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NUTZEN
BIOMASSE NUTZENBioökonomie für alle
Was können Verbraucher*innen zu einer nachhaltigen Wirtschaft beitragen? Wie können nicht nur Autos, sondern auch Straßen nachhaltiger werden? Vor welchen ethischen Herausforderungen steht die Bioökonomie? Und wer steht in der Verantwortung?
Urban Gardening
Urban Gardening:Wie an der Uni Würzburg gegärtnert wirdvon Corinna Birner, Lisa Kühnemann und Andreas Krenzer
Beim Urban Gardening geht es darum, brachliegende Flächen in der Stadt nach ökologischen Aspekten gemeinsam zu bewirtschaften. Die grünen Oasen, die dadurch entstehen, bieten nicht nur eine Nutzfläche für den Anbau von Obst und Gemüse, sie fördern auch die Biodiversität.
Natürlicher Kreislauf mit Konzept
Der Naturschutzaktivist und Geograf Markus Gastl aus Herrieden in Mittelfranken hat ein "3-Zonen-Modell" entwickelt, mit dem sich Permakultur auf Hausgärten übertragen lässt: In der Ertragszone werden Nahrungsmittel angebaut, die sogenannte Hot-Spot-Zone mit Sandflächen, Steinhaufen und Teichen fördert die Artenvielfalt. Und die Pufferzone mit Hecken und Bäumen schützt den Garten vor Außeneinflüssen.
Natürlicher Kreislauf
NachhaltigkeitspreisDer Garten wächst
Mittlerweile ist in Würzburg ein vielfältiges Angebot für Urban Gardening entstanden: So realisierte das Referat Ökologie zusammen mit dem Würzburger Urban-Gardening-Verein Stadtgärtner zur Landesgartenschau 2018 die 2.000 Quadratmeter große ‘Stadtgartenschau‘ im Herzen des Landesgartenschaugeländes. Direkt an den CampusGarten schließt außerdem der UniAcker an, der im Rahmen von Lehramts- und Pädagogikseminaren genutzt wird.
80 Beete werden im CampusGarten jedes Jahr an Interessierte vergeben. Aktuell beteiligen sich über 100 Studierende an der Aussaat, Pflege und Ernte des Gartens. Wir haben einige von ihnen gefragt, was das Gärtnern für sie ausmacht:
Durch den Mix aus Steinen, Kies, Sand, lockerer Erde sowie Ästen und Wurzelstücken entstehen unterschiedlich warme Sonnenplätze für die Lebewesen.
Neben Wildbienen gibt es im CampusGarten auch Honigbienen. Der gewonnene Honig kann von allen genutzt werden. Die Betreuung der Honigbienen bedeutet für C. Verantwortung zu tragen und einen Ausgleich zum Alltag zu finden: "Bienen sind spannende Lebewesen, auch wenn sie manchmal zu gerne mit mir fangen spielen."
"Ich bin noch recht neu im Garten, habe aber durch die Ansprechpartner vom RefÖko beste Betreuung erhalten. In meinem Beet befindet sich ein Johannisbeerstrauch, der wohl erst nächstes Jahr richtig Früchte tragen wird. Die Tomaten, Bohnen und Auberginen wachsen hier besser als auf meinem Balkon, weil der Platz einfach größer ist. Ich habe mich über jeden Zentimeter Wachstum und über jede geerntete Frucht gefreut."
Steinstrukturen in sonniger Lage bieten einen optimalen
Lebensraum für Eidechsen. Außerdem können Insekten und Schnecken in der
sogenannten Echsenburg Unterschlupf finden. Auch Erd- und Wechselkröten finden
in kleinen Nischen Platz.
Durch den Mix aus Steinen, Kies, Sand, lockerer Erde sowie Ästen und
Wurzelstücken entstehen unterschiedlich warme Sonnenplätze für die
Lebewesen.
"Ein Beet im CampusGarten zu bewirtschaften ist eine super Möglichkeit, ungezwungen erste Erfahrungen beim Gärtnern zu sammeln. Bisher hatte ich zweimal zwar wenig ertragreiche Ernten, aber große Fortschritte beim Umgang mit Werkzeugen und Pflanzen. Ich baue beispielsweise Chilis, Tomaten und Kartoffeln an. Die Physalis sind diesen Sommer leider nichts geworden."
"Ich habe ein Beet im CampusGarten, weil es für mich einen guten Ausgleich darstellt. Es motiviert, sich an der frischen Luft zu betätigen. Gleichzeitig hat man die Möglichkeit, einen kleinen Teil seines Essens ganz direkt selbst anzubauen und wachsen zu sehen. Mal habe ich es ausprobiert, Kohl wachsen zu lassen oder eine Mischkultur mit Kartoffeln und Ringelblumen. Knoblauch geht immer gut. Außerdem habe ich verschiedene Kräuter wie Schnittlauch und Basilikum und Blumen für die Bienen, zum Beispiel Malve, Löwenmäulchen oder Sauerklee."
"Ich habe durch das Gärtnern viel über die natürlichen Kreisläufe unserer Umwelt gelernt. Als passionierte Hobbyköchin freut es mich außerdem, fast das ganze Jahr von Gartenerträgen zu profitieren. Angepflanzt habe ich bisher verschiedene Kräuter, Erdbeeren, Palmkohl, Süßkartoffeln, Zwiebeln, Zucchinis, Spinat, Jostabeeren, Radieschen, Salate, Lauch, Kornblumen und vieles mehr... Ich achte darauf, möglichst regionale und alte Sorten zu verwenden."
Der Garten bietet neben dem angrenzenden Haus mit Terrasse auch selbstgebaute Möbel aus Paletten. Auf diesen kann man eine kleine Brotzeit zu sich nehmen oder aber auch einfach die Atmosphäre auf sich wirken lassen.
Der untere Bereich des Gartens wurde durch ein unterirdisch verlegtes Rohr mit einem Wasserzapfhahn versehen, um das Gießen zu erleichtern.
Manche Gärtner*innen bewirtschaften ein Beet mit ihrer Familie. Die Kleinen zeigen auch großes Interesse an der Gartenarbeit und helfen mit, wo sie können. Sie dürfen sich aber auch einfach im Sandkasten austoben, während die Eltern in Ruhe das Beet pflegen.
Die Natur unterstützen
Neben Insektenhotels und Totholzansammlungen bieten Blühwiesen im CampusGarten vielen Tieren einen Lebensraum – vor allem bedrohten Wildbienenarten. Als Bestäuberinsekten tragen diese einen großen Teil zum Erhalt von Ökosystemen bei: Die Bienen ernähren sich vom Nektar der Pflanzen, die Pflanzen profitieren von der Verbreitung ihrer Pollen durch die Bienen. Im CampusGarten führt dieses Zusammenspiel wiederum zu gesteigerten Erträgen.
WissenstransferGartenfibel
Nicht nur um nachhaltiges Gärtnern, auch um Nachhaltigkeit im Sinne eines Wissenstransfers geht es also beim Projekt CampusGarten, wie Lukas Lackner erklärt. In Zukunft soll es verstärkt auch Workshops geben, die bei Interessierten die Begeisterung fürs Gärtnern wecken sollen:
Naturkosmetik
Naturkosmetik – gut für Mensch und Natur?von Diana Hisamudin, Fabian Roßhirt und Julian Roßhirt
Laut dem Marktforschungsinstitut IRI ist der Anteil von Naturkosmetik auf dem deutschen Markt seit 2012 um 50 Prozent gestiegen. Gleichzeitig ist der Anteil konventioneller Kosmetik geschrumpft. Eine wichtige Entwicklung, denn die Inhaltsstoffe herkömmlicher Kosmetika werden für die Umwelt immer mehr zur Gefahr.
MikroplastikEine unsichtbare Gefahr
Vom Ozean auf unsere Teller
Auch die Medien schildern immer häufiger die Folgen von Mikroplastik in den Ozeanen. Dabei sind besonders Meereslebewesen von der unsichtbaren Gefahr durch Mikroplastik bedroht. Wie die Umweltschutzorganisation WWF berichtet, verwechseln Fische die kleinen Plastikteilchen mit Nahrung und fressen diese. Am Ende landen die Schadstoffe deshalb auch auf unserem eigenen Teller.
NaturkosmetikSchützer der Natur
Dafür verzichten sie auf den Einsatz erdölbasierter Produkte sowie auf synthetische Farb- oder Duftstoffe. Stattdessen setzen sie natürliche Wirkstoffe wie zum Beispiel natürliche Öle, Zucker, Bienenwachse, Wurzeln sowie Pflanzen und Kräuter ein.
Für die pflanzlichen Rohstoffe gilt außerdem: Biolandbau ohne Pestizide und giftige Schadstoffe. Außerdem verzichten die Produzenten auf Monokulturen und fördern dadurch die Artenvielfalt.
Auch für Verbraucher die gesündere AlternativeWeg von Paraffinen und Co
Jutta Blankenhagen-Wagner ist Inhaberin eines Naturkosmetikstudios in Würzburg. Auch sie rät Verbrauchern dazu, auf Kosmetikprodukte mit natürlichen Wirkstoffen umzusteigen:
Natürliche InhaltsstoffeGenauso gut?
Janika Zahn, Mitarbeiterin beim Naturkosmetikhersteller Benecos meint dazu: „Natürlich gibt es viele Produkte, die noch nicht dem gleichen Standard entsprechen.“ Das gelte besonders für die Wirkungsdauer von Deos oder die Haltbarkeit von Nagellacken. Aber nicht alle Naturkosmetikartikel seien deswegen gleich schlechter, so Zahn. Es gebe auch Produkte, die besser performen als die konventionelle Alternative.
Die Legende vom hohen Preis
2010 waren die Preise für Naturkosmetik tatsächlich höher als für Konkurrenzprodukte, erklärt Zahn. Heute sehe es jedoch anders aus: Den Herstellern gelänge es, beim Preis mit dem konventionellen Markt mitzuhalten.
Auch das Verbrauchermagazin Ökotest zeigte bereits 2015, dass Naturkosmetikprodukte inzwischen in allen Preissegmenten zu finden sind. Außerdem hat sich der Zugang zur Naturkosmetik verbessert: Konsumenten können die Artikel heute sowohl in Fachgeschäften und Apotheken als auch in Drogeriemärkten kaufen.
Naturkosmetik erkennen
Eine 2018 durchgeführte Umfrage der Online-Plattform Utopia bestätigt, dass sich viele umweltbewusste Konsumenten deshalb auf spezielle Siegel verlassen: Über die Hälfte der rund 2.400 Befragten gaben an, beim Kauf von Naturkosmetik auf explizite Zertifizierungen zu achten. Nur jedem Fünften reicht die Bezeichnung „Naturkosmetik“ auf der Verpackung.
Allerdings sollten Käufer sich nicht täuschen lassen. Einige Firmen versuchen ihre Artikel zertifiziert wirken zu lassen und drucken dafür sogar eigene Labels ab. Deshalb ist es besonders wichtig, nur namenhaften Siegeln zu vertrauen.
Die bekanntesten davon sind das BDIH-, das COSMOS- und das NATRUE-Siegel. Obwohl jedes Siegel eigene Standards hat, sind bestimmte Inhaltsstoffe bei fast allen verboten. Dazu gehören laut der Verbraucherzentrale Silikone, Erdöle, Paraffine, Plastikteilchen und Farbstoffe.
Gute Aussichten
Und mit der wachsenden Nachfrage nach natürlicher Kosmetik steigt auch das Angebot auf dem Markt – das zeigen Zahlen des Marktforschungsinstituts RKI und lassen die Hersteller von Naturkosmetik in eine vielversprechende Zukunft blicken.
Ist das möglich?Fleischkonsum mit gutem Gewissenvon Lena Gerhard
Man hört es immer und immer wieder: „Rettet unseren Planeten!“ Klimaschutz-Demonstrationen wie Fridays for Future sind bereits Alltag. Das Bewusstsein ist also da. Auf den ersten Blick klingt das doch gar nicht so schlecht, aber dennoch fragen sich viele Menschen: Wie soll ich, als einer von sieben Milliarden Menschen, die Welt retten? Bin ich, als Einzelperson, überhaupt von Bedeutung? Kann ich überhaupt einen Beitrag leisten, um unsere Umwelt zu verbessern? Die Antwort auf die Fragen lautet ganz klar: JA!
Deutsche essen weniger Fleisch
Ernährung der Zukunft
Die Bioökonomie befasst sich unter anderem mit einer zukunftsorientierten Ernährung. Eine der großen Herausforderungen der Zukunft besteht darin, immer mehr Menschen zu ernähren und dabei gleichzeitig regenerative Ressourcen für eine dauerhafte Energieversorgung sowie Rohstoffe für vielfältige industrielle Prozesse bereitzustellen. Das erfordert Wertschöpfungsnetze, die eine nachhaltige Nutzung der regenerativen Ressourcen, insbesondere von Biomasse, ermöglichen. Auch die Massentierhaltung in der Fleischindustrie spielt hier eine Rolle: Rund 70 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in der EU werden derzeit für den Anbau von Tierfutter genutzt.
„Unser Anspruch ist es, so viel wie möglich zu tun, um die Produktion im Agrarsektor nachhaltiger zu gestalten, und um eine nachhaltige und bioökonomische Zukunft zu sichern“, erklärt Lewandowski. Aber allein die Forschung reiche nicht, um eine Innovation umsetzen zu können. Man brauche die Mithilfe der Konsumenten, die auch gewillt sind, neue Produkte anzunehmen. Sonst könne sich die beste Innovation am Markt nicht halten.
Bildnachweis: Universität Hohenheim / Angelika Emmerling
Nicht überzeugend genug
Basierend auf Daten aus dem Jahr 2018 landen umgerechnet allein 10,5 Millionen Tiere jährlich im Hausmüll. Erschreckende Zahlen, wenn man bedenkt, dass wir in einer Zeit leben, in der in industriellen Ländern theoretisch keine Lebewesen mehr für die menschliche Ernährung vorsätzlich leiden oder sterben müssten. Gesellschaftlich sind wir aber noch lange nicht so weit.
Tiere produziert man nicht!
Ethisches Dilemma
Keller beschreibt ein ethisches Dilemma. Ist eine fleischfreie Ernährung überhaupt so gut, wie man denkt? Schließlich hat auch der biologische Kreislauf der Natur seinen Sinn. Wenn kein Lebewesen mehr sterben würde, so würde das schließlich zu einer Überpopulation führen – Tier und Mensch hätten weder genügend Nahrungsmöglichkeiten noch ausreichend Raum zum Leben. Es ist also ohnehin unmöglich zu leben, ohne dabei anderen Lebewesen zu schaden. Geht es um einen ‘Schaden‘, so denken die meisten Menschen sofort an das Schlachten von Tieren. Somit werden allein die Fleischkonsumenten verantwortlich gemacht und von Fleisch-Gegnern sogar als Mörder dargestellt.
Vegane ErnährungUngesund und langweilig?
Trotzdem: Die Vorurteile gegenüber Veganismus und Vegetarismus bleiben. Kann ich jetzt nur noch Salat und Rohkost essen? So ist es natürlich nicht. „Man sollte den Menschen die Angst nehmen, ihnen das Positive zeigen und es ihnen so leicht wie möglich machen“, meint der Professor. So könnte man die Menschen beispielsweise mit Kochrezepten inspirieren, Alternativen vorstellen und so dem Vorurteil, eine vegane Ernährung sei eintönig und langweilig, entgegenwirken. Denn eine vegane und vegetarische Ernährung kann ganz gewiss vielseitig sein! Zu den beliebten Fleisch-Klassikern wie Burger, Grillwurst und Co gibt es bereits fleischfreie Alternativen. Insbesondere Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen und Bohnen sind ein echter Hit. Hinzukommt: Hülsenfrüchte sind nicht nur vegan und enthalten nährstoffreiche Vitamine, sie sind auch noch preisgünstig. Das Argument, eine vegane oder vegetarische Ernährung sei kostspielig, wird hier also auch entkräftet.
Transparenz durch Labels
Doch nicht nur bei der Fleischproduktion, auch in vielen anderen Wirtschaftsbereichen fehlt es an Transparenz, wenn es um die Nachhaltigkeit geht. Das muss sich ändern.
„Bioökonomie muss verständlich gemacht werden“, erklärt Lewandowski. Auch sollte man schon viel früher über bioökonomische Aspekte aufklären und Kindern durch Bildung früh genug ein Bewusstsein aneignen.
Insekten als Ersatz?
Auch sogenanntes Laborfleisch wird immer besser erforscht. Hierbei wird Fleisch künstlich in einem Labor hergestellt, ohne dass dabei ein Tier sterben muss. Dieser Fleischersatz ist klimafreundlicher und zudem frei von Medikamenten und Zuchtmitteln. Interessant ist hierbei, dass laut dem Ernährungsreport sogar ein knappes Drittel der Bevölkerung grundsätzlich offen für alternative Fleischarten ist, um einen Beitrag zur Ernährungssicherheit zu leisten.
Produktion und Politik
„Da müsste man politisch gesehen viel mehr tun. Es müssen strikte Grenzen gesetzt werden, auch wenn das hart und unpopulär ist. Man muss eine derartige Produktion entweder radikal verbieten, oder die Regeln so aufstellen, dass der Landwirt auch mit einer nachhaltigen Produktion überleben kann“, erklärt die Agrarwissenschaftlerin der Uni Hohenheim. Gleichzeitig müsse es ihrer Einschätzung nach einen Preis für den Service ethisch besser hergestellter Lebensmittel geben, der höher ist, als das billig produzierte Fleisch.
Letztendlich muss jeder für sich entscheiden, welche Art von Ernährung für ihn optimal ist. Und auch, wie er mit einem bewussteren Handeln einen Beitrag für unsere Umwelt leisten kann. Es kommt nicht darauf an, streng vegetarisch oder vegan zu leben. Viel bedeutsamer ist es, mit kleinen Schritten und Veränderungen zu einem bewussteren Lebensstil beizutragen. Denn so ist es tatsächlich möglich, ohne Reue und guten Gewissens zu genießen.
Netzwelt voller Clouds Die grüne Zukunft der Digitalisierungvon Victoria Augst
Hinter der digitalen Bequemlichkeit der Clouds verbergen sich Unmengen an Zahlen, Codes, Servern und Rechenzentren. Cloud Computing bezeichnet onlinebasierte Speicherplätze und Rechenleistungen. Diese Technik ermöglicht uns, Daten auszulagern und bei Bedarf auf sie zurückzugreifen – via Smartphone, Tablet oder Computer. Das schont die eigene Festplatte, erspart Schränke voller Aktenordner.
Aber: Wo das Material wirklich landet, auf welchem Server es ist, bleibt für viele Nutzer im Nebel – oder eben, der Begriff Cloud beschreibt es: in den Wolken. Rechenzentren sind quasi der Wolkenmaschinenpark – Orte voller Computer, Speicher, Kühl- und Brandschutzgeräte. Dort treffen über Mobilfunkantennen unsere Internet-Anfragen ein, 24 Stunden, 365 Tage lang, unermüdlich werden sie hier verarbeitet.
Dreckiger Strom
Digitale Zukunft
Nachhaltige Digitalisierung – geht das? Für die Vereinten Nationen (UN) definitiv, denn sie haben bereits 2015 im Zuge der Agenda 2030 einen Katalog mit 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung verabschiedet. Dieser betrachtet unter sozialen, ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten die fünf Kernbotschaften Mensch, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft. Unter anderem sollen Maßnahmen zum Klimaschutz und zu bezahlbarer und sauberer Energie ergriffen werden. Auch Industrie, Innovation und Infrastruktur sind ein Teil des Nachhaltigkeitsplans der UN.
Wie nun aber diese auf politischer Ebene geschlossenen Vereinbarungen praktisch umgesetzt werden können, ist noch nicht ganz klar. Trotzdem gibt es deutschlandweit bereits einige Pilotprojekte, die sich mit einer nachhaltigeren Digitalisierung, insbesondere mit nachhaltigen Rechenzentren auseinandersetzen.
GreenITDas grüne Rechenzentrum
So spart zum einen das Unternehmen selbst, aber auch als Kunde zahlt man für die Kilowattstunde weniger als bei anderen Anbietern. Das ist auch gut so, meint Schriewer: „Wenn das ökologisch betriebene Rechenzentrum bzw. die dort betriebenen Services merklich teurer wären als beim klassischen Betreiber, dann wäre es in der heutigen Zeit schwierig, neue Kunden zu gewinnen.“ Denn es lässt sich auch erkennen, dass nachhaltige Lösungen nicht nur aus Überzeugung zum Umweltschutz gewählt werden. „Die Nutzung von grüner IT ist für Unternehmen ein wichtiges Positionierungsmerkmal. So zeigen sie ihren eigenen Kunden, dass sie nicht nur umweltbewusst denken, sondern auch handeln.“
Infrastruktur muss auf die AgendaPolitik ist gefordert
„Eine stabile und zuverlässige Infrastruktur ist auch ein Nachhaltigkeitsthema“, stimmt Hintemann zu, „und Rechenzentren müssen ein Teil davon sein.“ Laut ihm gehöre der Ausbau von Wärmenetzen zur Abwärmenutzung auch auf die politische Agenda. Denn der Anschluss von Rechenzentren an diese Netze ist in Deutschland sehr schwer. Während es hier viele Hochtemperatur-Wärmenetze mit Temperaturen von bis zu 100 Grad gibt, erreicht die Abwärme aus Rechenzentren lediglich Temperaturen von 30 bis 35 Grad.
Der Energieaufwand, um diese Abwärme zu erhitzen, sodass man sie in die vorhandenen Netze einspeisen kann, sei zu aufwendig und zu teuer, gibt Hintemann zu bedenken. „Es wäre billiger, Gas zu verbrennen, um die nötige Wärme zu erhalten, als mit einer Wärmepumpe zu arbeiten.“ Ein möglicher Lösungsansatz sei hierbei die Umstellung auf Flüssigkühlung. So könnten Wassertemperaturen von bis zu 60 Grad bereitgestellt werden, welche deutlich leichter für Heizzwecke zu nutzen seien, so Hintemann. Aber auch dafür seien die deutschen Netze noch nicht ausreichend ausgebaut.
Elektroschrott
Künstliche Intelligenz in der DatenverarbeitungFreund und Feind der Umwelt
„Mit der KI verhält es sich, wie mit der Digitalisierung insgesamt“, fasst Hintemann zusammen. „Wir müssen es schaffen, die KI so einzusetzen, dass sie zu mehr Nachhaltigkeit führt und nicht zu mehr Ressourcenbedarf.“ Eine Möglichkeit dafür ist spezielle, energieschonendere Hardware – besondere Grafikkarten zum Beispiel. Außerdem könnte man beim Betreiben von KIs auf spezielle flüssiggekühlte Server setzen. Solche setzen bereits großen Unternehmen wie Google ein. Insgesamt stellt die Künstliche Intelligenz einen großen Treiber für die Digitalisierung dar. Es gibt immer mehr Rechenzentren speziell für KIs. Abzuwägen ist, ob der enorm hohe Energiebedarf mit dem eventuell positivem Nutzen für Gesellschaft und Umwelt zu rechtfertigen ist.
Ein gewaltiger Riese
Wie kann der gewaltige Riese Internet von uns gefüttert werden und gleichzeitig fortschrittlich und nachhaltig sein? Kann man all das allein mit erneuerbaren Energiequellen generieren? „Es ist eine Herausforderung“, konstatiert Hintemann. Man hoffe auf einen starken Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien. „Alle sind sich einig, dass man die Digitalisierung nicht aufhalten kann“, meint Hintemann, „aber letztendlich muss die Digitalisierungspolitik eine Nachhaltigkeitspolitik sein.“
Auf Kriegsfuß mit dem Wegwerfen Sharing Economy in der Textilbranchevon Sarah Wagner
Ein kurzes Gedankenspiel: Angenommen Studentin Bea guckt morgens in ihren Kleiderschrank und weiß vor lauter Teilen gar nicht, was sie am liebsten tragen würde. Vielleicht das Schnäppchen von vor zwei Wochen? Oder das Oberteil, das sie erst einmal getragen hat? Wobei, das hat schon jetzt sichtbare Gebrauchsspuren.
Unser Gedankenspiel ist gar nicht weit hergeholt. Denn jeder Deutsche kauft, nach Angaben der Greenpeace-Studie „Wegwerfware Kleidung“, durchschnittlich fünf neue Kleidungsstücke pro Monat, trägt aber 40 Prozent der Kleidung, die bei ihm im Schrank hängen, selten oder nie. Die Bekleidungsindustrie plant, ihre Produktion bis 2030 mehr als zu verdoppeln. Das heißt, dass die gesamte Bevölkerung dann jährlich 102 Millionen Tonnen Kleidungsstücke verbrauchen wird.
Kleider-Sharing
Sharing Economy
Richtig umgesetzt, hilft Sharing Economy, bestehende Kapazitäten besser zu nutzen, senkt den Ressourcenverbrauch und sorgt – aufs Beispiel der Kleidung übertragen – zu einer gesellschaftlichen Verbindung zwischen den Teilenden. Die Kleiderei ist laut Schröder nicht nur ein Laden, „sondern auch ein Ort, an dem sich ausgetauscht wird und man ganz viel lernt.“ Zum Beispiel, sein Bewusstsein vom Kleiderkonsum zu verändern.
Quelle Bild: Mona Schulzek für Kleiderei
Herausforderung: Umdenken
Deutlich nachhaltiger als der Konsum herkömmlicher Textilien ist der von ‘grüner Mode‘. Darunter fällt zum Beispiel nachhaltig produzierte Mode aus ressourcenschonenden Materialien oder auch Mode, die unter Aspekten der Kreislaufwirtschaft produziert wurde. Das bedeutet dass alles, was für das Produkt verwendet wird, am Ende wiederverwendet wird oder andernfalls komplett biologisch abbaubar ist. Abfall wird minimiert und der Lebenszyklus der Produkte verlängert.
Damit ist die Kreislaufwirtschaft das Gegenteil des linearen Wirtschaftsmodells, der ‚Wegwerfwirtschaft‘. Start-Ups wie circular.fashion oder die baden-württembergische Marke Trigema arbeiten bereits an Umsetzungsmöglichkeiten. Dazu brachte Trigema die „Change-Kollektion“ auf den Markt. Eine der ersten voll kompostierbaren Kollektionen aus Biobaumwolle, die auch mit dem Textil-Ökosiegel Cradle to Cradle zertifiziert ist.
Eine utopische Vorstellung
Textil-Ökosiegel
Und jetzt?
Schattenseite von Sharing Economy
Dennoch sei die Sharing Economy, "wenn man die Kreislaufwirtschaft ernst nimmt", ein großer Teil davon, so Zahn. Seiner Meinung nach können das Teilprinzip Sharing Economy und die steigende Produktion nach Aspekten der Kreislaufwirtschaft zur Reduzierung von Abfall co-existieren.
Nachhaltige TextilienEine Frage des Geldes
„Meist wird in Dinge investiert, die sicher sind. Und sicher sind nun mal die bestehenden Strukturen, nicht zwangsläufig die Neuen“, meint Zahn. Der Verbraucher sei oft nicht bereit, in das Bessere zu investieren. Es sei schwierig, auch unteren Einkommensschichten klar zu machen, dass sie eigentlich weniger kaufen und dann pro Produkt auch noch mehr zahlen sollen.
Tiny Houses, Ökodörfer & CoAlternative Wohnkonzeptevon Julie Vandré
Ida Johansson hat sich für ein Leben im Tiny House entschieden. Sie lebt in einer Bilderbuchwelt: Durchs Küchenfenster blickt sie auf Wiesen und Felder. Ihr Kater Theo streicht ihr um die Beine, während sie sich Kaffee aufsetzt. Die Sonne scheint ihr ins Gesicht. Ida lächelt. Inspiriert vom Minimalismus beschloss sie, auf ein Feld in Norwegen zu ziehen. Doch nicht nur in Norwegen wächst dieser Trend. In Deutschland gibt es die Häuser mit einem Grundriss von durchschnittlich 20 Quadratmetern seit 2016. Einer der ersten und größten deutschen Hersteller ist die Schreinerei Diekmann aus Hamm.
Leben im Ökodorf
"Sieben Linden"Gemeinschaftsgefühl inbegriffen
Er lebt seit 18 Jahren im Dorf. Dort habe man das „Ziel, den Energie- und Ressourcenverbrauch so weit zu reduzieren, wie es möglich ist, dass es trotzdem ein gutes Leben ist, aber nicht ein Überfluss“. Strünke will das Gesamte im Blick haben: „Alles was wir tun hat auch Einfluss auf die Menschen, mit denen wir nicht direkt zusammenwohnen. Ich versuche in dem, was ich tue, förderlich zu sein, zum Beispiel Lebensbedingungen zu fördern, die gut sind.“
Nachhaltige Baustoffe
Die Kosten für Strohballenhäuser liegen bei 1.300 bis 1.600 Euro pro gebauten Quadratmeter; ein Tiny House mit rund 20 Quadratmetern Fläche kostet durchschnittlich 60.000 Euro, also 3.000 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche. Dazu kommen zusätzlich noch die Kosten für den Stellplatz des Hauses. Zwar werden die Häuser oft als günstige Alternative zu den steigenden Mietpreisen dargestellt, aber letztlich rechnet sich das erst, wenn man alle Faktoren einrechnet: gewünschte Wohnfläche, Standort, ökologische Bilanz.
Grundstück gesucht
„Es ist noch ein sehr junges Thema. In der Phase sind wir noch, den Nachweis zu erbringen, dass es ein dauerhaftes Thema ist und nicht irgendwie ein Hype oder Trend, der in drei Jahren wieder vorbei ist. Wenn das in der Politik ankommt, dann wird sich in Zukunft sicherlich auch was an der Baugesetzordnung tun“, meint Vera Lindenbauer, Sprecherin der Schreinerei Diekmann.
Wenig Platz, wenig Verbrauch
Durch die begrenzte Wohnfläche verringert sich gezwungenermaßen auch das Konsumverhalten: „Das ist wahrscheinlich auf lange Sicht der größte Beitrag zur Nachhaltigkeit“, so Lindenbauer. Allerdings ist auch hier die Gesamtsicht wichtig: Um mobil zu sein, darf ein Tiny House nach der Straßenverkehrsordnung maximal 3,5 Tonnen wiegen. Deswegen werden die Wände gerne dünn und ohne genügend Dämmstoffe gebaut, was wiederum zu höheren Heizkosten führt.
Minimalismus ist eine Einstellung
Vielfach werden die Tiny-Häuser in Deutschland gar nicht als Hauptwohnsitz genutzt. Ein Großteil der Kunden der Schreinerei Diekmann sind momentan aus dem gewerblichen Bereich, sie sehen das Tiny-House-Movement als Profit- und Präsentationsmöglichkeit. Unternehmen nutzen das Haus als Showroom auf Messen, Campingplatz-Betreiber bieten die Mini-Häuser zur Vermietung an. Die meisten Häuser werden als Feriendomizil genutzt.Unterm Strich wird damit das Kernziel der Nachhaltigkiet auf den Kopf gestellt: So werden eher zusätzliche Ressourcen verbraucht.
Nicht nur ein Trend
Monatsabo für ErnteanteilSolidarische Landwirtschaftvon Ronja Hemm
Einkaufen mit gutem Gefühl
Das Rundum-Sorglos-Paket
Preislich ergibt sich für den Verbraucher trotz des Festbetrags ein Vorteil. Weil er die Produkte direkt vom Erzeuger erhält, entfallen Aufschläge von Lieferanten und Einzelhandel. 2019 lag die Marge, die der Naturkostfachhandel mitverdient, laut ContRate-Betriebsvergleich bei durchschnittlich 34,6 Prozent. Mit Solawi zahlt der Verbraucher deswegen über das Jahr hinweg weniger, als wenn er die gleiche Menge Gemüse und Obst bei einer Biomarkt-Kette einkaufen würde. Sowohl der Preis als auch der Ernteplan werden auf einer Versammlung am Anfang eines Jahres festgelegt. Die Erzeuger schlagen vor, was und wieviel sie anbauen wollen und nehmen Vorschläge und Wünsche der Verbraucher mit auf.
Würzburger "SoLaWü-Päckle"Regionaler Ernteanteil
Dieses Jahr landet in jedem Päckle die wöchentliche Ernte von 136 Quadratmetern Gemüsefeld sowie Obst und Saft von anderthalb Streuobstbäumen. Das können in einer Novemberwoche beispielsweise jeweils ein Kilo Kartoffeln und Möhren, ein Pfund Rote Beete, 120 Gramm Feldsalat, 700 Gramm Schwarzkohl, ein Endiviensalat, eine Stange Rosenkohl und 800 Gramm Äpfel sein.
Rundum solidarisch
Quelle Bild: VEG
Wertschätzung für die Produkte
Sicherheit für den Landwirt
Zusätzlich sind die Erzeuger von schwankenden Marktpreisen abhängig. Laut des Deutschen Bauernverbands haben Landwirte 2019 ein Fünftel weniger Geld verdient als im Jahr zuvor. Solawi beschert dem Erzeuger hingegen ein festes Monatseinkommen, mit dem er sich und seinen Angestellten einen fairen Lohn zahlen kann – auch wenn die Ernte durch Trockenheit oder Frost mal schlechter ausfällt.
Solawi: Nische oder Zukunft?Über Grenzen hinweg
Frankreich führt im europäischen Vergleich mit mehr als 2000 Gemeinschaften die Spitze an. In Japan, wo die Solawi-Idee in den 70er Jahren unter dem Namen „Teikei“ geboren wurde, versorgen sich mittlerweile elf Millionen Menschen nach dem Prinzip. Hierzulande jetzt schon an ein Limit zu denken, hält Martin Ladach, Vorstand der VEG Würzburg, für falsch: „Mich interessiert weniger, was irgendwann mal nicht mehr möglich sein wird. Davon sind wir noch weit entfernt. Wichtiger ist, dass wir über die vielen Probleme der aktuellen Bewirtschaftung nicht mehr nur reden, sondern aktiv werden. Und Solawi ist da eine Möglichkeit, die viele Leute begeistert.“
Rapsasphalt
RapsasphaltWieso ein Franke Straßen mit Pflanzenöl bauen willvon Alexander Gruber
Das westliche Mittelfranken ist überwiegend ländlich geprägt. Kleine Landstraßen schlängeln sich durch das Taubertal, Äcker wechseln sich mit Wäldern ab. Die A7 und die B13 durchziehen den westlichen Landkreis Ansbach, die restlichen Straßen sind kleine Nebenstraßen. Viel Potenzial für mehr Klimaschutz, findet Klaus Geuder. In Neusitz bei Rothenburg hat seine Straßenbaufirma ihr Büro. Hier in der Umgebung hat Geuder schon mehrere Straßen gebaut und saniert. Viele davon auch mit sogenannten Raps- Bitumenemulsionen, von Geuder als „RapsAsphalt“ vermarktet.
Viel Potenzial für Nachhaltigkeit
Er zeigt eine kleine Gemeindeverbindungsstraße, die er mit seiner Firma im vergangenen Jahr mit Rapsasphalt saniert hat. Der Farbton ist etwas heller als das satte Schwarz, das man sonst von Asphalt kennt, ansonsten ist für den Laien kein Unterschied erkennbar. Die Oberflächenbehandlung, die Geuder hier durchführte, ist das bislang einzige Anwendungsgebiet für Asphalt mit Rapsöl-Anteil. „Bei einer Oberflächenbehandlung wird auf die beschädigte Straßendecke nochmal eine Asphaltschicht aufgebracht“, erklärt Geuder. „In diesem Fall aus RapsAsphalt.“
Bessere bauliche Eigenschaften durch Rapsöl
2004 gab Geuder bei der TU München eine Studie zu den baulichen Eigenschaften seines Raps- Asphalts in Auftrag. Das Ergebnis: Durch das Rapsöl wird der Asphalt schneller fest, kann also früher befahren werden und hält etwa 20 Prozent länger als herkömmliche Verfahren. Eine Oberflächenbehandlung halte normalerweise etwa acht Jahre, sagt Fink. Bei Raps-Bitumenemulsionen seien es zehn Jahre oder mehr. Die Chemikerin begleitete die Studie damals: „Das Rapsöl wirkt im Bitumen als Fluxmittel und verharzt durch den Einfluss von Sauerstoff und Licht.“ Dadurch verklebe das Bitumen besser mit dem Gestein, der Asphalt verfestige sich schneller, werde vier Mal so hart – "und ist alterungsbeständiger."
Kleiner Rapsöl-Anteil – große Wirkung
Raps-BitumenemulsionenNur auf kleineren Straßen einsetzbar
Kritik am Rapsöl im Asphalt
Ein Blick in die betreffende Studie zeigt ein differenziertes Bild: Biogene Öle wie Rapsöl hätten demnach positive Auswirkungen auf Klima und Ressourcenverbrauch. Dafür gebe es Nachteile durch Überdüngung und Versauerung der Böden. In Summe seien die Umweltauswirkungen vergleichbar mit herkömmlichen Verfahren, teilweise sogar höher. Die Schweizer Studie sieht in biogenen grundsätzlich zwar Potenzial, aber auch noch viel Forschungsbedarf.
1 m² Rapsasphalt benötigt 1 m² Rapsfeld
Klaus Geuder hofft, dass die aktuelle Klimadebatte sich auch im Straßenbau auswirkt: „Es gibt in diesem Bereich noch so viele Möglichkeiten für Nachhaltigkeit. Aber auf staatlicher Seite ist das Interesse leider oft nicht genügend vorhanden.“
Elektromobilität
Die Lithium-Ionen-Batterien im Kreuzfeuer der KritikElektromobilität: Alternativlose Alternative?von Amelie Mangler
Entwicklung der Elektroautos
Doch von der angestrebten Million Elektrofahrzeuge auf den deutschen Straßen bis 2020 sind nach aktuellen Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts bisher nur 137.000 erreicht. Was bedeutet das für die Zukunft der Elektromobilität? Und ist die Elektromobilität mit der umstrittenen Lithium-Ionen-Batterie wirklich die Zukunft?
Elektromobilität als Zukunftsmodell
In der „Modellstadt der Elektromobilität“ Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) wird intensiv an Verbesserungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Elektromobilität geforscht. Vor mittlerweile zehn Jahren initiierte das Team um Jörg Geier in der 15.000-Einwohner-Stadt die Forschung an Themen wie Ladetechnik, Batteriemanagement- oder Active-Balancing- Systemen. „Ob Tesla, Ford oder BMW: Alle haben in irgendeiner Form Technik aus Bad Neustadt in ihren Autos oder wurden durch Bad Neustädter Technik geprüft“, sagt Geier. In den vergangenen zehn Jahren seien in ortsansässigen Unternehmen 750 neue Arbeitsplätze im Bereich Elektromobilität entstanden.
Internationaler Vergleich
Ist schon die Trendwende zum E-Auto in Sicht?
Co2-Bilanz besser als bei Benzinern
Kritik an Lithium-Ionen-Batterie
Eine These, die Geier bestätigt: „Elektronik enthält in Masse und Gewicht mehr Kobalt als alle E-Autos auf der Welt zusammen.“ Dennoch prognostiziert das Kölner Institut für Wirtschaft, dass die Kobalt-Nachfrage bis 2025 auf rund 225.000 Tonnen jährlich steigen könnte.
Lithium im Kreuzfeuer
Doch die Ressource ist endlich. Recyceln sei in Deutschland noch zu kompliziert und nicht rentabel, so Fichtner. Im Unterschied zu Kobald lohnt es sich uch laut Karlsruher Institut für Technologie (KIT) derzeit weder ökonomisch noch ökologisch, Lithium aus den Batterien zu recyceln.
Blaupause bei Alternativen
Biologische Reinigungsmittel mit heimischen TensidenReinigen ganz ohne Chemievon Hanne Scheidler
Herkömmliche Putzmittel verunreinigen die Natur
verschiedensten Chemikalien wird das perfektioniert. Oft haben die Mittel aber negative Nebeneffekte und schädigen den putzenden Verbraucher. Eine Langzeitstudie von der Universität Bergen in Norwegen kam 2018 zu dem Ergebnis, dass Reinigungsmittel sogar ähnlich wie das Rauchen die Lungen schädigen können. Auch die Folgen für die Umwelt sind erheblich.
Laut Umweltbundesamt kommen in deutschen Haushalten jährlich rund 480.000 Tonnen chemische Reinigungs- und
Pflegemittel zusammen. Mit dem Reinigungswasser gelangen entsprechend viele Substanzen in die Umwelt, die nur teilweise oder gar nicht in Kläranlagen abgebaut werden – zum Schaden des gesamten Ökosystems.
Nachhaltigkeitssiegel sorgen für Gewissheit
"Allerdings gibt es umweltfreundliche Siegel für Reiniger, auf die man achten sollte" sagt Messerschmidt und nennt beispielsweise Blauer Engel, Euroblume oder Ecocert. Die Siegel stehen dafür, dass nicht nur die Verpackung, sondern vor allem der Inhalt biologisch ist. Sie lassen den Verbraucher erkennen, dass die jeweiligen Tenside aus nachwachsenden Rohstoffen wie Sonnenblumen, Raps oder Oliven gewonnen
werden und nicht mehr als fünf Prozent künstliche Konservierungsstoffe enthalten sind.
Tenside als zentrale Substanzen
Regional und 100 Prozent biologisch
Biofilon will Verbrauchern in privaten und industriellen Bereichen umweltverträgliche Reinigungsmittel bieten, die erschwinglich sind. Zwar könne vor allem in der Industrie im Moment noch nicht alles durch rein biologische Mittel ersetzt werden, So Knittel: "Aber sie können einen großen Teil der chemischen Reiniger ersetzen.“ Es gebe schon viele Möglichkeiten, etwas zu verändern – auch in der Industrie.
Nachhaltigkeit im Unternehmen
Bewusster Umgang mit Reinigungsmitteln
Messerschmidt vom Kompetenzzentrum Hauswirtschaft. Man könne auch Reinigungsmittel sparen, wenn man Tücher verwendet, die mehr Schmutz aufnehmen.
Der Wille ist da
Knittel ist optimistisch: „Da passiert viel momentan. Der Wille, wirklich etwas zu verändern, ist da.“
Nachhaltiger KonsumZwischen Umweltschutz und Kaufrauschvon Selina Pellner
Der Konsum privater Haushalte ist eine Belastungsrobe für die Umwelt. „Letztlich haben die Konsumenten 60 bis 70 Prozent der Umweltfolgen in der Hand“, sagt Armin Grunwald, Leiter des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag. Damit geht ein beachtliches Potenzial zur Verringerung der Umweltbelastung einher – eine große Verantwortung für die Verbraucher, die zwischen nachhaltigem Konsum und Kauflust stehen.
Nachhaltiger Konsum – ein Absurdum?
Für Susanne Waldmann, Gründerin und Geschäftsführerin des Unverpackt-Geschäfts in Würzburg, ist das Konzept des nachhaltigen Konsums jedoch ein Widerspruch in sich. „Konsum ist nie nachhaltig“, erklärt sie, weil selbst nachhaltiger Konsum einen Verbrauch von Ressourcen mit sich bringt. So sei mit nachhaltigem Konsum lediglich der bewusste Umgang mit Gütern und Dienstleistungen gemeint, die für das Leben notwendig sind.
Die Nachfrage nach grünen Produkten steigt
Rebound-Effekt im Konsumverhalten
Laut Angaben des Statistischen Bundesamts gaben deutsche Haushalte im Jahr 2019 rund 64,4 Milliarden Euro für Bekleidung aus, zehn Jahre zuvor waren es noch 54,47 Milliarden Euro. „Das ist das typische Luxusphänomen“, erklärt Grunwald. Auch für Matthias Pieper, Mitgründer des Zukunftshaus Würzburg, ist es eine Belastungsprobe für die Umwelt, „weil dieser ganze Ressourcenschwanz, der da hinten dranhängt, total unnachhaltig ist und unsere Erde diese Ressourcen gar nicht zur Verfügung stellt.“
Der Preis der Nachhaltigkeit
Die Würzburgerin Susanne Waldmann lässt dieses Argument nicht gelten: „Viele haben das Geld, einen Großteil von Produkten mit Bio zu decken, doch die Konsumenten setzen andere Prioritäten.“ Denn laut der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen steigen die Ausgaben neben der Textilbranche auch in der Reisebranche.
Umweltschutz mit kleinem Geldbeutel
Bei der Effizienz solcher Maßnahmen herrscht jedoch Uneinigkeit. „Es kann sein, dass die Summe dieser kleinen Maßnahmen eben nicht ausreicht, um diesen ganz großen Tanker Weltwirtschaft mit dem Konkurrenzdenken und der Wachstumserwartung von Milliarden von Menschen dahinter, umzustellen“, so Grunwald.
Prinzipielle und realistische Macht der Verbraucher
So tragen die Konsumenten nicht die alleinige Verantwortung für mehr Nachhaltigkeit. „Verbraucher sind aus meiner Sicht wichtig, aber Politik und Wirtschaft sind wichtiger, weil sie den Verbrauchern helfen müssen, auch die richtigen Produkte kaufen zu können“, erklärt Pieper.
VERARBEITEN
BIOMASSE VERARBEITENVon der Wegwerf- zur Kreislaufwirtschaft
Biogasanlagen
BiogasanlagenVom Stall zur Steckdosevon My Hanh Huynh, Christoph Klein, Markus Schaupp und Leonie Zengerle
In Deutschland werden schon heute circa 60 Prozent der erneuerbaren Energien aus Stoffen wie Gülle, Mist, Lebensmittelabfällen und landwirtschaftlichen Produkten gewonnen. Aus dieser Biomasse wurden im Jahr 2019 laut des Umweltbundesamtes mehr als 50 Terawattstunden Biogas erzeugt. Das entspricht rund 12 Prozent des gesamten erneuerbaren Stroms. Jedoch können in Biogasanlagen nicht nur Strom, sondern auch Wärme und Biomethan für Kraftstoffe erzeugt werden.
Nachhaltig, flexibel, speicherfähigBiogas
Mit dem gewonnenen Biogas wird Strom erzeugt, der dann für Heizungen, Gasherde oder Kraftfahrzeuge genutzt werden kann. Wie dieser Prozess funktioniert, erklärt Landwirt Christian Endreß, der eine Biogasanlage im mittelfränkischen Ulsenheim betreibt:
Lagerstelle
Mais erzeugt besonders viel Energie, ist jedoch erst ab der Erntezeit im September verfügbar.
Lagerstelle
Mist von Schweinen, Rindern, Pferden und vielen weiteren Tieren ist das am häufigsten verwendete Material in Biogasanlagen.
Fermenter
Die angelieferten Rohstoffe werden durch Bakterien vergärt, wodurch verschiedene Gase entstehen. Diese werden an das Blockheizkraftwerk weitergeleitet.
Blockheizkraftwerk
Durch die in der Gärung entstandenen Gase wird ein Motor betrieben, der durch Drehbewegung Strom erzeugt. Als Nebenprodukt entsteht durch den Betrieb des Motors Wärme.
Reststoffe
Nachdem die Rohstoffe komplett verarbeitet wurden, können die Reststoffe von Landwirten als Dünger genutzt werden.
Speicherstelle
Falls im öffentlichen Netz kein Bedarf an Strom oder Wärme besteht, können die durch Gärung entstandenen Gase bis zu ihrer Weiterverarbeitung gespeichert werden.
Biogas in der Kritik
Je mehr Biogasanlagen es in einer Region gibt, desto teurer ist auch das Ackerland in der Umgebung. Der Grund: Die dort angebauten Nutzpflanzen können gewinnbringend an Biogasanlagen verkauft werden. Für landwirtschaftliche Betriebe, die Viehzucht betreiben und Futter für ihre Tiere anbauen, sind die Preise jedoch zu hoch. Der Ackerbau rentiert sich für sie nicht mehr.
Ein weiteres Problem: Beim Anbau von Biogaspflanzen entstehen immer mehr Monokulturen. So wird auf vielen Feldern zum Beispiel ausschließlich Mais angebaut, der besonders gut verkauft werden kann. Dem Boden werden dadurch langfristig Mineralien entzogen, wodurch er zunehmend unfruchtbar wird. Auch auf die Artenvielfalt in der jeweiligen Region hat das negative Auswirkungen.
Trotzdem haben Biogasanlagen Vorteile gegenüber anderen erneuerbaren Stromerzeugern. Dr. Wilhelm Böhmer, Direktor des Bayerischen Bauernverbands für Franken erklärt, welche das sind:
Ohne Bauern kein Biogas
Biogasanlagen nicht mehr rentabel?
Für viele Biogasanlagen laufen diese Förderungen Ende 2020 jedoch aus. Für eine Vielzahl der Betreiber werden ihre Anlagen dann nicht mehr wirtschaftlich sein und sie werden schließen müssen. Das trifft nicht nur die Betreiber: Auch die Bauern, die ihre Produkte unter anderem an Biogasanlagen liefern, verlieren dadurch ihre Haupteinnahmequelle. Der Bayerische Bauernverband geht davon aus, dass in den nächsten Jahren immer mehr landwirtschaftliche Betriebe schließen werden.
Für den Privatverbraucher bedeutet das: höhere Strompreise, Import von nicht ökologisch hergestellten Lebensmitteln aus dem Ausland sowie eine zunehmende Arbeitslosigkeit im landwirtschaftlichen Sektor. Der Bauernverband will dieser Entwicklung entgegenwirken und das Image von Biogasanlagen aufbessern, wie Dr. Wilhelm Böhmer erklärt:
Biokohle
PflanzenkohleKatalysator für die Umwelt von Alexander Borsig, Nils Aumann und Jonas Orf
und gewinnt das vielfältige Naturmaterial aus Reststoffen der Schokoladenindustrie.
Etwa 13 Millionen Tonnen biogene Reststoffe fallen in der deutschen Lebensmittelindustrie jährlich an. Das zeigt eine Studie der Hochschule Bremen und der Universität Gießen. Dazu kommen große Mengen an Grünabfällen und Holzresten aus der Land- und Forstwirtschaft. Häufig bleiben diese wertvollen Reststoffe ungenutzt. Der Würzburger Unternehmensgründer Felix Ertl hat dieses Potenzial erkannt: Mit seinem Start-Up Circular Carbon verarbeitet er Kakaoschalen aus der Schokoladenproduktion zu nährstoffreicher Pflanzenkohle. Diese kann zum Beispiel als Futtermittel oder Bodenverbesserer eingesetzt werden – und die Möglichkeiten der Pflanzenkohle sind damit noch lange nicht ausgeschöpft.
Umweltschutz für künftige GenerationenLebensgrundlagen erhalten
Das oberste Ziel des Gründers: die natürliche Lebensgrundlage auf der Erde für künftige Generationen erhalten. Der Einklang von Nachhaltigkeit und wirtschaftlichem Erfolg ist deshalb integraler Bestandteil seiner Unternehmensphilosophie. Mit Pflanzenkohle aus biologischen Reststoffen trägt sein Unternehmen Circular Carbon dazu bei, Treibhausgase zu reduzieren und leistet so einen Beitrag zum Umweltschutz.
Von der Kakaoschale zur Biokohle
Das Vorherbild zeigt die Kakaoschalen und Reststoffe der Schokoladenindustrie. Im Prozess der Karbonisierung entsteht aus dem Biorohstoff die Pflanzenkohle. Ihre Eigenschaften machen die Pflanzenkohle zu einem wertvollen Biomaterial, wie Felix Ertl im Interview erläutert:
Ein anpassungsfähiger Rohstoff
So haben die Temperatur, die Prozessdauer und die Aufwärmgeschwindigkeit Auswirkungen auf die fertige Biokohle: Wenn die Kohle zum Beispiel vor allem Mineralstoffe binden soll, muss sie bei niedrigen Temperaturen durchglühen. Bei höheren Temperaturen steigt wiederum die Stabilität der Pflanzenkohle.
EinsatzmöglichkeitenEin Multitalent
EinsatzmöglichkeitenPflanzenkohle als Futtermittel
Wird die Kohle von den Tieren schließlich wieder ausgeschieden, landet sie entweder direkt auf der Weide oder, in Form von Gülle, auf den landwirtschaftlichen Ackerflächen. In beiden Fällen gelangen ihre Nährstoffe in den Boden und fördern so das Pflanzenwachstum.
DürrePflanzenkohle als Wasserspeicher
Grundlage dieses Konzepts ist ein spezieller Strukturboden. Er verhindert, dass sich der Boden verdichtet, also verformt. Dadurch wird er belastbarer. Der Strukturboden setzt sich aus größeren Gesteinen mit geschützten Hohlräumen zusammen, in die dann Pflanzenkohle und Kompostmischungen eingespült werden. Die Pflanzenkohle funktioniert hier wie ein Schwamm: Sie speichert Wasser im Boden und hält es bei Starkregen zurück. Gleichzeitig bindet die Kohle wichtige Nährstoffe. Damit fördert die Pflanzenkohle das Wachstum der Bäume und hilft, ihren natürlichen Lebensraum wiederherzustellen.
Nachhaltig wohnen
Im Holzhaus zum KlimazielNachhaltig Bauen mit Holzvon Ioannis Karagogos und Tobias Vollmer
Laut Statistischem Bundesamt wurden 2019 in Deutschland rund 22.300 Neubauten in Holzbauweise genehmigt – fast 10.000 mehr als noch vor zehn Jahren. Damit wird derzeit fast jedes fünfte neue Haus aus Holz gebaut. Steigt dieser Anteil weiter, könnte der Holzbau in den kommenden Jahren einen erheblichen Teil zum Erreichen der Klimaschutzziele leisten, erklärt Ulf Rössler vom Münchner Architekturbüro dressler mayerhofer rössler:
Vom Baum bis zum HausHolz als CO2-Speicher
Werden die Bäume dann zu Bauholz und schließlich zum fertigen Holzhaus weiterverarbeitet, dient das Holz als wertvoller CO2-Speicher, während im Wald neue Bäume der Atmosphäre CO2 entziehen. Sofern regionales Holz zum Einsatz kommt, das keine unnötigen Transportwege verursacht, ist der Holzbau damit nahezu klimaneutral.
Der Münchner Prinz-Eugen-Park Eine ökologische Mustersiedlung
Der Münchner Prinz-Eugen-Park Eine ökologische Mustersiedlung
Auch das Architekturbüro dressler mayerhofer rössler hat aktiv an dem Projekt im Prinz-Eugen-Park mitgewirkt. Ulf Rössler berichtet bereits von positiven Rückmeldungen der ersten Bewohner: „Es ist unglaublich, was für eine Ausstrahlung dieser Baustoff hat“, so der Architekt.
Quelle Bilder: Michael Nagy / Landeshauptstadt München
In Qualität investieren
Baustoffe aus HolzrestenKeine knappe Ressource
Bierkohle
Holzkohleersatz für nachhaltiges GrillenGrillkohle aus Brauereirestenvon Nadine Achenbach und Vanessa Mei
Grund dafür ist die Holzkohle, die laut einer Studie des Unternehmens für Marktforschung Nielsen bei den meisten Deutschen den Grill anheizt. Das Fraunhofer-Institut UMSICHT hat aus Brauereiresten eine nachhaltige Alternative entwickelt. Projektmanager Fabian Stenzel erklärt, warum der Holzkohleersatz dringend gebraucht wird:
Illegaler Holzkohle-ImportEine Gefahr für unsere Wälder
Gleichzeitig gibt es in der EU für den Import von Holzkohle keine Kontrollinstanz. Es wird also auch nicht behördlich geprüft, ob die nach Deutschland importierte Holzkohle legal produziert wurde. Umso wichtiger ist es für umweltbewusste Verbraucher, selbst auf die Herkunft ihrer Grillkohle zu achten. Das Umweltbundesamt empfiehlt Holzkohle mit einem FSC-Siegel. Dieses garantiert unter strengen Kontrollen, dass das verwendete Holz aus einer nachhaltigen Forstwirtschaft stammt.
Nachhaltige AlternativenGrillkohle aus Produktionsresten
Nur vermeintlich nachhaltiger?Lange Transportwege als Klimafaktor
Aus der RegionDas Problem mit dem Biertreber
Biertreber ist sehr eiweiß- und ballaststoffhaltig und wird in der Landwirtschaft als Futtermittel eingesetzt. Weil er schnell verdirbt, entsteht jedoch vor allem in großstädtischen Regionen häufig ein Biertreber-Überschuss. Zusätzlich erschweren gesetzliche Futtermittel-Restriktionen eine langfristige Nutzung der Brauerei-Abfälle. So bleiben die Reststoffe oft ungenutzt und müssen von den Brauereien aufwendig entsorgt werden.
Hans-Peter Drexler, Braumeister und technischer Betriebsleiter bei Schneider Weisse beschreibt, um welche Ausmaße es sich handelt:
Holzkohle-Ersatz aus der RegionVom Biertreber zur Grillkohle
Gleicher Grillspaß mit besserem GewissenDie Qualität entscheidet
Verwertung problematischer Abfälle
Saubere Energie – Dreckiges Ende? Recycling von Windkraftanlagen von Phillip Charlet und Marvin E. Molwitz
5.000 Anlagen vor dem Aus?
Eine Studie des Umweltbundesamts prognostiziert einen verstärkten Rückbau von Windkraftanlagen und warnt vor Engpässen bei den Recyclingkapazitäten. Doch nicht nur die ablaufende EEG-Förderung ist ein möglicher Grund dafür, dass bald zahlreiche Anlagen abgebaut werden könnten. Lars Schnatbaum-Laumann von der EnergieAgentur.NRW erläutert:
Recycling als HerausforderungProblematische Bestandteile
Zwar kann die Glasfaser aus GFK-Abfällen als Sandersatz in Zementwerken wiederverwertet werden, der übrige Kunststoff wird jedoch nur energetisch recycelt, also verbrannt. CFK-Anteile werden bislang nicht einmal in die Verbrennungsanlage gegeben, da sie diese beschädigen können. Die Beseitigung dieser Abfälle könnte zum Problem werden.
Frank Kreimer, Geschäftsführer der Hagedorn Abbruchservice GmbH, warnt vor den Folgen unsachgerechter Entsorgung:
Teurer Rückbau80.000 Euro pro Megawatt
Für die Betreiber bleibt der Rückbau dennoch ein Problem, vor allem in finanzieller Hinsicht: Nach Aussage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie kostet der Rückbau einer Windkraftanlage durchschnittlich rund 80.000 Euro pro Megawattstunde. Zum Vergleich: Eine Windkraftanlage mit einem Megawatt Leistung erwirtschaftet bei 1.800 Volllaststunden im Jahr ca. 16.600 Euro Nettogewinn. Laut Kreimer variieren die Kosten für den Rückbau allerdings stark in Abhängigkeit von Standort, Typ, Zustand, Alter und Wiederverwertbarkeit der Anlage.
Kreislaufwirtschaft unmöglich?Keine Lösung in Sicht
Die Herausforderung bestehe darin, „ein wirtschaftliches und vor allem ressourceneffizientes Verfahren für das Recycling von glas- und kohlefaserverstärkten Kunststoffen zu entwickeln“, macht auch Alexander Hofmann, Gruppenleiter Recyclingtechnologien bei Fraunhofer UMSICHT, deutlich. Eine vollständige Kreislaufwirtschaft sieht er in naher Zukunft als unrealistisch:
Fair-FashionWenn aus Müll Mode wird von Carolin Blatzheim
Seit 2017 produziert das Kölner Startup-Unternehmen Airpaq hochwertige Rucksäcke. Der Clou: Sie bestehen zu 100 Prozent aus alten Auto-Airbags. „Unsere Vision ist es, eine nachhaltige Alternative zu konventionellen Produkten zu schaffen“, beschreiben die beiden Unternehmensgründer Adrian Goosses und Michael Widmann die Philosophie ihres Unternehmens.
Dafür benutzen sie das Konzept des ‘Upcyclings‘. Upcycling ist eine besondere Form des Recyclings, bei der aus gebrauchten oder kaputten Gegenständen ein neues, hochwertiges Produkt geschaffen wird. Was sonst seinen Weg in die Verbrennungsanlage findet, wird so beispielsweise wieder zu einem Alltagsgegenstand. Ein Prozess, bei dem durch gezielte Wiederverwertung von Materialen auch die Verschwendung von Rohstoffen verhindert wird.
Foto: Martin Steinbach / Airpaq
Sind Upcycling-Produkte nachhaltig?
Ein Beispiel hierfür ist die Autoverwertung. Laut Umweltbundesamt finden rund eine halbe Millionen Pkws jährlich ihren Weg zur Autoverwertung. Einige der im Auto verbauten Rohstoffe lassen sich wiederverwerten. Dazu gehören vor allem Eisenmetalle, Aluminium und Buntmetalle wie Kupfer, Cadmium oder Nickel. Alte und kaputte Airbags hingegen können in der Autoindustrie aufgrund des enthaltenen Sprengstoffs nicht weiterverwertet werden. Sie müssen unter strengen Regulierungen fachgerecht gezündet und zusätzlich aufwendig gesäubert werden, da die enthaltenen Materialen eine Gefahr für die Umwelt darstellen.
Airpaq legt großen Wert auf nachhaltiges Handeln in allen Prozessschritten. Die Rucksäcke werden in Rumänien unter strengen EU-Umweltschutzstandards produziert. Eine Produktion außerhalb Europas stand nicht zur Debatte: „Fair-Fashion und Nachhaltigkeit gehen für mich Hand in Hand. Ich kann kein nachhaltiges Business führen und dann sagen, mich interessiert nicht, wo die Dinge herkommen“, so Goosses. Zudem habe die Nähe zu Deutschland den Vorteil, die Produktion persönlich begleiten zu können.
Gegen Green Washing vorgehenErfolg durch Transparenz
Denn seit die Nachhaltigkeit in der Modebranche einen immer höheren Stellenwert erlangt, missbrauchen Unternehmen den nachhaltigen Modegedanken zu ihren persönlichen Marketingzwecken. Dieses Phänomen nennt man „Green Washing“. Darunter fallen Kampagnen und PR-Aktionen, in denen Firmen sich der Öffentlichkeit mit einem „grünen Image“ präsentieren und dem Kunden ihre Produkte als „ökologisch wertvoll“ verkaufen, obwohl dies nicht den Tatsachen entspricht.
Konkurrenz im Nischenmarkt
Als größere Konkurrenz sehe der junge Unternehmer konventionelle Fashion-Unternehmen: „Wenn ich es mit meinem Produkt schaffe, jemanden zu überzeugen, der sonst ein konventionelles Produkt aus schlechter Herstellung kauft, dann habe ich etwas erreicht.“ Das funktioniere mit den Airbags ganz gut, da das Material Rucksack-Stoffen ähnele. „Unsere Kunden müssen keine riesigen Upcycling-Fans sein, um die Produkte zu kaufen. Dadurch heben wir uns in der Branche auch ein bisschen ab. Ein ganz konventioneller Kunde kann unsere Produkte cool und praktisch finden“, erklärt Goosses. Dennoch ist die Fair-Fashion-Branche immer noch ein Nischenmarkt und die Preise für nachhaltige Produkte, verglichen mit konventionellen Produkten, sind hoch. Denn eine nachhaltige Produktion ist mit Kosten verbunden. Während ein konventionell hergestellter Rucksack mit 35 Liter Volumen zwischen 70 und 115 Euro kostet, liegt ein vergleichbarer Rucksack von Airpaq bei 219 Euro.
Auf dem Foto: Airpaq UG
Zukunft in der Fair-Fashion-Branche
Doch erst 2018 ergab eine Studie des Marktforschungsinstituts Appinio, dass sich nur 23 Prozent der Befragten zwischen 14 und 34 Jahren vorstellen könnten, in Zukunft nachhaltige Mode zu kaufen, weitere 38 Prozent könnten sich das tendenziell vorstellen. Wann dies der Fall ist und wie eine nachhaltige Modebranche aussieht, darüber lässt sich nur spekulieren. Dass Upcycling und Recycling in Zukunft weiterhin wichtig sein werden, davon ist Adrian Goosses überzeugt.
MedizintechnikNachhaltige Materialien auf dem OP-Tischvon Svenja Zeitler
Medizinprodukte im Wandel
Erforschung von Biopolymeren
Auch Polyactid (PLA) und Polyhydroxyalkanoate (PHA) zählen dazu. Während PLA auf der Basis von Maisstärke und Milchsäure hergestellt wird, werden PHA von Bakterien als Energiereserve produziert. Beide Biopolymere werden intensiv erforscht und sind vereinzelt schon für die Verwendung im medizinischen Bereich zugelassen.
Kunststoff-Alternativen sind einsatzbereit
Gerade im Verpackungsbereich ist der Umstieg auf die nachhaltige Alternative naheliegend: Die Produkte haben meist eine geringere Lebensdauer und werden nach einmaliger Benutzung recycelt oder entsorgt. "Anders als bei Produkten, die mehrere Jahrzehnte im Einsatz sind, ist hier keine aufwendige Erforschung von Langzeiteigenschaften der eingesetzten Biopolymere nötig", erklärt der Materialentwickler des SKZ.
In der Praxis keine Priorität
In Krankenhäusern wie dem Klinikum in Bamberg stünden Aspekte wie die praktische Anwendung und die Risikobewertung noch über der Umweltverträglichkeit. So könnten zum Beispiel neue, nachhaltige Produkte umständlicher in der Handhabung sein und damit eine Fehlerquelle sein, sagt Lindner. Als Beispiel führt sie ein umweltfreundliches Reinigungsmittel an, das sich in der Anwendung möglicherweise von herkömmlichen Produkten unterscheidet und damit reibungslose Abläufe im Klinikalltag stört.
Von Seiten der Anwender sprechen also trotz der generellen Bereitschaft zu mehr Nachhaltigkeit noch Funktionalität, Praktikabilität und der Kostenfaktor gegen umweltfreundlichere Medizinprodukte. Und auch der Preis für nachhaltige Materialien liegt noch über dem für konventionelle Produkte.
Wirtschaftlicher DruckNachhaltigkeit in der Pharmaindustrie
Erfahrungswerte sammeln
Bei der Zulassung als Medizinprodukt stehe den Biokunststoffen eigentlich nichts im Wege. Die Richtlinien, welche die Zulassungsvoraussetzungen für Biopolymere in der Medizintechnik festlegen, unterscheiden häufig nicht zwischen biobasierten oder petrochemischen Materialien. Prinzipiell spreche laut Rudloff deshalb nichts gegen die Zulassung von Medizinprodukten aus Biokunststoffen. Das Hauptproblem sei vielmehr die geringe Erfahrung mit den noch recht jungen Werkstoffen. Oft seien Zulassungen schlicht noch nicht vorhanden und bestimmte Aspekte noch nicht ausführlich genug erforscht. Das könne sich jedoch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten ändern.
Erfolg in Sicht
Mit kontinuierlicher Forschung zum Ziel
Nicht nur das Potenzial für mehr Nachhaltigkeit im medizinischen Sektor, auch die Bereitschaft von Herstellern und Anwendern sowie geeignete Lösungen sind vorhanden. Die Entwicklung steht allerdings noch am Anfang und wird noch einige Hürden zu bewältigen haben. Die Forschung befindet sich hier allerdings auf einem guten Weg. So sind offenbar Nachhaltigkeit und die Sicherung von Gesundheit und Hygiene miteinander vereinbar.
Wie Fleischersatzprodukte Umwelt und Gesundheit schonenFast Fleischvon Anne Köppen
Öffnet man die Verpackung des „Lotao Jackfruit Currys“, strömt einem der Geruch von orientalischen Gewürzen in die Nase – ein Hauch von Schärfe. „Die neue Alternative zu Fleisch“ steht auf der Packung. Die dunkelbraun marinierten Fleischersatz-Stücke sind faserig, weich und gut gewürzt – und erinnern an Rindfleischstücke in einem Gulasch. Aber: Es ist Jackfruit. Noch nicht allzu lang reiht sich die Tropenfrucht in die Auswahl an Veggie-Burgern oder vegetarischem Aufschnitt ein. Viel über die Frucht aus dem asiatischen Raum wissen die meisten Konsumenten bislang nicht. Dabei liefert sie gute Gründe, auf Fleisch zu verzichten.
Jackfruit als Fleischersatz
Gründer des Unternehmens Lotao aus Berlin. Die größte an Bäumen wachsende Frucht ist, noch unreif geerntet, weitgehend geschmacksneutral. Der Kunde bekommt sie in Salzlake eingelegt sowie als Curry oder Geschnetzeltes zubereitet. Manko der Frucht: ihr niedriger Proteinanteil. Und dass sie bereits etliche Kilometer aus Bangladesch oder Thailand zurückgelegt hat, bevor sie auf unseren Tellern
landet.
Positive Ökobilanz von Ersatzprodukten
Beim Kauf von Fleischersatz aus Jackfruit sollten die Konsumenten auf die Anbaubedingungen achten. Sind die Früchte fair gehandelt und tragen sie Bio-Siegel? Oder kommen sie aus Monokulturen und nicht zertifiziertem Anbau? Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Ökobilanz von pflanzlichen Fleischersatzprodukten gibt es bislang nur in Bezug auf Soja. Eine Studie des Umweltbundesamts (UBA) kam gerade zu dem Ergebnis, dass für die Produktion eines Kilogramm Fleischersatz auf Sojabasis 2,8 Kilogramm Treibhausgase ausgestoßen werden. Zum Vergleich: Für Schweinefleisch liegt der Wert bei 4,1 kg, für Geflügel bei 4,3 kg und für ein Kilogramm Rindfleisch sogar bei 30,5 kg.
Fleischverzehr geht zurück
NährstoffeEs geht auch ohne Fleisch
Fleisch verzichtet, sollte der DGE zufolge durch eine ausgewogen und abwechslungsreiche Ernährung mit Milch- und Milchprodukten, Eiern, Gemüse und Hülsenfrüchten, Obst, Vollkornprodukten, Nüssen und Samen die Versorgung mit
allen wichtigen Nährstoffen sicherstellen.
Die Konsumenten sind gefragt
Die beispielsweise gehören zum Angebot des Unternehmens amidori aus Bamberg: Mithilfe eines vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) in Freising entwickelten Verfahrens stellt das Unternehmen Fleischersatz auf der Basis von Erbsenproteinen her. „Es ist unser Anspruch, daran zu forschen, wie wir Fleischersatz nachhaltiger gestalten können", sagt Raffael Osen, Abteilungsleiter Verfahrensentwicklung beim Freisinger Fraunhofer-Institut. "Also zum Beispiel Pflanzenrohstoffe verwenden, die hier auf dem Feld wachsen. Lupine ist da eine super Möglichkeit.“ Die Hülsenfrucht mit 40 Prozent Proteinanteil lässt sich regional und auf nährstoffarmen Böden anbauen. Ähnlich wie die Erbse, die seit 2015 die Basis für die Pflanzenproteine von amidori ist.
Pflanzenproteine ohne den Umweg übers Tier nutzen
Wo Wind und Sonne fehlen:Kraft-Wärme-Kopplung als Alternativevon Alicia Weigel
Die gesamte Energie für das eigene Haus selbst zu produzieren: Das wünschen sich viele Verbraucher nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen. Neben Photovoltaik oder Windanlagen gibt es eine weitere Möglichkeit: Kraft-Wärme-Kopplung, kurz KWK. Die Blockheizkraftwerke erzeugen gleichzeitig Strom und Wärme, ein Verbrennungsmotor treibt dabei einen Stromgenerator an. Die anfallende Abwärme wird dann für die Heizung und das Warmwasser genutzt.
Versorgungssicherheit durch Erdgas
Suche nach neuem Energieträger
Für eine klimaneutrale Zukunft
Die Herausforderung: Gerade am Anfang wird nur ein sehr geringer Anteil an Wasserstoff ins Gasnetz gemischt. Die Anlage soll sich dann ohne manuelle Einstellungen automatisch auf den Wasserstoffanteil anpassen und so immer die bestmöglichen Wirkungsgrade unter Einhaltung der Emissionsgrenzwerte erreichen. Damit wäre der "Dachs" komplett klimaneutral, sagt Hagen Fuhl. Das Ziel: ein emissionsfreier Gebäudebestand. In in paar Jahren soll der "Dachs" in einer neu gebauten Schule in Haßfurt eingesetzt werden, da die Stadt hier ihr Gasnetz bereits mit Wasserstoff speist. Foto: Eckhard
Regulierbare Anlagen sind notwendig
Soll heißen: Es sollen Anlagen gebaut werden, die regulierbar sind. „Wir brauchen Anlagen, die nach links und rechts schauen und dann liefern, wenn kein Strom und keine Wärme von den erneuerbaren Energien kommt“, sagt Gores. Ähnlich sieht das Fuhl: „Die KWK hilft, die Schwankungen der Erneuerbaren auszugleichen. Damit kann die Versorgungssicherheit in Deutschland auch dauerhaft gewährleistet werden“. Laut KWK-Evaluierungsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums werden heute bereits 19 Prozent des deutschen Gesamtstrombedarfs durch Kraft-Wärme-Kopplung sichergestellt.
Regularien als Hindernisse
Nachhaltige Baustoffe / SKZ
Carbonbeton und Recycling steigern die Nachhaltigkeit am BauKlimaneutrales Bauenvon Lea Reuter
„Wenn wir Baustoffe in einer kritischen Menge produzieren und verwenden, ist es irgendwann nicht mehr nachhaltig. Dann ist es einfach zu viel“, sagt Hermann Achenbach, Leiter der Forschungsgruppe „Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft“ beim Kunststoffzentrum in Würzburg (SKZ). Und werde weiterhin so viel Beton eingesetzt wie bisher, führe das zu akutem Mangel an Ressourcen wie Sand und Kies.
Suche nach Zementersatz
Aber die Suche nach nachhaltigen Alternativen hat begonnen. Seit 2014 läuft das C³-Projekt über Carbonbeton an der TU Dresden mit rund 160 Partnern, darunter dem SKZ. Das SKZ forscht neben Carbonbeton an holzbasierten Kunststoffen und Rohren aus Industrieabfällen, die ebenfalls im Baubereich Anwendung finden.
Herstellung auf Erdölbasis
„Stahlbeton hat sich sukzessive in den letzten 100 Jahren als der Massenbaustoff entwickelt“, sagt Dr. Matthias Lieboldt, C³-Projektmanager. Das Problem: Der Stahl, der im Beton als Bewehrung eingesetzt wird und dadurch den Baustoff verstärkt, korrodiert mit der Zeit - das Bauteil versagt.„Die Stahlbewehrung im Beton muss also vor Korrosion geschützt werden“, erklärt Lieboldt. Bis zu acht Zentimeter dick muss solche eine Mindestüberdeckung sein: Es wird für den Korrosionsschutz also viel Beton benötigt.
Carbonbeton: korrosionsfrei, leicht, tragfähig
Hohe CO2-Werte, weniger Beton
Laut Lieboldt wird CO2 also hauptsächlich dadurch reduziert, dass weniger Beton benötigt wird. Im Vergleich zu Stahlbeton könnten bis zu 80 Prozent an Beton eingespart werden. Die Nutzungsdauer von Carbonbetonbauten wird auf 200 Jahre geschätzt. Ein Nachteil: Carbon ist etwa 15-fach teurer als Stahl. Dafür lässt sich Carbonbeton besser recyceln.
Heimisches Holz nachhaltiger als WPC
Neue Rohre aus Abfällen
Projekte für die Zukunft
Nachhaltige Wasserwirtschaftvon Kathrin Koltunow
In Mitteleuropa braucht der Mensch täglich gut zweieinhalb Liter Wasser, in heißen Wüstengegenden oder in Regionen der trockenen Arktis sogar zwischen acht und 15 Liter. Ohne Wasser ist also kein Leben möglich. Vor etwa 3,5 bis vier Milliarden Jahren entwickelte sich auf der Erde aufgrund von Wasser Leben. Um genügend Nahrung zu bekommen, sind wir auf ein ausreichendes Angebot an Trinkwasser angewiesen. Doch obwohl die Erdoberfläche zu 70 Prozent mit Wasser bedeckt ist, beginnt für den Menschen das notwendige Gebrauchswasser, nämlich Süßwasser, knapp zu werden.
Wassermangel auf der Welt
Testsysteme zur Abwasseranalyse
Testsysteme zur Abwasseranalyse
Thomas Benkert, Biochemiker im Bereich molekulare Genetik, entwickelt mit seinem in Schweinfurt ansässigen Unternehmen DyeNA Genetics Testsysteme, die speziell in der mikrobiologischen Abwasseranalytik eingesetzt werden. Mithilfe der quantitativen Real-Time PCR (kurz: qPCR), einer Vervielfältigungsmethode für Nukleinsäuren, können dabei lebende und tote Bakterien in Abwasserproben präzise bestimmt werden.
Quelle Bilder: Oliver Mauder
Wasser wird wichtiger
Vielseitiges Testsystem
Da der Nachweis des Virus somit als eine Art Frühwarnsystem genutzt werden kann, hat DyeNA Genetics ein SARS CoV-2-PCR- Testsystem speziell für die Abwasseranalytik entwickelt. Die Messung der Viruslast im Abwasser kann auch dazu beitragen, die Dunkelziffer der mit dem Virus erkrankten Personen besser bewerten zu können. „Das ist sozusagen ein doppeltes System, was ziemlich vorteilhaft ist“, so Benkert.
Schadstoffe im Abwasser nehmen zu
Im Wesentlichen hängt es von den Privathaushalten, Krankenhäusern, der Industrie und nicht zuletzt von der Landwirtschaft ab, wie mit Trink- und Brauchwasser umgegangen wird und wie es nach der Benutzung verunreinigt wird. „Es gibt viele pharmazeutische Reststoffe, Antibiotikaresistenzen oder Mikroplastik, von denen wir noch nicht wissen, was es eigentlich bedeutet, wenn sie in der Umwelt sind“, so Professor Drewes von der TU München.
Alternativen für die Zukunft
Grundsätzlich sollte man sich darüber im Klaren sein, dass Randbedingungen wie der Klimawandel, die zunehmende Urbanisierung und Industrialisierung das derzeitige Abwassersystem vor erhebliche Herausforderungen stellen. Es müssen Alternativen und Lösungen bereitgestellt werden, indem Wasserkreisläufe partiell geschlossen oder Programme zur Wasserrückführung und Wasserrecycling eingeführt werden. Ein erster Schritt dahingehend ist sich des Problems bewusst zu werden und Maßnahmen sowohl in der Industrie als auch bei jedem einzelnen einzuleiten.
Recyclefähige Verpackungen
Wie Verpackungen recyclingfähiger werdenGut verpackt und voll recyceltvon Anna Hartmann
Umweltverschmutzung und überflüssiger Müll – Verpackungen haben ein schlechtes Image. Unverpackt-Läden gewinnen deshalb an Beliebtheit. Joachim Christiani ist Geschäftsführer des Aachener Instituts für Recycling und Produktverantwortung cyclos-HTP. Laut ihm entspreche Abfallvermeidung nicht unserer Gesellschaftsstruktur. „Der Fokus muss auf der Optimierung von Verpackungen liegen, um deren Recyclingfähigkeit zu steigern“, sagt Christiani.
Steigende Menge an Verpackungsabfällen
Recycling laut Gesetz
Außerdem schreibt das Gesetz höhere Recyclingquoten für Verpackungen vor, die in Deutschland auf den Markt gebracht werden. Ab 2022 sollen 90 Prozent der Verpackungen aus Glas, Aluminium, Eisenmetallen sowie Papier, Pappe und Karton recycelt werden. Bei Kunststoffverpackungen liegt die vorgeschriebene Recyclingquote dann bei 63 Prozent.
Umstellungsprozesse als Herausforderung
Beurteilung von Recyclingfähigkeit
Probleme beim Recycling
Ein weiteres Problem liegt in den Etiketten. Sind sie zu groß, wird die ganze Verpackung nach dem Material des Etiketts sortiert. Eine PET-Flasche mit großem PVC-Etikett etwa würde nicht als PET-Flasche erkannt, sondern als PVC aussortiert werden. Die recyclebare Verpackung geht verloren. Auch die Farbe von Verpackungen kann Recycling verhindern. Gerade bei schwarzen Hüllen mit traditioneller Ruß-Pigmentierung ist das problematisch, da sie bei der Sortierung nicht reflektieren. Das Nah-Infrarot-Gerät, das Verpackungsmaterialien erkennt, empfängt kein Signal und wertvolle Materialien gehen verloren.
Optimierungen auf Software-Basis
Zusammensetzung der Verpackungen
Ein weiteres Beispiel sind Flaschen mit trennbaren Full-Sleeve-Etiketten, die Verpackungen wie eine zweite Haut umschließen und ohne Klebstoff halten. Durch eine Perforation können Kunden diese Hülle abziehen, sodass die Verpackung ohne störende Elemente recycelt werden kann. Zenger erläutert, warum Henkel die Software öffentlich zu Verfügung stellt: „Henkel möchte mit dem Programm die Kreislaufwirtschaft voranbringen – nicht nur auf Unternehmensebene, sondern auch entlang der gesamten Wertschöpfungskette.“
Kunststoff als Wertstoff
Plastik-Alternativen
Plastik-AlternativenDie Kunststoffe der Bioökonomie
Doch welche Alternativen gibt es? Was hat es mit Bioplastik auf sich? Und wie recyclingfähig sind „kompostierbare Kunststoffe“ tatsächlich?
Bioplastik – seine Stärken, seine Schwächen
Biokunststoff: Seine Stärken, seine SchwächenBio = besser?von Lara Jack
Drei Viertel des Mülls, welcher in den Weltmeeren schwimmt, bestehen laut WWF aus Plastik. Und jedes Jahr kommen zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen dazu. Das entspricht ungefähr 75 voll beladenen Containerschiffen. Dass Kunststoff sich so langsam zersetzt und nicht verrottet, macht die Situation noch schlimmer. Und: Plastik zerfällt in Mikroplastik und landet über die Nahrungskette im menschlichen Körper.
Plastik im Alltag
Zwei Arten von Biokunststoffen
Doch ganz so einfach ist das nicht. Drei Aspekte sind kritisch: Weil zur Herstellung meist stärkehaltige Pflanzen, wie Mais oder Zuckerrohr, benötigt werden, konkurriert es mit der Nahrungs- und Futtermittelindustrie. Außerdem lässt es sich nicht so leicht abbauen wie von der Industrie dargestellt wird und seine Herstellung ist, im Vergleich zum herkömmlichen Plastik, zu teuer, um wettbewerbsfähig zu sein.
Bioplastik muss nicht teuer sein
“PLA ist ein Plastik, das nur aus dem Grund nicht weiter in den Markt gekommen ist, weil der Rohstoff Milchsäure noch zu teuer ist, um ein Plastik daraus herzustellen, das mit aus Erdöl gewonnenem Plastik preislich mithalten kann.”
Abbau von BioplastikKeine 100 Jahre in unserer Umwelt
Eine Verpackung, auf der “biologisch abbaubar” oder “biobasiert” steht, wecke beim Verbraucher allerdings das Gefühl, dass es nicht ganz so verwerflich sei, dieses Produkt zu kaufen und später wegzuwerfen – so der Einwand einiger Bioplastik-Kritiker. Das fördere wiederum einen verschwenderischen Umgang mit derartigen Verpackungen. Läufer entgegnet: “Wenn man dieses Plastik wegwirft, weiß ich, es entsteht kein jahrtausenderlanger Schaden."
Kritik am Biokunststoff
Auch die Entsorgungsfrage sei noch nicht geklärt, erklärt Schägg. Würde PLA nämlich nicht fachgerecht entsorgt, könne das dazu führen, dass es aussortiert und verbrannt wird. PLA im Biomüll sei aber auch nicht sinnvoll, weil die Kompostanlagen nicht die notwendigen Temperaturen für die Zersetzung des PLA aufbringen. Sie sieht die Lösung des Abfallproblems vielmehr in der Nutzung und Förderung von Mehrwegsystemen. Falls dies nicht möglich sei, solle der eingesetzte Kunststoff zumindest recyclingfähig sein und eine korrekte Entsorgung sichergestellt werden.
PolitikVerbindliche Ziele
Forschung für den Markt
Er beschäftigt sich im Rahmen des Forschungsprojektes EFRE-FIS mit diversen nachhaltigen Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen, zum Beispiel mit Graspapier zum Verpacken von Äpfeln. Äpfel in der Graspapier-Verpackung werden schon heute bei der Supermarktkette Rewe verkauft – komplett ohne herkömmliches Plastik. Und die Nachfrage nach nachhaltigen Verpackungen nimmt, laut Pude, ständig zu. Dies bedeutet sowohl Fortschritt als auch Herausforderung. Sensible Produkte, wie Fleisch, könnten nicht in nachhaltigen Verpackungen aufbewahrt werden, da diese nicht die nötige Dichte aufbringen, erklärt Pude.
In Zukunft will er mit seiner Forschung aber auch diese Lücke schließen und einen Verpackungsstoff entwickeln, der zum Beispiel antimikrobiell beschichtet sein könnte. Um die bislang recht hohen Kosten der Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen macht sich der Forscher keine Sorgen, denn das würde in Zukunft “großtechnischer gemacht”. Und damit sinke wiederum auch der Preis. Prof. Pude ist zuversichtlich: “Das ist eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, dass das konkurrenzfähig wird.”
MüllvermeidungUmdenken für die Umwelt
Upcycling: Einweggeschirr aus Naturfasern
Einweg trifft auf Upycyclingvon Jaqueline Fölkel und Eva Schönwitz
Das Ziel: Plastikrückstände und die Kosten, die durch Umweltverschmutzung entstehen, zu reduzieren.
Rund 350.000 Tonnen Abfall für Einweggeschirr und To-Go-Verpackungen fielen 2017 laut der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung an. Rund ein Drittel davon bestehen aus Kunststoff.
Vermeintliche LösungBio-Plastik
Demnach stehen auch Plastikalternativen bereits in der Kritik. Vermeintliche Bio-Kunststoffe aus Zuckerrohr können zum Teil nicht kompostiert werden und Einwegprodukte aus Pappe oder Papier sind nur dann empfehlenswert, wenn sie aus recyceltem Material hergestellt wurden. Dass Bio-Plastik häufig nur als solches vermarktet wird, weiß auch Julia Piechotta, Gründerin von Spoontainable:
Eine Utopie?Wirtschaften ohne Abfall
Recycling, Downcycling und Upcycling: Verfahrensweisen, deren Ziel es ist, einen dauerhaften Kreislauf zu bilden, welcher die Umwelt schont. Upcycling ist neben dem bekannten Recycling eine Form der Wiederverwertung, die eine Aufwertung von Stoffen mit sich bringt.
Reststoffe nutzen
Spoontainable macht´s vor
Wunsch nach mehr Politik
und recycelbaren Rohstoffen, positiv entwickelt. Ausschlaggebend hierfür sieht er in der Entwicklung der Food-Service-Industrie, dem wachsenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit und dem Befinden in einem Nischenmarkt.
Das Verbot von Einweggeschirr sieht er allerdings kritisch.
Foto: Greenbox
Bioplastik FHWS
Kommt Plastik bald auf den Kompost?Kompostierbarer Kunststoffvon Birte Kock
Das neue deutsche Verpackungsgesetz sieht vor, dass alle, die gefüllte Verpackungen in Umlauf bringen, für deren Rücknahme und Verwertung verantwortlich sind. Das stellt viele Hersteller vor Herausforderungen, denn zu viel des Plastikmülls kann nicht recycelt werden und sie müssen für die entstehende Umweltverschmutzung bürgen. Eine mögliche Lösung erforscht das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (ISC) in Würzburg: Verpackungen aus kompostierbaren Kunststoffen sollen den Markt verändern.
Bis zu 12,7 Millionen Tonnen Plastik im JahrEin Problem für Mensch und Natur
Plastik verschmutzt die Umwelt mit langfristigen Folgen für Mensch und Natur – dieses Problem ist inzwischen weit bekannt. Jedes Jahr gelangen 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen Plastik in die Meere. Laut der Umweltschutzorganisation WWF steuert gerade Verpackungsmaterial für Lebensmittel einen großen Teil dazu bei. Diese ausgedienten Verpackungen gelangen hauptsächlich vom Land aus über Flüsse in die Meere.
Forschung am Würzburger Fraunhofer-Institut ISCNachhaltige Funktionsschichten
„Das Problem ist, dass solche zusammengesetzten konventionellen Folien nicht recycelt werden können“, sagt die Materialforscherin. Seit acht Jahren arbeitet sie an einer – inzwischen preisgekrönten – Funktionsschicht aus biologischen Materialien, die bioabbaubar und kompostierbar ist. Diese Schicht kann dann als Barrierelack auf Biokunststoffe und konventionelle Kunststoffe aufgetragen werden. Selbst konventionelle Verpackungsfolien werden dadurch einfacher recycelbar, sagt Amberg-Schwab.
Foto: Fraunhofer ISC
Keine einheitliche Recycling-InfrastrukturDoch nicht kompostierbar?
Denn während sich die Zertifizierung als "biologisch abbaubar" auf labortechnische Bedingungen bezieht, seien die Kompostierungsverhältnisse in der Realität häufig nicht gesichert. Demnach stellen biologisch abbaubare Kunststoffe eher Störstoffe dar, die nicht normgerecht abgebaut werden können. Solange es keine einheitliche Recycling-Infrastruktur gebe, müssten die Biokunststoffe auch im Restmüll entsorgt werden, so der Umwelt- und Verbraucherschutzverband.
Kreislauf statt Kompost
Umweltbewusstsein schaffen
Die Wissenschaftlerin appelliert zudem an die Verbraucher, sich möglichst zuverlässig zu informieren mit Blick auf die gebrauchten Verpackungen. Das sieht auch der Aktionsplan der EU vor: Nur, wenn alle Verbraucher bewusster mit Verpackungen umgehen, kann in Zukunft das korrekte Kompostieren von abbaubaren Kunststoffen zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft führen.
BIOKRAFTSTOFFE
Ethanol aus AgrarrestenBiokraftstoffe 2.0
Fossile Ressourcen werden immer knapper. Laut dem Energiereport des Mineralölunternehmens BP betrug der weltweite Erdölverbrauch im Jahr 2019 knapp 14 Millionen Tonnen Erdöl am Tag. Rund 40 Prozent davon werden zur Kraftstoffherstellung genutzt und fließen damit in den Individual-, Güter- oder Flugverkehr.
Gleichzeitig verursacht der Verkehrssektor ein Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen, die nach Auswertungen der Wissenschaftsorganisation Global Carbon Project kontinuierlich ansteigen. Die Entwicklung und der flächendeckende Einsatz umweltfreundlicher Kraftstoffalternativen für den Personen- und Güterverkehr ist deshalb trotz verbesserter Antriebstechnologien unabdingbar, um die Treibhausgasemissionen langfristig zu reduzieren und die im Pariser Klimaabkommen festgesetzten Klimaziele zu erreichen.
Fortschrittliche BiokraftstoffePflanzenreste statt Futtermittel
95 Prozent weniger CO2
Als Energielieferant dient stattdessen ein Nebenprodukt des Verfahrens, das Lignin, der holzige Bestandteil, der in vielen Agrarresten enthalten ist. Es kann nicht zu Bioethanol verarbeitet werden und wird deshalb energetisch genutzt. Die sogenannte Vinasse, eine nährstoffreiche Flüssigkeit, die ebenfalls als Nebenprodukt des Verfahrens entsteht, kann zudem als Biodünger zurück aufs Feld gebracht werden. Ein Paradebeispiel für eine Kreislaufwirtschaftslösung durch die umfassende Nutzung erneuerbarer Ressourcen, erklärt Hortsch. Im Vergleich zur Herstellung fossiler Kraftstoffe spart das Verfahren rund 95 Prozent CO2-Emissionen ein. Wird das im Prozess abgegebene CO2 zusätzlich gespeichert, sind laut Hortsch sogar negative Emissionen von bis zu 120% möglich.
Ein rohstoffflexibles VerfahrenVon Miscanthus bis Zuckerrohr
Kurze Wege fürs Klima
Auch Biotechnologe Ekhard Boles, Professor für Mikrobiologie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main befürwortet ein solches „dezentrales Modell“: „Wenn man die Reststoffe von sehr weit herantransportieren muss, wird es fragwürdig.“ Allerdings seien solche regionalen Anlagen häufig sehr klein, ihre Betriebskosten fielen dadurch sehr stark ins Gewicht. „Man braucht einen Kompromiss zwischen der Größe der Anlage und dem Umkreis, aus dem man die Reststoffe einsammelt.“ Die Nutzung von regionalen Abfällen sei dann nicht nur ökologisch, sondern auch preislich die bessere Variante.
Ganz ohne fossile Kraftstoffe?
Lokale Strukturen stärken
Wasserstoff als Energiespeicher
Wie Haßfurt Wasserstoff zum Energiespeicher der Zukunft machtvon Renan Schmid
Haßfurt ist in Sachen regenerative Energien ein Vorreiter in Deutschland, wenn nicht gar in Europa. Während Deutschland verstärkt darauf setzt, mit Wasserstoff Autos oder Lkw anzutreiben, will die EU mit Wasserstoff auch die Industrie langfristig zur Klimaneutralität führen: Wasserstoff, so die Europäische Kommission, könne „die Dekarbonisierung von Industrie, Verkehr, Stromerzeugung und Gebäuden in ganz Europa unterstützen“.
In Haßfurt wird Windstrom in Wasserstoff gespeichert
Zösch ist sich der Vorreiterrolle bewusst. Er sieht vor allem im Speichermedium Wasserstoff die beste Lösung, um den Auswirkungen des Klimawandels effizient entgegenzusteuern. Man müsse für die Energiewende den weiteren Ausbau „unterstützen und nicht behindern", fordert der Stadtwerk-Geschäftsführer.
Windkraft spielt große Rolle
Doch ist der Ausbau der Windkraftanlagen ins Stocken geraten, in Bayern durch die umstrittene 10H-Regelung (Abstand zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplan mindestens das 10-Fache ihrer Höhe) gar zum Erliegen gekommen. Norbert Zösch kann diese Regelung nicht nachvollziehen, so könne man die Energiewende nicht vorantreiben. Gerade für den Ausbau der Wasserstofftechnologie seien neue Windkraftanlagen unerlässlich.
Entwicklung aus Erlangen:Wasserstoff wird in Öl gespeichert
Das Szenario: Windkrafträder produzieren überschüssigen elektrischen Strom, so wie in Haßfurt. In einem Hydrier- Reaktor wird der Wasserstoff unter Druck mit Dibenzyltoluol, einer organischen Flüssigkeit, kurz LOHC (engl.: liquid organic hydrogen carriers), zusammengebracht und fest daran gebunden. „Das Prinzip ähnelt dem Füllen und Leeren einer Pfandflasche, die danach für den nächsten Speicherzyklus wieder bereitsteht“, so Wasserscheid. Gebunden an das flüssige Dibenzyltoluol lässt sich der Wasserstoff gefahrlos transportieren. Abnehmer können eine beliebige Industrieanlage oder eine Wasserstofftankstelle sein.
Sowohl das Stadtwerk Haßfurt als auch das Erlanger Unternehmen sehen in Wasserstoff als Energiespeicher die Zukunft in der Energiewende. Das Stadtwerk hat das Ziel klar definiert: null Emissionen in allen Sektoren. Nicht nur in kommunalen Vorzeigeprojekten, sondern in ganz Deutschland. Norbert Zösch fordert deshalb, die die Dominanz der "Etablierten" des Energiesektors zu durchbrechen – „und dann den Wasserstoff an die Position bringen, wo er hingehört“.
ERZEUGEN
BIOMASSE ERZEUGENDie Rohstoffe der Zukunft
Bienensterben
ArtensterbenRettet die Bienen von Fabia Junker, Leonie Kahn und Pascal Stephan
Immer mehr Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht oder bereits komplett verschwunden. So zeigte die „Rote Liste der Pflanzen“ des Bundesamts für Naturschutz Ende 2018, dass in Deutschland über 2500 heimische Pflanzenarten in ihrem Bestand gefährdet sind. Das entspricht mehr als einem Drittel der gesamten heimischen Wildpflanzen. Unter der schrumpfenden Vielfalt im Pflanzenreich leidet auch die Biene – vor allem in Bayern: 40 der ursprünglich 520 heimischen Bienenarten sind laut dem Bund Naturschutz bereits verschwunden. Deutschlandweit ist über die Hälfte aller Bienenarten bedroht.
Das Aktionsbündnis „Rettet die Bienen“ möchte diese dramatische Entwicklung stoppen und erwirkte im Juli 2019 mit dem Volksbegehren "Artenvielfalt" Gesetzesänderungen im bayerischen Naturschutzgesetz. Das Ziel: die Artenvielfalt retten, die Lebensräume der Tiere vernetzen und ungenutzte Wiesen in Blühwiesen umwandeln.
Der Wert der Bienen für die MenschheitÜberlebenswichtige Bestäuber
Nicht nur Honig gilt als beliebtes Bienenprodukt, auch vom Wachs, Harz und von den Bienenpollen profitiert unser Alltag: So wird Bienenwachs zum Beispiel als Inhaltsstoff für Cremes oder Salben in der Kosmetik- oder Pharmaindustrie eingesetzt. Die von Bienen gesammelten Pollen sind reich an Vitaminen, Mineralien und Proteinen. Als Nahrungsergänzungsmittel stärken sie das Immunsystem und verbessern die Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns. Bienenharz, auch Propolis genannt, gilt als natürliches Antibiotikum. Das wohl kostbarste Produkt ist das sogenannte Gelée Royale, ein von Arbeitsbienen erzeugtes Sekret, mit dem die Bienenkönigin gefüttert wird. Es wird in der Kosmetikindustrie sowie im medizinischen Bereich eingesetzt.
Der Tierökologe Dr. Peter Biedermann macht deutlich, dass die Bienen auch für unsere Ernährung essentiell sind:
Ohne Bienen keine PflanzenvielfaltWichtig fürs Ökosystem
Bienensterben in Europa
Die Hälfte aller europäischen Bienenvölker sind in den vergangenen Wintern gestorben.
Vielfalt der Bienen
Es gibt 30.000 verschiedene Bienenarten.
Schwund von Lebensmitteln
Zwei Drittel unserer Nahrung würden ohne die Bienen nicht existieren.
Wirschaftlicher Wert
Der wirtschaftliche Wert der Bestäubung beträgt circa 250 Milliarden Euro.
Bienen als Bestäuber
70 Prozent der weltweiten Nutzpflanzen werden von der Biene bestäubt.
Manuelle Bestäubung
In manchen Regionen Chinas sind die Bienen bereits vollkommen ausgestorben. Dort müssen Menschen die Blüten per Hand bestäuben.
Ursachen für das BienensterbenVier schwerwiegende Gründe
Doch nicht nur die Bewirtschaftung von Acker- und Grünflächen, auch die Urbanisierung macht den Bestäubern zu schaffen: In dicht bebauten Gebieten finden die Bienen kaum blütenreiche Nahrungsquellen. Ihr Lebensraum verschwindet. Zuletzt tragen auch Umweltveränderungen wie der Klimawandel und die zunehmende Luftverschmutzung zum Bienensterben bei.
Jeder Einzelne ist gefragt
Wie eine bienenfreundliche Umgebung aussieht, kann man am Biozentrum der Universität Würzburg beobachten:
VolksbegehrenBürger wollen Bienen schützen
Dank 1,8 Millionen Bürgern hat das Land Bayern seit August 2019 ein verbessertes Naturschutzgesetz. Es gilt nun sogar ein Pestizidverbot auf allen staatlichen Flächen. Das Volksbegehren Artenvielfalt „Rettet die Bienen!“ wurde samt Begleitgesetz und umfassendem Maßnahmenpaket im Landtag verabschiedet: „Der 17. Juli 2019 wird als wichtiger Tag für den Naturschutz in die bayerische Geschichte eingehen“, freut sich Agnes Becker, Beauftragte des Volksbegehrens und stellvertretende ÖDP-Landesvorsitzende.
Der Kreissprecher des Aktionsbündnisses, Matthias Henneberger, sieht in der Bürgerbewegung aber nicht nur einen Erfolg für Bayern:
Emissionsarme Landwirtschaft
Ammoniak-Emissionen reduzierenKlimafreundliche Landwirtschaftvon Caspar Bickert, Marc Fischäß und Felix Scheuerlein
Nach Zahlen des Thünen-Instituts emittierte die deutsche Landwirtschaft allein im Jahr 2018 rund 607.000 Tonnen des umweltschädlichen Gases NH3. Verschiedene Techniken und Methoden sollen die Emissionen in den kommenden Jahren deutlich reduzieren. Vor allem kleinere Betriebe stellt das in der Praxis jedoch vor eine Herausforderung.
Vom Feld in die Atmosphäre
Die wichtigste Quelle für Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft ist die Wirtschaftsdüngerkette. Sie beginnt im Stall und endet damit, dass der Dünger auf dem Feld ausgebracht wird. Das Problem: Nutztiere scheiden mit Kot und Harn auch Stickstoff aus. Durch natürliche Umsetzungsprozesse entweicht so auch Ammoniak in die Luft.
Dr. Michael Diepolder von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft beschreibt diese Ammoniak-Emissionen als „Vorstufe zur Feinstaubbelastung“ und schildert den genauen Vorgang:
Neue Technik zur GülleverteilungTeure Lösung
Mit optimierten Ausbringungsverfahren können die in der Gülle enthaltenen Nährstoffe effizienter in den Boden eingebracht werden. Das sei laut Diepolder nicht nur für das Ökosystem, sondern auch für die Bauern von Vorteil. Jedoch stellt die Umstellung auf eine emissionsärmere Technik kleinere Betriebe vor Herausforderungen – sie ist nicht nur technisch anspruchsvoll, sondern auch teuer. „Auf einmal sind für viele kleine Betriebe neue Kostenpositionen da, die sie so gar nicht kannten“, erklärt Landwirt Peter Seeger vom Hof Seeger im hessischen Otzberg. Der Staat müsse hier investieren, um Innovationen in der konventionellen Landwirtschaft voranzutreiben:
Politische AuflagenWohin mit der Gülle?
Auch das Vorhaben, neue Lagerkapazitäten für die Überschüsse zu schaffen, birgt große Hürden. Dr. Klaus Erdle, Leiter des Internationalen Pflanzenbauzentrums bei der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, erklärt warum:
Kooperation in der LandwirtschaftLandwirte tun sich zusammen
Auch wenn es also schon verschiedenste Ansätze gibt, mit denen die Ammoniak-Emissionen in der Landwirtschaft reduziert werden könnten – in der Praxis zeigt sich an vielen Stellen Potenzial zur Verbesserung.
Können die Corona-Maßnahmen das Klima retten?Von Krise zu Krisevon Sofie Reichel
Samstagvormittag in der Kölner Innenstadt. Es scheint, als wäre es ein normaler Tag. Die Stadt sprudelt nur so vor Leben, vor den Geschäften stehen die Menschen Schlange. Die Straßen füllen sich mit Autos, als wären die letzten Wochen nur ein Traum gewesen. Doch trotz Rückkehr zum Alltag ist die Corona-Krise noch präsent. In den letzten Monaten hat sie nahezu alle weiteren Themen in den Hintergrund gedrängt – auch den Umweltschutz. Doch das macht ihn nicht weniger dringend, denn der Klimawandel schreitet stetig voran. Es bleibt die Frage: Ist Klimaschutz in Zeiten der Pandemie überhaupt noch wichtig?
Wirtschaft im Wandel
Doch die Umweltverbände wollen mehr. Benedikt Jacobs, Experte im Bereich der Rohstoff- und Ressourcenpolitik beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), erhofft sich einen systemischen Wandel der Wirtschaft. Damit der Klimaschutz an Priorität gewinnen kann.
Langfristige Veränderungen
Für den Energie- und Klimaforscher ist es zwar wichtig, dass man sich zunächst primär um die Gesundheit der Menschen kümmert und das Gesundheitssystem entlastet. Dennoch sollte seiner Meinung nach die Klimakrise dabei nicht in Vergessenheit geraten. Laut Fischedick muss sich die Gesellschaft auf Veränderungen vorbereiten und langfriste Maßnahmen treffen, um die Folgen des Klimawandels in Grenzen zu halten.
Sinkende Treibhausgasemissionen
Bestes Beispiel dafür: 2009 steckte die Welt in der Wirtschaftskrise – für das Klima ein prägendes Ereignis. Denn zwischen den Jahren 2008 und 2009 sank der Gesamtausstoß aller Treibhausgase um 8,4 Prozent. Jedoch zeigte sich schnell, dass die weiteren Beschlüsse in Folge der Krise diesen Erfolg in den darauffolgenden Jahren wieder zunichtemachten. So gab es 2010 in Deutschland laut Umweltbundesamt einen CO2-Anstieg um 35 Millionen Tonnen. Weltweit stiegen die CO2-Belastungen 2010 um sechs Prozent, in 2011 um weitere drei Prozent an.
Aus Krisen lernen
Er findet, dass die aktuellen Debatten die Wirtschaft weder resilienter noch klimafreundlicher oder regionaler machen. Seiner Meinung nach bietet die Krise jedoch eine Chance: „Wenn jetzt schon einmal alles ‘runtergefahren‘ ist, sollten wir auch in die richtige Richtung neustarten und uns nicht den rückwärtsgewandten Sachen zuwenden“, so Jacobs.
Politische Bemühungen
Viele Maßnahmen, die Institutionen und Umweltverbände vorgeschlagen haben, wurden in das Ergebnis des Koalitionsausschusses miteinbezogen. Laut Fischedick ein mutiger Schritt in die richtige Richtung. Doch: „Die Corona-Krise kam plötzlich und unerwartet. Vom Klimawandel wissen wir dagegen ganz genau, dass er stetig fortschreitet und dauerhafte Folgen hat, wenn wir jetzt nicht massiv gegensteuern. Es wäre fahrlässig, nicht jede Chance zu nutzen, einen möglichst hohen Beitrag zum Gegensteuern zu leisten."
Neue Rohstoffe für die BioökonomieAlternative Kulturpflanzenvon Jakob Holzhacker, Katrin Kölle und Monika Subataviciute
Während Mais laut dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter bereits seit den Sechzigerjahren angebaut wird, erfreut sich die alternative Kulturpflanze Durchwachsene Silphie erst seit 2009 wachsender Berühmtheit. Das zeigen Untersuchungen der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft. Die Durchwachsene Silphie gilt als vielversprechender Lebensraum für Insekten, da sie den ganzen Sommer über bis hin zur Ernte blüht.
Auch das Technologie- und Förderzentrum im Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TFZ) erforscht alternative Kulturpflanzen. Michael Grieb ist dort stellvertretender Leiter des Sachgebiets ‚Rohstoffpflanzen und Stoffflüsse‘ und bestätigt, dass alternative Kulturen auch der Artenvielfalt zugutekommen könnten:
Pioniere der Vielfalt
Vom Erbsenprotein bis zur HanfkleidungAlternative Alleskönner
Laut Michael Grieb vom TFZ in Straubing sei auch der Hanf nicht zu unterschätzen. Die Pflanze lasse sich vielfältig und nahezu vollständig verwerten: So könnten die Hanfkörner in der Lebensmittelproduktion, Blüten und Blätter im Arzneimittelbereich eingesetzt werden. Aus den Stängeln lassen sich Fasern für die Textilindustrie herstellen, so Grieb.
Der Mais bekommt KonkurrenzAlternative Kulturen als Energielieferanten
Die Durchwachsene Silphie sei bei der Biogasherstellung durchaus eine Konkurrenz für herkömmlichen Kulturen wie den Mais, erläutert Michael Grieb. Die Pflanzenart aus Nordamerika könne nach einmaliger Aussaat bis zu 15 Jahre lang kontinuierlich Erträge liefern. Beim Mais hingegen handele es sich um eine einjährige Kultur. Das bedeute, dass er jährlich neu gesät werden müsse. Auch der Boden müsse dadurch jedes Jahr bearbeitet werden.
Kulturpflanzen und KlimaDer richtige Standort
Gefahren erkennen und kontrollierenNeue Pflanzen, neue Schädlinge?
Um dem entgegenzuwirken, werden bereits vor dem Anbau der neuen Kulturen umfangreiche Tests auf kontrollierten Flächen durchgeführt, so Grieb. Auch Blessing erklärt, dass bei neuen Pflanzenarten über ein Gesundheitszeugnis sichergestellt werde, dass mit der neuen Kultur keine Krankheiten oder Schädlinge mitgebracht werden. „Man kann nicht einfach so Saatgut von irgendwoher nach Deutschland bringen“, so Blessing.
Investition ins Grüne
Grieb sieht ein lokales Marktgleichgewicht als Grundvoraussetzung für den wirtschaftlich rentablen Anbau alternativer Kulturen. Außerdem verweist er auf Subventionsprogramme wie die sogenannte Greeningprämie: Hierbei handelt es sich um eine EU-Förderung für Landwirte, die bestimmte Umweltauflagen erfüllen. Auch der Einsatz alternativer Kulturen zählt zu diesen Vorgaben. In Bayern gibt es außerdem das sogenannte Kulturlandschaftsprogramm. Dieses stellt Förderungen für Projekte bereit, die sich besonders positiv auf die Artenvielfalt auswirken.
Das Aus für die konventionelle Landwirtschaft bedeuten die alternativen Kulturen jedoch nicht, wie Grieb deutlich macht:
Pflanzen als Klimaretter
Mit optimiertem Stoffwechsel zur KlimaneutralitätPflanzen als Klimarettervon Miriam Schönwerth
Mit Geoengineering zur Klimaneutralität
Ein Ansatz besteht deshalb darin, vermehrt CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen, und somit rechnerisch negative Emissionen zu erzeugen. Diese Idee, genannt Carbon Dioxide Removal, fällt unter den Bereich des Geoengineering – also bewusste Eingriffe in das Klimasystem, um die menschgemachte Klimaerwärmung abzumildern.
PflanzenkraftNatürliche CO2-Verarbeitung
Trotzdem birgt die Photosynthese von Pflanzen Potenzial für eine gesteigerte Speicherung von CO2. Deshalb wird daran geforscht, wie sich dieses Potenzial besser nutzen lässt. Denn die Photosynthese verläuft teilweise ineffizient. Die Photorespiration, also die Atmung der Pflanzen, durch die gleichzeitig CO2 freigesetzt wird, hat negative Auswirkungen auf die gesamte Bilanz der Photosynthese. Dies geschieht, da das Enzym RuBisCo (Ribulose-1,5-bisphosphat-carboxylase/-oxygenase) nicht nur CO2 fixiert, sondern zu einem gewissen Grad auch empfindlich auf Sauerstoff reagiert und dabei wieder CO2 an die Luft abgibt. Ohne diese Ineffizienz könnte die Pflanze deutlich höhere Mengen an CO2 fixieren und ertragreicher sein.
Forschung in WürzburgOptimierte CO2-Fixierung – ein Modell
Von der Theorie zur Praxis
Einsatz von GentechnikEthische Fragen
Der Einsatz von Gentechnik ist gerade in Deutschland ein umstrittenes Thema. Dr. Stephan Schleissing, Leiter des Programmbereichs ‚Ethik in Technik und Naturwissenschaften‘ am Institut Technik-Theologie-Naturwissenschaften der LMU München, stellt klar: „Unter den Begriff Gentechnik fallen unterschiedliche Verfahren. Bei der Bewertung sollte man bereit sein, zwischen verschiedenen gentechnischen Vorgehensweisen zu unterscheiden.“ Je nach Verfahren erfolgt der gentechnische Eingriff auf unterschiedliche Weise und auch die Sicherheitsforschung ist nicht bei allen Verfahren gleich weit fortgeschritten.
Kompromisse in der Forschung
Die Zeit drängt
Eine Möglichkeit seien seine modifizierten Pflanzen. „Pflanzen spielen die entscheidende Rolle bei der CO2-Bindung, denn das ist eines der wenigen Räder, an denen wir drehen können.“ Mit Dandekars Ansatz wäre es möglich, die Konzentration des CO2 in der Atmosphäre zu reduzieren – zumindest dann, wenn sich die praktische Umsetzung als so effizient erweist wie die Berechnungen. Damit rückte auch die Einhaltung der EU-Klimaziele wieder in greifbare Nähe. Inwieweit modifizierte Pflanzen dazu beitragen, wird die weitere Forschung in dem Bereich zeigen. Denn wie effektiv diese sind, hängt auch davon ab, wie Pflanzen genutzt werden und wie schnell das gebundene CO2 dabei wieder freigesetzt wird.
Algen – Rohstoff der Zukunft?Vom Meer ins Flugzeugvon Dana Jansen
Vielseitig einsetzbar
Hohe Produktionskosten und unausreichende Skalierungseffekte
Projekte, mit denen seit den 1970er Jahren versucht wurde, Algen für Biotreibstoffe zu nutzen, erwiesen sich im industriellen Maßstab als nicht wirtschaftlich. Versprochene Produktionsmengen blieben aus, wettbewerbsfähige Preise waren nicht absehbar. „Besonders in den USA haben Regierung und Investoren mehrere hundert Millionen Dollar in solche Projekte gesteckt“, sagt Siegfried Knecht, Vorstandsvorsitzender beim Branchenverein Aviation Initiative for Renewable Energy (aireg). „Im Bereich der Algen haben sich die meisten Firmen wieder in Richtung Nahrungsmittel, Futtermittel, Kosmetika gewandt“, sagt Knecht. Dort könne mit Algen heute viel Geld verdient werden. Nur wenige arbeiteten noch im Bereich der nachhaltigen Treibstoffe.
Förderung ohne Konzept
Der Münchner Biotechnologe Thomas Brück hält - wäre die die Politik nicht so risikoscheu, wie er beklagt - ein Synergie-Konzept für realisierbar: etwa Algenkultivierung kombiniert mit PtXMethoden. Also mit Verfahren zur Erzeugung erneuerbarer Energien, in denen durch elektrischen Strom aus Wasser und CO2 nicht nur flüssiger Kraftstoff generiert wird, sondern auch Gase oder feste synthetische Stoffe, die die Wirtschaft benötigt. Oder Algen kombiniert mit Energiegewinnung durch Sonnenlicht. „Das wäre ein ganzheitlich nachhaltiges Verfahren“, sagt der Wissenschaftler. Die Gesellschaft für chemische Technik und Biotechnologie Dechema beklagt ebenfalls eine fehlende Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Forschung, Industrie, Politik und Wirtschaft. Nur so könne das Potential der Mikroalge wirtschaftlich rentabel ausgeschöpft werden.
Nachhaltigkeit durch Kreislaufdenken
Viele Einflussfaktoren, fehlende BesserungInsektensterben in Wiesen und Wäldern von Helena Gennutt
Abnehmende Vielfalt
Die Ursachen für das Insektensterben sind dabei schwierig nachzuvollziehen. „Wir wissen bei ganz vielen Faktoren, dass sie den Insektenrückgang beeinflussen. Es ist jedoch schwierig, den wichtigsten Faktor eindeutig zu bestimmen, weil die Faktoren in der realen Landschaft oft miteinander korrelieren“, erklärt Wolfgang Weisser, Professor für terrestrische Ökologie an der TUM.
Negativer Einfluss durch Agrarwesen
Eine Metastudie des australischen Ökologen Francisco Sánchez-Bayo vom Sydney Institute of Agriculture aus dem Jahr 2019 prognostiziert gar, dass bereits in 100 Jahren viele Insekten ausgestorben sein könnten: Den Forschern zufolge nimmt die Insektenmasse jährlich um 2,5 Prozent ab und ein Drittel der Insektenarten ist bereits heute vom Aussterben bedroht.
Quelle Bild: Dr. Ulrike Garbe / Landesamt für Umwelt, Brandenburg
Landwirtschaftliche Flächennutzung
Auch im Insektenatlas der Heinrich-Böll-Stiftung wird betont, dass die Gestaltung der Landschaft in ihrer Gesamtheit gegenüber der Bewirtschaftung einzelner Felder relevant ist. Denn Insekten benötigen neben Blühstreifen, die ihnen Nahrung bieten, auch Wohnorte, etwa im Boden oder Totholz. „Wenn die ewig weit weg sind, dann nützt der Blühstreifen nichts“, erklärt Weisser.
WaldnaturschutzMehr Schutz für Wälder
So wird etwa dafür gesorgt, Totholzbestände zu erhalten oder den Wald mit diesen anzureichern. Totholz ist allerdings nicht der einzige Einflussfaktor auf Waldinsekten. Zwar seien die Probleme in der Agrarlandschaft laut Weisser größer, die Rückgänge im Wald dafür schwieriger nachzuvollziehen. Auch hier vermutet er weitere Ursachen auf Landschaftsebene.
Einsatz von Pestiziden
„Allerdings hätten wir denselben Effekt auf die Insekten, wenn die Wildkräuter mit anderen Methoden, zum Beispiel mechanisch oder thermisch, entfernt würden“, sagt Christian Maus, Insektenforscher beim Chemie- und Pharmakonzern Bayer. Die Anforderungen an die Umweltsicherheit von Pestiziden seien seit den Neunzigerjahren strenger und die Evaluierungsmethoden ausgefeilter geworden. Anders sieht es in Afrika und Südamerika aus, wo laut Insektenatlas teilweise Mittel eingesetzt werden, die in der EU seit Jahrzehnten verboten sind.
Freiwillige Umweltprogramme statt gesetzliche Vorgaben?
Denn in der Landwirtschaft brauche es immer den regionalen Bezug, der sich über Gesetze schlecht definieren lasse. Außerdem nähmen die Landwirte freiwillige Programme wie das bayerische Vertragsnaturschutzprogramm und das Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) gut an. Bei diesen Programmen erhalten sie Ausgleichszahlungen für umweltschonende Bewirtschaftung. „Im Öko-Landbau ist Unterfranken mit an der Spitze“, sagt Köhler. Dies belegen auch die aktuellen Teilnahmezahlen an den KULAP-Maßnahmen.
Fehlende Erfolge
Wie passt das zusammen?Nachhaltige Fleischproduktionvon Felix Dreifürst
Fleisch als Alltagsprodukt
Zu viel Fleisch pro Kopf
Aber mit welchen Folgen? Beim Thema Klimawandel und Umwelt denken viele an Verkehr, Industrie oder Kohlekraftwerke und nicht etwa an den zentralen Faktor Fleischkonsum. Dabei belastet Fleisch die Umwelt enorm.
Der große Klimasünder
Lösungsansätze
Fleisch und Wurst mit Verbands-Biosiegeln wie etwa Bioland, demeter, Naturland, Biopark und Biokreis erfüllen neben den EU-Mindestanforderungen auch weitere Kriterien. Dazu gehört zum Beispiel der Einsatz von weniger Zusatzstoffen in der Lebensmittelverarbeitung. Doch bedeutet Bio auch gleichzeitig eine bessere CO2-Bilanz?
Auenland BeefRegionalität als Markenzeichen
Das Fleisch stammt von Tieren der französischen Rinderrasse Blonde d’Aquitaine, die auf weitläufigen Weiden in Mutterkuhhaltung leben. Hierbei bleibt das Kalb, wie von der Natur vorgesehen, acht Monate bei der Mutterkuh, bis es ein Gewicht von circa 300 bis 400 kg erreicht hat. Unter tiergerechten Bedingungen wird hier hochwertiges Premiumfleisch produziert.
Quelle Bild: Auenland Beef GmbH, Hofheim
Sensibilität für das Produkt
Der gesellschaftliche Trend bewege sich trotz des hohen Pro-Kopf-Konsums zu weniger, jedoch bewussterem Fleischkonsum. Das zeigt auch eine Statistik der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung: Mit einem Pro-Kopf-Verzehr von 59,5 Kilogramm nimmt der Konsum von Fleisch tendenziell ab.
Quelle Bild: Auenland Beef GmbH, Hofheim
Nachhaltigkeit in Großbetrieben
Regionalität wird auch hier großgeschrieben. Kurze Vertriebswege und eine starke Bindung zur Heimat sind laut Geschäftsführer Peter Schmitt zentrale Punkte der Unternehmensphilosophie. „Viele unserer Kunden wollen wissen, wo das Fleisch herkommt. Regionalität und Transparenz sind daher unabdingbar für den zukünftigen Erfolg des Unternehmens“, sagt Schmitt.
Wertschätzung ist die Voraussetzung
Neue Gesetze müssten die Produktionsbedingungen direkt angehen. Zum Beispiel mit einer zweckgebundenen Abgabe, die direkt in mehr Tierwohl und bessere Arbeitsbedingungen investiert wird. Mit dem erst kürzlich beschlossenen Gesetzentwurf zum Verbot von Werkverträgen ist nun ein erster Schritt getan. Doch über all dem steht der Kunde. Eine grundlegende Änderung der Verbraucher ist Voraussetzung für einen bewussten und nachhaltigen Fleischkonsum.
Kreislaufwirtschaft Waldvon Svenja Kordmann
Fast ein Drittel Deutschlands ist mit Wald bedeckt. In Bayern wachsen Wälder auf gut einem Viertel der Landesfläche. Der Freistaat zählt damit zu den am meisten bewaldeten Bundesländern. Die nachhaltige Forstwirtschaft erhält durch den rasanten Klimawandel eine immer höhere Bedeutung.
Für einen zukunftsfähigen Wald
Vielfalt im Wald
Der Kreislauf des Holzes
Das Prinzip des Waldes bringt vielseitige Stärken mit sich: Durch Photosynthese nehmen Bäume Kohlenstoff auf und geben Sauerstoff ab. Wird der Baum gefällt, bleibt der Kohlenstoff im Holz, bis er schließlich verbrannt wird. Der Kohlenstoff wird dann beim Verbrennen freigesetzt – das Holz gilt in der Gesamtbilanz immer noch als CO₂-neutral. Gleichzeitig entsteht keine sogenannte graue Energie, also Energie die beim Herstellen, Transportieren, Lagern, Verkaufen und Entsorgen von Produkten entsteht. Holz wächst im Wald und muss nicht aufwendig verarbeitet werden. Lediglich das Sägen, Hobeln und Kleben kostet Energie.
Vielseitige Möglichkeiten
Der Rohstoff Holz findet immer mehr Anwendungsmöglichkeiten: In den etablierten Sparten Holzbau, Papier und Zellstoff, aber auch als Textilfaser oder Basis-Chemikalie. Um beispielsweise Textilien aus dem Fasermaterial Viskose, Kosmetik, Aromen oder Pharmazeutika zu produzieren, werden in Bioraffinerien Zwischen- und Endprodukte verwertet. Die große Stärke von Holz liegt außerdem in der hohen Verfügbarkeit in den Regionen mit entsprechend kurzen Lieferwegen.
Klimawandel als Endgegner
Zukunftsfähiger Waldumbau
Wald im Wandel
Gleichzeitig gilt es, Energie und Material zu sparen. „Wir müssen unsere fränkisch einheimischen Baumarten wie Eiche, Elsbeere, Feldahorn fördern und ein paar exotische Baumwarten wie Zedern, Flaumeichen, Baumhaseln in homöopathischen Mengen im Waldbestand integrieren." Erste Wälder zeigen diesen Wandel bereits. So gibt es in Würzburg deutschlandweit das größte Vorkommen von Baumhaseln, ursprünglich ein Waldbaum aus Südosteuropa und der Türkei.
Opfer und gleichzeitig Teil der Lösung
Der Klimaschutzeffekt in der Forstwirtschaft entsteht zum einen durch mehr Waldfläche und Holzprodukte. Zum anderen werden Emissionen vermieden, wenn der biogene Rohstoff Holz verwendet wird. Holz lässt sich mit geringem Energieeinsatz verarbeiten, deshalb bleibt der ökologische Fußabdruck der meisten Holzprodukte vergleichsweise klein. Laut der „Clusterstudie Forst und Holz 2015“ werden etwa 25 Prozent der CO₂-Emissionen Bayerns durch die Verwendung von Holz ausgeglichen. Bauer ist sich jedenfalls sicher: „Nachhaltige Forstwirtschaft ist aktiver Klimaschutz!“
BEHIND THE SCENES
Bioökonomie: Eine Multimedia-ReportageHinter den Kulissen
Doch wie nähert man sich einem so komplexen Thema? Wie funktionieren Interviews in Zeiten von digitaler Lehre und Kontaktbeschränkungen? Und welche Herausforderungen, Hindernisse und Überraschungen gab es sonst noch für die Studierenden? Der Blick hinter die Kulissen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts gibt Antworten.
Wir stellen uns vor
Zum Anfang Zum Anfang Zum AnfangStudierende berichten
Und wie hat‘s euch gefallen?
Statt Kameraschulung und Videodreh vor Ort mussten die Studierenden diesen Sommer mit Online-Interviews vorlieb nehmen. Zwar sind dabei keine Loops oder Drohnen-Aufnahmen entstanden, spannende Meinungen aus dem Bereich der Bioökonomie und wertvolle Erfahrungen für die Zukunft haben die angehenden Journalist*innen aber trotzdem gesammelt. Hier berichten sie davon.