KUNO 1408 ist dann am meisten los.“

Neben seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter ist Unckell auch Aufsichtsratsvorsitzender bei der DEHAG Hotel Service AG, der Dachgesellschaft der Best Western Hotels. Einen typischen Arbeitsalltag gibt es für den Hotelmanager deshalb nicht, und selbst ein Routinetag läuft bei ihm anders ab als bei den meisten Menschen. „Ich arbeite in der Regel sechs Tage die Woche und starte meistens zwischen zehn und elf Uhr, denn im Hotel sind die Zeiten einfach anders. Dafür muss ich abends auch länger arbeiten“, erklärt Unckell.


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Die Digitalisierung habe große Auswirkungen auf die Hotelbranche. Das Buchungsverhalten der Gäste habe sich über die Jahre grundlegend verändert. „Früher hat man noch im Hotelführer nachgeschaut, heute wird der Großteil übers Internet gebucht. Dort spielen vor allem Bewertungen eine große Rolle“, sagt der Hotelmanager. Eine wichtige Aufgabe des Hotelmanagers ist es deshalb, den Mitarbeitern zu zeigen, wie transparent ihr Handeln ist.

Das Hotel arbeitet auch mit Buchungsplattformen wie Expedia, HRS und Booking zusammen. Diese Plattformen werden alle in einem Buchungssystem gebündelt. „Wir bekommen Reservierungen und Stornierungen manchmal gar nicht mit, weil alles über das System läuft. Das gewährt dem Hotel eine sehr hohe Verfügbarkeit“, erklärt Unckell. Wenn beispielsweise ein Zimmer storniert wird, wird es in der nächsten Sekunde für einen anderen Gast direkt wieder verfügbar. Bei der Vielzahl von Angeboten, ist es Aufgabe des Hotelmanagers das Hotel als Marke aufzustellen und einen Mehrwert zu bieten.
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Bei der Frage wie seine Arbeit in zehn Jahren aussehen wird, erwidert Unckell, dass er das noch nicht abschätzen könne. „Die Veränderungsgeschwindigkeit war noch nie so hoch wie heute und gleichzeitig wird sie die langsamste sein, die wir sehen“, sagt der Hotelmanager. Damit meint er, dass man sich heute noch nicht vorstellen kann, wie rasant die Digitalisierung noch zunehmen wird und wie schwer es deshalb fällt Prognosen für Hotelmitarbeiter zu treffen. Dennoch ist er der Auffassung: „Die Branche wird es immer geben und die Mitarbeiter werden immer ein wichtiger Teil sein. Denn darüber entsteht das Besondere eines Hotels.“

Als positiven Aspekt der Digitalisierung sieht Unckell die Erleichterung der Prozesse: „Dadurch bleibt für die Mitarbeiter mehr Zeit sich um den Gast zu kümmern. Gerade unser Klientel wünscht viel Beratung an der Rezeption.“ Manche Entwicklungen betrachtet er aber auch kritisch, wie zum Beispiel die Plattform Airbnb, über die Privatleute ihre Wohnung vermieten können: „In Sachen Brandschutz und Entwicklung der Städte übernimmt Airbnb keinerlei Verantwortung. Da werden Vorschriften nicht eingehalten und Airbnb beruft sich darauf, lediglich eine Plattform zu sein“ – das empfindet Unckell als unverhältnismäßig.
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Auch privat beschäftigt er sich mit der Digitalisierung, ist beispielsweise auf Facebook aktiv: „Ich finde Social Media bietet einen schönen Mehrwert, um mit Menschen vernetzt zu bleiben. Gerade in der Hotellerie lernt man viele Menschen kennen.“ In seiner Freizeit reist er gerne nach Asien oder in die USA. Besonders Vietnam hat es ihm angetan. Bevor er im Mai die Best-Western-Frühlingskonferenz in Hong Kong besuchte, hat er dort eine Woche Urlaub gemacht. Auf die Frage, ob man denn als Hoteldirektor einfach so abschalten und Urlaub machen kann, antwortet er: „Natürlich hat man einen anderen Blick auf Hotels, aber ich schaffe es trotzdem mal Urlaub zu machen.“
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Pflegekraft

Birgitta Mütherig ist Altenpflegerin mit Leib und Seele – und mit Smartphone. Denn die Digitalisierung erhält Einzug in die ambulante Altenpflege und in die Häuser ihrer Kunden. „Der persönliche Kontakt zu den Menschen ist sehr wichtig für mich“, sagt Birgitta Mütherig. Am Morgen gilt der erste Blick der Pflegefachkraft, die in der ambulanten Altenpflege der Johanniter in Würzburg arbeitet, jedoch ihrem Smartphone: Damit werden Touren geplant und Hausbesuche dokumentiert.
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Ursprünglich hat die Mutter von zwei erwachsenen Söhnen an der Uniklinik Ulm Kinderkrankenschwester gelernt und später in Würzburg in der Kinderklinik am Mönchberg schwerst-behinderte Kinder und Jugendliche betreut. Nachdem die Nachtschichten mit zwei kleinen Kindern mehr und mehr zur Belastung wurden, habe sie lange mit sich gerungen: „Ich konnte mir früher nicht vorstellen, in die Altenpflege zu gehen“, gibt Mütherig zu und lacht. Dabei bilden sich Lachfältchen um ihre Augen und die Brille mit dem schwarzen Rahmen hüpft auf ihrer Nase. Die 52-Jährige trägt weiße Arbeitskleidung mit dem Logo der Johanniter auf der Brust, das rotbraune Haar ist kurz geschnitten. Im Jahr 2006 habe sie es dann doch in der Altenpflege versucht und sich auf eine Stellenanzeige der Johanniter beworben. Bereut hat Mütherig es bis heute nicht: „Ich habe schnell gemerkt, dass mir die häusliche Pflege viel Freude macht.“
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Mit dem Zeigefinger wischt Mütherig über das Display des Smartphones. Im System der Johanniter schaut sie nach, für welche Hausbesuche sie eingeplant ist. Noch schnell die wichtigsten Infos zum nächsten Kunden durchgelesen, dann dreht Mütherig den Schlüssel im Zündschloss des weißen VW Up mit dem Schriftzug ihres Arbeitgebers auf der Tür. Vom Parkplatz der Sozialstation biegt sie auf die B19. Routiniert lenkt die Pflegefachkraft das Auto durch den dichten Verkehr. Die vollen Straßen werden immer öfter zum Problem: „Ich fahre sehr gerne Auto, aber wenn es sich überall staut, kommt man ganz schön ins Schwitzen“, gesteht Mütherig. Dann zuckt sie die Schultern – als Altenpflegerin ist sie an Zeitdruck gewöhnt.
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Der erste Hausbesuch an diesem Tag ist bei Frau Ludwig*: Die 86-Jährige ist bereits seit neun Jahren Kundin in der ambulanten Pflege der Johanniter. Zweimal am Tag kommt eine Pflegefachkraft, um sie zu pflegen und ärztlich verordnete Leistungen zu erbringen – Tabletten verabreichen, Insulin spritzen, Stützstrumpfhose anziehen. Freudestrahlend wird Mütherig von der alten Dame begrüßt. „Ich bin hoch zufrieden mit Schwester Birgitta“, erklärt sie. Die Arbeit der Pflegerin weiß Frau Ludwig aus eigener Erfahrung zu schätzen: „Ich habe meine Großmutter und meine Mutter gepflegt.“ Nun sei sie dankbar, dass jemand für sie da ist.

Doch der Zeitplan ist eng getaktet: Drei Minuten Hautpflege, zehn Minuten Duschen, vier Minuten Anziehen, drei Minuten Medikamente verabreichen. Mit dem Smartphone hakt Mütherig anschließend die erbrachten Leistungen im System ab. Die eingegebenen Daten werden direkt an die Sozialstation der Johanniter weitergeleitet. Das bedeutet auch mehr Verantwortung für die Pfleger: „Was ich im System eingebe, wird dem Kunden später berechnet. Da darf ich mir keine Fehler erlauben“, so Mütherig. Trotzdem überwiegen für die Pflegerin die Vorteile der neuen Technik: „Es ist auf jeden Fall eine Zeitersparnis.“

*Name von der Redaktion geändert
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Die sogenannten digitalen Tourenbegleiter werden nach Angaben der Johanniter Würzburg seit rund drei Jahren genutzt. Jeder Pfleger kann dort seine Tour für den Tag und den Folgetag sehen. Vor jedem Hausbesuch loggt sich Mütherig in das System ein. Wenn sie das Haus des Kunden wieder verlässt, kennzeichnet sie den Besuch als abgeschlossen. Auf diese Weise werden auch die Arbeitszeiten über das Tool erfasst. Alle Daten werden nach Abschluss der Tour an die Sozialstation übermittelt, wo sie von der Pflegedienstleitung geprüft werden. Mit dem Einsatz dieser Technologie sind die Johanniter nicht allein: Nach Angaben des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) nutzen vor allem die größeren ambulanten Pflegedienste digitale Tourenbegleiter.

Noch ist aber auch bei den Johannitern nicht alles digital: „Die Informationen für die Krankenkasse dokumentieren wir noch per Hand“, erläutert Mütherig. Doch es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis eine elektronische Übermittlung eingeführt werde. Und auch die Senioren, die sie betreut, werden immer digitaler. Viele von ihnen sind bereits auf E-Mails oder SMS umgestiegen. „Die merken ja auch, dass es praktisch ist, wenn man den Enkeln mal schnell ein Bildchen rüberschicken kann“, sagt Mütherig schmunzelnd.
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So digital ist Frau Ludwig noch nicht unterwegs. Sie freut sich vor allem über das persönliche Gespräch mit Schwester Birgitta. „Viel Zeit hat sie nicht, aber sie nimmt sie sich trotzdem“, verrät die Seniorin und nickt nachdrücklich. Dann berichtet sie aufgeregt von ihren Erlebnissen beim letzten Krankenhausbesuch. Mütherig nimmt ihre Brille ab und hört aufmerksam zu. Ihre professionelle Routine weicht einem weichen Gesichtsausdruck. Das Zuhören ist mindestens genauso wichtig wie die pflegerischen Aufgaben, davon ist sie überzeugt. Rund zwei Drittel der Kunden der Johanniter leben laut Mütherig allein: „Vereinsamung wird ein immer größeres Thema in unserer alternden Gesellschaft.“
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Ob sie sich eine Zukunft vorstellen kann, in der die Menschen von Robotern gepflegt werden? Mütherig lacht, dann schüttelt sie entschieden den Kopf. „Die zwischenmenschliche Kommunikation kann kein Computer ersetzen“, ist sie sich sicher. Technischen Veränderungen steht sie dennoch aufgeschlossen gegenüber: „Die Digitalisierung können und sollten wir als modernes Hilfsmittel für unsere Arbeit nutzen.“ DBfK-Angaben zufolge könne durch den Einsatz digitaler Tools vor allem die Organisation der Pflege in ihrer Effizienz gesteigert werden.

Letztendlich stehe bei den Johannitern aber das persönliche Wohl des Kunden im Vordergrund, betont Mütherig. Und das sei oft mit dem Wunsch verbunden, möglichst lange im eigenen zu Hause wohnen zu bleiben. Gleiches gilt auch für Frau Ludwig: „Ich will nicht ins Altersheim“, sagt sie und greift nach Schwester Birgittas Hand. Mütherig lächelt. Sie hat keine Angst, durch einen Roboter ersetzt zu werden.
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Unternehmen

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Schreinerei

Die Ackermann GmbH ist ein Handwerksbetrieb in dritter Generation. Konkurrenz bekommt die Schreinerei jedoch nicht aus dem Nachbarort, sondern aus der Schweiz oder Italien. Die Digitalisierung eröffnet dem Betrieb neue Märkte und verändert das Handwerk.

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Späne, eine Hobelbank, eine Kreissäge, Menschen die leidenschaftlich und kunstfertig einem uralten Handwerk nachgehen, dieses Bild taucht bei dem Begriff Schreinerei vor dem inneren Auge auf. Ein romantisiertes Bild, aber doch in vielen kleinen Werkstätten in Bayern und ganz Deutschland durchaus noch Wirklichkeit.

Frank Ackermanns Betrieb im Landkreis Kitzingen ist auch eine Schreinerei, aber Späne sieht man kaum und die letzte Hobelbank wurde vor ein paar Jahren abgeschafft. In der Werkstatt, wenn man die zwanzig Meter hohen Hallen noch als solche bezeichnen kann, fräst ein Roboterarm einen Block aus Gipsbeton in Form.

Daneben passen zwei Mitarbeiter die Außenverkleidung aus Verbundmaterial an ein Gerüst aus Holz an. Millimeterarbeit. Die Schnittkanten am Holz sind schwarz vom Laser, es riecht verbrannt. Diese Zusammenarbeit von Mensch und Maschine ist typisch für den Betrieb. Die Digitalisierung verändere den Beruf des Schreiners, sagt Frank Ackermann, doch Fachwissen und handwerkliches Geschick blieben unersetzlich.
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Wiesenbronn bei Würzburg ist ein Dorfidyll. Vögel zwitschern, aus dem nahen Kuhstall klingt leises Muhen. Auf der Straße weicht ein Auto einem flanierenden Gänsepärchen aus.

Wer würde vermuten, dass inmitten dieser Beschaulichkeit komplizierte architektonische Konstruktionen für die Elbphilharmonie in Hamburg oder den Louvre-Ableger in Abu Dhabi entstehen? „Ich sage immer, schon mein Großvater war international unterwegs, weil er damals in Düsseldorf gearbeitet hat und das war vielen Menschen von hier damals fremder, als es heute Abu Dhabi für uns ist“, sagt Frank Ackermann, Geschäftsführer der Ackermann GmbH in dritter Generation.
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Damals, das war 1934, als Georg Ackermann den Betrieb als Möbelschreinerei gründete. Möbel werden heute auf dem über 13.000 Quadratmeter großen Gelände kaum noch hergestellt. Schon Georgs Sohn Fritz hat das Geschäftsfeld auf Fenster, Türen, Wintergärten sowie den Laden- und Messebau ausgeweitet und 1989, nicht weit entfernt von der alten Wirkungsstätte, die ersten Hallen auf dem heutigen Areal der Firma gebaut.

Mit der Übernahme durch Sohn Frank und dessen Ehefrau Andrea 1996, hat der Betrieb wieder ein neues Gesicht bekommen. Heute entstehen hier maßgefertigte Konstruktionen aus Holz, aber auch aus Mineralwerkstoffen und Verbundfaser, für Kunden auf der ganzen Welt.
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Dass sich der Kundenkreis heute weiter, als bis nach Düsseldorf erstreckt, hat auch damit zu tun, das der heutige Geschäftsführer rechtzeitig in die Digitalisierung des Unternehmens investiert hat. Schon früh erkannte Frank Ackermann das Potenzial der Computerized Numerical Control-Technik (CNC), mit der Werkzeugmaschinen elektronisch gesteuert werden. Dieses Verfahren kam in der Werkstatt erstmals 1993 zum Einsatz.

Es wird mittlerweile in vielen Bertrieben verwendet und ist auch Teil der Schreinerausbildung. Basierend auf diesem Verfahren arbeiten in Ackermanns Werkstatt auch zwei Laser, die plattenförmige Werkstoffe millimetergenau zuschneiden und ein Roboterarm, der das Material von allen Seiten aus bearbeiten kann. Dadurch ist der Betrieb so spezialisiert, dass sie Aufträge für große internationale Projekte annehmen können.
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„Durch die Arbeit mit solchen Maschinen werden ganz andere Konstruktionen möglich, die per Hand einfach nicht wirtschaftlich umzusetzen sind“ sagt Frank Ackermann. Und das habe schließlich oberste Priorität: Dem Kunden ein bezahlbares Produkt anbieten zu können. Die Konkurrenz bei solchen Projekten kommt dann nicht mehr aus der Region, sondern aus ganz Europa.

Auch Mirko Reich, technischer Berater beim Fachverband Schreinerhandwerk Bayern, sieht die Digitalisierung als große Chance für das Schreinerhandwerk: „Die Ackermann GmbH ist auf dem Gebiet Vorreiter, aber auch andere Betriebe rüsten digital auf. Arbeitsprozesse werden schneller und damit kostengünstiger. Dem Fachkräftemangel, der in der Branche herrscht, können wir so entgegenwirken“, meint der Experte. Also mehr Digitalisierung gleich weniger Arbeitsplätze? Für Ackermann ein klares Nein. „Vor 20 Jahren hatten wir weniger Maschinen und weniger Mitarbeiter. Nur durch die moderne Technik können wir ein breiteres Angebot für unsere Kunden schaffen und bekommen mehr Aufträge, brauchen also mehr Mitarbeiter“, erklärt er.
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Mitten in einer der großen Hallen befindet sich ein kleines Büro. Hier sitzt Alexander Bart. Der 39-jährige lässt am Computer aus den mehr oder minder vagen Ideen der Kunden detailgetreue 3D-Modelle entstehen. Bart weiß, welche Materialen er für welche Formen verwenden und wie er sie mit anderen Werkstoffen kombinieren kann.

Er ist gelernter Schreiner, wie die Mehrzahl der Kollegen. Aber wie viele seiner Kollegen hat auch Bart eine Weiterbildung gemacht. Er ist zusätzlich technischer Produktdesigner. „Und Erfinder“ fügt sein Chef mit Stolz in der Stimme hinzu. Bart hat mithilfe bereits bestehender Verfahren ein neuartiges Oberflächenmaterial aus Mineralwerkstoff hergestellt, das jetzt in den Produkten des Unternehmens verarbeitet wird.
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Durch die Digitalisierung bekommt der Beruf des Schreiners ein neues Gesicht, aber das Grundsätzliche ist unverändert. Der Entwurf und die Gestaltung eines Produkts, die Materialauswahl, die Verarbeitungsweise, die Montage der einzelnen Teile, der Schliff und die Lackierung. Das alles sind Tätigkeiten, die dem Schreiner nach wie vor Fachwissen und handwerkliches Geschick abverlangen.

„Es fällt nichts weg“, sagt Ackermann „Das Handwerkliche wird schon in der Ausbildung heute nicht mehr so vertiefend behandelt, wie vor 30 Jahren. Dafür sind neue Aufgaben dazu gekommen.“
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Der 53-jährige schaut optimistisch in die Zukunft. Er sehe die Digitalisierung als Chance für seinen Betrieb, aber sie verlange von Unternehmen, sich anzupassen. „Wenn ich mich der Veränderung widersetze und auf etwas beharre, werde ich irgendwann weggefegt. Das war schon immer so“, erklärt er. Darum ist für die Zukunft geplant, neue Arbeitsfelder zu erschließen. Zum Beispiel im Fitness und Gesundheitsbereich fußzufassen. Ein erster Schritt in diese Richtung ist ein Yogaboard, dass die Ackermann GmbH für ein Startup in Würzburg herstellt.

Weitere Produkte sollen folgen, denn der Geschäftsführer kann langfristig planen: Beide Söhne wollen in den Betrieb einsteigen.
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E-Learning-Unternehmen

Das Würzburger IT-Unternehmen Multa Medio lebt von der Digitalisierung. Dass diese aber längst nicht so weit fortgeschritten ist, zeigt das Beispiel der E-Learning-Plattformen. Denn die meisten Kunden wollen trotzdem weiterhin Präsenzschulungen.
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Wer das Büro von Multa Medio betritt, meint, er stehe in einer hippen Agentur mitten in Berlin: Altbau, Designermöbel und knarzendes Parkett. Multa Medio ist aber weder in Berlin, noch eine Agentur, sondern ein IT-Unternehmen aus Würzburg.

Direkt am Berliner Ring sitzen die 50 Mitarbeiter der Multa Medio Informationssysteme AG auf zwei Etagen vor ihren Bildschirmen. Papier findet man nahezu keins auf den Schreibtischen. Nicht verwunderlich in einem Unternehmen, das von der Digitalisierung lebt. Sie passiert bei Multa Medio ganz selbstverständlich. Hier wird nahezu alles am Computer gemacht, außer die Kunden wollen ihre Rechnungen noch per Post. „Wir können nur so digital sein, wie unsere Kunden das sein wollen“, sagt Björn Steinacker, Vorstand von Multa Medio.
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Das Unternehmen wurde 1996 aus dem Lehrstuhl Wirtschaftsinformatik der Universität Würzburg gegründet. Schon damals stand die „Implementierung von Lehr-Lernsystemen“ in der Satzung. Vor vier Jahren, 18 Jahre später, wagte sich das Unternehmen an das Thema E- Learning. „Jetzt ist die Zeit reif“, sagt Jürgen Helmerich, Bereichsleiter Learning Solutions.

Die Plattformen sollen traditionelles Lernen und E-Learning miteinander verbinden. Sich nur auf die Onlineversion zu konzentrieren, mache zurzeit aber noch keinen Sinn, sagt Helmerich. Es sei immer eine Frage des Unternehmens, dessen Mitarbeiter und den Themengebieten. Präsenzunterricht sei daher für einige Kunden noch immer interessant: „Ein Pilot übt schließlich auch am Flugzeug und nicht nur am Simulator.“ Dennoch bieten sich gerade Online- Lernangebote für Unternehmen an, deren Mitarbeiter an verschiedenen Standorten arbeiten.
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„E-Learning ist bereits aufgrund der erwähnten Vorteile die Alternative zum Präsenzlernen!“, sagt Mirco Fretter, Präsident des Forum DistancE-Learning, der Fachverband für Fernlernen und Lernmedien. Er stellt sich eher die Frage, ob Präsenzlernangebote überhaupt noch zukunftsfähig seien und es noch zeitgemäß sei, Lernende an Orte und Zeitkonzepte zu binden. „Aber diese Fragen muss selbstverständlich jeder für sich selbst beantworten und so können wir davon ausgehen, dass auch in den kommenden Jahren Präsenz- und DistancE- Learning-Angebote gefragt bleiben werden.“

Die Plattform des Biotech-Unternehmens Qiagen ist laut Helmerich der klassische Fall für einen E-Learning Kunden: „Es werden regelmäßig neue Produkte herausgebracht. Dann müssen möglichst schnell alle Mitarbeiter weltweit darüber informiert und geschult werden.“ Themen wie Arbeitssicherheit, Datenschutz und Arbeitsrecht gehören klassischerweise zu jedem E-Learning. Unter anderem arbeitet Helmerich und sein Team aus etwa zehn Mitarbeitern auch für die Deutsche Bahn und bietet dort eine Lernplattform an. Mitarbeiter in allen Unternehmen wissen: Know-How ist Kapital.
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Multa Medio betreut zwischen 15 und 20 Kunden aus ganz Deutschland mit Lernplattformen. Der Aufwand der verschiedenen Angebote variiert. Bei einfachen Anforderungen dauert es etwa zwei Monate, um eine Plattform für ein Unternehmen bereitzustellen. Hat der Kunde jedoch spezifische Wünsche und möchte die Plattform mit dem Intranet vernetzen, dauert es länger. „Das Projekt kann aber auch nach und nach wachsen und weiterentwickelt werden“, sagt Helmerich. Mit den Learning Solutions und den anderen Geschäftsfeldern wie Lottery Solutions und dem Projektgeschäft erwirtschaftet das Unternehmen jährlich 3 bis 3,5 Millionen Euro.

Im Projektgeschäft des Unternehmens ist es die Hauptaufgabe, digitale und nachhaltige Lösungen zu etablieren. „Wir wollen Prozesse optimieren und Zeit, Kosten und Aufwand minimieren“, sagt Steinacker. So sei es beispielweise bei Flugzeugen lange Zeit gang und gäbe gewesen, bei kaputten Sitzen ein Fax zu schicken. Ein QR-Code an den Sitzen erleichtert den Prozess aber nun: So weiß der Zulieferer sofort, dass ein neuer Stuhl benötigt wird.
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Zu Anfangszeiten war Multa Medio ausschließlich als Berater tätig, heute setzt das Team verschiedene Projekte um. Neben den Learning Solutions ist das Unternehmen Marktführer im Lotterie-Gebiet und bietet zwölf von 16 Lottogesellschaften Lösungen für deren Informationssysteme. Digitale Lösungen waren schon immer wichtig für das Unternehmen.

Alle Prozesse verändern sich durch die Digitalisierung dauernd. Das soll aber nicht vorgegeben, sondern von allen Mitarbeitern mitgestaltet werden: „Wir geben nur die Leitplanken vor, die Verbesserungsvorschläge können alle bringen“, sagt Steinacker. Besonders wichtig dabei sind nachhaltige Lösungen. Dazu gehört nicht nur das papierlose Büro, das nach und nach umgesetzt wird, sondern auch ein energieeffizienter Serverpark im Keller. Doch nicht nur das: „Wir gestalten unsere Softwarelösungen so nachhaltig, dass sie lange halten“, sagt Steinacker. So sind alle Produkte von Multa Medio leicht anpassbar und damit sowohl ökonomisch als auch ökologisch nachhaltig.
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Aber wie kann ein ohnehin schon digitales Unternehmen noch digitaler werden? „Es ist schwierig zu sagen, wie unsere Arbeit in 20 Jahren aussieht. Es ändert sich immer alles irgendwie“, sagt Helmerich. Es sei eine Generationenfrage geworden, findet Steinacker. Für junge Menschen ist die digitale Welt Teil des Alltags geworden und auch das Arbeiten mit elektronischen Medien. Im Team des Unternehmens arbeiten vor allem junge Menschen. „Da kommt die Digitalisierung von ganz allein“, sagt Steinacker.
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Architekturbüro

Die Mayarchitekten zeichnen digital, arbeiten vernetzt und präsentieren in 3D. Building Information Modeling ist für viele Architekten noch Zukunftsmusik, aber nicht für das Würzburger Architekturbüro.
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Auf dem Besprechungstisch in dem Würzburger Altbau liegen große Papierbögen verteilt. Darauf sind Grundrisse von Gebäuden zu sehen. Auf den ersten Blick könnte man vermuten, dass es sich um ein klassisches Architekturbüro handelt. Stattdessen gehören hier Skizzenrollen und Zeichenstifte längst der Vergangenheit an. Die Mayarchitekten zeichnen ihre Entwürfe auf Tablets und arbeiten vernetzt. Ihre Kunden müssen nicht bis zur Schlüsselübergabe warten, denn sie betreten ihre Häuser als virtuelle 3D-Modelle – schon bevor diese gebaut sind.


Möglich macht das die vernetzte Planungsmethode Building Information Modeling, kurz BIM. Diese Methode dient den Mayarchitekten aus Würzburg als Arbeitsgrundlage. Das Team aus zehn Mitarbeitern ist damit vielen anderen Architekturbüros voraus. Ergebnisse ihrer vernetzten Planung sind in ganz Deutschland zu sehen: eine Penthouse-Wohnung in Berlin, ein Haus auf Rügen und eine Vinothek in der Münchner Residenz.
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Schon an ihrem ersten Projekt hat das Architekturbüro digital gearbeitet. Frisch von der Uni hat Architekt Christian Hofmann mit zwei Studienkollegen den Wettbewerb zur Erweiterung des Steinburghotels in Würzburg gewonnen. Darunter war auch Andreas Ebner, einer der zwei Geschäftsführer der Mayarchitekten. Der Auftrag ließ den Architekten keine andere Wahl: sie mussten sich selbstständig machen. Direkt nach der Gründung 2007, damals noch unter dem Namen Hedarchitekten, haben sie die Erweiterung des Steinburghotels geplant – digital und in 3D. „Da war das Ganze noch in den Kinderschuhen“, erinnert sich Hofmann, Gesellschafter der Mayarchitekten.


Beim Projekt Steinburghotel habe sich bereits herausgestellt, dass die Architekten an dem 3D-Modell intensiv mit Fachplanern zusammenarbeiten müssen. Während das Architekturbüro die übergreifende Planung übernimmt, sind Fachplaner für einen bestimmten Projektabschnitt zuständig. Das Besondere an BIM ist, dass der Zehn-Mann-Betrieb ein 3D-Gebäudemodell entwirft. Auf das können die am Bau beteiligten Firmen wie Elektrotechniker, Haustechniker und Tragwerksplaner, über ihre eigenen Rechner zugreifen. „Bei BIM müssen wir andere Wege gehen, um unser Ziel zu erreichen“, erklärt Hofmann. „Die Architektur selbst ändert sich dadurch nicht.“ Ein Vorteil dabei sei, dass das Architekturbüro Fehler leichter vermeiden könne. Sie sehen alles auf einen Blick, auch die Problemstellen. „Es ist wichtig, dass alle Detailpunkte schon im Voraus geklärt sind“, sagt der 36-Jährige.
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„Das digitale Gebäudemodell lebt vor allem von dem I im BIM“, meint Hofmann. Sowohl die Mayarchitekten als auch die Fachplaner können die Informationen aus dem Modell nur nutzen, wenn die Daten von jedem einzelnen Bauteil stimmen. Diese können später auch für das Facility Management nützlich sein. Dafür gibt es eine Voraussetzung: „Das Gebäudemodell muss während dem Bau informativ aktuell gehalten werden, nicht nur zeichnerisch“, so der Architekt.


Während der vernetzten Planung laufen alle Fäden im Architekturbüro zusammen. „BIM bietet für den Berufsstand die Chance, wieder als Gesamtkoordinator eines Projekts in Aktion zu treten“, sagt Heiner Farwick, Präsident vom Bund Deutscher Architekten. Dadurch würden die Aufgaben in Architekturbüros umfangreicher. „Dieser Aufwand, der allen Beteiligten zugutekommt, muss angemessen honoriert werden“, fordert Farwick.
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An der Umsetzung der vernetzten Zusammenarbeit hapert es noch. Gebäudemodelle mit Fachplanern abzugleichen und Informationen auszutauschen sei nicht immer einfach, so Hofmann. „Die Schnittstellen zwischen den Fachdisziplinen sind eine große Herausforderung.“ Essentiell dafür: die Kommunikation in Workshops und die Freigabe von Zugriffsrechten. Den Mayarchitekten kommt es deshalb zugute, dass eine Etage über ihnen das Ingenieursbüro Starz sitzt, das die Tragwerksplanung übernimmt. Das bedeutet kurze Wege für eine funktionierende Kommunikation.


Von den Veränderungen durch BIM lassen sich viele Architekturbüros abschrecken. Eine Befragung der Bundesarchitektenkammer von April 2018 zeigt, dass nur neun Prozent der deutschen Architektur- und Planungsbüros BIM anwenden. Hofmann vermutet, dass viele die Risiken des vernetzten Arbeitens schlecht abschätzen können und deshalb darauf verzichten. Außerdem sei die Einarbeitung in das Thema sehr zeitintensiv. Trotzdem ist der Architekt überzeugt: „Wenn sich jemand gegen BIM wehrt, hat er verschlafen.“
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Geändert haben sich auch die Dokumentations- und Entwurfsprozesse der Würzburger Architekten. Seit einem Jahr sind sie digitalisiert. Mit einem Touchpen können die zehn Mitarbeiter präziser und effektiver skizzieren als auf Zeichenbögen. Zurzeit arbeitet Hofmann zum Beispiel an dem digitalen Entwurf eines dm-Drogeriemarkts. „Genauer bekomme ich das nur mit erheblichem Mehraufwand hin“, erklärt Hofmann, „Grundstück ausdrucken, Skizzenrolle drüberlegen, zeichnen, einscannen.“ Der digitale Entwurf dient als Grundlage für das 3D-Gebäudemodell. Das können die Mayarchitekten dem Bauherrn dank BIM in verschiedenen Stufen präsentieren: von fotorealistischen Bildern im Computer bis zum Betreten des virtuellen Hauses.

Mit seinem Smartphone scannt Hofmann einen QR-Code ein. Auf dem Bildschirm erscheint das Esszimmer einer Villa in Waldbrunn. Der Architekt dreht sich mit dem Smartphone um die eigene Achse. Er sieht die Küche und dann die Treppe, die ins nächste Stockwerk führt. Es ist, als würde man sich von einem festgelegten Standpunkt aus in der Villa umsehen. Setzen die Bauherren eine Virtual Reality Brille auf, können sie sogar in der Villa herumlaufen. Dass ihre Kunden das Haus vor der Fertigstellung virtuell betreten können, ist für die Würzburger Architekten Vor- und Nachteil zugleich. Einerseits können sie sich zwar sicher sein, dass den Kunden das Gebäude gefällt. „Aber der Überraschungseffekt fällt komplett weg“, sagt Hofmann. Die Herausforderung liege deshalb darin, die richtige Stufe zum richtigen Zeitpunkt zu präsentieren.
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Der 36-Jährige hat eine klare Vorstellung davon, wie die Digitalisierung die Arbeit der Mayarchitekten in Zukunft weiter verändern wird. Er denkt an einen Raum, der speziell für 3D-Präsentationen eingerichtet ist. Darin werden Gebäudemodelle an die Wände projiziert. Der Raum soll so auch die Zusammenarbeit mit Fachplanern erleichtern. Vielleicht werden die Papierbögen auf dem Besprechungstisch dann überflüssig. Hofmann ist sich jedenfalls sicher: „Unsere Arbeit mit BIM wird sich weiterhin eklatant verändern.“
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Weingut

Das „Weingut am Stein“ zwischen Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Seit 1890 bewirtschaftet das Würzburger „Weingut am Stein“ als Familienunternehmen Weinberge in der Region Mainfranken. Neben ökologischem Weinbau setzt Ludwig Knoll, der das Unternehmen in fünfter Generation führt, auch auf digitale Vernetzung – und verbindet damit zwei Welten, die auf den ersten Blick nicht unbedingt zusammenpassen wollen.
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Hühner und Schafe begrüßen einen, wenn man das Grundstück vom Würzburger „Weingut am Stein“ betritt. Sie wandern über eine kleine eingezäunte Weinbergsparzelle. Dass auf diesen ländlichen Pfaden die Digitalisierung ihren Weg geht, daran würde man auf den ersten Blick kaum glauben.
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Tatsächlich ist es vor allem Nachhaltigkeit, die für das Weingut im Vordergrund steht. So war das Unternehmen 2018 einer von drei Preisträgern beim Bundeswettbewerb ökologischer Landbau vom Bundeslandwirtschaftsministerium. Für Winzer Ludwig Knoll eine Grundsatzfrage: „Ich glaube langfristig gesehen, können wir nur in einer ökologischen, respektvollen Zusammenarbeit mit der Natur unseren Erhalt sichern“, zeigt er sich überzeugt.

Für die Arbeit im Weingut hat das konkrete Folgen. So versucht das „Weingut am Stein“ die Monokultur Weinberg durch Pflanzen anzureichern: „Es muss immer irgendwas blühen“, erklärt Knoll. Mehr als 70 verschiedene Kräuter pflanzt der Winzer so in den Weinbergen seines Weinguts an, die wiederum Insekten anziehen und somit helfen Schädlinge fernzuhalten. Auch die Hühner und Schafe sind ein Mittel der Bodenpflege.
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Um diesen Aufwand auf insgesamt fast 40 Hektar Weinbergsfläche betreiben zu können, braucht es digitale Hilfsmittel. So analysiert das Weingut aktuelle Wetterdaten, die digital viel genauer ausgewertet werden können als noch vor Jahrzehnten. Bei 50 Kilometern Weg, die zwischen Knolls am weitesten voneinander entfernten Weinbergen liegen, ist das wichtig, um schnell auf Hagel oder Gewitter zu reagieren.

Das „Weingut am Stein“ nutzt zudem auch vom bayerischen Landwirtschaftsministerium zur Verfügung gestellte Geodaten. Mit dem Einsatz von Drohnen könnte man künftig auch direkt den Gesundheitszustand eines Weinbergs einschätzen, zumindest soweit kranke Pflanzen von oben sichtbar sind. „Auch zum Versprühen von Pflanzenschutzmitteln wäre der Einsatz von Drohnen denkbar“, meint Knoll. Die Arbeit wäre dann nicht nur digitaler, sondern auch ökologischer: Der Drohneneinsatz ist spritsparender als herkömmliche Methoden, außerdem können die Mittel selbst auch gezielter ausgesprüht werden.
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So sehr solche digitalen Helfer positiv wirken, aus Sicht von Ludwig Knoll ist der Gang in den Weinberg im Zweifel durch nichts zu ersetzen: „Mittlerweile werden ganze Bereiche in der Landwirtschaft digital vom Schreibtisch aus entschieden. Man muss aber immer auch wissen, wie sich der Weinberg anfühlt.“

Bei diesem Herangehen orientiert sich Knoll nicht an direkten Vorfahren: „Tatsächlich glaube ich, dass ich eher wieder von der Generation meines Urgroßvaters und Großvaters lerne, als von der Generation zwischendrin. Die Generation vor mir war eine sehr Industriegläubige. Da hat man geglaubt, dass die Natur sich anpassen wird“, so Knoll.
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Er selbst hat das 1890 gegründete Weingut bereits im Alter von 18 Jahren übernommen und versuchte sich früh an ökologischem Weinbau. Seine ersten Gehversuche endeten jedoch nicht wie erwartet: „Ich habe ökologischen Weinbau damals als Weglassen von Pflanzenschutz- oder Düngemaßnahmen verstanden und hatte eine völlige Missernte“, blickt Knoll zurück – das Experiment war vorerst beendet.

Dafür ging der Winzer auf anderen Pfaden eigene Wege, zum Beispiel beim Weinfest des Weinguts: „Das habe ich nach meinem Gusto gestaltet: Für viele war es fast eine Provokation, das Weinfest mit einem Jazz- oder Rockkonzert zu begleiten.“ Mittlerweile sind die Konzerte vom Weinfest nicht mehr wegzudenken. Wie damals macht Knoll die Musikauswahl auch heute noch selbst. Wenn er von den Musikern spricht, gerät er ins Schwärmen.
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Einen Online-Shop hat das „Weingut am Stein“ natürlich auch. Allerdings verkauft das Unternehmen nur fünf bis zehn Prozent der Weine online. Genug Arbeit gibt es für die circa 30 Mitarbeiter aber dennoch – etwa 250.000 Flaschen füllt das Weingut pro Jahr. Im Weinberg legt Knoll Wert auf viel Handarbeit statt extensiver Bewirtschaftung. „Mit der industriellen Herangehensweise wird es in Zukunft schwierig. Die Evolution ist, was Biodiversität anbelangt, viel feinfühliger und vernetzter“, stellt Knoll fest.
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An dieser Stelle kommen Natur und Digitalisierung auf einen gemeinsamen Nenner: Beide Funktionieren über die Vernetzung. Für das „Weingut am Stein“ manifestiert sich das in der festen Absicht, die Information in den Boden zu bringen.

Ludwig Knoll selbst sagt, dass sein Unternehmen an der Stelle ein wenig Hexenküche betreibt: „Wir rühren eine kleine Menge im Kuhhorn kompostierten Rindermist in etwa 300 Liter Wasser intensiv ein.“ Das Ganze wird dann auf etwa zehn Hektar verteilt, das eigentliche Produkt ist also extrem verdünnt. Knoll ist der Meinung, dass die damit verbundene Information gerade dann umso stärker wirkt. Im Ergebnis stehen aus seiner Sicht konkrete Erfolge: Spannendere Weine aus vitaleren Reben sowie nachhaltigere Böden.
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Trotz aller Veränderungen setzt das Weingut auch auf Kontinuität: „Man darf die Rebsorten nicht wechseln wie die Schnürsenkel“, denkt Ludwig Knoll. So stehen in seinen Weinbergen auch 70 Jahre alte Rebstöcke. Seine Arbeit beweist, dass die Gedanken von Digitalisierung und ökologischer Nachhaltigkeit unter einen Hut zu bekommen sind: „Wir müssen deutlich vernetzter denken. Wenn wir das beherzigen, dann ist allen geholfen. Der Natur, weil ihr mit mehr Respekt begegnet wird; dem Winzer, weil er seine Arbeit nachhaltiger gestalten kann und dem Wein-Trinker, weil sein Wein eine höhere Komplexität bekommt und damit besser schmeckt.“

Eine Gruppe vergisst er dabei: Die Hühner und Schafe, die durch den Weinberg laufen dürfen.
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Holzbau

Dem Handwerk wird gerne nachgesagt, dass es konservativ sei. Wenige nutzen die Digitalisierung, um Handwerkstraditionen wieder aufleben zu lassen. Holzbau Weyer zeigt, wie es geht.
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Stefan Weyer steuert mit seiner himmelblauen Vespa auf das Musterhaus der Holzbau Weyer GmbH zu. Von außen sieht das Anwesen nicht nach Holzbauunternehmen aus. Die Fassade ist weiß verputzt, das Terrassengeländer aus grauem Stahl und milchigem Glas.

„Eigentlich ist es zu schade, um nicht darin zu wohnen“, lächelt der Zimmerermeister, bevor er die Tür mit seinem Smartphone öffnet. Im Innern wird helles Fichtenholz mit grauen, matten Fliesen kombiniert. Ein Teil der Außenfassade ist mit roten Steinwollplatten ummantelt. Holzbau? Das Musterhaus zeigt, dass das Familienunternehmen nicht nur in dieser Branche tätig ist. Es kann mehr.
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Als Johannes Laurentinus Weyer gemeinsam mit seinem Vater Michael die Zimmerei in Roden-Ansbach im Landkreis Main-Spessart gründete, war Bayern noch ein Königreich. 192 Jahre später wird das Unternehmen von Stefan Weyer in der siebten Generation geführt. Holzbau Weyer hat sich zu einem mittelständischen Handwerksbetrieb mit 27 Mitarbeitern entwickelt. Weyer selbst steht gemeinsam mit seiner Frau seit 1995 als Firmenchef in der ersten Reihe.


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Die Familie lebt das Holzbauhandwerk – selbst am Küchentisch wird über die Statik einzelner Konstruktionen diskutiert. Überzeugungsarbeit, dass die beiden Kinder, Eva und Linus, in den Betrieb einsteigen, müsse man deshalb nicht leisten, betont Stefan Weyer stolz. Die zukünftige Unternehmensgeneration war schon früh auf den Veranstaltungen des Landesinnungsverbands (LIV) des Bayerischen Zimmererhandwerks mit dabei – und das prägt.
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Konstruktionen, Holzverbindungen, verschiedene Arten der Lastabtragung: Im Wesentlichen habe sich das Zimmererhandwerk seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts nicht verändert, erzählt Stefan Weyer und steht dabei vor einem Ensemble aus Computerbildschirmen, auf denen Eingabepläne für künftige Bauvorhaben digital aufbereitet werden. Ein bisschen etwas hat sich in den vergangenen Jahren doch geändert.


Die Arbeitsvorbereitung erfolgt heute fast ausschließlich am Computer. „Wir passen jedes Bohrloch, jede Fräsung, die beispielsweise ein Dachstuhl braucht, im 3-D-Modell individuell an“, erklärt Weyer. Daraus entsteht ein Werkplan. Der Computer schickt diesen direkt an die CNC-Maschine, die sich die benötigten Werkzeuge automatisch sucht und die Hölzer millimetergenau zuschneidet. „Das sorgt dafür, dass knapp ein Drittel der Arbeitszeit aus der Werkstatt ins Büro verlagert wurde. Daraus ergeben sich mehr freie Ressourcen für die Montage“, berichtet Weyer. Die digitale Abwicklung ist auch wirtschaftlich spürbar: 2017 erzielte Holzbau Weyer 15 Prozent mehr Umsatz als im vorangegangenen Jahr.
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Der LIV plädiere dafür, die ganze Familie in das Unternehmen zu integrieren. Weyer erklärt, weshalb: „So wächst die Akzeptanz, wenn der Chef 13 oder 14 Stunden arbeitet.“ Eines der Hauptprobleme von Handwerksbetrieben sei es, wenn die Familie nicht involviert ist. Durch Integration und Teilhabe gelingt der Holzbau Weyer GmbH der Generationswechsel, der für andere Unternehmen eine Herausforderung darstellt.
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Doch die Vorteile reichen weiter. Die Digitalisierung sorge dafür, dass traditionelle Holzverbindungen, wie der Schwalbenschwanzverbinder, wieder mehr in den Fokus rücken. Der schnellen und präzisen Verarbeitung sei das zu verdanken. „Zudem ist die Kommunikation mit den Kunden einfacher“, sagt Weyer. So sei die visuelle Darstellung wichtig, um Missverständnisse vorab zu klären. In Zukunft soll dabei ein Flat-Screen helfen, auf dem das geplante Objekt vor der Fertigstellung dreidimensional präsentiert werden kann: „Jeder Kunde sieht dann genau, was er kriegt.“


Trotz dieser Neuerungen weiß der Unternehmer auch, dass die Digitalisierung nicht alleine ausschlaggebend für den Erfolg seines Betriebs ist. Man kennt Holzbau Weyer in der Region. Das sei vor allem auf die regionale Verwurzelung und die hervorragende Mundpropaganda zurückzuführen. Dafür gibt es laut dem Firmenchef eine einfache Formel: „Wir versuchen absolut termintreu zu liefern und können deshalb flexibel auf Kundenanfragen reagieren.“ Das Unternehmen hat heute noch Geschäftspartner, die schon mit Weyers‘ Großvater und Urgroßvater zusammenarbeiteten.
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Fragt man Kunden, was sie am Unternehmen schätzen, dann ist es das große Produktportfolio aus einer Hand. Während früher das Zimmereihandwerk den Geschäftsschwerpunkt bildete, kam in den letzten Jahren noch Dachdeckerei, Spenglerei, Schreinerei, Holzhausbau und Sanierungen hinzu. So entstehen keine Wartezeiten, da die individuellen Gewerke ineinander übergehen. Die Gratwanderung dabei: Möglichst viele Gewerke anzubieten und trotzdem noch in der Lage zu sein, auf spezifische Kundenwünsche einzugehen.


Das Holzbauunternehmen profitiert auch von der aktuellen Konjunkturlage und der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank. Laut dem Bund deutscher Zimmermeister (BDZ) ist die Anzahl der genehmigten Gebäude in Holzbauweise seit Jahren steigend, besonders in Süddeutschland: 2016 waren 20 Prozent der bayerischen Neubauten aus Holz. Für 2017 erwarte man eine weitere Steigerung, so der BDZ.
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Der Holzbau erlebt eine Renaissance. Momentan sei man deshalb wachstumsmäßig an der Kapazitätsgrenze, erklärt Stephan Weyer. Für viele wäre das ein Anlass, mehr zu investieren und beispielsweise die Infrastruktur in der Arbeitsvorbereitung aufzustocken. Nicht so bei Holzbau Weyer. Man wachse lieber kontinuierlich und langsam, ungern schnell und unkontrolliert. „Ich weiß ja nicht, ob Neubauten, wenn das Geld wieder teurer wird, noch genauso boomen wie gerade“, gibt Weyer zu Bedenken.

Deshalb sei es fatal sich nur darauf zu konzentrieren – und hohe Summen in Maschinen zu investieren, die im schlimmsten Fall nur selten in Betrieb wären. Man wolle lieber verschiedene Gewerke bieten: „Langfristig gesehen ist das die beste Variante. Hier kann das Handwerk punkten.“ Stephan Weyer weiß das. Seine Familie ist schon lange im Geschäft.
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In der mittlerweile dritten Generation behauptet sich das Familienunternehmen MIWE in der Welt des Backens. Mit ausgefeilten Ladenbacköfen bis hin zur Fernüberwachung sind sie zur Stelle, sobald die Backwelt sie braucht. Solange sie dabei immer einen Schritt voraus sind, gelingt es ihnen traditionelles Backen mit neuen Technologien zu vereinen.
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Früher gab es in jedem Dorf einen Bäcker, bei dem man sich mit köstlichem Brot versorgte. Das ist aber Schnee von gestern. In der heutigen Zeit werde auch der Lebensmitteleinzelhandel, die Quickservicekette und die Cafeteriakette zur Bäckerei, so Werner.

„Diese Unternehmen agieren teilweise weltweit, da kommt man um genormte Prozesse, eine zentrale Steuerung und festgelegte Produkte nicht herum.“ Da ist er einer Meinung mit Christoph Weigel, dem Produktmanager. Die Kundenanforderungen haben sich in den vergangenen Jahren wesentlich verändert
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Seit tausenden von Jahren backt die Menschheit. Das saftige Schwarzbrot, wie wir es kennen und lieben, wurde über unzählige Verfeinerungen zu dem, was es heute ist. Stillstand kann sich aber auch dieses Handwerk, besonders in Zeiten der Digitalisierung, nicht leisten.

Der nationale und internationale Markt für Backtechnik wachse, und das seit Jahren, so Beatrix Fräse vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau. Dadurch steigt natürlich auch der Wettbewerb. Deshalb setzt Armin Werner, Leiter des Geschäftsbereichs Backstationen, die Messlatte für MIWE hoch. „Immer einen Schritt voraus sein“, so lautet sein Rezept, um die Digitalisierung in das traditionelle Unternehmen zu integrieren.
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Präzision und Genauigkeit, darauf kommt es an. Es ist still in dem weitläufigen Raum des MIWE Ausbildungszentrums in Arnstein. Mit Adleraugen beobachten Ausbildungsleiter Rainer Ziegler und Leiter der gewerblichen Ausbildung Gerhard Steinmetz gespannt das faszinierende Spektakel. Was hier gerade passiert, war bis vor nicht allzu langer Zeit noch undenkbar. Und da ist es auch schon geschafft. Souverän und gelassen zaubert Felix Twittmann, Auszubildender im zweiten Lehrjahr, eine einwandfreie Schweißnaht. Und das Ganze mit einem Schweißsimulator, der mit Hilfe einer Virtual-Reality-Brille funktioniert. Der Simulator ist nun schon ein Jahr ein Highlight im fast genau so neuen Ausbildungszentrum der MIWE Michael Wenz GmbH. Er ermögliche den Auszubildenden das Handling des Schweißens ohne Verschleiß und ohne Verletzungsgefahr zu erlernen, so Ziegler.

Aber nicht nur diese Aspekte schaffen Anreiz. Felix Twittmann und Reber Jaafer, ebenfalls Auszubildender, macht es großen Spaß das Schweißen auf diese Art zu üben. Neben dem Schweißsimulator sei das moderne MIWE Ausbildungszentrum – MAZ genannt - das seit 2017 in Betrieb ist, ein Grund, weshalb sich Reber vor knapp einem Jahr für eine Ausbildung bei MIWE entschied. Neben diesen Aspekten unternimmt das Unternehmen noch weitere Schritte, um mit dem Wandel der Branche zu gehen und die Digitalisierung einen Teil des Ganzen werden zu lassen. Digitalisierung bedeutet für MIWE nicht nur Technik, es geht Ihnen viel mehr darum, erst einmal zu beobachten und zu verstehen.
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Für das Familienunternehmen ist es die letzten Jahre zur entscheidenden Aufgabe geworden, sich dieser Herausforderung zu stellen. Das habe MIWE mit über 700 Mitarbeitern, Produktionsstandorten in Arnstein und Meinigen und acht Tochterunternehmen weltweit bisher gut gemeistert. „Immer ein Ohr am Kunden haben, die Prozesse kennen und ständig in Kontakt bleiben“, diese Grundhaltung ist es, die laut Werner das gesamte Unternehmen prägt.

Aufgrund der veränderten Anforderungen müsse man den Fokus darauf setzen, zu erkennen was sich der Kunde wünscht bevor dieser überhaupt selbst davon weiß. Im zweiten Schritt sucht man bestmögliche Lösungen für den entstandenen Bedarf. Was Werner hier auf den Punkt bringt, beschäftigt bei MIWE auch das bereichsübergreifende Geschäftsfeld Digital Solutions, das digitale Lösungen für die Backstube entwickelt.
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Die Geschichte der MIWE Michael Wenz GmbH, welche im letzten Jahr 114 Millionen Euro erwirtschaftete, begann im Jahr 1919: Der Gründer Michael Wenz baute in seinem Heimatort Arnstein den ersten Backofen. Seit 2002 führt Sabine Michaela Wenz, seine Enkelin, das Unternehmen. Unter ihrer Leitung fokussiert MIWE das Geschäft, die Produkte, die Prozesse und die Wünsche seiner Kunden.

Während sich der Geschäftsbereich Backstationen allen Prozessen und Abläufen des Backens im Laden widmet, bedient der Bereich Backanlagen Produktionsbackstuben aller Formen und Größen, vom handwerklich organisierten Betrieb bis hin zur industriellen Backwarenproduktion.

Der Innovationsgeist des Unternehmens musste dabei nicht erst geweckt werden, sondern ist dem Unternehmen bereits bei seiner Gründung von Michael Wenz in die Wiege gelegt worden. Seither versucht MIWE kontinuierlich Innovationen, die die Welt des Backens grundlegend verändern, zu entwickeln. Das Ladenbacken, das für uns heute selbstverständlich ist, war eine dieser Innovationen. Es wurde in den 60er Jahren von Edgar Michael Wenz, dem Sohn des Unternehmensgründers, erfunden. Zu jener Zeit wurde er für diese Erfindung noch belächelt – die Entwicklung hat aber gezeigt, dass er damals schon einen Schritt voraus war.
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„Unter dem Strich ist es für die Unternehmen wichtig mit der Entwicklung zu gehen“, so Fräse. Wer sich darauf einlässt, bleibe auch relevant und präsent auf dem Markt.

Während im Ausbildungszentrum Nachwuchskräfte das Schweißen also weiterhin fleißig mit Hilfe des Schweißsimulators üben und die Mitarbeiter im Vertrieb, der Entwicklung und im Service immer ein Ohr beim Kunden haben, sollte sich die MIWE Michael Wenz GmbH nicht auf ihrer Innovationsstärke ausruhen, sondern versuchen die Herausforderungen des Wandels weiterhin gemeinsam mit ihren Kunden zu meistern.
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Möbelhaus

Innovativ und frisch – so beschreibt der Geschäftsführer Sebastian Spitzhüttl das Familienunternehmen in zwei Worten. Onlineshop, Ausbildung zum E-Commerce Kaufmann, Hightech Küchen: Wie das Möbelhaus Spitzhüttl versucht, mit der Digitalisierung Schritt zu halten.
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Ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung ist der Onlineshop, der seit 2009 existiert. Auch wenn dieser zum jetzigen Stand nur etwa drei Prozent des Umsatzes ausmacht, lohnt sich der Aufwand. „Die meisten Kunden unseres Onlineshops wohnen witzigerweise in Berlin“, führt der Geschäftsführer aus. Der Onlineshop ist somit nicht nur ein Vertriebsinstrument, sondern erhöht auch die Reichweite. Während die Kunden des Möbelhauses hauptsächlich aus Bayern und Baden-Württemberg kommen, hat der Onlineshop Kunden aus ganz Deutschland. Um den Onlineshop kümmert sich Ehefrau Birgit Spitzhüttl. Die promovierte Biologin hat eine Weiterbildung im Bereich E-Commerce gemacht und ist seither für den Onlineshop zuständig. Sie arbeitet in Teilzeit, um noch ausreichend Zeit für die zwei gemeinsamen Kinder zu haben.

Zur Unterstützung wird das Team ab September durch einen neuen Azubi verstärkt. Dieser wird im Unternehmen seine Ausbildung als E-Commerce Kaufmann absolvieren – als erster, denn die Ausbildung startet im Sommer 2018 bundesweit. Darüber freut sich auch Martin Groß-Albenhausen, stellvertretender Geschäftsführer des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel: „E-Commerce wächst dynamisch in allen Bereichen der Wirtschaft. Mit dem neuen Beruf tragen wir dazu bei, dringend benötigte Fachkräfte für die Digitalisierung zu schaffen.“ Dass Digitalisierung bei den Jugendlichen angesagt ist, zeigt der Zulauf an Bewerbungen. „Für die Stelle zum E-Commerce Kaufmann haben sich viel mehr beworben als für die anderen Ausbildungsberufe“, erklärt Spitzhüttl.
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Im Möbelhaus Spitzhüttl steckt viel Liebe im Detail – und das aus gutem Grund. „Da wir nicht den perfekten Standort haben, ist es wichtig den Kunden auf der Ausstellungsfläche etwas zu bieten“, sagt Spitzhüttl. Deshalb baut das Möbelhaus alle 14 Monate für etwa sechs Wochen um. In diesen Umbauphasen werden dann neue Böden verlegt, die Decken renoviert und neue Reize gesetzt. Einen davon findet man in Form eines befüllten Kühlschranks in der Küchenabteilung. „Da unsere Kunden zu 95 Prozent Frauen sind und diese auch meistens die Entscheidungen beim Möbelkauf treffen, möchten wir den Männern den Besuch im Möbelhaus so angenehm wie möglich gestalten“, erklärt der Geschäftsführer. Deshalb finden die Männer eine Auswahl von Craft Bieren im Kühlschrank vor. „Dort dürfen sich natürlich auch bierbegeisterte Frauen bedienen“, meint Spitzhüttl lächelnd.

Auch sonst sind immer wieder aufwendige Dekorationselemente, wie etwa eine Mooswand aus Island, im ganzen Haus zu finden. Für diese besondere Atmosphäre arbeitet Spitzhüttl mit dem Designbüro Gruschwitz aus München zusammen. Dieses hat bereits Aufträge für namenhafte Marken wie Adidas, Chanel oder den FC Bayern München umgesetzt.

Die Digitalisierung verändert auch die Möbelbranche. Eine Beispielküche in der Ausstellung zeigt, was technisch heute schon möglich ist: Der Backofen und der Dampfgarer können mit Hilfe von Wifi über das Smartphone gesteuert werden. So lässt sich beispielsweise der Backofen schon einmal vorheizen, bevor man überhaupt das Haus betreten hat. Ein weiteres Merkmal ist die höhenverstellbare Dunstabzugshaube. Außerdem sind in der Küche Musikboxen verbaut, die durch eine Bluetooth-Verbindung gesteuert werden können.
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Es riecht nach Holz, isländisches Moos bedeckt in sattem Grün eine Wand der Ausstellungsräume im Möbelhaus Spitzhüttl. Eine Familienchronik an der Wand zeugt von der langen Tradition. Auf dem Rundgang durch das Möbelhaus fällt die Verbundenheit zur Natur und zur Familie auf. Der Geschäftsführer und Gin-Liebhaber Sebastian Spitzhüttl erklärt, dass es für sie als Familienbetrieb wichtig sei, das zu transportieren. Denn das Möbelhaus Spitzhüttl in Neubrunn, knapp 30 Kilometer von Würzburg entfernt, ist ein traditionelles Familienunternehmen. Im Jahr 1900 hat Eugen Balz den Betrieb gegründet. Nachdem der Enkel, Günther Spitzhüttl, das Unternehmen 1972 übernommen hat, wird sein Sohn, Sebastian Spitzhüttl, knapp 40 Jahre später, zusätzlicher Geschäftsführer. Insgesamt sind die Geschwister zu dritt, neben Sebastian Spitzhüttl kümmert sich Julia Spitzhüttl um die Verwaltung und Stephanie Spitzhüttl um das Marketing.

Mittlerweile schaut der Senior allerdings nur noch zwei Tage die Woche vorbei und lässt den Junior im Großen und Ganzen walten. „Wir sind eigentlich schon über den Generationenwechsel hinaus“, meint Sebastian Spitzhüttl. Bevor der Junior in das Unternehmen mit eingestiegen ist, hat er in Köln seinen Betriebswirt mit der Fachrichtung Möbelhandel absolviert. Doch dieser Weg war nicht immer so vorgezeichnet. „Ich wollte damals Profifußballer werden und war gar nicht mal so schlecht. Am Ende lag es dann doch nahe, ins Familienunternehmen einzusteigen, da mir BWL und Zahlen eigentlich ganz gut liegen“, erzählt Spitzhüttl.
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Einen Generationenkonflikt bei all den neuen Entwicklungen gab es im Hause Spitzhüttl nach eigener Aussage noch nie. „Mein Vater hat mich immer unterstützt und gemeint: Mach das, ich versteh nichts davon, aber ich vertraue dir.“ Und das Vertrauen hat sich ausgezahlt: Das Unternehmen erwirtschaftet mittlerweile einen achtstelligen Umsatz pro Jahr.

Bei der Frage, wo Spitzhüttl das Unternehmen in zehn Jahren sieht, kommt er ins Grübeln und sagt dann: „Ziele können einen auch hemmen, deshalb lebe ich lieber im hier und jetzt und schaue was passiert. Die Welt von heute ist so schnelllebig, dass es schwerfällt, Prognosen zu treffen. Ich war häufig der Erste und bin damit nicht immer gut gefahren, man darf aber auch nicht der Letzte sein“, erklärt Spitzhüttl mit einem Schmunzeln im Gesicht. Er meint, man muss mehr um den Kunden kämpfen als früher. Aus diesem Grund plant das Möbelhaus Spitzhüttl in den nächsten Jahren den Ausbau des Online-Shops und weitere Umbauten mit neuen Elementen wie etwa der Mooswand.
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Solarunternehmen

Gildemeister energy solutions bietet Servicedienstleistungen im Solarbereich an. Das Würzburger Unternehmen hat aus vergangenen Fehlern gelernt – und nutzt nun die Chancen der Digitalisierung. Ein junges Team, flache Hierarchien und neue Geschäftszweige sollen den Weg in die Zukunft ebnen.

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Ein Klick auf den Monitor und die Skizze eines Solarparks in Carlino, Norditalien, poppt auf. Grüne und orangene Glockensymbole verteilen sich am linken Bildschirmrand. Rechts oben zeigt ein Diagramm die Tagesleistung des Parks – die Kurve steigt zur Mittagszeit hin an. Der Mann vor dem Bildschirm weiß: Der knapp 800 Kilometer entfernte Solarpark läuft reibungslos.


Ihre globale Projektüberwachung verdankt die Gildemeister energy solutions GmbH auch der Digitalisierung. Das kleine Würzburger Unternehmen aus dem großen DMG Mori Konzern möchte digitale Chancen nutzen und neue Wege gehen.

Gildemeister energy solutions hat sich seit 2004 den erneuerbaren Energien verschrieben. Angeboten werden Servicedienstleistungen für grüne Energie, besonders im Bereich Solar. Die vier Geschäftsbereiche reichen von Planung und Aufbau großer Freiflächen-Solarparks (Utility Scale) bis zur Energieberatung, inklusive eigener Energiemanagement-Software. Das Unternehmen präsentiert sich jung und flexibel. Essentielle Eigenschaften in der Branche, meint Geschäftsführer André Kremer.

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Denn rechtliche Rahmenbedingungen, wie auch staatliche Förderungen nehmen ständig Einfluss auf Markt- und Konkurrenzsituation. Der größte Wettbewerber hierzulande heißt „BayWa renewable energy“. Viele andere seien bereits vom Markt verschwunden. In der Regel, weil man nicht breit genug aufgestellt war, meint Kremer. Man musste Risiken eingehen und ging daran zugrunde.

Die Würzburger retteten sich nur knapp vor einem ähnlichen Schicksal: Nach dem Einstieg in die Branche ging das Unternehmen 2007 an den spanischen Markt – und wurde übermütig. „Man wollte die Arbeit der Entwickler auch noch übernehmen“, erzählt Kremer. Als man den Fuß 2009 auf den italienischen Markt setzte, kam die Wirtschaftskrise – und mit ihr schwierige Zeiten für Gildemeister energy solutions. Man habe den falschen Leuten vertraut und nicht schnell genug auf den Markteinbruch reagiert, so Kremer heute. Doch Gildemeister konnte sich retten: „Wir haben unsere Lehren aus der Krise gezogen und uns breiter aufgestellt“, erklärt er. Hinzu kam unter anderem die Beratung in Sachen Energieeffizienz.

Auch das Team wurde 2011 umgestellt, Schlüsselpositionen neu besetzt, die Krise überstanden. „Das führte zu einer internen Verbundenheit“, sagt Kremer. Diese scheint bis heute anzuhalten. Etwa 70 Mitarbeiter gibt es am Standort Würzburg, rund 200 im energy solutions Konzern. Von zwanghaften Strukturen seitens des großen Mutterkonzerns DMG Mori ist nichts spürbar. Auch dank eines jungen Teams und entsprechend frischem Arbeitsklima: Der Altersdurchschnitt liege bei Mitte 30, heißt es. E-Ladestationen auf dem kleinen Parkplatz und eine Kaffeelounge mit Barhockern verbreiten einen Hauch von Start-Up Gefühl.
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Diesen Eindruck vermittelt auch Kremer selbst. Nach fünf Jahren im Unternehmen, ist er seit 2016 alleiniger Geschäftsführer und liegt mit 37 Jahren voll im Unternehmensschnitt. Eine Krawatte trägt er nicht, der oberste Hemdknopf ist locker geöffnet; passend zu den Strukturen. Die Mitarbeiter schätzen den Umgang untereinander: „Die Hierarchien sind flach, das Arbeitsklima sehr angenehm. Ich bin selbst mit unserem Geschäftsführer per Du“, erzählt Betriebsrat und Monitoring-Service Mitarbeiter Patrik Streng. Auf allen Ebenen scheint man auf das stolz zu sein, was Gildemeister ausmacht: „Was uns unterscheidet, ist die Einstellung zu vielen Sachen. Wir bezeichnen uns intern als das A-Team, wie in der Serie aus den 80ern. Diejenigen, die sich selbst nicht ganz so ernst nehmen, aber ohne Diskussion die Probleme lösen“, sagt Kremer.

Besonders im Bereich der Freiflächen-Solarparks lösen die Würzburger Probleme. Rund 80 Prozent des Gesamtumsatzes erzielt dieser, im Ausland erwirtschaft man 90 Prozent des Umsatzes. „Im Projektbereich ist man immer so eine Art Nomadenvolk“, schmunzelt Kremer. Ständig wechselnde politische Rahmenbedingungen im Ausland machen langfristige Prognosen jedoch extrem schwierig: „Selbst fünf Jahre in der Welt der Erneuerbaren Energien sind schon eine unglaublich lange Zeit“, erklärt er.
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Hinzu kommen Veränderungen aufgrund der Digitalisierung. Kremer glaubt an einen höheren Automatisierungsgrad und eine Standardisierung lästiger Prozesse. „Das bedeutet aber auch, dass Individualität und Flexibilität zu Teilen auf der Strecke bleiben“, befürchtet der Geschäftsführer. Und damit ein Teil der Kernkompetenz von Gildemeister. Neue Ansätze sollen dem entgegenwirken: Die Stuttgarter Tochtergesellschaft Gildemeister energy efficiency GmbH entwickelt eine eigene Energiemanagement-Software. Sie soll Energieverbräuche transparenter machen und dem Kunden bei der Einsparung von Energiekosten helfen. Datenauswertung und Beratung finden dennoch persönlich statt. Gildemeister nutzt mit der neuen Software die Vorzüge der Digitalisierung: „Es wird schneller gehen, ist fehlerfrei und bietet Optionen für neue Geschäftsfelder. Nicht persönlicher, aber ich bekomme mehr Infos und kann anhand dieser deutlich besser beraten“, sagt Kremer.

Die Vorteile der Digitalisierung spürt auch Patrik Streng. Er überwacht fertige Solarparks, wie den in Carlino – via Ferndiagnose, vor seinem Bildschirm in Würzburg. Von Leistungsprofilen der Solaranlage, bis Live-Cams zur Beurteilung der Wetterlage: „In den letzten Jahren sind es immer mehr Daten geworden. In der Zwischenzeit kann ich beinahe alles von hier abfragen“, erzählt der 32-jährige. An ein Horrorszenario, in dem künstliche Intelligenz die Arbeit komplett übernimmt, glauben weder Kremer noch Streng. Es werde immer eine persönliche Schnittstelle geben, die mit Kunden und Kollegen kommuniziere, hört man von beiden.
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Kremer ist offen für Veränderung: „Natürlich bietet Digitalisierung Chancen und sich diesen zu verschließen, wäre Irrsinn.“ Für die Zukunft möchte man entsprechende Chancen nutzen und neue Geschäftsfelder erschließen. Für Gildemeister bedeutet das konkret: Dem Vorbild von Unternehmen wie Uber und Airbnb soll nachgeeifert werden. „Die haben weder eigene Fahrzeuge, noch eigene Hotels und zählen trotzdem zu den erfolgreichsten Unternehmen ihrer Branche“, so Kremer.

Auch in Würzburg will man mittelfristig maßgeschneiderte Lösungen anbieten: Energie soll als Service verkauft werden, nicht als Produkt aus der Steckdose. Kurzfristig beschäftigt den Servicedienstleister jedoch vor allem der Fachkräftemangel. Und so lautet Kremers Devise auch in Zeiten der Digitalisierung: „Das Einfache geht digital. Doch das richtig Gute, das geht nur mit eigenem Denken!“
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Scoutbee

Mit künstlicher Intelligenz passende Lieferanten auf der ganzen Welt finden – das Würzburger Start-Up Scoutbee zeigt, wie Digitalisierung und vernetzte Daten zum Geschäftsmodell werden.
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Artimis spricht viele Sprachen. Nicht nur deutsch, englisch oder spanisch, sondern auch hindi oder hebräisch. Sie arbeitet immer hochkonzentriert und hat keine schlechten Tage. Sie macht nie Feierabend. Damit ist Artimis die wichtigste Mitarbeiterin des Würzburger Unternehmens Scoutbee – und natürlich kein Mensch. Ihr Name steht als Abkürzung für „Artificial Manifold Intelligence System“. Eine künstliche Intelligenz also, ein Computerprogramm.
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Das Geschäftsmodell von Scoutbee hat mit Logistik zu tun, Lieferanten, Suchmaschinen, Datenbanken und Algorithmen. Stellen Sie sich vor, Sie würden Automotoren herstellen und bräuchten dafür ein ganz bestimmtes Bauteil – ihr bisheriger Lieferant wäre aber nicht länger verfügbar. Normalerweise würden sich nun langwierige Prozesse anschließen, um potenzielle Kandidaten zu identifizieren. „Hochspezialisierte Zulieferer findet man nicht einfach in den Gelben Seiten oder auf Google“, sagt Christian Heinrich, einer der Gründer von Scoutbee. „Vor allem fehlen unabhängige Informationen über deren Qualität.“ Genau da setzt das Start-Up an. „Wir haben sehr große Datenmengen über Unternehmen weltweit gesammelt“, erklärt Heinrich. Wie Suchbienen, auf Englisch „scoutbees“, seien sie dafür im Internet ausgeschwärmt.

Wendet sich nun ein Kunde mit einer Lieferantensuche an die Würzburger, wird Artimis aktiv und durchforstet innerhalb weniger Stunden die Datenbank nach passenden Lösungen. Bis zu 85 Prozent Ressourcen ließen sich dadurch für Firmen einsparen, erzählten die Gründer einmal in einem Interview. Die Jung-Unternehmer wollen damit die Branche revolutionieren – und zur „besten Plattform der Welt werden“, so Heinrich.
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Die Geschichte von Scoutbee beginnt ähnlich wie die von anderen Start-Ups. Einer erkennt eine Marktlücke, hat die passende Idee und wird aktiv. In diesem Fall war das Gregor Stühler, heute CEO und Gründer der Firma. Davor war er noch in anderen Betrieb als Vertriebsingenieur angestellt. Einmal, so erzählt sein Scoutbee-Kollege Heinrich, wurden ihm die Lieferanten für seltene Erden knapp. Neue zu finden, erwies sich als schwierig – also schrieb Stühler, der Software-Entwickler, einfach ein paar eigene Programme, die für ihn das Netz nach Lieferanten durchsuchten. Die Grundidee für Scoutbee war geboren. Als er einige Monate später zufällig über einen Bekannten auf Christian Heinrich traf, „hat es einfach gepasst“. Im Februar 2015 gründeten sie gemeinsam mit dem Iren Lee Galbraith ihre GmbH.

Seitdem hat sich einiges getan. Über 30 Mitarbeiter gehören mittlerweile zum Kernteam. Einige davon sitzen im Ausland, in der Ukraine, Litauen, Russland oder im Aserbaidschan. Trotzdem sind die Räume der Gründerwerkstatt auf dem Gelände des Vogel-Fachverlags mittlerweile deutlich zu klein. 15 Schreibtische stehen dort dicht beieinander, Schall- oder Sichtschutz dazwischen gibt es nicht. Auch deshalb sei es in der Planung, noch das Nebengebäude anzumieten. Außerdem sind einige neue Stellen ausgeschrieben. „Wir wollen wachsen“, sagt Heinrich. „Ganz nach dem Motto ‚Gesund, aber schnell‘.“
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2017 wurde Scoutbee als bestes Start-Up Würzburgs ausgezeichnet. „Das war super für uns, um bekannter zu werden, gerade am Anfang“, freut sich Heinrich. Geht man heute an sonnigen Tagen in die Gründerwerkstatt, fällt die rechteckige, silberne Auszeichnung direkt ins Auge: Sie liegt auf einem Stuhl, der die Eingangstür zum Lüften offenhält. „Das Ding ist so schön schwer“, verrät ein Mitarbeiter schmunzelnd. Diese Zweckentfremdung macht aber auch deutlich, dass sich das junge Unternehmen nicht auf alten Lorbeeren ausruhen muss. Innerhalb der kurzen Zeit, die Scoutbee aktiv auf dem Markt ist, konnten die Würzburger einige namhafte Kunden gewinnen: Audi, Brose, Bosch Rexroth oder Adelholzener. Alles Firmen aus dem produzierenden Gewerbe. Die Kernzielgruppe, für die Lieferanten in der riesigen Scoutbee-Datenbank gelistet sind.

„Langfristig sind für uns auch andere Branchen interessant“, erklärt Heinrich. „Einfach, weil unser Produkt gut industrieübergreifend anwendbar ist.“ Genauso könnte man für Unternehmen aus den Bereichen Pharma, Verpackung oder Medizintechnik Lieferanten-Daten erheben. „Wir stehen erst am Anfang.“
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Wie genau die Daten recherchiert werden und welche Kriterien entscheidend sind, fällt unter das Betriebsgeheimnis. Klar ist, dass alles digital läuft. Spezielle Computerprogramme zapfen weltweit Millionen verschiedener Quellen an, um die Datenbank zu bestücken, in der Artimis auf Lieferanten-Suche geht. Dabei spielten nicht nur allgemeine Informationen wie der Standort oder die Produktpalette eine Rolle. Vor allem die Qualität sei für Scoutbee interessant. Wer etwa als Lieferant einen Preis gewonnen hat, dem kommt das in seiner Bewertung durch die Algorithmen zugute. „Früher bekam man solche Einschätzungen nur über Marktkenner“, sagt Heinrich. „Die brauchen wir heute nicht mehr. Wir bieten unseren Kunden Datenqualität made in Germany.“

Was nach einer Kampfansage an das bisherige System der Lieferantenbeschaffung klingt, wollen die Scoutbee’ler nicht als solche verstehen. Das sei nun einmal der Gang der Dinge. „Vor drei Jahren waren alle unsicher, weil sie nicht wussten, was Digitalisierung bedeutet“, wirft Laura Zwickl ein, die als Projektassistentin bei Scoutbee arbeitet. „Heute gibt es kaum einen, der zögert, sich der digitalen Möglichkeiten zu bedienen.“
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Das haben auch andere Anbieter verstanden. Sogenannte Ausschreibungsplattformen bieten Einkäufern und Lieferanten online die Möglichkeit zusammenzufinden. „Das Ziel dahinter ist immer das gleiche: Zeit einsparen bei der Suche, damit Einkäufer sich auf ihre wesentliche Arbeit konzentrieren können, also Verhandlungen zu führen und Verträge aufzusetzen“, sagt Michael Schröder, Professor für Spedition, Transport und Logistik an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mannheim.

„Die Idee von Scoutbee ist deshalb an sich nicht neu, aber die Herangehensweise.“ Eher ungewöhnlich sei deren offenes Prinzip der Listung, normalerweise verspreche die Präsenz auf einer Ausschreibungsplattform schon eine gewisse Exklusivität. „Ich glaube nicht, dass Einkäufer für ihr komplettes Produktportfolio Lieferanten auf diese Art und Weise suchen werden“, schätzt der Experte. Zu wichtig sei die individuelle Gestaltung eines Produkts – und das fange bei der Lieferantenauswahl an.
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Von solchen Vorbehalten merken die Würzburger Gründer bisher nichts. Für den Umsatz nennt Finanzchef Heinrich keine konkreten Werte. Sie seien aber nur wenige Tausend Euro von der Gewinnschwelle entfernt. Also dem Punkt, an dem rote Zahlen in schwarze übergehen.

Damit haben sie die dritte Entwicklungsstufe eines Start-Ups erreicht, die sogenannte Wachstumsphase. Dem Startup-Monitor des Bundesverbands Deutsche Startups zufolge sind aktuell knapp 30 Prozent der Jungunternehmen so weit oder höher entwickelt. „Wo ich Scoutbee in fünf Jahren sehe?“ Gründer Christian Heinrich lacht. „Interessanter wird erst einmal, was im nächsten Jahr passiert.“
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Brose

Tradition und Innovation – diese beiden Werte verbindet der Automobilzulieferer Brose miteinander. Die Digitalisierung macht die Arbeit komplexer. Doch im Würzburger Werk steht im Vordergrund, den Überblick zu behalten und trotzdem mit der Zeit zu gehen.
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Halbfertige Motoren fahren auf scheinbar endlosen Fließbändern durch die Halle, es klappert und zischt. Im Sekundentakt wickelt der Roboterarm Kupferdraht auf Spulen. Die Kupferspulen sind das Kernstück der Motoren, die im Würzburger Brose-Werk hergestellt werden.

Früher wurde diese Arbeit von Hand gemacht, erzählt Werkleiter Bernd Kaufer. Vor 30 Jahren lag die Akkordleistung bei 20 gewickelten Motoren pro Tag. Mittlerweile verlassen täglich rund 100.000 Elektromotoren das Werk. „Mit dem Kupferdraht, den wir hier jährlich verarbeiten, könnte man 65 Mal den Globus umrunden“, beschreibt Kaufer.
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Seit Max Brose 1908 in Berlin das Handelshaus für Auto- und Flugzeugzubehör gegründet hat, hat sich das Unternehmen zum fünftgrößten Automobilzulieferer in Familienbesitz entwickelt. Die Geschäftsbereiche umfassen die Sparten Türen, Sitze und Motoren.


Trotz des Umsatzes von 6,3 Milliarden Euro im Jahr 2017 wird noch immer viel Wert auf den familiären Zusammenhalt im Unternehmen gelegt. Dafür sorgt Michael Stoschek, der von 1971 bis 2005 Brose als Geschäftsführer leitete. Heute ist er Vorsitzender der Unternehmensgruppe, die in 23 Ländern vertreten ist, und bereitet seine Kinder auf die Übernahme vor.
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Auch Kaufer ist bereits seit 28 Jahren im Unternehmen tätig. Seine berufliche Laufbahn begann er als Trainee in der Fertigungsplanung bei Brose in Coburg. Nach Aufenthalten in Europa, Nordamerika und Asien ist er 2016 nach Deutschland zurückgekehrt, um die Leitung des Werkes in Würzburg zu übernehmen.


Begeistert berichtet er von der Technik, die fast jeder nutzt und doch kaum einer je gesehen hat: Die Motoren werden unter anderem als Antriebe für elektrische Lenkungen, Parkbremsen, Klimaanlagen und Fensterheber im ganzen Auto verbaut – allerdings versteckt hinter der Verkleidung. Das Werk in der Ohmstraße ist das größte von acht Brose-Elektromotorenwerken weltweit. Mit rund 1.800 Mitarbeitern gehört der Standort zu den größten Arbeitgebern in Würzburg.
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Dabei ist es keine Selbstverständlichkeit, dass die Produktion in Deutschland stattfindet. „Mit den niedrigen Lohnkosten in der Slowakei oder Mexiko können wir natürlich nicht mithalten“, gibt Kaufer zu.

Den entscheidenden Faktor in Sachen Wettbewerbsfähigkeit liefere die Automatisierung am Standort: Das Würzburger Werk sei das am höchsten automatisierte Werk in der Unternehmensgruppe. Neue Produkte und Technologien werden hier erstmals getestet und in Serie gebracht. Wenn alles reibungslos funktioniert, transferiert das Werk die Produktionsverfahren und das gesammelte Wissen an die anderen Motorenstandorte weltweit.
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Die Rolle als sogenanntes Leitwerk bringt viel Verantwortung mit sich: Das Telefon klingelt, ein Mitarbeiter aus Mexiko schildert ein Problem mit einer Anlage. Der Roboter ist ausgefallen und niemand weiß, woran es genau liegt. Früher mussten in einem solchen Fall Ingenieure aus Würzburg zum Standort nach Mexiko reisen, um den Ausfall zu beheben. Mit zehn Stunden Flugzeit ging dabei viel Zeit verloren. Zeit, in der in Mexiko die Anlage stillsteht und die Arbeitskräfte in Würzburg fehlen. „Einen Tag Verzug können wir uns heute einfach nicht mehr leisten“, so Kaufer.
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Dieses Risiko wird in Kauf genommen. Wer nicht mit der Zukunft gehe, sei auf Dauer nicht wettbewerbsfähig, so VDA-Chef Bräunig. Auch Kaufer weiß: „Der digitale Wandel lässt sich nicht aufhalten.“ Die globalen Anforderungen wachsen, die Automobilhersteller suchen ständig nach Innovationen, die wiederum neue Produktionsverfahren erfordern.

Als Leitwerk kommt Würzburg eine Schlüsselrolle zu: Hier wird stellvertretend für alle Motorenstandorte entschieden, welche Neuerungen eingeführt werden sollen. Kaufer stellt fest: „Implementiert wird nicht nur, was besonders fortschrittlich ist, sondern was letztlich auch wirtschaftlich ist.“
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Vor dieser Herausforderung steht nicht nur Brose. Die deutsche Automobilindustrie befindet sich weltweit im Umbruch. „Mechanische Tätigkeiten werden an Bedeutung verlieren, während Tätigkeiten, die Systemverständnis erfordern, immer wichtiger werden“, so Klaus Bräunig, Geschäftsführer des Verbands der Automobilindustrie (VDA).

Gleichzeitig steigt mit der zunehmenden Automatisierung auch die Komplexität der Prozesse: Produktionsanlagen und Software-Programme sind miteinander vernetzt. Fällt ein Programm aus, kommt im schlimmsten Fall die ganze Produktion zum Stillstand – in der Automobilbranche mit getakteten Lieferzeiten und anspruchsvollen Kunden bedeutet das einen großen wirtschaftlichen Verlust.
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Aus diesem Grund gibt es seit 2016 ein Pilotprojekt: Gemeinsam mit dem Zentrum für Telematik (ZfT) in Würzburg arbeitet Brose an einem System für die Fernwartung. Per Headset oder Chat leitet ein Ingenieur von Würzburg aus seinen mexikanischen Kollegen an, um das Problem zu beheben.

Mithilfe von Kameras in der Produktionshalle kann er sich ein Bild der Lage vor Ort verschaffen. Gleichzeitig schaltet er sich über seinen Computer in die Software der defekten Anlage ein und prüft das Programm auf Fehler. „Funktioniert ein Roboter einmal nicht, liegt es selten an der Mechanik. Meistens wird ein Signal nicht richtig weitergeleitet, was dann zum Stillstand der Anlage führen kann“, erläutert Kaufer. Durch den Know-how-Transfer in die Ferne werden Brose-Mitarbeiter weltweit befähigt, solche Probleme selbstständig zu lösen. Obwohl die Werke untereinander im Wettbewerb stehen, hat Kaufer keine Angst vor einem Wettbewerbsnachteil: „Die Technik entwickelt sich rasant weiter. Das nächste Problem, für das wir eine Lösung generieren müssen, kommt bestimmt.“
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Diese Denkweise scheint sich bewährt zu haben. Seit Ende der Wirtschaftskrise 2009 ist der Umsatz der Unternehmensgruppe jedes Jahr gestiegen. Pünktlich zum zehnjährigen Jubiläum hat das Würzburger Werk zudem einen Großauftrag für einen Premiumhersteller erhalten: Ab 2020 wird ein elektrischer Kältemittelverdichter als neues Produkt in Serie genommen. Die Produktionsanlage ist natürlich hochautomatisiert. Mit ihrer Hilfe wird ein Mitarbeiter eine Million Einheiten pro Jahr produzieren.

Kaufer hofft, dass sein Werk auch in Zukunft weiterhin im produzierenden Gewerbe tätig sein wird. Langfristig werde sich der Standort aber auf seine Kernkompetenzen fokussieren müssen: „Unsere Stärke liegt im Know-how unserer Mitarbeiter und im weltweiten Transfer dieses Wissens.“
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Hörakustiker

Es sind kleine Geräte, die im Ohr versteckt sind. Je nach Modell ist – wenn überhaupt – nur noch das Gehäuse hinter dem Ohr zu sehen. Die Im-Ohr-Modelle fallen auf den ersten Blick gar nicht mehr auf. Und trotz der kleinen Größe leisten sie Großes: „Wir haben es längst mit kleinen Computern zu tun. Computer, die ständig die akustische Umgebung des Trägers analysieren“, beschreibt Martin Weiglein, Geschäftsinhaber des Würzburger Hörgeräte Meisterbetriebs Huth & Dickert, die modernen Hörgeräte. Doch eigentlich ist von Geräten gar nicht mehr die Rede.

Im April 1992 gründeten Karl Huth und Georg Dickert das erste Fachgeschäft für Hörgeräteakustik in der Würzburger Innenstadt. Der Kundenandrang war so groß, dass in den darauffolgenden Jahren vier weitere Geschäftsstellen dazu kamen. Nach 24 Jahren übergaben die Gründer die Firma in die Hände der neuen Geschäftsinhaber Martin Weiglein und Mirko Nikolai, die damals bereits seit Jahren für das Unternehmen tätig waren. „Für mich war es eine große Ehre, als Herr Huth und Herr Dickert auf mich zukamen“, erinnert sich Nikolai zurück.
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In den letzten Jahren haben die Beiden miterlebt, wie die fortschreitende Technik die Hörakustik verändert hat. Top Modelle von damals sind heute längst von gestern. Und auch der Name Hörgerät sei nicht mehr aktuell. Man rede von Hörsystemen. Also Systeme, die situationsgerechtes Hören und Verstehen ermöglichen. „Was das Gehirn in Bruchteilen von Sekunden alleine verarbeitet, soll die Technik auch in Echtzeit können“, beschreibt Weiglein. Auch der Beruf Hörgeräteakustiker wurde vom Hörakustiker abgelöst. Der Begriff Gerät sei längst veraltet, so Weiglein.
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Wie weit die Hörtechnik mittlerweile ist, zeigt die Inte-grationsmöglichkeiten der neuen Modelle: Das Hörsystem kann zum Beispiel längst mit dem Smarthome vernetzt werden. Egal ob als gekoppelte Lautsprecher für den Fernseher oder aber auch als integriertes Headset fürs Smartphone. „Ein blinder Kunde von uns hat sich früher alles vom Smartphone laut vorlesen lassen. Heute ist sein Smartphone direkt per Bluetooth mit dem Hörgerät verbunden. So bekommt das niemand mehr mit, wenn er sich direkt ins Ohr vorlesen lässt“, erklärt Nikolai stolz. Heutige Hörsysteme lassen sich auch mit Internetplattformen so vernetzen, dass sie mit Smarthome Zubehör z.B. informieren. „Wenn Sie im Garten stehen und es klingelt an der Tür – bekommen sie die Nachricht „es hat an der Tür geklingelt“ direkt ins Ohr. Oder Sie liegen noch im Bett – sobald der Kaffee durchgelaufen ist, gibt das Hörgerät Ihnen Bescheid“, fügt Weiglein hinzu. 
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Die Kopplung von Smartphone und Hörsystem verändere auch das Arbeiten der Hörakustiker. Theoretisch sei längst eine Fernwartung der Hörsysteme möglich. „Wenn Sie in einer Hörsituation sind und merken, dass Sie Ihren Kollegen schlecht verstehen, können Sie sofort per App eine neue Einstellung bei uns anfordern“, erklärt Weiglein. „Wir erhalten dann eine Nachricht darüber, worin die Probleme liegen und schicken dem Kunden eine neue Einstellung auf sein Smartphone, die er selbst auf sein Hörsystem programmieren kann.“ Über Apps können Kunden zum Beispiel auch die Richtung der Haupt-schallaufnahme selbst steuern. So entscheiden sie selbst, aus welcher Richtung sie besonders gut hören möchten. Die Digitalisierung habe aber nicht nur die Technik und das Handwerk verändert. Auch die EDV und Ablagesysteme mussten in den letzten Jahren umgestellt werden. „Wir haben es mit sensiblen Gesundheitsdaten zu tun. Da darf nichts schief gehen, Datenschutz hat bei uns höchste Priorität“, hebt Weiglein hervor.
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Nicht nur Huth & Dickert habe in Vergangenheit den Bedarf an Fachgeschäften in der Würzburger Region erkannt und entsprechend ausgebaut. Mittlerweile seien auch viele weitere Geschäfte  nachgezogen. Diese starke Zunahme der Hörakustiker habe auch Auswirkungen auf den zunehmenden Fachkräftemangel. „Wir hatten vor einigen Jahren nach neuen Mitarbeitern gesucht und sind nicht fündig geworden. Wir haben beschlossen mehr Auszubildende einzustellen, um unseren Bedarf zukünftig selbst abdecken zu können“, so Weiglein. Außerdem könne man so sicherstellen, dass die Mitarbeiter das nötige Fachwissen und auch den richtigen Umgang mit Kunden im Sinne der eigenen Firmenphilosophie lernen. Heute arbeiten insgesamt fünf Auszubildende beim Meisterbetrieb. Huth & Dickert sei es wichtig, dass sich Ihre Mitarbeiter mit der Technik mitentwickeln, weshalb ständige Weiterbildung ganz oben auf der Agenda stehe. Nur so könne man in den heutigen Zeiten am Ball bleiben.
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Wer denkt, nur ältere Menschen benötigen Hörhilfen, liegt falsch: Immer mehr Kinder und junge Menschen gehen in den fünf Geschäftsstellen von Huth & Dickert ein. Durch neue Möglichkeiten an Hörtests für Neugeborene, können Defizite viel früher festgestellt werden. Man müsse nicht mehr abwarten, bis es den Eltern oder Ärzten in der Wachstums-phase auffällt. Neben der frühen Defiziterkennung bei Kindern sieht Nikolai aber auch den Demografischen Wandel als ausschlaggebenden Faktor, wieso der Bedarf an Hörakustik zunimmt. Außerdem seien heute Leute viel früher bereit, bei Defiziten einen Spezialisten aufzusuchen. Die heutige Welt lebe von Kommunikation. Wer sein Umfeld nicht mehr richtig versteht, könne an dieser Welt nicht mehr vollständig teilnehmen.
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Restaurant

Klack – und schon liegt der kleine graue Taschenkalender auf der dunklen Tischplatte, auf der zuvor noch das schwere Besteck in Hammeroptik lag. Die marmorierte Fläche spiegelt das sanfte Licht der großen Deckenleuchten und unterstreicht das Strahlen von Pinar Kalaman. Denn die junge HR-Managerin muss lachen, ist fast ein wenig peinlich berührt, als sie ihren Stift zückt, den Termin in den analogen Kalender einträgt und zugibt „Ja, den brauche ich noch, aber nur für mich“. Doch so schnell wie die Verunsicherung aufblitzte, verschwindet sie auch wieder. Denn der kleine Kalender scheint eine große Ausnahme in ihrem sonst so digitalen Alltag zu sein – zumindest im beruflichen. Und so lehnt sich Kalaman entspannt zurück in die dunkelbraunen Lederpolster der runden Eckbank im Beef800°.
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Und das zurecht: Im alten Kranen in Würzburg geht es nicht halb so historisch zu, wie der Name es vermuten lassen würde. Die historischen Gemäuer am Main beherbergen seit Dezember des vergangenen Jahres ein Steaklokal, das nicht nur auf gute Fleischqualität und schickes Ambientes setzt – wie sie selbst angeben –, sondern auch in puncto Digitalisierung engagiert bei der Sache ist. Und so gibt es im Beef800°, neben dem namensgebendem Southbend Grill, der die Steaks und Burger bei exakt 800 Grad Celsius brät, eine digitale Personalplanung, die mindestens genauso stolz präsentiert wird: „Damit bleiben wir wettbewerbsfähig, zeigen entgegen den Vorurteilen wie planbar die Gastronomie sein kann und präsentieren uns als attraktiver Arbeitgeber in Zeiten des Fachkräftemangels“, so Kalaman.
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Es ist Freitagmittag. In wenigen Stunden werden hungrige und durstige Genießer die meisten der 370 Sitzplätze bevölkern. Wer die Feinschmecker mit Steak und Co. versorgen wird? Die 46 Mitarbeiter des Würzburger Lokals. Gut, zugegeben, es werden nicht alle da sein. Doch gerade deswegen gibt es ja auch Kalaman. Sie kümmert sich um die Personalfragen im Beef800°: Wer arbeitet wann? Wer bleibt wie lang? Und wer hat frei? Bei 25 Aushilfen, fünf Werksstudenten und 16 Fest-angestellten kann das schon mal komplizierter werden. Aber nicht für die HR-Managerin des Beef800°. Denn sie ist nicht allein: Die Gastrosoftware des Würzburger Unternehmens E2N unterstützt sie in der täglichen Planung. Und das dank der vielen gesammelten Daten. „Das Stichwort lautet umsatz-gestützte Personalplanung“, erklärt Simon Mohr, der Geschäftsführer von E2N. 
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Wie das funktioniert präsentiert er direkt am Laptop: Auf den ersten Blick sind es ziemlich viele bunte Kästchen, als er das Programm im Browser öffnet. Und eine Wettervorhersage. Wer nun denkt „Ach, dann wissen die Mitarbeiter wenigstens, ob heute das T-Shirt reicht oder ob doch ein Pulli mit muss“, der ist auf dem Holzweg. Denn die Wetterdaten helfen ebenso bei der Planung, wie der Wochentag oder Erfahrungswerte von vergangenen Arbeitstagen. An einem sonnigen Frühlingsfreitag kann man eben mit mehr Umsatz rechnen, als an einem grauen Mittwoch. Soweit noch nicht wirklich etwas Neues. Doch die Software würde schon im Voraus einen erwarteten Tages-umsatz errechnen, so Mohr. Kalaman könne daran leichter ausrichten, wen sie wann in den Dienstplan einträgt. „Etwa 30 Prozent des Umsatzes sollte man für seine Mitarbeiter ausgeben“, erläutert Mohr, „doch damit muss man sich nicht unbedingt im Detail auskennen. Wenn die Anzeige hier rot ist, wurde zu viel Personal eingeteilt. Ist sie grün, passt alles. Diese Form des Controllings wurde erst durch die Digitalisierung möglich“. Außerdem sei das System in der Lage dazu zu lernen: Wurde der errechnete Tagesumsatz nicht erreicht oder übertroffen, so bezieht die Software diese Daten in die folgenden Berechnungen mit ein. So würden die Prognosen immer genauer.
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Wie die Software hatten auch die Geschäftsführer René Werner und Rudolf Singer die Chance, mit der Zeit dazu zu lernen. Das Beef800° habe von den Erfahrungen mit den anderen Lokalen profitiert, so Kalaman. Denn die beiden Unternehmer betreiben neben dem Beef800° auch drei weitere: die Locanda-Filialen in Würzburg, Aschaffenburg und Erlangen. Auch sie werden von E2N betreut, doch beim Beef800° war das Softwareunternehmen schon in der Konzeption des Lokals mit im Boot – und somit das Steaklokal von Anfang an digital unterwegs.


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Für die Mitarbeiter bedeutete das vor allem mehr Transparenz, so Kalaman. Jeder Mitarbeiter kann die E2N-App auf seinem Handy öffnen und in Sekundenschnelle angeben, wann er arbeiten. Dann erscheinen die bunten Kästchen im System. Wird er von Kalaman für eine Schicht eingeteilt, erhält er eine Benachrichtigung. „Wir alle schätzen sehr, dass durch das System die unbezahlten Treffen wegfallen, die sonst oft in der Gastronomie üblich sind. Wir setzten uns nicht extra alle zusammen, um in einem langen Prozess den Dienstplan auszu-handeln. Das spart für alle Beteiligten Zeit“, freut sich Kalaman. Aber auch in der Küche ist die Digitalisierung angekommen:
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Ein Trend der Branche: Immer mehr Gastronomen sehen die Digitalisierung als festen Bestandteil und als Grund-voraussetzung für ihren künftigen Erfolg. Das geht aus der der zweiten repräsentativen Telekom-Studie „Digitalisierungsindex Mittelstand“, für die das Analystenhaus Techconsult im Sommer 2017 rund 2.000 kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland befragte, hervor. Dennoch liege das Gastgewerbe bei der Digitalisierung immer noch leicht unter dem branchenübergreifenden Gesamtdurchschnitt. Die Studie konnte zudem erstmals einen positiven Zusammenhang zwischen Digitalisierungsfortschritt und Geschäftserfolg nachweisen. Es lohnt es sich also für Gastronomen, digitale Ideen für ihre Lokale zu entwickeln und umzusetzen.
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Die Personalplanung im Beef800° zeigt, wie digitaler Wandel im Gastgewerbe konkret ausgestaltet werden kann. Das Konzept scheint aufzugehen: Weitere Beef800°-Filialen seien durchaus denkbar, so Kalaman. Und so packt sie zufrieden den kleinen analogen Kalender wieder in Ihre Tasche. Das Papier ver-schwindet. Das sei auch vielerorts in der Personalplanung des Beef800° schon passiert. Aber eben noch nicht überall. „Für die Zukunft wünsche ich mir, dass wir alles papierlos organisieren“, erklärt Kalaman. Heute sei es eben noch normal, dass sie zwar einen digitalen Dienstplan erstelle, aber Nachweisdokumente wie den Sozialversicherungsausweis von den Angestellten in Papierform erhalte. Doch was nicht ist, könne ja noch werden.
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Uniklinik

Die Uniklinik Würzburg verschreibt sich Forschung, Lehre und dem Wohlergehen ihrer Patienten. Doch die Medizin verändert sich: Durch die Digitalisierung etablieren sich neue technische Standards. Wie hält die Uniklinik mit?

„Bitte die Schere säubern!“ ertönt es aus dem Lautsprecher im Operationssaal 1 der Klinik und Poliklinik für Urologie, im Zentrum für operative Medizin. Assistent Lukas Koneval wiederholt aus Sicherheitsgründen die Worte des Operateurs. Er betätigt den Knopf eines robotischen Arms. Dieser gehört zur sogenannten Patient Cart, deutsch Patientenwagen, und ist eine semi-automatische Säule. An der sind vier robotische Arme montiert. Die Arme sind mit Geräten bestückt, die in den Bauchraum des Patienten führen und Operationsschritte ausüben.  Das Instrument aus Arm Nummer drei wird gelöst. Die Schere, die Dr. Koneval aus der Bauchhöhle des Patienten herauszieht, ist nur einen halben Zentimeter lang. Auch die operativen Zugänge am Patienten – nicht größer als ein Knopfloch.
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Um Forschung und Patientenversorgung auf den neusten medizinischen Standard zu bringen, sind heute nicht nur neue Therapien, sondern neue Technologien gefragt. In der über 400-jährigen Geschichte der Uniklinik wird daher im fünften Jahrhundert auf Digitalisierung gesetzt. Die Urologie operiert seit 2015 mit der neusten Generation des DaVinci-Operations-systems, einem assistierenden Robotiksystem für minimal-invasive Eingriffe. Klinikweit soll die elektronische Patieten-akte den Weg zu einem digitalisierten Krankenhaus ebnen. Ziel: 70.000 stationäre und 250.000 ambulante Patienten in Zukunft jährlich ohne „Papierkram“ behandeln.
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Der Operationsroboter DaVinci führt minimal-invasive Eingriffe millimetergenau durch. „Mit der Urologie und für die Urologie“ wurde das System seit den 1980er Jahren entwickelt, erklärt Koneval. Der Mediziner in Facharztausbildung operiert ist seit drei Jahren Mitglied des urologischen DaVinci-Teams. Gerade für Operationen an Prostata oder Niere sei das robotische System ein Vorteil. Kleine Schnitte und wenig Blutverlust führen so zu einer kürzeren Genesung der Patienten.

Doch entgegen des Begriffs des Operationsroboters, führt DaVinci keine selbstständigen Operationen durch. Dirigent ist immer noch ein Operateur, der die Instrumente bedient und jeden Operationsschritt durchführt. Dies tut er von einer Konsole aus, die sich zwei Meter vom Patienten entfernt befindet. „Man könnte sich das wie eine Spielestation mit 3D-Monitor vorstellen“, verbildlicht Koneval.  Zwei Joysticks übertragen die Handbewegungen des Operateurs in Echtzeit auf die Instrumente. Bei der heutigen Operation – der Entfernung eines Nierentumors – benötigt der Operateur dafür ein Greifinstrument sowie eine Schere.
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Pedale richten eine 3D-Kamera aus. Diese ist nicht breiter als ein Kugelschreiber. Durch die Technik und die bis zur zehnfachen Vergrößerung kann der Operateur alle Gefäße aufs Genauste erkennen. Ein Technikturm mit Monitor sowie Gas- und Stromgeräten zeigt das Bild für Assistenz und Operations-personal an, die neben dem Patienten sitzen. Die Assistenz, die heute von Lukas Koneval übernommen wird, wechselt die Instrumente und arbeitet dem Operateur über einen Assistenzzugang zu. Kommuniziert wird über integrierte Lautsprecher und Mikrophone. Wenn nicht gesäubert und gesaugt werden muss, hält er seine Arme einfach vorschriftsgemäß nach oben.
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„Die robotische Chirurgie ist in der Urologie fest etabliert und ein Qualitätsmerkmal. Es ist die aktuellste, die man Patienten derzeit an operativer Technik anbieten kann“, berichtet Koneval. Das Operationssystem ist mittlerweile deutschlandweit an Uniklinika verbreitet.

Die Urologie verfügt über eine moderne technische OP-Ausstattung, die Patientenakte ist jedoch noch aus Papier. Doch das soll sich ändern: 2019 ist die flächendeckende Einführung der elektronischen Patientenakte geplant. Befunde, Messwerte, Bilder, Diagnosen, Patientenkurven und die Dokumentation auf Station sollen digital gesichert werden, verspricht Prof. Georg Ertl, ärztlicher Direktor der Uniklinik. Auf dem Weg ins sogenannte „Digitale Krankenhaus“, einer digitalen und technischen Neuausstattung der Krankenhausstruktur, sei dies ein notwendiger Schritt.

„Der Vorteil besteht darin, dass Daten viel leichter geschlossen verarbeitet werden können. Es erlaubt zeitgleiche Arbeit darin, einen raschen Informationsfluss und verbessert somit die Qualität unserer Arbeit“, so Prof. Ertl.
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Auch Oliver Stenzel, zuständig für Politik beim Verband der Deutschen Universitätsklinika, hebt die Bedeutung einer digitalen Ausrichtung hervor. „Die elektronische Patientenakte ist ein wesentliches Element. Nicht nur Operationen sollten digitalisiert sein, sondern auch alle Prozesse von Aufnahme- bis Entlassungsmanagement“. Doch bei 19 Kliniken, drei selbstständigen Polikliniken, drei klinischen Instituten und einer Handvoll wissenschaftlicher Einrichtungen ist das keine leichte Aufgabe. „Die Herausforderung besteht darin, abhängig von der Klinik, dem Bereich und dem Anwender die Mischung von Systemen auszuwählen, die für alle passt“, urteilt Oliver Karch von der internen Stabsstelle für Medizininformatik an der Uniklinik.
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Weiteres Risiko: In der Medizin werden hochsensible Daten gespeichert, deren Sicherheit es strengstens zu gewähren gilt. Mit Verschlüsselungen und Berechtigungsrollen könnte man Patientendaten schützen, sagt der interne IT-Fachmann Oliver Karch. Derzeit werden zwei verschiedene Versionen einer elektronischen Patientenakte an Modellkliniken getestet. Eine, die dem Betriebssystem von Smartphones ähnelt und eine andere, die komplexer aufgebaut sei, erklärt Prof. Georg Ertl.  Auswahlkriterium sei die Benutzerfreundlichkeit der Akte, denn die Uniklinik möchte es ihren rund 6.300 Mitarbeiter mit der digitalen Transformation leicht machen.

Oliver Stenzel vom Verband der Deutschen Universitätsklinika zeigt sich beim Blick auf die Hochschulkliniken zuversichtlich: „Alle Kliniken sind im Zuge der Digitalisierung vorn dabei“.
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About

Arbeitswelten der Zukunft: Eine Multimediareportage | Über dieses Projekt

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Welche Technologien prägen die Arbeit der Zukunft? Organisieren wir Arbeit anders als bisher? Wie können wir auf diesen Wandel reagieren? Das Bundesministerium für Forschung und Bildung fördert mit dieser Multimediareportage im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2018 ein Projekt, das diesen Fragen nachgeht. Etwa 150 Studierende der Universität Würzburg und der Fachhochschule Würzburg Schweinfurt beantworten die Frage, wie die Arbeitswelten der Zukunft aussehen könnten. Dazu lassen Sie Experten zu Wort kommen, beleuchten welche Technologien unser digitales Morgen prägen und setzen sich damit auseinander, wie Politik und Gesellschaft auf gewandelte Bedingungen reagieren könnten.

Neben Experten aus Wissenschaft, Industrie und Politik begleiten die Studierenden für diese Reportage auch die Menschen, die die Arbeitswelten der Zukunft mit Leben füllen werden. In Berufs- und Unternehmensporträts nähern sie sich der Frage, wie Umbrüche Berufsbilder und Arbeitsalltag heute verändern und wie sie sich Arbeit in Zukunft noch wandeln wird.

Diese Multimediareportage ist ein Projekt der Universität Würzburg in Kooperation mit der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt. Das Projekt wird durch das Bundesminisiterium für Forschung und Bildung (BMBF) gefördert. Die Main-Post ist Medienpartner des Projekts.



Impressum

Universität Würzburg
Professur für Wirtschaftsjournalismus

Prof. Dr. Kim Otto
Sanderring 2
97070 Würzburg

Tel.: +49 (0)931 31-88226
eMail: kim.otto@uni-wuerzburg.de





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Technologie

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Automatisierung und Robotik

Menschenleere Fabrikhallen, präzise arbeitende Maschinen. Diese Bilder verbinden viele mit Robotern in der Arbeitswelt. Aber nicht alles, was automatisiert ist, ist ein Roboter – und Automatisierung findet längst nicht mehr nur in der Fabrik statt.
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In der Industrie laufen viele Fertigungsschritte automatisiert ab. Aber nicht jede Maschine, die schweißt, schraubt oder Produkte bewegt, ist auch ein Roboter:
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Nicht nur in Fabrikhallen findet Automatisierung statt. Auch Handwerksbetriebe wie diese Zimmerei automatisieren Prozesse. Der Mitarbeiter an dieser Maschine muss nicht mehr vermessen, wo und in welchem Winkel er einen Schnitt ansetzt. Das Geräte greift auf einen Bauplan zurück und bearbeitet das Holz automatisch.

Das führt nicht nur zu geänderten Arbeitsprozessen – manchmal lässt die neue Technik auch alte Baumethoden wieder aufleben:
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Während Industrieroboter an Produktionsstraßen bereits weit verbreitet sind, werden in Zukunft vermehrt sog. Cobots (collaborative robots) die Arbeitswelt prägen. Industrieroboter sind oft Ungetüme, die zum Schutz der Menschen hinter Gittern arbeiten. Cobots hingegen sind Leichtbauroboter, mit denen man unbesorgt den Arbeitsplatz teilen kann. Sie erledigen Zuarbeiten oder assistieren bei Aufgaben, die für ihre menschlichen Kollegen zu monoton oder gefährlich sind.

Dabei haben Cobots den Vorteil, lernfähig zu sein. Sie können Handlungen nachahmen und später eigenständig ausführen. Sie sind flexibel einsetzbar und relativ leicht zu handhaben.
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Dank der vielen eingebauten Sensoren, registrieren Cobots Berührungen sofort und fügen Personen keinen Schaden zu. Auch die Geschwindigkeit ihrer Bewegungen wird so abgestimmt, dass es bei einer Kollision nicht zu Verletzungen kommt. Durch Sensortechnik wird ermöglicht, dass Roboter auf Menschen reagieren und mit ihnen zuverlässig zusammenarbeiten können.

Der größte Markt für Industrieroboter ist Asien, dann folgt Europa noch vor Amerika. Besonders Deutschland sticht heraus, als fünftgrößter Markt hinter den Ländern China, Südkorea, Japan und den USA. Die Roboterdichte in der deutschen Industrie war 2016 weltweit die drittgrößte mit 309 Einheiten auf 10.000 Mitarbeiter. Die größten Abnehmer sind Unternehmen der Automobilbranche, der Elektroindustrie und des Metall- und Maschinenbaus.
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Arbeitsplätze und Automatisierunge

Damit ein Elektromotor ein Fahrzeug bewegen oder eine Maschine antreiben kann, müssen Spulen gewickelt werden: Unzählige Male wird dazu ein Draht aufgewickelt. Früher erledigten das oft Arbeiterinnen in Handarbeit. Heute wird diese Arbeit von Maschinen erledigt – schnell und präzise.
Nehmen Maschinen den Menschen so nach und nach die Arbeit ab?
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47 Prozent. So hoch schätzen zwei Oxford-Ökonomen den Anteil an Arbeitsplätzen, die in den USA durch die Automatisierung gefährdet sind. 702 Tätigkeiten haben sie dazu betrachtet und untersucht, wie stark die Automatisierung sie gefährdet. Andere Studien kommen zu ähnlich dystopischen Ergebnissen.
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Wenn Wissenschaftler untersuchen, wie viele Berufe von der Automatisierung betroffen sein könnten, betrachten sie die unterschiedlichen Tätigkeiten, die in verschiedenen  Berufen ausgeübt werden. So versuchen sie abzuschätzen, wenn die Automatisierung besonders betreffen wird.

Eine Studie der ING Diba betrachtet die Situation in Deutschland: Insbesondere Büro- und Hilfskräfte sehen sie von der Automatisierung bedroht.
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Die Vorstellung einmal einen Beruf zu erlernen und diesen bis an das Lebensende auszuführen wird künftig in den wenigsten Fällen erfüllt sein. Die Bereitschaft, sich immer weiter fortzubilden und an die stetigen Veränderungen anzupassen nimmt stattdessen an Bedeutung zu. Hierbei ist Lernen nicht mehr nur ein Merkmal der jungen Generation, der moderne Mensch muss unabhängig von seinem Alter bereit sein, ein Leben lang zu lernen und sich immer weiterzuentwickeln.

Das Bildungssystem sollte nicht nur harte Fakten und berufsspezifisches Wissen vermitteln. Vielmehr sind Fähigkeiten wie Eigenverantwortung, Begeisterungsfähigkeit und Kreativität gefragt. In der neuen Arbeitswelt ist es also nicht mehr nur wichtig, ein verlässlicher Mitarbeiter zu sein, sondern es geht darum, sein individuelles Portfolio an Stärken und Talenten voll auszuschöpfen.
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Industrie 4.0

In der Industrie 4.0 verzahnt sich die Produktion mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik. Die Maschine-zu-Maschine-Technologie ermöglicht, dass sich Geräte verbinden, Informationen austauschen – also miteinander kommunizieren. Hierbei muss kein Mensch mehr manuell in den Prozess eingreifen. Maschinenkommunikation ist ein Datentransfer in Echtzeit über Firmen- und Ländergrenzen hinweg.
Die intelligente Fabrik bestimmt zukünftig die Produktion.
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Die neuen Möglichkeiten der Industrie 4.0 haben allerdings auch Schattenseiten: Die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer werden enorm sein. Denn durch Wandel zur Industrie 4.0 werden bis 2025 rund 490.000 Arbeitsplätze wegfallen. Gleichzeitig werden aber auch 430.000 neue Jobs entstehen, so die Berechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit. Allerdings mit ganz neuen Jobanforderungen.
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Vernetzung, intelligente Maschinen, allwissende Fabriken: Für den Standort Deutschland wird das immer wichtiger. Etwa 15 Millionen Arbeitsplätze hängen direkt und indirekt von der produzierenden Wirtschaft ab. Mit der Industrie 4.0 wird sich nicht nur die Produktion verändern, sondern es werden auch ganz neue Geschäftsmodelle geboren. Deshalb sind für die Unternehmen in Deutschland intelligente, digitale Produktionsverfahren eine große Chance.
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In Industrie 4.0 investieren Firmen in Deutschland Milliardenbeträge – und die Investitionen werden weiter steigen, wenn man den Prognosen des Verbands Bitkom für die kommenden Jahre glaubt.
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Noch sind die deutschen Unternehmen weltweit führend bei der Industrie 4.0. Bis zu 126 Milliarden Euro zusätzliche Wertschöpfung könnten Deutschlands Unternehmen bis 2025 durch Industrie 4.0 gewinnen, schätzt die Unternehmensberatung McKinsey. Aber der Sprung ist kein Selbstläufer. Sollte es den deutschen Unternehmen nicht gelingen bei der Industrie 4.0 Vorreiter in der Welt zu bleiben, dann steht viel auf dem Spiel. Denn andere Regionen in der Welt holen auf.
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Autonomes Fahren

Das Autofahren wird sich in den kommenden Jahrzehnten stark verändern: Computer könnten in Zukunft das Fahren komplett übernehmen. Schon heute können Autos einzelne Schritte bewältigen, etwa das Einparken. Ein Stauassistent übernimmt im stockenden Verkehr das Bremsen, Beschleunigen und Lenken. Bis erste wirklich autonome Fahrzeuge Marktreife erlangen, wird es noch dauern. Noch gibt es keine komplett selbst fahrenden Autos. Bis zum Jahr 2035 wird der Anteil autonomer Fahrzeuge an der Gesamtfahrzeugflotte für Deutschland allerdings zwischen 17 bis maximal 42 Prozent liegen, das sagen Verkehrsforscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) voraus.
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Level eins: Das assistierte Fahren: Das Auto unterstützt den Fahrer mit bestimmten Assistenzsystemen, zum Beispiel mit einem Spurhalte-Assistenten. 
Level zwei: Das teilautomatisierte Fahren: Das Fahrzeug kann wenige Aufgaben für den Fahrer übernehmen. Automatisches Einparken gehört zu den üblichen Anwendungen.  
Level drei wird als hochautomatisiertes Fahren bezeichnet. Das Auto passt seine Geschwindigkeit dem fließenden Verkehr an. Der Autopilot kann den Fahrer aber immer noch auffordern, das Steuer wieder zu übernehmen. 
Level vier definiert die Vollautomatisierung. Das Fahrzeug übernimmt das Fahren und gibt die Gewalt über das Auto dann wieder ab, wenn eine Fahrsituation für den Computer nicht zu bewältigen ist.  
Level fünf: das autonome Fahren. Der Mensch wird überflüssig. Das Fahrzeug steuert vollautomatisch das Ziel an. Das autonome oder fahrerlose Fahren ist erreicht.
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Stellen Sie sich mal vor, alle Kraftfahrzeuge fahren von alleine. Was machen dann hunderttausende von Taxi-Fahrern? Was wird aus Lkw- und Buslenkern? Die Folgen der selbstfahrenden Transportmittel für den Arbeitsmarkt dürften gravierend ausfallen. In Deutschland bekommen alleine über eine halbe Million Berufskraftfahrer sozialversichert und in Vollzeit Konkurrenz durch Roboter-Autos. Dazu kommen Taxifahrer, Chauffeure, Autobusfahrer, Botendienst- und Einsatzwagenfahrer. Mit selbstfahrenden Fahrzeugen werden diese ganzen Jobs überflüssig.
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Die Zahl von Verkehrsunfällen wird sehr wahrscheinlich zurückgehen, wenn hauptsächlich autonome Fahrzeuge den Straßenverkehr beherrschen. Der „Faktor Mensch“, also Fehler der Fahrer, sind der Hauptgrund für Verkehrsunfälle. Könnte  man die menschliche Fehlerquelle hinter dem Steuer ausschalten, dann würden 90 Prozent aller tödlichen Unfälle verhindert werden, sagt eine Studie von McKinsey. Auf Deutschland bezogen: Die rund 4.000 tödlichen Unfälle im Straßenverkehr pro Jahr ließen sich mit autonomen Autos auf ein paar hundert begrenzen. Allerdings fehlt noch die gesetzliche Grundlage: Es gibt zwar schon Fahrzeuge, die auf der Autobahn vollautomatisiert fahren können. Allerdings muss der Fahrer immer die Kontrolle übernehmen können, auch wenn er nicht immer auf den Verkehr achten muss. Auch die Frage danach, wer an einem Unfall Schuld trägt, stellt sich beim autonomen Fahren neu. Wer ist eigentlich der Fahrer beim vollautonomen Fahren? Vom Hersteller eingebaute Computer oder der Fahrer? Wer trägt die Verantwortung?
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Ein fortschrittliches Fahrzeug speichert schon heute pro Fahrstunde rund 25 Gigabyte an Daten. Das entspricht dem Datenvolumen von rund 15 HD-Filmen in der Stunde. Autonome Autos sind fahrende digital vernetzte Supercomputer, die sehr viel mehr Daten anhäufen werden. Daten über das Verhalten des Fahrers, über die Strecke, andere Autos auf der Strecke, über das Wetter, den Zustand der Straße und mehr. Durch die Auswertung der Daten können Bewegungs- und Verhaltensprofile der Fahrer erstellt werden. Damit würde massiv in die Privatsphäre der Bürger eingegriffen werden.
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Autos werden zunehmend ein Problem für die Städte: Der Verkehr auf den Straßen, die Staus nehmen kontinuierlich zu. Damit steigt auch die Luftverschmutzung in den Städten. Diese Probleme werden sich weiter verschärfen. Denn der innerstädtische Transportbedarf wird sich bis 2050 verdoppeln, so die Prognosen. Die Städte müssen dann mindestens das doppelte Verkehrsaufkommen bewältigen, dass ist kaum vorstellbar ohne neue Verkehrskonzepte. Eine Lösung könnten die autonomen Fahrzeuge mit ihrer neuen Informations- und Kommunikationstechnologie und ihrer künstlichen Intelligenz sein.
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Nicht nur fahrerlos werden Autos zukünftig, auch die Art, wie ein Fahrzeug angetrieben wird, ändert sich. In Norwegen fährt bereits jedes zweite neuzugelassene Auto elektrisch.

Unter den Herstellern hat ein Wettbewerb um die neue Technologie begonnen. Verschiedene Studien versuchen zu analysieren, welcher Autobauer wie gut im Rennen liegt. Links Daten aus einer UBS-Studie: Je größer die Kegel bei einem Hersteller, desto besser sieht die Studie das Potential bei Elektroautos.

Dass Tesla vorne liegt überrascht nicht. Aber auch bei einigen traditionellen Herstellern sehen die Autoren großes Potential, etwa bei Daimler oder Volvo.
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Künstliche Intelligenz

Entscheidungen treffen, ohne eine Situation vorher zu kennen – das können Künstliche Intelligenzen. Computer werden so programmiert, dass sie menschenähnliche Entscheidungen treffen. Über künstliche neuronale Netzwerke sind sie heute in der Lage eigene Strategien zu entwickeln und gleichzeitig dazu zu lernen.

Das Prinzip der Künstlichen Intelligenz gibt es seit 1956. Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Marvin Lee Minsky vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und John Mc Carthey von der Standford University organisierten einen sechs-wöchigen Workshop, in dessen Namen das erste Mal der Begriff der "Künstlichen Intelligenz" (KI) auftauchte – "Dartmouth Summer Research Project on Artificial Intelligence". Für die Forscher ist KI ein Computerprogramm, welches intellektuelle Aufgaben von Menschen übernimmt.
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Alles begann mit einem Duell zwischen Mensch und Maschine. Am 11.Mai 1997 tritt Schachweltmeister Garri Kasparow gegen den 1,5 Tonnen schweren Hochleistungsrechner „Deep Blue“ an – und gibt am Ende auf. Der von IBM gebaute Computer bestand aus 256 Prozessoren und wurde damals mit Millionen von Schachpartien ‘gefüttert‘. Um den besten Spielzug zu ermitteln, berechnete er pro Sekunde 200.000.000 mögliche Positionen auf dem Schachfeld.


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2016 tritt der weltweit drittbeste ‘Go‘-Spieler gegen den Supercomputer „AlphaGo“ an. Der Unterschied zum KI-Schachtunier-Wettkampf – das Spielbrett von ‘Go‘ besteht aus 361 Feldern, zu viele Kombinationsmöglichkeiten als das eine Maschine alle Spielzüge berechnen könnten. Anders als bei einfacheren KI-Systemen, ist „AlphaGo“ in der Lage, während des Spiels dazuzulernen und sich zu verbessern. So gewann „AlphaGo“ vier von fünf Partien – das Maschinelle Lernen war geboren.
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Beim sogenannten Deep Learning – der zur Zeit höchsten Stufe Künstlicher Intelligenz – werden Computer nicht zuvor mit Millionen an Daten ‘gefüttert‘, aus denen sie ihre Handlungen ableiten. Hier ist es vielmehr so, dass der Rechner nach einem Versuch-und-Irrtum-Prinzip selbst lernt, wie er in einer bestimmten Situation zu reagieren hat.
So z.B. bei „Libratus“. Die Erfindern haben einen Algorithmus entwickelt, der beim Poker gegen die weltbesten Pokerspieler gewinnen kann – völlig unabhängig davon, welche Karten er bekommt. Ein Algorithmus entspricht einer Reihe von Anweisungen, die ein Programm zur Lösung eines Problems befolgt – im Fall von „Libratus“ also simpel die Spielregeln von Poker. 2017 lief „Libratus“ bei einem Poker-Tunier auf 50 Servern eines Mega-Rechners. Wenn er anfangs noch verlor, lernte er von Partie zu Partie dazu und verbesserte sich von Tag zu Tag. Wenn seine Gegner nämlich nachts schliefen, analysierte der Super-Computer die Partien vom Tag. Am Ende entwickelte er seine eigene Spiel-Strategie. Ohne dass er jemals dafür programmiert wurde, fing "Libratus" selbstständig an zu ‘Bluffen‘ – eine Spielmethode beim Poker, welche  dem Gegner davon überzeugen soll, dass man ein gutes oder schlechtes Blatt auf der Hand hat. Bei jedem Zug brauchte ‘Libratus‘ durchschnittlich neun Sekunden, um seine Karten zu analysieren, die Höhe seines Einsatzes zu bestimmen und parallel die Spielzüge der Gegner einzukalkulieren. 
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Um immer schlauer zu werden muss die Künstliche Intelligenz mit einer Unmenge an Daten gefüttert werden, Big Data. Das ‘Big‘ steht hierbei für das Datenvolumen, die Geschwindigkeit, mit der die Daten verarbeitet werden können, aber auch für die Bandbreite der Datentypen und Informationsquellen. Verknüpft, analysiert und visuell aufbereitet werden die Informationsberge vom Datenwissenschaftler, dem sogenannten ‘Data Scientist‘. Ein Beruf, der durch den digitalen Wandel neu entstanden ist und laut der Universität Harvard zu den attraktivsten Berufen des 21. Jahrhunderts zählt.
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Humanoide Roboter, wie Pepper, können menschliche Mimik und Gestik analysieren und darauf entsprechend reagieren.
Es gibt aber auch schon androide Roboter. Der Unterschied zum humanoiden Kollegen – durch einen menschlichen Körperbau sowie einer simulierten Hautstruktur sehen sie einem Menschen täuschend ähnlich. Eleonide, die 1,70 Meter große Roboter-Frau mit blauen Augen und mittelblonden Haaren kann sprechen, lachen und gestikulieren. Vor kurzem hat die TU Darmstadt sie entwickelt, um zu erforschen, wie Menschen auf Gefühle von androiden Robotern reagieren.
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Roboter-Anwalt Ross beherrscht das Insolvenzrecht besser als seine menschlichen Kollegen. Sprechen kann er auch. In einigen amerikanischen Kanzleien stellen erfahrene Juristen dem intelligenten Roboter Fragen und der durchsucht daraufhin eine Milliarde Dokumente und Gesetzestexte. Innerhalb einer Sekunde antwortet Ross, in 20 Sprachen.

Aber auch in sozialen Berufen treffen wir schon heute auf intelligente Roboter. Pepper empfängt Kreuzfahrtpassagiere, Werner navigiert Kunden durch Geschäfte, Roreas übt mit Schlaganfall-Patienten das Laufen und Kuscheltier-Robbe Paro soll in sich gekehrte Demenzkranke zum Sprechen animieren.
Werden künstliche Intelligenzen also zunehmend auch soziale Berufe übernehmen? Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit hat berechnet, dass heute 13 Prozent der sozialen und kulturellen Dienstleistungsberufe durch Computer ersetzt werden könnten. Verhältnismäßig wenig im Vergleich zu den Fertigungsberufen, von denen 83 Prozent von computergesteuerten Maschinen übernommen werden können.
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Selbstlernende Computer und sprechende Roboter machen vielen Menschen Angst. Einige befürchten sogar, dass die künstliche Intelligenz dem Menschen eines Tages derart überlegen sein wird, dass nicht mehr wir sie, sondern sie uns beherrschen. Allerdings verdeutlicht ein Beispiel, wie weit die Künstliche Intelligenz heute ist: Um KI als Hundedetektor einzusetzen, müssen dem neuronalen Netzwerk Tausende Hunde gezeigt werden und genauso viele Dinge, die keine Hunde sind. Ein dreijähriges Kind braucht hierfür ein Mal in seinem Leben einen Hund zu sehen, um ihn immer wiederzuerkennen.
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Laut einer weltweiten Studie der Boston Consulting Group (BCG) droht die deutsche Industrie im Bereich der Künstlichen Intelligenz international den Anschluss zu verlieren. Insbesondere in der Nutzung der Technik liegt Deutschland weit hinter den USA und China. Und das obwohl allein für das produzierende Gewerbe in den nächsten fünf Jahren eine Bruttowertschöpfung von 31,8 Milliarden Euro möglich ist. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Innovation und Technik (IIT) im Auftrag des Bundeswirtschafts-ministeriums.
Deswegen hat die Bundesregierung jetzt ein Eckpunktepapier zu KI veröffentlicht.
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Weltweit werden von Forschungseinrichtungen und Unternehmen Millionen von KI-Experten gesucht. Zurzeit gibt es global gesehen allerdings gerade einmal 300.000, wie eine Recherche des chinesischen Internetgiganten ‘Tencent‘ ergab. Die Nachfrage erhöht das Angebot – und so verdienen schon frisch promovierte KI-Experten in der freien Wirtschaft zwischen 260.000 und 340.000 Euro pro Jahr.
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Virtual Reality

Immer mehr Deutsche interessieren sich für Virtuelle Realität (VR). Laut einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens Appinio plant jeder fünfte Deutsche, sich dieses Jahr eine VR-Brille zu kaufen. Inklusive derjenigen, die bereits solch eine Brille besitzen, wird 2018 fast jeder Dritte die neue Technik beruflich oder privat nutzen.

Virtual Reality (VR) beschreibt eine Wirklichkeit, welche mithilfe eines Computers erstellt wird. Diese Realität wird mit Bild- und oft ebenfalls mit Tonelementen hergestellt und über Großbildleinwände, Head-Mounted-Displays (VR-Brillen) oder in speziellen Räumen, wie der CAVE (Cave Automatic Virtual Environment), dargestellt. Der Nutzer taucht in die virtuelle Welt ein und kann meistens sogar mit der Technik interagieren, indem er sich bewegt oder spezielle Eingabegeräte benutzt.

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Hauptbestandteil einer CAVE ist ein hochauflösendes 3D-Projektionssystem. Bilder werden über Projektoren auf Wände und Boden projiziert, während der Mensch in der ‘Kiste‘ aus Projektionen steht und über Multitouch-Displays, Gestensteuerung und 3D-Echtzeitpositionssysteme mit der virtuellen Realität interagieren kann. Das heißt, er kann ganz natürlich um und durch virtuelle Objekte laufen.
Genutzt wird die CAVE primär von Forschung und Industrie – z.B. in der Städteplanung, der Planung von Großbauprojekten oder in der Produktentwicklung: ‘Immersive Engineering‘.




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Schon lange werden Piloten in sogenannten Full Flight Simulatoren ausgebildet, in denen sie in einer virtuellen Welt das Fliegen lernen. Aber auch die Medizin nutzt immersive Technologien – z.B. in der Verhaltenstherapie von Traumata und Angststörungen. Über eine VR-Brille wird der Patient in einem virtuellen Trainingsraum mit realistischen Szenarien konfrontiert, die ihm Angst machen. Der Vorteil zur Therapiemöglichkeit in der realen Welt? Der Therapeut kann in der Simulation kleinste Veränderungen vornehmen und so individuell auf das Verhalten des Patienten in der Situation eingehen.
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Neben Virtual Reality zählt auch Augmented Reality (AR) zu immersiven Technologien. Im Gegensatz zu VR taucht der Nutzer bei AR nicht komplett in eine andere Wirklichkeit ein, sondern erweitert seine Realität um virtuelle Aspekte. Informationen und Objekte können in die Wirklichkeit eingearbeitet werden und dem Nutzer somit zusätzliches Wissen liefern.

Laut einer Studie der Splendid Research GmbH hat bisher mehr als die Hälfte der Deutschen bereits einmal AR benutzt. Erstaunlich ist jedoch, dass jeder Siebte in dem Moment gar nicht wusste, dass es sich bei der Anwendung um AR handelte. Das zeigt, wie gut manche dieser Techniken bereits in unseren Alltag integriert sind und dass die Grenzen zwischen realer und virtueller Welt fließend ineinander übergehen können.


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Beispiele, für den Einsatz von AR-Technik gibt es viele. So kann man sich über eine App z.B. Möbel vor dem Kauf virtuell in die eigene Wohnung stellen oder über Datenbrillen, sogenannten Smart Glasses,  können Informationen im Sichtfeld des Trägers eingeblendet werden.
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Laut dem Deutschen Markenreport 2017 hat bisher jedes fünfte Unternehmen mindestens einmal VR und AR in der Praxis benutzt. Und die Systeme dringen immer weiter in den Markt ein: Jedes zweite Unternehmen sucht bereits nach Möglichkeiten, die neuen Techniken anzuwenden, oder plant, sich in naher Zukunft mit diesem Thema zu beschäftigen. Denn die große Mehrheit der Befragten ist sich sicher, dass VR und AR bald nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken sind. So setzt die Autoindustrie bereits in einigen Bereichen VR-Systeme ein. Logistikmitarbeiter von Audi werden beispielsweise mit VR-Brillen geschult, um an ausländischen Fertigungsstandorten direkt einsatzbereit zu sein.
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Wirtschaft

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Gig Economy

Nicht fest für einen Arbeitgeber arbeiten, sondern einzelne Aufträge erfüllen, die über internetbasierte Plattformen ausgeschrieben werden: Das ist das Prinzip der Gig Economy. Manche Plattformen sind auf eine Dienstleistung ausgerichtet und bringen zum Beispiel Fahrgäste und Fahrer zusammen.

Oder sie sind Marktplatz für verschiedenste Aufgaben: Auf Plattformen wie mylittlejob stellen Unternehmen Aufträge ein, wenn sie eine Übersetzung brauchen, Daten recherchieren möchten oder eine Website designen lassen wollen. Einen Auftrag kann jeder übernehmen – von überall auf der Welt aus.
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Die Aufgaben, die Arbeiter in der Gig Economy übernehmen sind vielfältig – außerdem kennt die Plattformökonomie verschiedene Arbeitsmodelle.

Oft ist von Gig Work die Rede, wenn Auftragnehmer ortsgebundene Aufträge durchführen und eigenes Kapital einbringen – ihr Auto etwa. Bekannte Beispiele sind Uber oder Apps wie Deliveroo und Lieferando, die Essen auf Rädern ausliefern lassen – Die Betreiber sehen sich selbst nicht als Arbeitgeber, sie vermitteln nur Aufträge, argumentieren sie – und kassieren dafür Provsion.

Der Clickworker hingegen sucht sich nicht nur seinen Auftrag im Internet, er führt ihn auch am PC aus. Oft einfache Aufgaben, die (noch) kein Computer erledigen kann: Einkaufsbelege einsortieren etwa, die Nutzer in eine Rabatt-App geladen haben. Geprägt hat den Clickworker-Begriff die NASA: Sie ließ Fotos von der Marsoberfläche von einer Masse an Laien kategorisieren.

Auch Wettbewerbe gibt es, die an Crowdworker ausgeschrieben werden: Ein Unternehmen lässt sich dann zum Beispiel ein neues Logo designen, die besten drei Vorschläge werden honoriert.









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Im Dezember 2016 veröffentlichte die Foundation for European Progressive Studies (FEPS) in Zusammenarbeit mit UNI-Europa und der Universität Hertfordshire eine Studie zum Thema Crowdwork in Europa. Laut dieser Studie ist jeder achte Deutsche schon einmal einer bezahlten Tätigkeit nachgegangen, welche über eine Onlineplattform vermittelt wurde. Die Zahl derjenigen, die dieser Arbeit jedoch regelmäßig nachgehen, ist wesentlich geringer.

So arbeitet jeder 12. monatlich als Crowdworker, während nur jeder 16. diese Tätigkeit mindestens einmal in der Woche ausführt. Zudem zeigt sich, dass sich vor allem junge Menschen für diese neue Arbeitsform interessieren. Etwas mehr als die Hälfte der Online-Arbeiter ist jünger als 35 Jahre, wohingegen nur jeder 7. älter als 55 ist.

Die Zahlen zeigen außerdem, dass für die meisten Crowdworking nur ein Nebenverdienst ist. Drei Viertel der deutschen Crowdworker verdienen maximal die Hälfte ihres Gesamteinkommens über Onlinetätigkeiten und von 100 Arbeitern finanzieren sich nur 3 vollständig über das Online-Einkommen. Noch werden Cloudwork und Gigwork nur von wenigen Menschen ernsthaft ausgeübt.
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Den Laptop im Café aufschlagen, einen Auftrag annehmen, loslegen: Betreiber von Crowdworking-Plattformen preisen das flexible Arbeiten an.

Wenn der Algorithmus Auftragnehmer und Kunden zusammenbringt, bleibt für Diskriminierung kein Platz, argumentieren Befürworter der Gig Economy. Schnell und effizient sei die Vermittlung.

Die sozialen Netze und Versicherungsmodelle aber sind auf klassische Arbeitsverhältnisse ausgerichtet – Kritiker warnen vor Problemen: Geringe Bezahlung, fehlende Planungssicherheit, wenig Regulierung und keine soziale Absicherung.
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Die meisten Onlineplattformen sehen ihre Nutzer laut ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen als Selbstständige an. Dies bedeutet, dass Crowdworker nicht dem sozialen Schutz eines normalen Angestelltenverhältnisses unterliegen. Sie müssen sich also selbst sozial absichern und auch ihre Steuern nach den Vorgaben für Selbstständige abgeben.

Vor allem Menschen, die hauptberuflich als Crowdworker arbeiten, kümmern sich selbst um ihre Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Dies bestätigt eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung über Crowdworker in Deutschlang, laut welcher weit mehr als die Hälfte der hauptberuflichen Crowdworker selbst versichert ist. Den Rest der Vollzeit-Crowdworker machen Schüler und Studenten sowie im Ausland lebende Deutsche aus, die entweder bei den Eltern mitversichert sind oder einem anderen Sozialsystem unterliegen.

Außerdem müssen sich Crowdworker an die Steuervorgaben für Selbstständige und die rechtlichen Rahmenbedingungen halten. Diese sowie die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Crowdworker sind jedoch bisher wenig erforscht. Zwar wird darüber diskutiert, für Crowdworker ein eigenes Angestelltenmodell zu entwickeln, doch bleibt die Frage offen, ob die Unternehmen oder die Onlineplattformen die Arbeitgeber sind.
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Gig Economy Barke

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Gig Economy Jürgens

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Gig Economy Hill

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Arbeiten 4.0

Neue Technologien erlauben neue Beschäftigungsformen. Ob ein Programmierer im Großraumbüro, im Café oder am Strand sitzt, wird unwichtig.

Gleichzeitig bedeutet immer online sein: Wer immer und überall erreichbar ist, von dem wird auch erwartet, das er immer und überall reagiert – auf die Mail des Vorgesetzten, einen Kollegenanruf oder eine Kundenanfrage.
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Arbeit ist bereits in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer flexibler geworden. Die Festanstellung ist teilweise Leiharbeit, Outsourcing und Werkverträgen gewichen. Und auch dort, wo die Rahmenbedingungen dieselben geblieben sind, ist Arbeit flexibler geworden: Gegenüber den 90er Jahren hat der Anteil der Erwerbstätigen, die abends, nachts oder am Wochenende arbeiten, zugenommen.

Inkrementelle Veränderungen? Nein, Zeichen eines größeren Umbruchs, meint Kerstin Jürgens:
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Wer einen höheren Abschluss hat, hat tendenziell auch mehr Einfluss darauf, wann er anfängt zu arbeiten und wann er Feierabend macht. Das legen zumindest Zahlen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin nahe. Menschen mit höherem Abschluss arbeiten nicht weniger – können sich aber zumindest häufiger aussuchen, wann sie arbeiten. Aber auch unter den Befragten mit hohem Bildungsniveau gab jeder Dritte an, nur wenig Einfluss auf Beginn und Ende der eigenen Arbeitszeit zu haben.
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Welche Faktoren sind für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz am wichtigsten? Das statistische Bundesamt ist dieser Frage bei einer Erhebung nachgegangen.

Einen Hund mit ins Büro bringen zu dürfen, ist nur für wenige entscheidend. Viel wichtiger scheint es, ein Stück weit selbständig über die Arbeitsbedingungen entscheiden zu können: Home Office und flexible Arbeitszeiten tragen für viele Befragte besonders dazu bei, dass die bei der Arbeit zufrieden sind.
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Nach Feierabend noch ein Blick in die Mails, ein kurzer Anruf des Kollegen am Samstag – auf die Projektdaten in der Cloud kann man immer und überall zugreifen: Technisch sind viele bei der Arbeit längst orts- und zeitungebunden.

Diese Erreichbarkeit wird genutzt und eingefordert. Zwei Drittel der Angestellten sind zumindest gelegentlich zu Hause erreichbar, zeigen Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Verschwimmt die Grenze zwischen Beruf und Freizeit so zunehmend?
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Arbeiten, wann und wo man möchte – oder wann und wo der Auftraggeber oder Vorgesetzte es möchte. Je nachdem wie sie gestaltet sind, bieten flexible Arbeitsformen Chancen und Risiken.

In einigen Firmen versucht man, mobiles flexibles Arbeiten zu formalisieren:
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Wie viel Stress Arbeitnehmer und Selbständige ausgesetzt sind, hängt auch von ihrer Position im Job ab: In dieser Untersuchung des statistischen Bundesamts klagten Führungskräfte am häufigsten über Zeitdruck und Arbeitslast, Akademiker öfter als etwa Handwerker.
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Wie flexibel sich Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit einteilen können, hängt auch von der Branche ab, wie diese Untersuchung des Statistischen Bundesamts zeigt: Im Schnitt arbeitet jeder zweite in einem Arbeitszeitmodell, dass irgendeine Form von Flexibilität gewährleistet. Während z.B. in Bereichen wie Kommunikation viel Flexibiltät vorherrscht, sind in der verarbeitenden Indsutrie starrere Arbeitszeitmodelle üblicher.
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Welche Regeln braucht die neue Arbeitswelt? Wie können Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu einem Interessenausgleich finden, bei dem alle von mobilem ortsungebundenem Arbeiten profitieren? Betriebsrätin Constanze Kurz hat Ideen:
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Startup-Unternehmen

Deutschland gilt als eines der technologiestärksten Länder weltweit: „Made in Germany“ ist das Gütesiegel für Hightech Produkte mit hoher Qualität. Der Antrieb für dieses deutsche Marktphänomen findet sich auch in der Gründungsszene wieder. So sind zwei von drei Startups in technologie-orientieren Branchen tätig, etwa jedes fünfte Startup beschäftigt sich hierzulande mit Informationstechnik und Softwareentwicklung. Entsprechend viele Innovationen bringt die deutsche Gründerszene hervor: Acht von zehn Startups gelten als Innovatoren, bringen also Neuheiten auf den Markt; größtenteils handelt es sich um Weltneuheiten.
Aber Deutschland landet bei der Gründungsaktivität im aktuellen Weltbank-Ranking nur auf Platz 113 von 190 – und liegt damit sogar noch hinter Staaten wie Mali, Senegal oder Usbekistan. Damit Deutschland hier weiter vorne läge, müsse viel passieren, meint Thomas Heilmann von der CDU:


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Insbesondere ein Hightech-Unternehmen aufzubauen birgt meist zwei Hürden: Zum einen benötigt man ein höheres Startkapital und längerfristige Perspektiven als der Friseurladen um die Ecke. Zum anderen ist das Risiko zu scheitern deutlich höher – denn die anfänglichen Forschungsleistungen benötigen Zeit und Kapital, ohne dass ein bereits vorhandenes Produkt dieses Geld zeitgleich einspeist. Auch siedeln sich Hightech-Startups für gewöhnlich in Großstädten mit einem Umfeld aus Forschungseinrichtungen und forschungstreibenden Unternehmen an. München und Hamburg sind für die Konzentration technologieorientierter Startups bekannt. Beides Städte mit hohen Mietkosten, was wiederum höhere Kapitalsummen notwendig macht.

Das hohe Anfangsrisiko schreckt Investoren in der wichtigen Startphase oftmals ab. Dadurch bildet sich in der Start-finanzierung eine erhebliche Unterversorgung, welche es für den Staat auszugleichen gilt. So finanzierte sich 2017 etwa jedes dritte Startup durch staatliche Fördermittel, nur jedes fünfte erhielt eine Finanzierung durch private Geld-geber. Besonders der deutsche Wagniskapitalmarkt hinkt im Vergleich zu Ländern wie den USA, Großbritannien oder Israel stark hinterher. Diese Art von Beteiligungskapital benötigen risikobehaftete Hightech Startups jedoch oftmals besonders in der Anfangsphase.

Das stärkste Instrument staatlicher Förderung sind finanzielle Mittel: Das Förderangebot von Bund, Ländern und Kommunen bietet unzählige Zuschuss- und Darlehensprogramme, Stipendien und Preisgelder für Startup-Wettbewerbe. So wurden im letzten Jahr 51 Förderprogramme auf Bundesebene und 187 auf Länderebene identifiziert. Ein Vorteil der staat-lichen Mittel ist der geringe Anteil geforderter Gegenleistung und größere Unabhängigkeit.
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Dank all diesen Mitteln scheint die Förderlandschaft breit aufgestellt – und gleichzeitig extrem intransparent und schwer zu überschauen. Dies liegt wohl nicht zuletzt an der Verteilung auf die drei Ebenen von Bund, Ländern und Kommunen; hinzu kommen private Förderangebote. Eine zentrale Plattform zur Verwaltung und eine Verschlankung ähnlicher Förderpro-gramme würde diesem Problem entgegenwirken. Einer der Punkte, den auch die Gründer selbst bemängeln: Laut dem Bundesverband deutscher Startups e.V. bewerten diese die Förderungen seitens Bundesregierung aktuell mit der Schulnote 3,8. Auf Landesebene fällt die Wertung mit einer 3,6 nur wenig besser aus. Das Verständnis für die Startup-Bedürfnisse bewertet etwa die Hälfte aller Gründer mit Mangelhaft oder Ungenügend. Auch der „Bitkom Start-up Report 2017“ kommt zu ähnlichen Ergebnissen: Die befragten IT Startups geben der Bundesregierung für die Startup-Politik die Note 3,77. Mehr als 80 Prozent geben an, dass der Politik das Verständnis für die Probleme von Startups fehle. 72 Prozent wünschen sich mehr Freiräume seitens des Staats. Die israelische Regierung beispielsweise fördert Startups großzügig, hält sich ansonsten jedoch weitestgehend raus und ermöglicht größtmögliche Freiheiten; ein Konzept, das sich auch viele deutsche Gründer wünschen.Oftmals werden die bürokratischen Regulierungen als Hemmnis in der Gründungs- und Wachstumsphase wahrgenommen. Dazu zählen die Anmeldung eines Unternehmens oder auch die aufwändige Beantragung von Fördermitteln. Hierzulande benötigt eine Gründung neun Behördengänge, die Liste reicht vom Amtsgericht bis zum Gewerbeamt. Ein sogenannter „One-Stop-Shop“ existiert in Deutschland bislang nicht: Hierbei kann die Gründung eines Unternehmens in wenigen Schritten online auf einer zentralen Plattform stattfinden. In vielen anderen Ländern gibt es bereits eine entsprechende Lösung. So dauert die Gründung eines Unternehmens in Estland dank One-Stop-Shop nur 18 Minuten, in Israel dauert der Prozess vier Tage. In Deutschland benötigt der Ablauf dagegen in der Regel etwa zwei Wochen.
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Laut aktuellem Koalitionsvertrag plant die Bundesregierung Maßnahmen, um zumindest einem Teil dieser Wünsche gerecht zu werden. Auf Seite 13 ist die Rede von steuerlichen Anreizen für die Mobilisierung von privatem Wagniskapital, einer Umsatzsteuerbefreiung in den ersten beiden Jahren nach Gründung und der Entbürokratisierung durch einen One-Stop-Shop für Antrags-, Genehmigungs- und Besteuerungsverfahren. Die Initiative „Ansprechpartner 2.0“ gilt als erster Schritt in Richtung einer solchen Verwaltungsplattform. Die Digi-talisierung der Verwaltung mit einem zentralen, digitalen Portal soll mit „großer Dynamik“ vorangetrieben werden, indem die 100 wichtigsten Verwaltungsleistungen dank behördenübergreifendem Datenmanagement online angeboten werden.

Weiter ist die Rede von der „Einführung einer Gründerzeit“ und der Ergänzung bestehender staatlicher Finanzierungs-instrumente um den „Tech Growth Fund“. Dieser soll die Finanzierung in der Wachstumsphase erleichtern, indem Kredite in derselben Höhe gewährt werden, in der vorher Wagniskapital vom Unternehmen eingesammelt wurde. Der Koalitionsvertrag macht keine Angabe zur Höhe des Fonds, laut Medienberichten liegt der Umfang jedoch bei zehn Milliarden Euro. 

Auch die Bürokratiebelastung soll in der Startphase „auf ein Mindestmaß“ reduziert werden. In diesem Zusammenhang wird auf das dritte Bürokratieabbaugesetz verwiesen. Gründer werden in den ersten beiden Jahren von der monatlichen Voranmeldung der Umsatzsteuer befreit, Statistikpflichten werden verringert. Das Potential für Reduzierungen der Statistikpflicht wird von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe bis Ende 2019 geprüft. Und auch den Zugang zur Forschungsförderung für Startups möchte man künftig deutlich erleichtern.

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Politik & Gesellschaft

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Ungleichheit und Digitalisierung

Die aktuellen Entwicklungen in der Vermögensverteilung zeichnen ein äquivalentes Bild. Die Zahlen des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigen: Während die globale Ungleichheit zwischen verschiedenen Ländern dieser Welt innerhalb der letzten Jahrzehnte abnahm, hat sich die Ungleichheit innerhalb einzelner Länder teilweise verstärkt. 1980 machte das durchschnittliche BIP der Entwicklungs- und Schwellenländer etwa 14% des BIP der entwickelten Länder aus. Bis heute ist dieser Anteil auf 23% gestiegen, woraus sich ein Rückgang der globalen Ungleichheit ableiten lässt.

Die Ursache für diese positive Veränderung ist vor allem der Wohlstandsgewinn in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Die Anzahl der Menschen, die in extremer Armut leben, hat sich von 1981 bis 2012 von 44% auf 12,7% verringert. Auf der anderen Seite hat sich beispielsweise innerhalb Deutschlands der Gini-Index zwischen 1985 und 2004 von 44 auf 50 erhöht und ist seitdem auf einem konstanten Level. Der Gini-Index ist das gebräuchlichste Maß für die Beschreibung von Ungleichheit, ein Wert von Null bedeutet völlige Gleichheit, ein Wert von 100 maximale Ungleichheit.
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Bei der Frage nach der Chancengleichheit herrscht meist Konsens. Man ist sich einig, dass jeder Mensch möglichst die gleichen Chancen haben sollte. Der utopische Zustand der absoluten Chancengleichheit kann als regulatorisches Ideal angesehen werden, das womöglich nie erreicht wird, man aber immer danach streben sollte.  

Ob Ergebnisungleichheit aus ethischer Perspektive legitim ist, darüber lässt sich streiten, da nach dem Leistungsprinzip derjenige, der mehr leistet, am Ende mehr bekommen sollte. Weil es jedoch selbst in einer perfekten Welt voller Chancengleichheit trotzdem zu einer gefühlten Ungleichheit kommen kann, ist die Forderung legitim, die Kluft zwischen Arm und Reich möglichst klein zu halten. Zu oft hat die Realität gezeigt, dass der Mensch dazu neigt, sich mit anderen zu vergleichen. Eine persönlich empfundene Ungleichstellung kann daher negative soziale Auswirkungen haben.  
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Die Oxford-Professoren Carl Benedikt Frey und Michael Osborne hatten 2013 in einer Studie die Automatisierungswahrscheinlichkeit von über 700 Berufen analysiert und kamen zu dem Ergebnis, dass knapp jeder zweite Job in den USA wegfallen könnte. Die Folgen der Digitalsierung könnten im Negativszenario also wie folgt aussehen: Durch Digitalsierung und Automatisierung werden die Wenigen, die Kapital und digitale Technologien besitzen, eine Machtstellung haben. Diejenigen, die zuvor anstelle etwa der Roboter gearbeitet haben, werden ihre Jobs verlieren. Die einen werden von der digitalen Effizienzsteigerung finanziell profitieren, die anderen werden kein geregeltes Einkommen mehr haben und ohne die Hilfe eines Sozialstaates verarmen.

Ganze Branchen, die zuvor tausende Arbeitsplätze geboten haben, werden durch technologische Innovationen umgekrempelt. Hier entstehen einige neue Arbeitsplätze für Menschen mit digitalem  Know How, allerdings werden gleichzeitig viele alte Jobs zerstört.    

Die versprochene Freiheit durch zeit- und ortsunabhängige Arbeit wird in prekären Beschäftigungsverhältnissen münden. Das Berufsleben wird geprägt sein von Unbeständigkeit, Nichtplanbarkeit und fehlender sozialer Absicherung. Wenn es weniger feste Beschäftigungsverhältnisse gibt, werden die Menschen künftig als digitale Tagelöhner mit all den Nachteilen eines Selbständigen leben, aber mit digitalen Arbeitern aus Niedriglohnländern konkurrieren.
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Eine positive Entwicklung der Digitalsierung könnte wie folgt aussehen: Durch neue digitale Technologien werden zwar bisherige Industrien verändert, allerdings schaffen innovative Start Ups viele neue Einheiten von Beschäftigung im Unternehmensumfeld. Google hat beispielsweise nicht nur Arbeitsplätze für Google Mitarbeiter geschaffen, sondern es entstanden ebenso unabhängige Online-Marketingagenturen. Eine Fahrvermittlungsplattform wie Uber verändert zwar die klassische Taxibranche, bietet jedoch Menschen, die vorher keinen Zugang zum Arbeitsmarkt hatten, eine neue Verdienstmöglichkeit. Die Studie „IT Jobs 2020“, bei der Ende 2016 über 300 IT-Fach- und Führungskräfte aus unterschiedlichen Branchen befragt wurden, zeigt außerdem, dass speziell die Nachfrage nach qualifizierten IT-Kräften steigen wird. Knapp drei von vier der befragten Personen geben an, dass insbesondere der Bedarf nach IT-Sicherheitsexperten stark steigen wird.

Bereits heute verfügt jeder Mensch mit Internetzugang über digitale Produktionsmittel, während bisher meist viel Kapital benötigt wurde, um Unternehmungen zu starten. Ob Musik, Videos, Blogs, selbst hergestellte Produkte, oder Dienstleistungen, all diese Dinge können mithilfe digitaler Technologien produziert  und global angeboten werden.

Die Digitalisierung schafft räumliche und zeitliche Flexibilität, eine bessere Abstimmung von Arbeit und Privatleben und einen einfacheren Zugang zu Bildung. Auch wenn etwa klassische, eintönige Arbeiten in der Produktion wegfallen  werden, können die Betroffenen sich durch digitale Lernplattformen in jeden vorstellbaren Themenbereich einarbeiten. Dieses Wissen kann dann genutzt werden, um in neuen Jobs zu arbeiten.
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Um mögliche negative Auswirkungen der Digitalisierung auf die Verteilung von Vermögen abzufedern, existieren verschiedene Lösungsansätze. Die größte Angst der Bevölkerung besteht darin, dass durch Digitalisierung und Automatisierung, wie von Frey und Osborne prognostiziert, etwa jeder zweite Arbeitnehmer seinen Job verliert. Wenn Menschen, die ohnehin bereits über wenig Vermögen verfügen, ihre Arbeit verlieren, ist das soziale Gleichgewicht massiv bedroht. 

Um einem solchen Zustand der Massenarbeitslosigkeit entgegenzuwirken, muss dafür gesorgt werden, dass betroffene Arbeitnehmer nicht chancenlos auf dem Arbeitsmarkt stehen. Dies kann nur über eine bedarfsgerechte Bildung funktionieren. Es geht nicht ausschließlich um berufsspezifisches Wissen, sondern es müssen Kompetenzen vermittelt werden, die die Menschen dazu befähigen mit sich ändernden Situationen in der Zukunft zurechtzukommen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung drückt es so aus: „Sie (Arbeitnehmer) müssen fortlaufend die Qualifikationen erwerben, die für eine sich wandelnde Arbeitswelt nötig sind“. 


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Karl-Heinz Brandl über Digitalisierung & Ungleichheit

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Thomas Heilmann Digitalisierung & Ungleichheit

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Oliver Suchy: Digitalisierung & Ungleichheit

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Digitalisierung & Arbeitnehmer

Die Erfindung der Dampfmaschine, des Fließbands sowie des Internets – schon seit Ende des 18. Jahrhunderts sorgt die fortlaufende Industrialisierung  für tiefgreifende Ver-änderungen auf dem Arbeitsmarkt. Bei „Industrie 4.0“ geht es heute um digitale Vernetzung, maschinelles Lernen, Big Data und die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine.

Mit dem Konzept Industrie 4.0 sind in der Gesellschaft sowohl Hoffnungen als auch Ängste verbunden. Einerseits bietet die Digitalisierung Chancen für eine Humanisierung der Arbeits-welt, z.B. durch den Rückgang körperlich schwerer und monotoner Arbeit. Andererseits entstehen, durch die zunehmende Automatisierung von Arbeitsprozessen, auch Rationalisierungspotentiale. Teile der Wissenschaft gehen davon aus, dass das Produktivitätswachstum nicht länger automatisch zu Beschäftigungswachstum führt. So kommt eine Studie der Oxford Martin School zu dem Ergebnis, dass durch die Digitalisierung die Hälfte der heutigen Arbeitsplätze in den USA verloren gehen könnte. Deutlich weniger dramatisch sieht es das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, welche eine Analyse im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) durchführte: Demnach sind nur 12 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland durch Digitalisierung bedroht.
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Durch die Digitalisierung steigt die Erwartung der Arbeitgeber, dass ihre Beschäftigten zu jeder Zeit verfügbar sind. Cloud-Technologien und die permanente Erreichbarkeit über Smartphones lassen die Trennlinien zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen. Zwar sind flexible Arbeitszeiten auch den Arbeitnehmern wichtig, doch hat die Flexibilisierung bisher eher zu einer Verlängerung der tatsächlichen Arbeits-zeiten geführt: Knapp fünf Stunden arbeiten Vollzeit-beschäftigte im Durchschnitt länger als die tariflich vereinbarte Wochenarbeitszeit. Daraus ergeben sich für Deutschland fast zwei Milliarden Überstunden pro Jahr, wovon eine Milliarde unbezahlt sind.
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Durch die Entgrenzung der Arbeit nehmen psychische Belastungen zu. Das zeigt eine Studie der Universität St. Gallen. 39 Prozent der Beschäftigten berichten von einer Beein-trächtigung des Privat- und Familienlebens durch die Digitalisierung am Arbeitsplatz. Mehr als 50 Prozent haben Probleme, nach der Arbeit abzuschalten. Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch eine Studie des DGB. Die Befragung zeigte, dass digitales Arbeiten bei 47 Prozent der Beschäftigten dazu führt, dass die Belastungen steigen. Zurückzuführen sei dies auf die permanente Erreichbarkeit und Arbeitsver-dichtung, der daraus resultierenden Verlängerung der Arbeitszeit.

Trotz dieser Erkenntnisse spricht sich die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) für eine weitere Flexibilisierung aus: Ruhezeiten sollen aufgeweicht und die tägliche Höchstarbeitszeitgrenze ausgedehnt werden.
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Vor dem Hintergrund digitaler Technologien und Big Data-Analytik wird der Schutz der Persönlichkeitsrechte im Arbeitsleben zur Herausforderung: Cloud-Technologien bieten die Möglichkeit der Vergleichbarkeit und erleichtern so Leistungen und Verhalten von Beschäftigten zu kontrollieren. Deswegen betont der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB): "Datenschutz ist eine elementare Grundvoraussetzung für die erfolgreiche digitale Transformation der Arbeitswelt."  

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Das Bundesarbeitsministerium hat mit dem Weißbuch Arbeiten 4.0 einen Vorschlag zur Neugestaltung der digitalisierten Arbeitswelt gemacht und betont die Beteiligung der Beschäftigten bei den Veränderungsprozessen. Der DGB begrüßt grundsätzlich die Zielsetzung des BMAS, mahnt aber:
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Karl-Heinz Brandl über Mobiles Arbeiten

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Oliver Suchy über Mobiles Arbeiten

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Alexander Rabe über Mobiles Arbeiten

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Bedingungsloses Grundeinkommen

Um diejenigen, die durch die Digitalisierung tatsächlich am Ende ohne Job dastehen, zu unterstützen, müsste der Sozialstaat neu ausgelegt werden. Hierfür existieren bereits verschiedene Lösungsansätze: z.B. ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE).

Das Prinzip des bedingungslosen Grundeinkommens ist recht einfach: Jeder Bürger bekommt eine zum Leben ausreichende Summe Geld vom Staat und muss dafür keinerlei Gegen-leistung erbringen. Es gibt allerdings verschiedene Über-legungen, welche Leistungen, abgesehen vom BGE, der Staat noch zusätzlich erbringen soll. In einer extremen Variante der Auslegung des BGE, würden jegliche andere staatlichen Beiträge gestrichen. Das heißt, in Deutschland würden nicht nur Hartz IV, sondern auch Kindergeld, Bafög und Steuerfrei-beträge wegfallen. In der Folge würden die Kosten für den bürokratischen Aufwand sinken: Denn, wo jetzt Sachbearbeiter Berechtigungen einfordern und Freibeträge errechnen oder Gerichte Hartz IV-Bescheide verhandeln, stünde mit dem BGE künftig ein fixer Betrag, dessen Auszahlung veranlasst würde.
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Doch es ist kaum denkbar, dass es tatsächlich konsequent möglich wäre, auf sämtliche staatliche Transfereistungen zu verzichten: Eingliederungshilfen für behinderte Menschen wären aus sozialer Sicht ebenso notwendig wie die Unter-stützung Pflegebedürftiger. Man könnte diese Zahlungen mit pauschalen Zusatzbeträgen an das BGE koppeln. Ein zweischneidiges Schwert, denn entweder wäre es dann nicht bedarfsgerecht oder die Bürokratieeinsparungen würden nicht realisiert.

Umstritten ist zudem der Umgang mit der Sozialversicherung. Klar ist, dass Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht mehr nötig wären, da das Existenzminimum durch ein BGE bereits abgedeckt wäre. Kritischer wäre es beim Thema Kranken- und Pflegeversicherung. Hier wäre eine Organisation unabhängig des Grundeinkommens notwendig.

Aber auch dann wären nicht alle Probleme gelöst: Etwa 3,1 Millionen Menschen haben zum 30. Juni 2017 Leistungen aus der Pflegeversicherung bezogen, rund 776.000 davon hielten sich stationär in einem Pflegeheim auf. Wie die Bundes-regierung 2017 auf Anfrage der Linksfraktion mitteilte, müssen Bewohner eines Pflegeheims im Schnitt 581 Euro pro Monat aus eigenen Mitteln zuzahlen – trotz Pflegeversicherung. Das BGE müsste diese Zuzahlung auffangen, sofern der Pflege-patient über kein zusätzliches Vermögen verfügt. Zudem gibt es an vielen Stellen – beispielsweise bei der Rentenversicherung – feste Leistungszusagen, für die Arbeitnehmer bereits eingezahlt haben. Sie weiterhin auszuzahlen zu können, erfordere wiederum bürokratischen Aufwand.
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Nach einer Umfrage von Splendid Research in Deutschland geben die Befragten an, dass sie in Bezug auf das BGE eine Summe von rund 1.100 Euro für angemessen halten und ihrer Meinung nach 953 Euro gerade noch zum Leben reichen würden. Ein Betrag von 750 Euro sei  zu gering, 1.600 Euro empfinden sie hingegen zu hoch.  
Erstaunlich ist, dass trotzt eines bedingungslosen Grundeinkommens der Großteil der Bevölkerung weiterhin arbeiten gehen würde. Lediglich 15 Prozent der Befragten geben an, bei einem BGE von 1.500 Euro ihren Job zu kündigen.  


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Der Berliner Senat will 2019 erstmals das „Solidarische Grundeinkommen“ testen. Ab dem zweiten Quartal kommenden Jahres sollen 1.000 Arbeitslose ein solidarisches Grundeinkommen erhalten und sich im Gegenzug gemein-nützig engagieren. Sie können dann z.B. als Helfer in Kitas und Schulhorten, Integrationslotsen oder Haushaltshilfen für Senioren eingesetzt werden. Hierfür erhalten sie den Landesmindestlohn, der in den nächsten Wochen auf 10,50 Euro angehoben werden soll. Die Idee dahinter ist, Bezieher von Arbeitslosengel I dauerhaft in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller (SPD), hatte 2017 das Konzept des Grundeinkommens in die Debatte eingebracht. Wie es finanziert wird, ist noch nicht geklärt.



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Daran, die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens zumindest testweise in die Realität umzusetzen, hat sich die finnische Regierung versucht. 2000 zufällig ausgewählte Arbeitslose bekamen ab Anfang 2017 über ein Jahr lang monatlich 560 Euro ausgezahlt – auch wenn sie in der Zwischenzeit eine Arbeitsstelle gefunden hatten. Im April 2018 wurde jedoch bekannt, dass die Regierung das Experiment anders als geplant weiterführe, obwohl ursprünglich eine Erweiterung des Versuchs für das Jahr 2018 geplant worden war. Die wirkliche Faktenlage zum finnischen Testballon ist allerdings nicht bekannt: Miska Simanainen, als Forscherin der finnischen Sozialversicherung für das Projekt mitver-antwortlich, hat lediglich mitgeteilt, dass die Regierung ihre Versuche vom Grundeinkommen wegführe. Verschiedene Medien mutmaßten daraufhin, dass Kosten ausschlaggebend für diesen Schritt gewesen seien.


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Rund 97.000 Menschen haben bei den Bundestagswahlen 2017 das Bündnis Grundeinkommen gewählt. Das entspricht 0,21% aller Zweitstimmen. Es ist eine kleine Gruppe von Menschen, denen das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) so viel bedeutet, dass sie ihre Wahlstimme einer Partei geben, die von sich selbst als „Ein-Thema-Partei“ spricht. Alleine die geringe Relevanz dieser Partei ist jedoch kein Indiz dafür, dass die Bevölkerung das Grundeinkommen nicht positiv bewerten. So hat das Hamburger Marktforschungsinstitut Splendid Research herausgefunden, dass 58 Prozent der Deutschen die Einführung eines Grundeinkommens für sinnvoll halten, auch wenn das Konzept teilweise erklärt werden musste. Wirklich breit debattiert wird ein Bedingungsloses Grundeinkommen dennoch nicht: Gerade 67 Prozent der Befragten sind überhaupt mit dem Konzept des BGE vertraut.
SPD, CDU, CSU, AfD und FDP lehnen das BGE generell ab. Bei Grünen und Linken gibt es Strömungen, die für ein Grundeinkommen sind, eine Mehrheit fand sich bis dato aber auch dort nicht.
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Ob ein Bedingungsloses Grundeinkommen überhaupt jemals notwendig wird, lässt sich nicht vorhersagen. Denn, wie hoch der Wegfall an Arbeitsplätzen durch die Digitalisierung sein wird, ist unklar. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufs-forschung der Bundesagentur für Arbeit ging 2015 davon aus, dass 4,4 Millionen Jobs schon damals hätten durch Computer ersetzt werden können. Allerdings führt das nicht automatisch zu Arbeitslosigkeit. Primär verursacht die Digitalisierung, wie auch schon die Industrialisierung, einen Strukturwandel. Dieser ist  für eine funktionierende Volkswirtschaft aber auch unerlässlich.
Während viele Forscher einen massiven Wegfall von Arbeitsplätzen prognostizieren, kommt  das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung zu dem Ergebnis, dass durch die Digitalisierung sogar mehr Jobs entstehen. Nur sind diese eben welche für höher Qualifizierte, können nicht von gering qualifizierten Arbeitnehmern übernommen werden.
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Digitale Infrastruktur

Deutschland ist eine der größten Wirtschaftsmächte der Welt und droht dennoch den digitalen Anschluss zu verlieren: Breitbandabdeckung mit schnellem Internet und Mobilfunk-netze schneiden im internationalen Vergleich schlecht ab.

Seitdem das World Wide Web für die Öffentlichkeit zugänglich ist, wurde die Digitalisierung zum größten Umbruchsfaktor in der Gesellschaft. Sie betrifft alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche. Moderne Landwirtschaft mit Melkrobotern, E-Health in der Medizin, vernetztes und autonomes Fahren, die Industrie 4.0 mit Datenaustausch in Echtzeit, Videostreaming und Virtual Reality-Anwendung – kaum ein privater Nutzer oder Unternehmer kann sich dem digitalen Wandel entziehen. Um als führende Industrienation zu bestehen, muss Deutschland deshalb auch in der digitalen Wirtschaft ein starker Player werden. Wichtigste Voraussetzung dafür: schnelle, belastbare Internetverbindungen.
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2015 schrieb die Bundesregierung das 50 Mbit/s-Ziel in ihre Digitale Agenda –  im Folgejahr musste sie allerdings zugeben, dass dies nicht erreichbar sei. Ihr neuer Plan sieht nun vor, dass spätestens 2025 Deutschland „mit Gigabitnetzen die beste digitale Infrastruktur der Welt“ besitzen soll.



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Zu den wichtigsten Merkmalen von Gigabit-Anschlüssen gehören Download-Geschwindigkeiten von 1000 Mbit/s. Derzeit gibt es zwei Techniken, die solche Übertragungsraten stemmen könnten. Die zukunftsträchtigere basiert auf Glasfaserkabeln, die bis zum Haus oder bis in die Wohnung reichen: „fibre to the home/building“ (FTTH/B) heißt die englische Übersetzung dafür. Laut der Zahlen des TÜVs Rheinland, der die Breitbandversorgung für das Bundes-ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) erhebt, verfügen in Deutschland knapp 7,3 Prozent der Haushalte über die gigabitfähige FTTH/B-Technik.
Die andere Technologie bedient sich des TV-Kabelnetzes. Über sogenannte Koaxialkabel (HFC) beziehen heute rund 70 Prozent der Haushalte Internet. Die dort verfügbaren Downloadgeschwindigkeiten bewegen sich in einer Spanne von 32 bis 400 Mbit/s. Durch das Abschalten von Kabelsendern würden verschiedene Leitungen frei und die Übertragungs-raten ließen sich enorm steigern. 


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Die bisher erreichte Netzabdeckung von 80,5 Prozent im Mai 2018 verschleiert die Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen: Während in Ballungsräumen bereits 90 Prozent oder mehr der Haushalte mit Geschwindigkeiten von 50Mbit/s surfen können, verfügen auf dem Land nur 36 Prozent über entsprechende Anbindungen. Was für Privatleute im besten Fall ärgerlich ist, wird für Unternehmer im schlimmsten Fall existenzbedrohlich. In allen Branchen werden geschäft-liche Prozesse immer digitaler – wer ohne Internet auskommen muss, bleibt nicht wettbewerbsfähig.

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Trotz der enormen Wirtschaftskraft schneidet Deutschland im europäischen Breitband-Vergleich schlecht ab – nur Platz 15 unter den Mitgliedsstaaten, bescheinigte der Europäische Rechnungshof (EuRH) in einem Sonderbericht von 2017. Dabei basierte diese Erhebung nicht einmal auf der 50 Mbit/s-Anforderung; die EU-Pläne sahen flächendeckend nur 30 Mbit/s bis 2020 vor. Auch das wurde nicht erreicht. Ernüchterndes Fazit des Sonderberichts: Die Bundesregierung solle ihr Vorgehen überdenken und die zu kurzfristig gedachten 50 Mbit/s-Ziele ersetzen – am besten durch die Konzentration auf den Ausbau gigabitfähiger Netze bis 2025.
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Den einen Grund für den schleppend vorangehenden Breitbandausbau zu identifizieren ist nicht möglich. Dafür spielen zu viele Faktoren eine Rolle: Die Finanzierung, die Zuständigkeiten, die Technik. Dass der Breitbandausbau viel Geld kostet ist jedoch klar. Wie viel genau hingegen weniger. 70 bis 90 Milliarden Euro für einen FTTH-Glasfaserausbau schätzen einige Experten. Bisher kamen etwa 362 Millionen Euro von der EU und 2,2 Milliarden Euro in Form von Darlehen von der Europäischen Investitionsbank. Natürlich investierte auch der Bund und stellte zwischen 2014 und 2017 vier Milliarden Euro für kommunale Projekte bereit. Davon ist aber nur ein Bruchteil tatsächlich genutzt worden. 2017 waren es rund 22 Millionen von knapp 690 Millionen Euro, die dem Haushalt zur Verfügung standen. 

Mögliche Ursachen für diese Investitionspolitik liegen in der Komplexität des Breitbandausbaus. Insbesondere kleinere Kommunen sind mit der Umsetzung der Förderprojekte überfordert. Es fehlen Baufirmen, manche Förderanträge wurden zurückgezogen. Zusätzlich zu diesem Förderstau kritisiert der EuRH in seinem Sonderbericht, dass die Bunde-sregierung nie die Finanzierungslücke zwischen privaten und öffentlichen Investitionen analysiert hätte. Dabei wäre dies wichtig gewesen, um den tatsächlichen Bedarf an Förder-geldern zu ermitteln; etwa für ländliche Gebiete, in denen es sich für Unternehmen kaum lohnt in teure Glasfaserleitungen zu investieren. 

Um den Ausbau zu erleichtern, wurde Ende 2016 das DigiNetz-Gesetz erlassen. Dadurch sollen bei jedem neuen Baugebiet, jeder neuen Straße direkt Glasfaserleitungen mitverlegt werden – bis zum Gebäude (FTTB).

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Die Politik wendet sich 5G zu – der fünften Generation im Mobilfunk. Deutschland soll gar Leitmarkt für 5G werden, verspricht der Koalitionsvertrag. Die leistungsstarke Technik ist noch Zukunftsmusik, Experten des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste rechnen nicht vor 2020 mit dem Netzbetrieb in Deutschland. Eine opti-mistische Schätzung, da bisher keine internationalen technischen Standards für das 5G-Netz festgelegt wurden. Die zuständige Internationale Fernmeldeunion will das voraus-sichtlich erst im Jahr 2020 tun. Trotzdem wird fleißig an 5G-Lösungen gearbeitet und entwickelt. In Deutschland laufen derzeit in 15 Städten verschiedene Forschungsprojekte zum Thema. Die Erwartungen an die Technologie sind groß: Bandbreiten im Gigabitbereich, extrem schnelle Daten-austauschgeschwindigkeiten, 1000-fach höhere Kapazitäten der Mobilfunkstandorte im Vergleich zu LTE und hohe Ver-fügbarkeit in Form von Abdeckung und Zuverlässigkeit.
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Digitalisierung & Bildung

Um junge Menschen auf die digitale Welt vorzubereiten, muss auch die Bildung und Ausbildung sich verändern. Allerdings sind bisher der Großteil der Schulen weder mit entsprechender Technik ausgestattet, noch sind die Lehrpläne auf die Anforderungen durch die Digitalisierung angepasst.
Auch Lehrer und Lehrerinnen sind kaum für die neue Herausforderung ausgebildet. Das deutsche Bildungssystem muss aufholen, um in der globalen Wirtschaft nicht abgehängt zu werden. Hier stehen Bund und Länder in der Verantwortung die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen.
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Nach einer aktuellen Bitkom-Studie wollen 84 Prozent der Deutschen, dass digitale Bildung in den Schulen einen höheren Stellenwert bekommt. Genauso viele sehen die Schulen in der Verantwortung Kinder und Jugendlichen die Fähigkeit zu vermitteln, sich sicher im Internet zu bewegen. 61 Prozent der Befragten sind sogar der Meinung, dass Programmieren ein eigenes Schulfach werden sollte.

Im internationalen Vergleich steht das Heimatland des Erfinders des Computers, Konrad Zuse, nur mittelmäßig da, was digitale Bildung anbelangt.  So ist Informatik nur in neun Bundesländern ein Pflichtfach und das oft nicht in allen Schulformen und nur als Teil eines Fächerkanons, wie Arbeit-Wirtschaft-Technik. So ist es in Großbritannien und den USA schon seit Jahren üblich, dass Schüler ihre eigenen Endgeräte mit in den Unterricht bringen. Auf der britischen Insel führte der ehemalige Premierminister David Cameron bereits 2014 das Schulfach „Computing“ ein. Und das verpflichtend für alle Schüler ab fünf Jahren. In Estland lernen die Kinder sogar schon ab der ersten Klasse programmieren. Der kleine Balkanstaat ist einer der Vorreiter im digitalen Zeitalter und hat eine der höchsten Dichten an Start-up-Unternehmen pro Einwohner. In insgesamt 15 EU-Ländern steht das Fach Programmieren mittlerweile fest in den Lehrplänen.

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Will die deutsche Wirtschaft die digitale Transformation erfolgreich meistern, braucht sie nach Ansicht der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeber die dafür notwendigen Fachkräfte. Bereits heute fehlten in Deutschland 300.000 Fachkräfte. Die wichtigste Maßnahme, diesem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist den Arbeitgebern zufolge die Bildung. Dabei sind ihnen insbesondere die MINT-Qualifikationen wichtig. Schüler sollten neben Mathe zwei naturwissenschaftlich-technische Fächer verpflichtend bis zum Schulabschluss belegen müssen. Zudem gelte es, IT-Grundlagen und Medienbildung verbindlich in den Lehrplänen zu verankern. An den Hochschulen seien vor allem überfachliche Kompetenzen gefragt: Management, Projektsteuerung und IT-Wissen. Immer wichtiger würden zudem Fremdsprachen, Soft Skills und Prozesskenntnisse, die man mit Fachkenntnissen verbinden müsse. Auch seien auf allen Bildungsebenen zunehmend digitale Lerntechnologien anzuwenden und die Lehrer entsprechend zu schulen.


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Schon 2014 zeigten die Ergebnisse der ICILS-2013-Studie (International Computer and Information Literacy Study), dass deutsche Achtklässler nur mittelmäßige digitale Kompetenzen aufwiesen. Die etwa 14-jährigen können zwar digital navigieren, das heißt Links anklicken und E-Mails öffnen. Sie haben jedoch Schwierigkeiten, die digitalen Informationen zu verarbeiten – ihnen fehlt Medienkompetenz. Nur 1,5 Prozent der getesteten deutschen Schüler und Schülerinnen erreichten Stufe V, die höchste Kompetenzstufe der ICILS-Studie. Die Leiterin des Lehrstuhls Schulpädagogik an der Universität Paderborn, Prof. Birgit Eickelmann, ist der Meinung, dass für einen sicheren Umgang mit digitalen Medien alle Schüler mindestens die Kompetenzstufe IV erreichen müssen. Nur dann könnten sie mit den neuen Technologien selbstständig und eigenständig arbeiten. In deutschen Schulen werden neue Technologien bisher allerdings kaum genutzt, oft sind sie nicht einmal vorhanden.
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Damit sich Deutschland im Zeitalter der digitalen Revolution nicht abhängen lässt, muss das gesamte Bildungssystem reagieren und sich den neuen Anforderungen anpassen. Im Koalitionsvertrag der  Regierung wurde deshalb der lang geplante Digitalpakt geschlossen. Fünf Milliarden Euro sollen ab Januar 2019 verteilt auf fünf Jahre in die IT-Ausstattung der Schulen fließen, erklärte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU). Das Geld soll für eine schnellere Internet-verbindung, Tablets, Computer und sichere Cloud-Lösungen ausgegeben werden.


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Nach Berechnungen der Bertelsmanstiftung reichen fünf Milliarden allerdings nicht aus. Sie kommt vielmehr zu dem Ergebnis, dass jährlich rund 2,8 Milliarden Euro benötigt werden, um alle Schulen in Deutschland mit ausreichend IT-Technik auszustatten. Grundschulen brauchen demnach im Schnitt 45.000 Euro pro Jahr, weiterführende Schulen rund 300.000 Euro für PCs, Tablets, Software und Internetzugang. Die Berechnungen beinhalten noch nicht die Kosten für Fortbildung der Lehrkräfte. Aber auch Folgekosten müssen berücksichtigt werden, mahnt Alexander Rabe, Geschäftsführer vom Verband der Internetwirtschaft eco:




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Eine digitale Lernumgebung an Schulen zu schaffen hat wenig Effekt, wenn die Lehrer nicht wissen, wie sie die Technologien im Unterricht einsetzen sollen. Mediendidaktik muss folglich schon während des Lehramtsstudiums erworben werden. Eine Studie aus dem Projekt "Monitor Lehrerbildung" zeigt allerdings, dass Lehrangebote, bei denen Lehramtsstudenten Kompetenzen zum Umgang mit digitalen Medien erwerben können, meist kein verpflichtender Bestandteil ihres Studiums sind. In den Lehramtsstudiengängen für das Gymnasium beispielsweise, ist der Besuch von Lehrveranstaltungen zum Einsatz digitaler Medien gerade einmal bei sieben von 60 Universitäten Pflicht für angehende Lehrer.
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Globalisierung

Tomaten aus Spanien, Bananen aus Peru – der Globalisierung begegnet jeder tagtäglich, wenn er im Supermarkt einkaufen geht. Aufgrund technischer Fortschritte im Logistik- und Telekommunikationsbereich spielen Entfernungen in der Wirtschaft kaum noch eine Rolle. Doch nicht nur die Wirtschaft, auch Bereiche wie die Politik oder die Umwelt verflechten sich international immer mehr.

Des Weiteren sorgen die globalen Entwicklungen dafür, dass sich unsere Arbeitswelt immer schneller wandelt. Die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer ändern sich stetig und auch Unternehmen laufen Gefahr, den Anschluss zu verlieren, wenn sie sich nicht ständig anpassen. Flexibilität, Kreativität und lebenslanges Lernen sind auf beiden Seiten nötig, um in unserer globalisierten Welt zu bestehen.

Zudem steigt der Wettbewerbsdruck für alle Beteiligten. Während Unternehmen Geschäftsteile in andere Länder verlegen, um dort kostengünstiger produzieren zu können, müssen sich Arbeitnehmer gegen immer mehr Mitbewerber durchsetzen. Denn international tätig sein oder im Ausland arbeiten, ist durch die Globalisierung heutzutage so einfach wie nie.
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Betrachtet man einen längeren Zeitraum wird deutlich, wie dramatisch die Kosten gesunken sind, die entstehen um Güter um die ganze Welt zu schicken. In dieser Betrachtung der bpb sind die Transportkosten im Jahr 1930 mit dem Index 100 angegeben – ein knappes Jahrhundert später betragen Transportkosten nur noch einen Bruchteil. Und auch Informationen um die Welt zu schicken, ist viel günstiger geworden. Diese Entwicklung hat die Globalisierung beschleunigt.
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Technischer Fortschritt und Digitalisierung führen schon heute dazu, dass viele Jobs wegfallen. Dies lässt sich beispielsweise an der weltweit genutzten Zahl der Industrieroboter erkennen. Von 2010 bis 2016 hat sich dieser Bestand schätzungsweise von einer auf 1,8 Millionen ausgeweitet (Statista). Forscher gehen davon aus, dass sich diese Zahl in den nächsten Jahren deutlich erhöhen wird, sodass 2020 etwa drei Millionen Industrieroboter weltweit im Einsatz sein sollen.

Aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufs-forschung (IAB) und des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) geht jedoch hervor, dass nicht nur Jobs wegfallen, sondern auch neue entstehen. Die Forscher untersuchten die Entwicklung des Gesamtniveaus der Beschäftigung in Deutschland – mit und ohne Digitalisierung. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass bis 2035 etwa 1,5 Millionen Arbeitsplätze verloren gehen, aber gleichzeitig fast genauso viele neue Arbeitsplätze entstehen werden. 
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Dass in einer globalisierten Wirtschaft auf der einen Seite Jobs wegfallen, während an einer anderen Stelle neue entstehen, lässt sich mit einem Blick auf die Arbeitssektoren zeigen. Laut dem Statistischen Bundesamt war in den 50er Jahren etwa ein Viertel der Deutschen in der Land- und Forstwirtschaft tätig. Heute dagegen arbeiten in diesem Sektor nur noch 1,4 Prozent der Erwerbstätigen. Durch neue Technologien und Arbeits-mittel wurde und wird es für die Landwirtschaft immer einfacher, höhere Erträge mit einem viel niedrigeren Arbeitseinsatz zu erzielen.

Im Gegensatz dazu ist jedoch der tertiäre Sektor, welcher Dienstleistungen und weitere Wirtschaftsbereiche beinhaltet, stark gewachsen. 1950 war jeder dritte Arbeitnehmer im Dienstleistungssektor beschäftigt, während hier heute etwa dreiviertel der deutschen Erwerbstätigen arbeiten. Denn durch die Digitalisierung und die zunehmende Vernetzung der Welt, ist die Nachfrage nach Dienstleistungen, z.B. im Bereich der IT, des Tourismus und des Gastgewerbe stark gestiegen.

Zwar hat sich die Anzahl der Arbeiter in den jeweiligen Sektoren verschoben, doch hat dies die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nicht negativ beeinflusst. Mit einer Arbeitslosenquote von 6,3 Prozent im Jahr 2017 (Statistisches Bundesamt) steht Deutschland gut da. 
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Doch nicht nur die Sektoren, auch die Art der Anstellung hat sich durch die Globalisierung geändert. Früher waren die meisten Menschen ihr Leben lang in einer Firma beschäftigt, ein Wechsel oder gar die Freiberuflichkeit kamen für sie nicht in Frage. Heutzutage jedoch arbeiten immer mehr Menschen freiberuflich. So ist die Zahl der Selbstständigen in freien Berufen in Deutschland allein seit 2006 um 50 Prozent auf 1,38 Millionen im Jahr 2017 gestiegen (Statista).

Dass die Zahl der Selbstständigen seit Jahren steigt, lässt sich, nach der Studie „Digitale Arbeit in Deutschland“ der Friedrich-Ebert-Stiftung aus 2012, auf die zunehmende Digitalisierung zurückführen. In unserer heutigen Welt wird Arbeit immer beweglicher sowie unabhängiger von Ort und Zeit. Bestehende Organisationsstrukturen und Beschäftigungsverhältnisse lockern sich oder lösen sich komplett auf, um in neuer Form zu entstehen.

Über Plattformen wie Upwork oder Freelancer.com können Unternehmen Aufgaben über das Internet outsourcen, welche von Freiberuflern flexibel und selbstständig bearbeitet werden. Die Unternehmen sparen sich Kosten, während sich Freiberufler Arbeitszeit und -ort aussuchen können. So kann es sein, dass ein indischer Freelancer einen Auftrag für ein englisches Unternehmen ausführt, ohne dass beide Parteien sich je zu Gesicht bekommen.
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Laut einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung, sehen fast Dreiviertel der Deutschen den wachsenden Welthandel und die Globalisierung positiv. Doch sorgen sie sich auch darum, nicht genug vor negativen Effekten geschützt zu werden. So glaubt mehr als die Hälfte der Befragten, dass ihre Einkommen durch die Globalisierung nicht gestiegen sind und auch nicht steigen werden.

Dem entgegen stehen jedoch Zahlen des Statistischen Bundesamts, laut denen Löhne und Gehälter in Deutschland seit über 20 Jahren nahezu jedes Jahr steigen. So waren beispielsweise die Löhne und Gehälter 2017 im Schnitt um 4,5 Prozent höher als 2016. Neben Tarifverhandlungen und dem gesetzlichen Mindestlohn spielen aber hierbei auch Globalisierung und Digitalisierung eine Rolle.

Doch nicht nur in Deutschland verdienen die Menschen mehr Geld. Seit 1990 lässt sich in fast allen Mitgliedsländern der OPEC erkennen, dass die jährlichen Durchschnittseinkommen stetig steigen. Lediglich Griechenland und Island hatten einen großen Einbruch während der Finanzkrise. Das Einkommensniveau von Italien und Mexiko hat sich über die Jahre kaum verändert. In Ländern wie Litauen, Estland und der Slowakei dagegen zeigt sich der positive Effekt einer globalisierten Welt – hier steigen seit Jahren die Durchschnittseinkommen.
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Überwiegen die Vorteile der Globalisierung ihre Nachteile? Sprich: Macht global glücklich? Die Ergebnisse der European Quality of Life Survey lassen darauf schließen, dass die starke Vernetzung innerhalb Europas das Empfinden für Glück und Zufriedenheit beeinflusst. So lässt sich beispielsweise erkennen, dass die beiden Werte in den Jahren während und direkt nach der Finanzkrise in Griechenland sanken. In vielen osteuropäischen Ländern dagegen stiegen sie in den letzten Jahren aufgrund der besseren wirtschaftlichen Verhältnisse stetig.

Die Globalisierung wirkt sich jedoch nicht nur auf die Gesamtsituation von Menschen in verschiedenen Ländern aus, sondern auch auf den Arbeitsalltag der Beschäftigten. Laut einer Studie der Techniker Krankenkasse 2016 wandelte sich der Arbeitsplatz bei etwa der Hälfte der Befragten wesentlich in den letzten Jahren. Neue Strukturen und veränderte Arbeitsabläufe bieten zwar einerseits viele Chancen, doch fühlt sich laut der Studie auch jeder Dritte dadurch persönlich belastet.

Unsere Arbeitswelt hat sich durch die Globalisierung und Digitalisierung stark gewandelt und auch in unserer Freizeit spüren wir den Einfluss der vernetzten Welt immer deutlicher. Uns bieten sich fast täglich neue Wege und Chancen, von welchen unsere Großeltern nicht mal wagten zu träumen. Und doch können diese Veränderungen Menschen belasten – manche mehr, manche weniger. Ob die Globalisierung glücklich macht, kann am Ende wohl jeder nur für sich selbst entscheiden.
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Digitalisierung & Arbeitgeber

Industrie 4.0 ist das Schlagwort des 21. Jahrhunderts, und wer die Arbeitgeberverbände in Deutschland fragt, auf was es bei der Umgestaltung unserer Arbeitswelt im Zuge der digitalen Revolution ankommt, der erhält eine klare Antwort: Auf der einen Seite seien freilich die Wünsche der Beschäftigten zu berücksichtigen, die sich im Zeitalter der Digitalisierung nach mehr Flexibilität sehnen. Auf der anderen Seite aber müsse man auch die Bedürfnisse der Unternehmen und die steigenden Anforderungen der Kunden in den Mittelpunkt rücken. Denn am Ende, und so lautet die Kernbotschaft der Arbeitgeber, ist das Ergebnis entscheidend: Die Digitalisierung muss zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität führen.
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Glaubt man der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), dann bietet die digitale Revolution hin zu einer Industrie 4.0 zahlreiche Chancen, und zwar für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen. So könnten Unternehmen etwa ihre Einkaufs-, Produktions- und Vertriebsschritte digital vernetzen, sich schneller auf internationalen Märkten bewegen und noch stärker als bisher auf individuelle Kundenwünsche eingehen. Effizienz lautet das Stichwort. Für Beschäftigte biete die Digitalisierung etwa flexiblere Formen der Arbeit und Kommunikation sowie die Möglichkeit, Beruf und Privatleben besser zu vereinbaren. Damit am Ende beide Seiten profitieren, braucht es den Arbeitgeberverbänden zufolge an vielen Stellen vor allem eines: Flexibilität statt Regulierung.
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Nach Ansicht der BDA muss das deutsche Arbeitszeitgesetz an das digitale Zeitalter angepasst werden. Eine zentrale Forderung ist dabei, die gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeit von elf auf neun Stunden zu reduzieren. Ein Arbeitnehmer etwa, der am Abend bis 23 Uhr noch E-Mails aus dem Home-office schreibt, weil er zuvor den Nachmittag mit seinen Kindern verbracht hat, darf nach derzeit geltendem Recht am nächsten Tag erst um zehn Uhr wieder beginnen zu arbeiten. Das Argument der Arbeitgeber lautet deshalb: Die Ruhezeit zu reduzieren, schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe – die Arbeit-nehmer haben mehr Optionen ihre Arbeitszeit zu gestalten, die Unternehmen Rechtssicherheit: Sie können ihren Beschäf-tigten mehr zeitliche Flexibilität gewähren, ohne dafür Gesetze brechen zu müssen.

Die BDA fordert aber auch eine Umstellung der erlaubten Höchstarbeitszeit pro Tag. Nach heutigem Arbeitszeitgesetz beträgt sie zehn Stunden. Ein Arbeitnehmer muss demnach bei Erreichen dieser Grenze aufhören zu arbeiten, auch wenn der Kunde noch am selben Tag Ergebnisse verlangt. Das sei nicht mehr zeitgemäß, sagen die Arbeitgeber, und fordern deshalb, die Höchstarbeitszeit künftig auf Wochenbasis zu berechnen. So gibt es auch die EU-Arbeitszeitrichtlinie vor: Demnach darf die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden nicht überschreiten. Somit könnten Beschäftigte ihre Arbeitszeit wesentlich variabler gestalten und an die jeweilige Auftragslage anpassen, argumentieren die Arbeitgeberverbände.

Ebenfalls reformbedürftig ist nach Ansicht der BDA die geltende Rechtslage zur Aufzeichnungspflicht. So müssen Arbeitgeber sicherstellen, dass die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten jenseits der werktäglichen Arbeit aufgezeichnet werden. Bei einem Verstoß können sie mit einer Geldbuße von bis zu 15 000 Euro belangt werden. Diese Regelung werde den immer flexibler werdenden Arbeitszeitmodellen nicht mehr gerecht, sagen die Arbeitgeber, und schieben die Ver-antwortung von sich: Geht es nach ihnen, sollen künftig die Beschäftigten dafür verantwortlich sein, ihre Arbeitszeit bei einer Kontrolle der Aufsichtsbehörde nachweisen zu können.
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In Zeiten der Digitalisierung spielen auch Homeoffice und mobiles Arbeiten eine immer wichtigere Rolle. Die Arbeitgeberverbände betonen zwar, darin viele Vorteile zu sehen: So könnten Beschäftigte Beruf und Privatleben besser vereinbaren und auf zeitraubendes Pendeln zum Arbeitsplatz verzichten. Trotzdem lehnen sie pauschale Ansprüche auf Homeoffice ab. Stattdessen müsse man in jedem Einzelfall entscheiden, ob und inwieweit mobiles Arbeiten sinnvoll sei. Bei vielen Tätigkeiten, zum Beispiel in der Produktion, sei weiterhin Präsenzarbeit gefragt. Mobiles Arbeiten erfordere zudem ein hohes Maß an Selbstorganisation, Kommunikation und Konzentration – Fähigkeiten, die aus Sicht der BDA nicht jeder Beschäftigte mitbringt. Und: Beim Arbeiten im Homeoffice gehe der persönliche Austausch verloren, worunter das soziale Miteinander leiden könne.

Der Faktor Flexibilität spiegelt sich auch bei den Be-schäftigungsverhältnissen wider. Das klassische Arbeits-verhältnis wird den Arbeitgeberverbänden zufolge zwar bestehen bleiben. Gleichwohl seien weitere Beschäftigungs-formen notwendig, die der Staat nicht weiter regulieren dürfe. So wollen die Arbeitgeber im digitalen Zeitalter weiterhin auch auf Zeitarbeit und sachgrundlose Befristungen setzen. Die Digitalisierung der Wirtschaft führe zu kurzfristigeren Schwankungen der Auftragslage, denen Beschäftigung folgen müsse, lautet ihre Argumentation. Zeitarbeit und Befristungen seien anständig vergütete Arbeitsverhältnisse und bildeten für viele Menschen eine Brücke von der Arbeitslosigkeit in die Beschäftigung. Der BDA ist zudem davon überzeugt, dass die Digitalisierung Arbeitsteilung und Spezialisierung fördern wird. Um diese Entwicklung zu unterstützen, dürfe man auch den Einsatz von Werk- und Dienstverträgen nicht in Frage stellen.




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Auch eine starke Tarifbindung in Deutschland sei in einer Arbeitswelt 4.0 wünschenswert, betonen die Arbeitgeberverbände. Der wesentliche Beitrag dazu seien für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber gleichermaßen attraktive Tarifverträge. Gesetzliche Öffnungsklauseln, die den Betrieben ausreichend Handlungsspielraum gewähren, seien dabei besonders wichtig. In einigen Branchen die Hürden für Allgemeinverbindlichkeitserklärungen zu senken, wie es das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in seinem Weißbuch Arbeiten 4.0 fordert, lehnt die Arbeitgeberseite hingegen ab. Schließlich sei Tarifautonomie ein wesentliches Merkmal des Tarifsystems in Deutschland.

Die Digitalisierung der Wirtschaft, davon ist die BDA überzeugt, wird auch schnellere Entscheidungen in Unternehmen erforderlich machen. Verzögerungspotenziale wie eine zu umfassende Mitbestimmung der Belegschaft gelte es entsprechend abzubauen. So dürfe zum Beispiel die Einführung eines gänzlich neuen IT-Systems der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen, nicht aber jedes erdenkliche Update. Die Balance zwischen unternehmerischer Entscheidungsfreiheit und Mitwirkungsrechten der Beschäftigten müsse auch im digitalen Zeitalter beibehalten werden.  

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Digitalisierung & Weiterbildung

Weil die technologischen Veränderungen in hohem Tempo voranschreiten, sinkt die Halbwertszeit von beruflichem Wissen – Beschäftigte müssen sich stetig den neuen Anforderungen anpassen. Nur so können die Potenziale der Digitalisierung erschlossen werden, argumentiert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Dafür müsse das Weiterbildungs-system in Deutschland reformiert werden, denn betriebliche Angebote decken meistens nur das wirtschaftliche Interesse der Unternehmen ab. Für Arbeitnehmer fehle es an nötigen Anreizen, für Arbeitslose an Zugangsmöglichkeiten. Das kürzlich vom Bundeskabinett beschlossene Qualifizierungs-chancengesetz reicht den Gewerkschaften allerdings nicht aus. Um eine Weiterbildungskultur zu etablieren, fordern sie einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung in Form eines Bundesweiterbildungsgesetzes. 
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In Sachen Weiterbildung betont die Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeber (BDA) zwar, diese sei „der Königsweg zur Anpassung an die Digitalisierung“; ein pauschales Recht auf betriebliche Weiterbildung lehnt sie jedoch ab. Diese müsse sich stets am konkreten Bedarf des Unternehmens orientieren und im Interesse beider Seiten liegen.

Die Arbeitgeberverbände sind davon überzeugt, dass sich in einer Arbeitswelt 4.0 die Anforderungen an die Beschäftigten der mittleren Qualifikationsebene weiterentwickeln werden. Wichtig sei deshalb, die Ausbildungsordnungen flexibel zu halten und kontinuierlich anzupassen. Dabei müsse man die Arbeitgeberseite eng einbinden. In der sogenannten „smart factory“ würden Produktions- und Wissensaufgaben weiter zusammenwachsen. Daher müsse man berufliche und akademische Ausbildung noch stärker miteinander verzahnen. 
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In Deutschland werden zur Zeit rund 95.000 Datenspezialisten gesucht. Hiervon wünschen sich die Unternehmen in 85.000 Fällen Arbeitnehmer aller Fachrichtungen mit fortgeschrittenen Datenanalysekenntnissen, wie z.B. einen Arzt mit Big-Data-Erfahrung. Die restlichen 10.000 Stellen wären offen für qualifizierte IT-Experten mit fundierten Fachkenntnissen aus den Bereichen Datenanalyse und Big Data. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung McKinsey. 

Allerdings gibt es nur wenige Studiengänge in diesem Bereich. So listet der Hochschulbidungsreport für das Wintersemester 2017/2018 gerade einmal drei Bachelor- sowie 23 Master-studiengänge, welche einen expliziten Data-Science- oder Big-Data-Bezug aufweisen.


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Digitalisierung & Wettbewerb

Die soziale Marktwirtschaft gilt bis heute als wirtschafts-politisches Aushängeschild der Bundesrepublik. Soziale Absicherung auf der einen und Marktfreiheit auf der anderen Seite sind identitätsstiftend für unser heutiges Gesell-schaftsmodell. Marktfreiheit in der sozialen Marktwirtschaft steht auch für einen Zugang zum Markt und die freie Preisbildung. Diese Merkmale werden durch einen freien Wettbewerb garantiert. Die wettbewerbliche Ordnung ist ein zentraler Baustein der Wirtschaft.

Wettbewerbspolitik überwacht den Wettbewerb auf den Märkten. Die Aufgabe der Wettbewerbspolitik besteht darin, im Interesse der Verbraucher sowie aller Unternehmen einen funktionsfähigen und nach Möglichkeiten unbeschränkten Wettbewerb zu gewährleisten und nachhaltig zu sichern. Somit werden Unternehmen angetrieben, ihren Kunden die bestmögliche Qualität für einen fairen Preis anzubieten.

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Das Kartellgesetz, das auch als Gesetz gegen Wettbewerbs-beschränkungen (GWB) bekannt ist, dient dazu, Wettbewerbs-situationen zu beeinflussen und Marktmacht zu begrenzen. Es verbietet den Missbrauch marktbeherrschender Stellungen der Unternehmen. Außerdem kontrolliert das Bundeskartellamt Fusionen, die zu einer Verschlechterung der Marktstruktur führen. Das GWB sieht eine solche Fusionskontrolle vor, sobald Unternehmen festgelegte Größenordnungen an deutschen und weltweiten Umsätzen überschreiten. Zudem geht das GWB in seinem Kartellverbot insbesondere gegen wettbewerbs-beschränkende Absprachen, wie beispielsweise Preisabsprachen, vor.

Soziale Netzwerke, Suchmaschinen und Co: Der digitale Wandel revolutioniert das herkömmliche Wirtschaftsdenken und etabliert neuartige Unternehmensformen. Heutige Großkonzerne wie Amazon, Google und Facebook sind Teil der digitalisierten Wirtschaft und beherrschen mit ihren Produkten und Dienstleistungen Digitalmärkte. Dies birgt die Gefahr von Monopolen. Allerdings sind die digitalisierten Geschäftsformen für das Wettbewerbsrecht Neuland – die Wettbewerbspolitik muss auf noch nie da gewesenes reagieren.
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Ein neues Phänomen im Zuge der digitalisierten Wirtschaft sind Unternehmen mit Plattformcharakter. Bei Plattform-unternehmen existieren mindestens zwei unterschiedliche Nachfragegruppen, die voneinander abhängig sind. Im Google Playstore treffen beispielsweise App-Anbieter und deren Käufer aufeinander. Die Plattform vermittelt zwischen ihren Nach-fragegruppen, ohne dass diese in direkten Kontakt treten müssen. Sie etablieren somit einen zweiseitigen Markt. Die Teilmärkte werden von den Betreibern dieser digitalen Plattformen zum Teil selbst entworfen. Sie sind Architekten über Machtzutrittsbedingungen und entscheiden über Rahmenbedingungen wie Haftung und Versicherungs-pflicht. Nicht nur bei der Marktabgrenzung, sondern auch bei der Feststellung von Marktmacht und der wettbewerblichen Einschätzung von Unternehmensstrategien stellen Plattformunternehmen eine neuartige Herausforderung für das Wettbewerbsrecht dar.
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Es werden aber auch digitale Inhalte und Dienstleistungen über Online-Plattformen bereitgestellt, für die Nutzer nichts bezahlen müssen. Soziale Netzwerke, Suchmaschinen-dienstleistungen, Empfehlungsdienstleistungen sowie redaktioneller Content: Unternehmen stellen ihre Online-Dienste zur Verfügung, ohne einen monetären Preis zu verlangen. Dies gilt beispielsweise für das soziale Netzwerk Facebook. Wenn Nutzer die Dienste des Unternehmens in Anspruch nehmen, geben sie Informationen an. Bei dieser Auskunft handelt es sich um personalisierte Daten. Unternehmen speichern Daten aus Registrierungen und Kaufvorgängen. Cookies beobachten das Nutzerverhalten auf der eigenen Webseite. Das Prinzip der Null-Preis-Ökonomik beruht auf dem Tausch von Dienstleistungen und Inhalten gegen personalisierte Daten.

Der Handel mit Daten hat drei Geschäftsmodelle in der digitalisierten Wirtschaft etabliert. Plattformen wie Facebook sind für Werbetreibende interessant, da sie auf Basis der personalisierten Daten ihrer Nutzer zielgruppengerechte Anzeigen schalten.  Anbieter, die über Nutzerdaten verfügen, können Werbetreibenden ermöglichen, zielgruppengerechte Werbung zu schalten. Somit verspricht das Unternehmen einen wahrscheinlicheren Werbeerfolg.


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Eine weitere Geschäftsform bieten individualisierte Dienstleistungen. Auf Grundlage personalisierter Daten können Unternehmen Dienstleistungen auf die Präferenzen ihrer Nutzer zuschneiden. Statt eines Pauschalangebots erhält jeder Kunde eine individualisierte Version. Beispiele sind Suchergebnisse oder Empfehlungen bei Amazon, welche auf früheren Käufen basieren.

Des Weiteren können über Nutzerdaten individuelle Preise kreiert werden. So analysieren Unternehmen Informationen über die individuelle Zahlungsbereitschaft eines Nutzers, um gegebenenfalls einen niedrigeren oder höheren Preis für eine Ware zu verlangen. Das Prinzip ist auch unter dem Begriff Preisdiskriminierung bekannt.

Der steigende Handel mit Daten bedeutet: Daten haben sich im Zuge der Digitalisierung zum neuen Zahlungsmittel des 20. Jahrhunderts entwickelt. Für Wettbewerbsbehörden war die Beurteilung von Paying-With-Data-Konzepten bisher unbekanntes Terrain. Denn ein umsatzschwaches Unternehmen kann durch seine Datenbestände ein wichtiger Akteur im relevanten Markt sein. Beim Fusionskontroll-verfahren von Facebook und Whatsapp 2014 wurden viele Elemente in monetärer Einheit gemessen und bewertet. Die große Anzahl an Daten wurde nicht berücksichtigt. Damit wurde die enorme Machtstellung der Fusion verkannt. Das Bundeskartellamt schätzt, dass der Facebook-Konzern vier Jahre später auf dem Markt sozialer Netzwerke einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent in Deutschland innehat.
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Sharing Economy bezeichnet ein weiteres Phänomen der digitalisierten Wirtschaft und eine Sonderform der Plattformökonomie. Diese Unternehmen betreiben digitale Vermittlung von Gütern und Dienstleistungen. Entstanden sind sie im Zuge der Digitalisierung. Unternehmen wie AirBnB und Uber vermarkten über eine digitale Plattform temporäre Nutzungsrechte zur gemeinsamen Nutzung von Gütern oder Dienstleistungen. Nach Angaben des Handelsblatts buchen alle zwei Minuten 400 Leute eine Unterkunft über AirBnB. Die Plattform ist der weltweit größte Online-Anbieter für Unterkünfte auf dem Markt.
  
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Besonders Plattformen, die eine hohe Zahl an Angeboten oder Nutzern vereinen, haben eine hohe Marktstellung. Hier beeinflussen Netzwerkeffekte die digitale Ökonomie. Je mehr Nutzer beispielsweise der Nachrichtendienst Whatsapp hat, desto attraktiver wird es für weitere Nutzer. Denn die Konzentration auf ein großes Netzwerk bietet Vorteile. Mehr Informationen, Angebote, Dienstleistungen und im Fall von Whatsapp: Mehr mögliche Kontakte. Doch Netzwerkeffekte können zu Konzentrationstendenzen und somit zu Monopolisierung führen. Bisher ist eine dauerhafte Monopolisierung nicht zu beobachten. Allerdings haben Einzelne eine beträchtliche Marktmacht, die auch auf absehbare Zeit weiter bestehen dürfte. Haben Nutzer die Möglichkeit, für eine bestimmte Ware oder Dienstleistung nicht nur eine, sondern mehrere Plattformen zu nutzen, wird dies als Multihoming bezeichnet. Somit ist der Zugang zu verschiedenen Marktteilnehmern möglich.

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Kartellrechtliche Relevanz haben die ökonomischen Phänomene insbesondere bei der Abgrenzung von Märkten sowie für die Bestimmung und Bewertung von Marktmacht. Vermeintlich kostenlose Angebote wachsen durch Netzwerkeffekte rasant. Das birgt aus kartellrechtlicher Sicht Gefahren. Es ist ein geeigneter Ordnungsrahmen für diese Angebote nötig, damit keine ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteile entstehen.

Mit der 9. Novelle des GWB wurde auf eine Reihe dieser ökonomischen Entwicklungen reagiert. Sie trat im Juni 2017 in Kraft und bessert Regelungslücken bei Bußgeldhaftungen aus. Des Weiteren stärkt sie Kartellgeschädigte und erleichtert wirtschaftliche Kooperationen von Presseverlagen. Zudem wurde das Ministererlaubnisverfahren reformiert. Doch Hauptanliegen der Gesetzgebung ist ein Ordnungsrahmen für die digitalisierte Wirtschaft. Insgesamt hat die 9. GWB-Novelle der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung von Plattformmärkten Rechnung getragen. Ihr Ziel ist es, das Kartellrecht auf digitale Plattformen und deren ökonomischen Phänomene anzuwenden.
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Bei der Fusionskontrolle ist die Definition der Marktmacht ausschlaggebend. So wurden in der Novelle Parameter aufgenommen, welche die Marktmacht für digitale Märkte definieren. Zusammenschlüsse, in denen das erworbene Unternehmen weniger als fünf Millionen Euro Umsatz in Deutschland erzielt, unterliegen nun auch einer Kontrolle. Die 9. Novelle bestimmt zudem, dass ein kartellrechtlich relevanter Markt auch dann vorliegen kann, wenn zwischen den unmittelbar Beteiligten kein Geld fließt. Paying-With-Data-Märkte werden nun eindeutig wettbewerbsrechtlich erfasst. Bisher wurden Größe und Bedeutung, Marktposition und der Marktanteil lediglich am Gesamtumsatz eines Marktes gemessen. Unternehmen mit niedrigen Umsätzen, die durch datenbasierte Geschäftsmodelle einen erheblichen wirtschaftlichen Wert besitzen, werden nun allerdings berücksichtigt. Denn ein umsatzschwaches Unternehmen kann durch seine Datenbestände ein wichtiger Akteur im relevanten Markt sein.

Auf Basis dieser Regelung kann das Bundeskartellamt auch solche Zusammenschlüsse und Marktpositionen prüfen, in denen große, etablierte Unternehmen ihre Marktbeherrschung durch die Übernahme umsatzschwacher Unternehmen mit einem hohen wirtschaftlichen Wert begründen oder verstärken wollen. Nicht erkannte gegenwärtige Wettbewerbsverhältnisse und Unterschätzung der Rolle des potenziellen Wettbewerbers, wie bei der Fusion von Whatsapp und Facebook, sind so nicht mehr möglich.

Neben den bisherigen Kriterien des § 18 Abs. 3 GWB sind fortan indirekte und direkte Netzwerkeffekte, Multihoming sowie mögliche Größenvorteile im Zusammenhang mit Netzwerkeffekten berücksichtigt. Um die Marktstellung eines Unternehmens zu bewerten, werden die Anzahl der Nutzer herangezogen, die zum einen durch Netzwerkeffekte beispielsweise ein soziales Netzwerk bevorzugen. Zum anderen werden die User betrachtet, die Multi-Homing betreiben können.
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Digitalisierung in Estland

Estland ist so groß wie Niedersachsen und hat nicht mehr Einwohner als München. Doch in Sachen Digitalisierung scheint der kleine baltische Staat im Nordosten Europas ganz groß zu sein. Nicht selten wird Estland als „Digitalisierungspionier“ bezeichnet. Einige sprechen vom „Silicon Valley Europas“.

Die estnische Politik setzt ihre digitalen Errungenschaften seit Jahren gekonnt in Szene. Mit Begriffen wie „E-Estonia“ oder  „E-Staat“ nutzt sie den Fortschritt bewusst für Marketing-zwecke. Doch dahinter steckt mehr als nur heiße Luft: Ein Blick auf den Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) zeigt, dass Estlands Digitalisierung im europäischen Vergleich überdurchschnittlich ist. So belegte der kleine baltische Staat im Ranking den neunten Platz. Deutschland erreichte hingen nur Rang 14.

Der Index ermittelt alljährlich im Auftrag der Europäischen Kommission die Digitalisierungsfortschritte der einzelnen Mitgliedsstaaten. Fünf Kriterien werden zu diesem Zweck bewertet: Neben dem Netzausbau, den digitalen Fertigkeiten der Einwohner, der tatsächlichen Internetnutzung und der Digitalisierung der einheimischen Unternehmen wird ebenfalls untersucht, in welchem Umfang öffentliche Dienste auch online verfügbar sind. Estland lag in fast allen Teildisziplinen über dem EU-weiten Mittelwert. Die Digitalisierung wird also in vielen Bereichen vorbildlich umgesetzt. Doch die Esten haben eine ganz besondere Spezialität: Während sie kulinarisch bei ihrem Nationalgericht auf Blutwurst und Sauerkraut setzen, stehen bei der Digitalisierung die öffentlichen Dienste ganz oben auf der Karte.


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Und das steckt dahinter: Mitarbeiter von Behörden und Verwaltungseinrichtungen können über Onlinesysteme auf benötigte Daten zugreifen, diese austauschen und mit Kollegen kommunizieren. Doch neben den internen Verwaltungs-abläufen spielt auch die Kommunikation mit Bürgern und Unternehmen eine wichtige Rolle. Ob Steuer, Arbeits-vermittlung oder amtliche Ausweise: Die E-Governance umfasst ebenfalls die öffentlichen Geschäfte der Bürger. Auch die Unternehmer werden miteinbezogen: Die Digitalisierung kann Zollzahlungen ebenso wie die Gründung einer Firma vereinfachen.

Grundlage dafür ist die „X-Road“. Diese „Datenautobahn“ bündelt mittlerweile rund 1.000 Dienste und ist dezentral aufgebaut. Die einzelnen Stellen kontrollieren weiterhin ihre eigenen Datenbestände. Es gibt also keine große zentrale Datenbank, die alle Angaben der Bürger und Unternehmen sammelt. Die einzelnen Verwaltungseinheiten haben lediglich Zugriff auf die Daten, die bei anderen Behörden hinterlegt sind.


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Für die Nutzer hat dies einen entscheidenden Vorteil: Während wir hierzulande immer wieder die gleichen Angaben in unterschiedliche Formulare eintragen, müssen die Esten jede Auskunft nur einmal geben. Das ist sogar gesetzlich verankert. Dieses „Only-Once“-Prinzip forderte die FDP beim Wahlkampf zur letzten Bundestagswahl auch für Deutschland.

Doch die E-Governance birgt weitere Vorteile: So werden Effizienz und Effektivität gesteigert. Einfache Fragen können dank der digitalen Verfügbarkeit vieler Informationen schnell geklärt werden. Zudem können die Bürger und Unternehmen Erledigungen, für die sie üblicherweise an die Öffnungszeiten der Behörden gebunden waren, zeitunabhängig und mobil erledigen. Vorhandene Daten können optimal genutzt werden. Das beschleunigt viele Abläufe.

Die Esten sind von den Vorteilen überzeugt: Etwa 96 Prozent nutzen digitale öffentliche Dienste. Damit sind sie Spitzenreiter in der EU. In Deutschland gibt es nicht einmal halb so viele Nutzer der E-Governance-Angebote. Das mag auch daran liegen, dass die digitalen Dienste unserer Behörden und Ämter weitaus weniger ausgebaut sind. Im Vergleich ist es so für die Esten wesentlich einfacher, staatliche Leistungen zu nutzen.

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Das Gesundheitssystem der Esten basiert so auf der Idee der Gleichbehandlung aller Versicherten. Auch wenn das in diesem Fall bedeutet, dass jeder eben gleich wenig bekommt. Estland entgegnet dem Problem mit der Digitalisierung. 2005 wurde die „E-Estonian E-Health Foundation“ gegründet. Dieses Forum organisiert die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Und der Plan geht auf: Der „Digitalisierungspionier“ wurde seinem Namen gerecht und führte 2008 als weltweit erstes Land ein System ein, in dem die Patientenakten landesweit einheitlich und elektronisch gespeichert werden. Auf diesem Weg können Befunde und Laborergebnisse einfacher verarbeitet und verwendet werden. Der Patient muss weder Arztbrief noch Röntgenbild zum Facharzt mitbringen. Dieser kann direkt online auf die Arbeit seiner Kollegen zurückgreifen. So werden Missverständnisse und Doppeluntersuchungen vermieden. Die elektronische Patientenakte steigert folglich die Geschwin-digkeit der Abläufe – ein in diesem Bereich nicht ganz unwichtiger Faktor.
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Auch Medikamente werden auf elektronischem Wege verschrieben und ein Rezept in Papierform gehört nicht mehr zum estnischen Alltag. Die Bürger können die Medikamente so landesweit in jeder Apotheke abholen. Dazu müssen sie nur ihren Ausweis vorzeigen. Die deutsche „Ärzte Zeitung“ betont, dass diese Umstellung die Kosten sowohl für die Ärzte und Apotheker als auch für die Patienten gesenkt hätte. Als Folge können die gesparten Mittel wiederum an anderer Stelle eingesetzt werden. Die knappen finanziellen Ressourcen werden gezielt verwendet.

Mehr als 70 Prozent der Esten nutzen die elektronische Akte, in der auch die Rezepte hinterlegt werden. Doch der Zugriff auf ihre Daten ist nicht unendlich und unkontrolliert. Der Patient kann selbst entscheiden, wer die eigenen Daten erhalten soll und gegebenenfalls den Zugriff verweigern.

Diese Beispiele zeigen, dass einige Defizite des schwachen Gesundheitssystems durch die Digitalisierung abgemildert werden können. Dennoch gaben bei einer Befragung der Word Health Organisation nur wenige Esten an, bei guter Gesundheit zu sein. Mit dem Ergebnis gehört Estland zu den Schlusslichtern der EU. Folglich muss man feststellen, dass auch die digitalen Maßnahmen ihre Grenzen haben und nicht alles ausgleichen können.

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Auch Estlands Klassenzimmer profitieren von der digitalen Entwicklung. Seit 1999 haben alle Schulen Internetanschluss. Es gibt viele digitale Anwendungen, die das Lehren und Lernen erleichtern. Ein Beispiel: An einer Schule in der estnischen Hauptstadt Tallin werden die Lernfortschritte der einzelnen Schüler besonders genau erfasst. Hierfür beantworten die Schüler die gestellten Aufgaben mittels Karten, die nicht nur eine Antwortalternative wie „a“ oder „b“ enthalten, sondern auch eine Art QR-Code. Sie halten die Karte hoch, die in ihren Augen die richtige Lösung zeigt. Die Lehrkraft kann mit dem Tablett alle Antworten parallel scannen und weiß genau, welcher Schüler richtig gerechnet hat. So kann sie gezielt Hilfe leisten und weiß wo jeder einzelne Schüler steht.

Derartige Lehrmethoden sind nicht verpflichtend. Jeder kann selbst entscheiden in welchem Maße er die elektronischen Hilfestellungen nutzt. Doch am digitalen Klassenbuch kommt fast keiner vorbei vorbei. Hierfür wird die Online-Plattform     "e-Kool" genutzt. Diese wird von 85 Prozent der Schulen eingesetzt. Lehrerinnen und Lehrer nutzen das System, um Fehlzeiten einzutragen, einen Unterrichtsplan zur Verfügung zu stellen, Nachrichten von Eltern zu empfangen, Noten einzutragen und um Hausaufgaben aufzugeben. So können Eltern und Schüler den Überblick über die individuellen Leistungen behalten. Die Schulleitung wird durch das System über die Belastung einzelner Lehrkräfte und die Fortschritte der jeweiligen Klassen informiert. Die zuständige Behörde erhält regelmäßig einen automatisch generierten Bericht.

Mit dem System wird der Organisationsaufwand verringert. Zudem können die Fortschritte und Defizite genauer und schneller erfasst werden. Dies führt nicht nur zu Kosteneinsparungen, sondern auch dazu, dass das dadurch gesparte Geld gezielter eingesetzt werden kann.

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Während Deutschland 4,6 Prozent des BIP in Bildung investiert, sind es bei den Esten knapp 5 Prozent. In Kombination mit der Digitalisierung machen sich diese Mehrausgaben gerade für die schulische Bildung bezahlt: Bei der PISA-Studie schnitt Estland besser als Deutschland ab und landete im Bereich der Naturwissenschaften hinter Singapur und Japan auf Platz drei der OECD-Länder.

Der Ausbau digitaler Kompetenzen der Bevölkerung ist den Esten ein zentrales Anliegen. Deshalb setzen sie nicht nur in der Schule darauf, die Kinder und Jugendlichen in diesem Bereich fit zu machen. Auch für Erwachsene gibt es Bildungsangebote. Diese wurden mit der „Lifelong Learning Strategy 2014–2020” beschlossen. Es verwundert also nicht, dass Estland so auch in der Kategorie des Humankapitals bei der DESI-Studie besser als Deutschland und dem EU-Mittelwert abschnitt.

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Internet of Things & Regulierung

Die smarte Glühbirne lässt sich über eine App steuern, der Fernseher hört aufs Wort und Fitness-Armbänder machen das Überwachen des Trainings möglich und erlauben den Vergleich mit anderen. Smarte Geräte erobern den Markt. Das Internet of Things, kurz IoT, stellt ein gigantisches Netz dar, das sich gerade in nahezu alle Lebensbereiche ausbreitet. 

Eine Eigenschaft, die alle IoT-Geräte gemeinsam haben, ist ihre Verbindung mit einem Netzwerk und die Fähigkeit, Daten über das Internet zu sammeln und zu übertragen. Diese Vernetzung bietet Verbrauchern viele Möglichkeiten. Gleichzeitig erhöht sich jedoch auch die Gefahr, dass die Geräte und somit auch die von ihnen verarbeiteten Daten kompromittiert werden. Während die Nutzer von Smartphones oder Tablets inzwischen für Sicherheitsangelegenheiten sensibilisiert sind, fehlt dieses Sicherheitsbewusstsein offenbar für smarte Waschmaschinen oder Babyfone mit Internetzugang.

Das IT-Research- und Beratungsunternehmen Gartner geht davon aus, dass im Jahr 2020 über 25 Milliarden Geräte mit dem Internet verbunden sein werden – der überwiegende Teil davon im Konsumentenbereich. Andere Experten rechnen sogar mit bis zu 100 Milliarden vernetzten Geräten.

Bisher wurden durch Cyberattacken nur Daten gefährdet. Doch mit dem Internet der Dinge kommen jetzt immer mehr vernetzte Geräte mit mangelhafter IT-Security auf den Markt. Sicherheitslücken bringen somit nicht mehr nur Daten, sondern auch die Menschen dahinter in Gefahr. Kann eine staatliche Regulierung die Lösung bringen?
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 Mit dem Anstieg der internetfähigen Produkte wächst jedoch auch die Zahl eklatanter Sicherheitsmängel stetig an. In den letzten Jahren wurden bereits etliche IT-Sicherheitsvorfälle bekannt. In sogenannten Botnetzen bündelten Kriminelle hunderttausende IoT-Geräte und sorgten dafür, dass Webseiten lahmgelegt oder Spam-Nachrichten versendet wurden. In Finnland mussten Bewohner ganzer Häuserblocks frieren, weil Angreifer die Heizungen manipuliert haben. In Teilen der USA stürzten nach einem Hackerangriff große Dienste, wie Twitter, Paypal und Netflix über mehrere Stunden zusammen.

Für die Umsetzung der Botnetze verwendet der Angreifer eine Schadsoftware. Diese überträgt er auf die schlecht gesicherten und mit dem Internet verbundenen Geräte. Auf diese Weise kompromittiert er die Geräte und erlangt Kontrolle über diese. Auf das Kommando des Hackers führen alle infizierten Geräte gleichzeitig einen Angriff auf ausgewählte Computersysteme aus. Dabei kann es sich um eine Webseite handeln, die dann aufgrund der massenhaften Anfragen zusammenbricht. Dieses Vorgehen bezeichnen Experten als Distributed-Denial-of-Service-Angriff (DDoS). Der Besitzer des Gerätes bekommt dabei in der Regel nicht mit, dass Hacker sein Gerät für derartige Angriffe verwenden.

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Warum Angreifer smarte Geräte so einfach übernehmen und fernsteuern können, hat verschiedene Gründe. Verbraucher können von außen meist nicht beurteilen, wie hoch die IT-Sicherheit eines Produktes ist. Ob Sicherheitstests durchgeführt wurden oder Updates zur Verfügung stehen bleibt dem Kunden beim Kauf verborgen, Verbraucher müssen auf die Angaben des Herstellers vertrauen. Hinzu kommt, dass IT-Sicherheit kein statischer Zustand ist. Ständig finden Angreifer neue Sicherheitslücken und Wege die Geräte zu hacken. Ein weiteres Problem ist, dass für Hersteller von Endverbraucher-Produkten zur Zeit kein finanzieller Benefit darin besteht, smarte Geräte Internetsicher zu bauen. Schließlich würde dies die Geräte entweder teurer machen, was einen Wettbewerbsnachteil birgt oder die Gewinnmarge des Herstellers wäre niedriger. 


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Eine Regulierung für das Internet der Dinge sollte vor allem darauf abzielen, wirtschaftliche Anreize für Hersteller zu setzen und Verantwortlichkeiten gerechter zu verteilen. IT-Sicherheit ist daher als Voraussetzung für den Verkauf der Produkte zu definieren. Die Basis einer solchen staatlichen Regulierung sollten demnach verpflichtende Mindeststandards für IoT-Geräte sein, die auf europäischer Ebene einzuhalten sind. Hersteller aus anderen Ländern müssten diese Sicherheits-vorschriften so auch in ihre Produkte integrieren, um auf dem europäischen Markt tätig werden zu können. Dabei ist zu beachten, dass sich die Anforderungen an die IT-Sicherheit kontinuierlich verändern. Dynamische Elemente sollten deshalb die Grundlage eines solchen Mindeststandards bilden. Der Hersteller müsste sich beispielsweise für eine bestimmte Anzahl an Jahren dazu verpflichten, regelmäßig Sicherheits-updates für das Gerät zur Verfügung zu stellen. Die Frist für den Sicherheitssupport muss dabei eindeutig festgelegt und an den Verbraucher kommuniziert werden. Ohne die Erfüllung dieses Mindestmaßes an IT-Sicherheit könnte den Herstellern der Markteintritt verwehrt bleiben. Um zu verhindern, dass die Geräte mit Ablauf des Supports unsicher und angreifbar werden, wären kostengünstige Alternativen für anschließende Sicherheitsupdates sinnvoll. Gerade für Geräte, die eine Produktlebenszeit von vielen Jahren haben, wie Waschmaschinen oder Kühlschränke, wären derartige Angebote nützlich.

Das größte Problem bei einer Durchsetzung eines solchen Mindeststandards stellt allerdings die Überprüfung dar. Hierfür wäre eine kontinuierliche Überarbeitung der Zertifizierung notwendig. Bei der Masse an smarten Geräten, mit der Experten in Zukunft rechnen, wäre dies nur schwierig umzusetzen und zugleich eine finanzielle Herausforderung.   

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Eine weitere Möglichkeit einer staatlichen Regulierung ist der Einsatz eines Gütesiegels. Diese Maßnahme wurde bereits von der Bundesregierung in ihrer Cyber-Sicherheitsstrategie stark diskutiert. So könnten IoT-Geräte ein Siegel erhalten, wenn der Hersteller beispielsweise regelmäßige Sicherheitsupdates für die Geräte bereitstellt. Kritisch an einer solchen Regulierung wäre allerdings, dass die IT-Sicherheit so keine Voraussetzung für den Verkauf eines Produktes wäre, sondern lediglich eine Option. Außerdem kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Siegel für alle Verbraucher eine gleich große Rolle spielt. Auch ist das Vertrauen der Gesellschaft in Gütesiegel durch die Masse, die es beispielsweise Lebensmittel-Bereich gibt, gesunken. Ein Gütesiegel könnte also allenfalls auf eine verpflichtenden Mindeststandard aufbauen und als Zusatz dienen, mit dem sich die Hersteller von ihrer Konkurrenz abheben.

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Die im Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutz-grundverordnung (DSGVO) lässt die Hersteller smarter Produkte unberücksichtigt. Die Verordnung nimmt lediglich die, für die Verarbeitung personenbezogener Daten, Verantwortlichen in die Mangel. Hersteller, die für Hard- und Software und somit für den technischen Rahmen der Datenverarbeitung verantwortlich sind, adressiert die DSGVO nicht. Der Staat vertraut offenbar darauf, dass sich der Markt von selbst regelt und nur die Produkte erfolgreich sind, bei denen die Verantwortlichen den Datenschutz umsetzen können.
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Personalerinj

Viele Prozesse im Personalwesen sind digitalisiert. Für Celia Dustmann steht dennoch der persönliche Kontakt im Vordergrund. Die Bürotür der Personalentwicklerin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist daher normalerweise nie geschlossen.

„Oft kannte man die Mitarbeiter gar nicht mehr persönlich“, erzählt Celia Dustmann von ihrer Zeit als Werkstudentin bei Siemens in Erlangen. Wenn die 32-Jährige davon berichtet, kann man die Ambivalenz in ihrer Stimme hören. Sie spricht von einem hohen strategischen Level, von weltweiter Mitarbeiterbetreuung. Die Prozesse bei Siemens sind schon damals extrem digitalisiert gewesen: „Es lief eigentlich alles über das Online-Tool“, erklärt Dustmann. Jeder Mitarbeiter hat dort seine Kernkompetenzen hinterlegt, die Ziele können abgerufen und mit dem Grad der Zielerreichung verglichen werden. Sogar Nachfolgeregelungen sind dort abgebildet. Sie spricht aber auch davon, dass direkte Kommunikation nur stattgefunden hat, wenn irgendwo Unterlagen fehlten.
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Mittlerweile ist Dustmann als Personalentwicklerin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) tätig. Dort sind die Prozesse nicht so stark automatisiert wie bei Siemens. Dafür haben quasi alle Mitarbeiter die Möglichkeit, immer in ihrem Büro vorbeizuschauen. Das liegt zum einen an der räumlichen Nähe des im Vergleich zu Siemens eher zentralistischen Zeitungsverlags. Es liegt aber auch an einem anderen Umgang mit Digitalisierung und Arbeit. So liegt die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit eines Mitarbeiters bei 15 Jahren – trotz immer schneller werdendem Wandel in einer unsicheren Medienwelt. Der andere Umgang zeigt sich allerdings auch darin, dass Dustmann in ihrer Freizeit versucht keine Mails zu lesen: „Feierabend ist Feierabend und Urlaub ist auch Urlaub“, sagt sie. Lediglich in Ausnahmesituationen würde sie doch mal eine Mail schreiben. Bisher habe der Verzicht ohne Probleme funktioniert.
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Seit Anfang 2017 ist die Personalerin, deren Schwerpunkt Aus- und Weiterbildung ist, bei der F.A.Z. Jedes Jahr werden dort Auszubildende zu Medienkaufleuten und Fachinformatikern sowie duale Studenten im Bereich Medienwirtschaft eingestellt. Die ohnehin digital ausgelegten Berufsbilder werden 2018 unter anderem um zusätzliche Digital-studiengänge erweitert: In Zusammenarbeit mit der Hamburg Media School sucht Dustmann bei der F.A.Z. Studierende in den Fachrichtungen „Digital Journalism“ und Medienmanagement. Wo die Arbeit digitaler wird, soll die Ausbildung entsprechend mitziehen. „Wir möchten eigentlich immer alle Auszubildenden bei uns halten“, erklärt Dustmann. Das gelingt allerdings nur eingeschränkt: Aus dem aktuell fertig gewordenen Azubi-Jahrgang bleibe von sechs Auszubildenden gerade einer im Unternehmen. Alle anderen schließen ein Vollzeitstudium an. Das wäre aus Dustmanns Sicht gar nicht nötig: „Um hier im Haus weiterzukommen müsste man das definitiv nicht tun.“ Gerade im Hinblick auf das Studentenleben, kann sie den Wunsch aber durchaus nachvollziehen.
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Die Personalerin gibt offen zu, dass sie selbst manchmal lieber eine Ausbildung gemacht hätte. Dennoch hat sie sich damals für das Bachelorstudium der Wirtschaftswissenschaften in ihrer Heimat in Frankfurt entschieden. Über eine einzige Vorlesung im Bereich Personal und verschiedene Praktika ist sie zu ihrem Fachgebiet gekommen. In Bamberg hat sie dann einen Master in Personalentwicklung und -management angeschlossen. Nach dem Studium wollte Dustmann eigentlich mit ihrem jetzigen Mann in eine andere Stadt, landete aber 2013 durch Zufall bei der Werbeagentur Ogilvy & Mather und damit wieder in Frankfurt. „Bei Ogilvy wollte ich eigentlich nur Geld verdienen, bis ich eine Festanstellung gefunden hatte“, sagt sie heute – blieb aber zweieinhalb Jahre dort, ehe sie zur F.A.Z. wechselte.

Neben Studiengängen und Berufsprofilen hat sich auch die Bewerbung selbst seit Dustmanns Anfängen im Personalbereich verändert: Dass Papierbewerbungen gleich in die Retoure gehen und nicht mehr gesichtet werden, ist ohnehin Standard. Aber auch Bewerbungstools, in denen Anhänge ohne Begrenzung hochgeladen werden können, sind 2018 nicht mehr Stand der Technik.
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Auf Algorithmen in der Bewerberauswahl möchte Dustmann nicht allzu sehr setzen: „Ich glaube, dass man viele gute Leute dadurch verliert. Ich habe keinen Kriterienkatalog, bei dem jemand einen Punkt nicht erfüllt und deshalb raus ist“, meint sie. Gerade im persönlichen Gespräch würden sich häufig Dinge ergeben, die ein Algorithmus so scharf gar nicht erfassen könne. Bei der Bewerbung von Auszubildenden werde so beispielsweise abgefragt, ob der nötige Schulabschluss vorliegt. Wenn die Angabe nicht die Kriterien erfüllt, werde im System „KO“ für „KO-Kriterium“ angezeigt: „Ich schaue mir die Bewerbungen trotzdem immer an, einfach um auszuschließen, dass der Bewerber die Frage vielleicht anders verstanden hat oder trotzdem geeignet ist.“ Gerade habe man einen Auszubildenden gefunden, der nicht den geforderten Schulabschluss hat – aber dennoch viel Interesse und Engagement für die Ausbildung mitbringe. Mit einem Algorithmus wäre dieser Auszubildende durch das Raster gefallen.
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Ab Sommer wird die Arbeit aber jemand anders machen müssen. Dann verabschiedet sich Dustmann vorübergehend von der F.A.Z.: Sie bekommt ein Kind. Das Arbeitshandy dann zur Seite zu legen, wird kein Problem, zumal es eine Elternzeit-Vertretung für die werdende Mutter gibt. „Den Kontakt zu meinen Kollegen werde ich natürlich halten“, ist sie sicher. Dienstliche Mails gebe es in dieser Zeit allerdings nicht. Zumindest beruflich ist Dustmanns Tür dann also aus-nahmsweise geschlossen. Zumindest vorerst.
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